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Der Färberlehrling Niccolo ist nicht der unbeschwerte Tölpel, für den ihn alle halten. Er besitzt ungeahnte Talente, mit denen er selbst für die Medici interessant wird. Für die verwitwete Eigentümerin baut er einen Kurierdienst und eine Söldnertruppe auf. Und dann gibt es da noch die rätselhaften Geschäfte um das wertvolle Alaun. Um seine ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen, muß er sich schließlich zu einer beschwerlichen Reise über die Alpen aufmachen. Dort wird er nicht nur von einer Lawine überrascht, sondern entführt auch seinen Freund Felix, um sich mit ihm in die Dienste einer Söldnerarmee zu stellen...…mehr

Produktbeschreibung
Der Färberlehrling Niccolo ist nicht der unbeschwerte Tölpel, für den ihn alle halten. Er besitzt ungeahnte Talente, mit denen er selbst für die Medici interessant wird. Für die verwitwete Eigentümerin baut er einen Kurierdienst und eine Söldnertruppe auf. Und dann gibt es da noch die rätselhaften Geschäfte um das wertvolle Alaun. Um seine ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen, muß er sich schließlich zu einer beschwerlichen Reise über die Alpen aufmachen. Dort wird er nicht nur von einer Lawine überrascht, sondern entführt auch seinen Freund Felix, um sich mit ihm in die Dienste einer Söldnerarmee zu stellen...
Autorenporträt
Dorothy Dunnett wurde 1923 in Dunfermline, Schottland geboren. Ihre künstlerische Karriere begann sie als Malerin. Dorothy Dunnett, die sich auch im öffentlichen Leben engagierte, starb 2001 in Edinburgh.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.12.2006

Der Wille zum Glück
„Niccolòs Aufstieg”: Für Dorothy Dunnett ist die Renaissance der Stoff, aus dem unser Heute gemacht wurde
Es war die Zeit des Erwachens, die Zeit einer herben Frühe, war die Geburtsstunde von Individuum und Humanismus, Freiheit und Globalisierung: So lauten die Schlagworte, mit denen das mitteleuropäische Bewusstsein die Renaissance verortet. Jacob Burckhardt sah im 15. Jahrhundert eine Epoche voller Wandertrieb und Wissensdrang. Für Johan Huizinga war sie jener Moment, da die Habsucht den Hochmut als Hauptübel ablöste. Eine böse Welt sei es gewesen, „von der Lichtseite ist nur wenig auf uns gekommen.” Dorothy Dunnett aus Edinburgh folgt ihm da nicht. Rund 5000 Seiten hat die vor fünf Jahren verstorbene Autorin über ein Sonnenkind geschrieben und dessen Werden und Sterben. „Das Haus Niccolò” ist ein Manifest des Willens zum Glück.
Die Ereignisse zwischen September 1459 und Juli 1460 füllen den ersten Band, dem im Klett-Cotta Verlag bis September 2009 die Fortschreibung in sieben weiteren Büchern folgen wird. „Niccolòs Aufstieg” beginnt mit den Streichen des 18-jährigen Färbergesellen Claes und endet mit dem Abschied Niccolòs von der „alten Freiheit”. Der italienisierte Name deutet auf einen neuen Weltzugang. Claes, „der Bursche mit dem meistgeprügelten Rücken und dem sonnigsten Gemüt in Brügge” ist tot, hat sich selbst freudig begraben. Fortan lebt Niccolò, wie er nun gerufen wird, und leben heißt hier handeln, gestalten, wagen. Wie erfand der Lakai sich neu? Und ist diese Umgestaltung des Menschen vom Untertan zum Unternehmer, vom Objekt eines fremden zum Projekt des eigenen Willens genau jener Stoff, aus dem die Renaissance gemacht war?
Es duftete, stank und leuchtete in den Gassen und auf den Brücken von Brügge. Leise war es anderswo. Wenn keine Glocke läutete, schrie ein Sklave, kläffte ein Hund, lachte ein Mädchen. Jeden Karneval ließ der Herzog von Burgund und Flandern, Philipp der Gute, Blinde auf den Marktplatz treiben, damit sie Wildschweine suchten. Die Astrologie war eine ehrenwerte Wissenschaft, und wenn es einen reichen Mann nach horizontaler Abwechslung gelüstete, ließ er sich vom Schankwirt ein Dienstmädchen aufs Zimmer schicken. Eine eheliche Geburt war laut Burckhardt keine „Requisite des Thrones”. Stammhalter aus Liebschaften griffen nach der Macht. „Ein König”, lässt Dorothy Dunnett einen flämischen Kaufmann schottischer Herkunft sagen, „ein König wird viele Bastarde zeugen, damit er vertrauenswürdige Männer seines Blutes um sich hat, falls die legitimen Söhne ihn im Stich lassen.” Auch Claes ist ein „Bastard” und so abermals ganz Kind der Zeit.
Eben diese wirklichkeitsgetreu in Worte zu fassen, ist Dunnetts ehrgeiziges Ziel. Ihr Personal, zu etwa einem Drittel historisch verbürgt, trägt den größten Teil der Beweislast. Fast ebenso wichtig aber für die Illusion, hier komme das Gestern zu sich, ist die Welt der Dinge. Küpe, Kaldaune, Kamelott, Diechling und Koschenille, Myrrhe und Alaun sind Sendboten aus der Vergangenheit. Sie prunken mit dem Glanz des Fremden – wie auch die Autorin selbst, die dem Leser keine Brücke baut ins Heute. Niccolòs Welt von 1460 wird weder erklärt noch eingeführt; sie ist einfach da und mit ihr das Reich der Machtpolitik, die hineinkriecht selbst in die intimsten Verrichtungen. Die Renaissance ist hier eine Ära des vollendeten Utilitarismus. Jede Liebe hat ihren Preis, jedes Geschäft seinen Zweck, und ein Geschäft ist fast alles, was sich ereignet zwischen Brügge, Mailand und Neapel.
Wandel durch Handel
Claes erfährt auf Wegen, die sich nicht rekonstruieren lassen, von einer unbekannten Alaunmine im Kirchenstaat. Bisher brachten venezianische Kaufleute den „unschuldigen weißen Stoff”, der die Farbe an das Tuch bindet, aus Phokäa am Golf von Smyrna nach Europa. Sultan Mehmed II., seit der Eroberung Konstantinopels 1453 Herr über Kleinasien, lässt sich teuer dafür bezahlen. Claes sorgt mit dem neuen Wissen für einen Schulterschluss zwischen den eigentlich konkurrierenden Venezianern und Genuesen und macht selbst einen enormen Profit. Warum ihm all das gelingt? Claes besitzt die Kernkompetenzen des Zeitalters: Er ist neugierig, sprachgewandt, robust und optimistisch. Mit diesen Fähigkeiten hat er bereits seinen Arbeitgeber, den Färberbetrieb Charetty, gehörig umgemodelt. Claes alias Niccolò wäre einige Säkula später ganz gewiss Entrepreneur des Jahres geworden.
Die Färberei von Marian de Charetty, ein „gut gehendes mittelgroßes Handwerksunternehmen”, wird binnen weniger Monate zu einem „Kurierdienst zwischen Flandern und den italienischen Staaten” und einem Anbieter teurer Söldner. Ferrante, König von Neapel, ein „Aragon-Bastard”, der sich gegen den vom französischen König unterstützten Herzog von Kalabrien wehren muss, erhält so Truppenzuwachs aus dem Norden. Gegen Karl VII. von Frankreich begehrt auch dessen Sohn auf, der spätere Ludwig XI., ebenso wie Ferrante ein Bündnisgenosse Mailands, der sich seinerseits die Dienste Niccolòs sichern will, eines Meisters in der Wissenschaft der Geheimschriften. Und König Jakob II. von Schottland, dessen Frau eine Nichte Philipps des Guten ist, stirbt dreißigjährig, weil jene Kanone unglücklich explodierte, die Philipp aus Flandern übersandte und die zuvor ausgerechnet Claes im Kanal von Brügge versenkt hatte.
Vermutlich dienen alle Aktivitäten Niccolòs allein dem Nutzen des Hauses Charetty. Politik ist eine Spielart des Handels. Höhere Weihen sucht man vergebens, hehre Prinzipien auch. Die Selbstermächtigung des Individuums in der Renaissance ist in erster Linie ein Aufstand gegen eine unplausibel gewordene Moral. Dunnett porträtiert den Emporkömmling Niccolò als Held des Neuen, während sein direkter Vorgesetzter, Felix, der Sohn Marians de Charetty, einen gewissermaßen neapolitanischen Anachronismus verkörpert: So ließe sich mit Jacob Burckhardt sagen, demzufolge Neapel „von der geistigen Bewegung der Renaissance abgeschnitten blieb”, man dort unverändert die Arbeit verachtete, Turniere schätzte und den „Kultus von Kunst und Bildung” negierte. Eine hübsche Pointe ist es, dass Dorothy Dunnett den phantasielosen, aufbrausenden Felix mit einer ganz unvernünftigen Sehnsucht nach dem Süden ausstattet. Felix will ausgerechnet vor Neapel für König Ferrante in die Schlacht ziehen.
Dorothy Dunnett, wie es seit der Erstausgabe von „Niccolò rising” 1987 oft geschehen ist, eine glänzende Stilistin zu nennen, zielt am Kern ihres Schreibens vorbei. Nicht durch die fast protokollarisch nüchterne Sprache, selten auch durch Empathie zieht das Monumentalwerk in den Bann; nur ausnahmsweise teilt die Autorin uns mit, wie es um das Innere der Figuren bestellt ist, räsoniert über Marians Herz, das „wie eine Basstrommel schlug”, oder über Niccolòs Furcht vor der eigenen Kühnheit.
Die Netzwerkgesellschaft
Die ersten dreihundert Seiten sind ein zähes Vergnügen, danach bleibt es anstrengend, im Wust der Personen und Interessen den Überblick zu wahren. Gerade so aber gewinnt das Werk an Kontur. Die Nonchalance der Erzählerin bereitet den Boden für ein Leseabenteuer, das mit Beharrungsvermögen und Kombinationsgabe erkauft sein will. Dann lockt eine präzise rekonstruierte, fremde Welt, die in ihrer Fremdheit heutig wirkt: Vor 500 Jahren entstand die erste Informations- und Netzwerkgesellschaft.
Nachdem er Mordanschläge überlebt hat und Menschen durch ihn zu Tode gekommen sind, nachdem er ein Vermögen angehäuft und Risiken akkumuliert hat, sagt Niccolò auf der vorletzten Seite: „Wir müssen noch sehr viel mehr wissen.” So ist es. Die Renaissance war nur der Anfang jener Geschichte aus Wandertrieb und Wissensdrang, die heute den Globus durcheinander wirbelt. ALEXANDER KISSLER
DOROTHY DUNNETT: Niccolòs Aufstieg. Aus dem Englischen von Britta Mümmler und Mechtild Sandberg-Ciletti. Klett-Cotta, Stuttgart 2006. 736 Seiten, 21,50 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine lockere Lektüre stellt dieser hoch komplexe in der Renaissance spielende Roman über den Aufstieg des Färbergesellen vom Untertan zum Unternehmer nach Einschätzung von Alexander Kissler nicht dar. Als "zähes Vergnügen" wertet er die ersten dreihundert Seiten und auch danach scheint es nicht immer leicht, Überblick über die Vielzahl der auftretenden Figuren und ihre Interessen zu behalten. Nötig sind nach Ansicht Kisslers Beharrungsvermögen und Kombinationsgabe. Aber er verspricht, dass der Roman die Mühe wert ist. Belohnt werde man nämlich mit einem Leseabenteuer, das in eine "präzise rekonstruierte, fremde Welt" führt, die in ihrer Fremdheit dann wiederum doch heutig wirkt.

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