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Sie hatte die 60 schon überschritten, als ihr erster Gedichtband in den USA erschien. Über ihn schrieb die "New York Times": "Mit der Veröffentlichung ihres brillanten ersten Buchs verdient Amy Clampitt auf Anhieb Beachtung als eine der subtilsten zeitgenössischen Lyrikerinnen." In den folgenden zehn Jahren wurde ihr Werk nach Aussage des Literaturkritikers Anthony Hecht, "so exzellent, daß es zum Maßstab für die heute Schreibenden wurde".
Clampitt ist keiner Schule zuzuordnen, doch steht ihr Werk auf den Schultern der klassischen Moderne. Ihre Texte sind von dichter, impressionistischer
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Produktbeschreibung
Sie hatte die 60 schon überschritten, als ihr erster Gedichtband in den USA erschien. Über ihn schrieb die "New York Times": "Mit der Veröffentlichung ihres brillanten ersten Buchs verdient Amy Clampitt auf Anhieb Beachtung als eine der subtilsten zeitgenössischen Lyrikerinnen." In den folgenden zehn Jahren wurde ihr Werk nach Aussage des Literaturkritikers Anthony Hecht, "so exzellent, daß es zum Maßstab für die heute Schreibenden wurde".

Clampitt ist keiner Schule zuzuordnen, doch steht ihr Werk auf den Schultern der klassischen Moderne. Ihre Texte sind von dichter, impressionistischer Bildlichkeit, mit enormer Neugier auf genaue und in originellen Wendungen kristallisierte Beobachtung. Die ländliche Natur ihrer Kindheit, ihre Reisen in England und auf dem Kontinent, aber auch das Alltagsleben in New York - das sind ihre Gegenstände. Die fast überschäumende Lebendigkeit, die Energie und die überzeugende Gegenwärtigkeit dieser Gedichte sind in dieser ersten Auswahl nachzuvollziehen.
Autorenporträt
Amy Clampitt, geboren 1920, aufgewachsen in den USA. 1979 erste Gedichte im "New Yorker", 1983 ein erster Gedichtband. Sie erhielt ein Guggenheim-Stipendium, den Literaturpreis der American Academy and Institute of Arts and Letters. Sie hielt Poetik-Vorlesungen am renommierten Amherst College, in New York, Washington und Cambridge. Die Autorin verstarb 1994.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.03.2006

Lasso des Tangs
Zaubersprüche ohne Ich: Die Gedichte von Amy Clampitt
Die Geschichte des Romans bestimmt im 20. Jahrhundert auch das Schicksal der Lyrik. Zu Beginn der Moderne fiel den Lesern der Zugang zu den sprachlichen Experimenten von Romanautoren wie Joyce, Proust, Woolf, Döblin nicht leichter als zu denen von Lyrikern wie T. S. Eliot, Pound, Apollinaire, Ungaretti. Doch in den letzten zwanzig Jahren haben sich die Wege getrennt. Der Roman kehrte erfolgreich zum traditionellen Erzählen zurück, Gedichte gerieten wegen ihrer erschwerten Sprache in eine Außenseiterposition. Nur noch eine kleine Gruppe von Lesern ist auf die neueste Lyrik neugierig. Das trifft auch auf Autoren zu, die in der Weltpoesie der Gegenwart bereits eine klassische Geltung erlangt haben. Der englischen und amerikanischen Lyrik, bedeutender und einflussreicher als die anderer Sprachen, ergeht es in Deutschland nicht besser. Anne Sexton, Robert Lowell, Ted Hughes, Philip Larkin sind zwar ins Deutsche übertragen, aber nicht ins literarische Bewusstsein der Deutschen eingedrungen. In diese Reihe der modernen angloamerikanischen Lyriker gehört auch Amy Clampitt, in den USA im Kanon der Moderne, in Deutschland bislang aber unbekannt. Joachim Kalkas Nachwort zu seiner zweisprachigen Ausgabe endet mit dem rührenden Satz: „Herausgeber und Verlag möchten der Hoffnung Ausdruck geben, daß dieser Veröffentlichungsversuch ihr die Aufmerksamkeit derjenigen eintragen könnte, die Gedichte lesen.”
Amy Clampitt war bereits 62 Jahre alt, als sie 1982 ihren ersten Gedichtband veröffentlichte, doch dieser machte sie sogleich berühmt. Aus untergeordneten Tätigkeiten in Verlagen und Bibliotheken stieg sie zur repräsentativen Dichterin auf, überhäuft mit Preisen und Gastprofessuren. Als Farmerkind im Mittleren Westen aufgewachsen, lebte sie in New York (wo sie 1994 starb) - ein typischer Ortswechsel in der Biografie einer Intellektuellen, der aus der archaischen Welt des Dorfes unvermittelt in die Metropole der Moderne führt. Clampitts lyrische Wahrnehmung und Imagination bleibt jedoch ihrer ländlichen Herkunft treu und wendet sich mit Inbrunst der vegetativen Vielfalt der Erde zu.
Der eigentümliche angelsächsische Stil in der modernen Lyrik wurde durch die frommen Gedichte des irischen Jesuiten Gerard Manley Hopkins am Ende des 19. Jahrhunderts begründet. Hopkins führte die gedrängte rhythmische Fügung, die rauen Klänge geballter und sich wiederholender Konsonantengruppen in die englische Lyrik ein, die sich an Elemente der altgermanischen Stabreimdichtung erinnerte. Clampitt zählt Hopkins, ohne seine religiöse Thematik zu teilen, zu ihren Vorbildern; so sieht sich, so hört sich die „Meeresoberfläche” in ihrem Gedicht an: „a suede of meadow, / a nub, a nap, a mane of lustre / lithe as the slide / of muscle in its / sheath of skin”, zu deutsch: „ein Wildleder wie eine Wiese, / ein Klump, ein Flor, eine Mähne von Glanz / geschmeidig wie das Gleiten / von Muskeln in ihrer / Hülle aus Haut”. Die Beschränkung auf - mit einer Ausnahme - einsilbige Wörter, der Verzicht auf Verben und Adjektive, die Wiederkehr der Anfangslaute s, m, n, l schaffen einen formalen Ausgleich dafür, dass Metrum und Reim fehlen. Vielleicht besteht darin der Vorzug der modernen angelsächsischen Lyrik gegenüber der deutschen, die ebenfalls das romanische System von Versmaß, Reim und Strophe aufgab, jedoch nicht zum germanischen System zurückfand. In der deutschen Gegenwartslyrik dominiert das prosaische Gedicht, für dessen willkürlich abgeteilte Zeilen keine rhythmische und klangliche Notwendigkeit ersichtlich ist. Wie feste, von Alters her verbürgte Zaubersprüche klingen dagegen manche Verse Clampitts: „mysteries of flex, / affinities of texture”, „whip to a froth, or force”, „no loom, no spinneret, no forge, no factor”. Solche magischen Formeln lassen Schrift und Druck vergessen und bringen die ursprüngliche Bestimmung eines Gedichts, gesungen oder gesprochen zu werden, ins Ohr des Lesers zurück.
Glücklicherweise sind zweisprachige Ausgaben fremder Lyrik Standard geworden. Die Gedichte Clampitts erzwingen diese Regelung geradezu, denn nur am Original lässt sich das phonetisch-rhythmische Gedränge erfahren, aber nur durch die Übersetzung verstehen, wovon die Rede ist. Selbst gediegene Englischkenntnisse versagen bei einer großen Zahl abgelegener Wörter, von deren unverbrauchtem Klang die Autorin fasziniert ist. Wer von „lariats of kelp”, von „stemrib grisaille edge-tasseled” oder von „tamaracks gauzing the bog” liest, wird gerne auf die rechte Seite wechseln, um in Kalkas sorgfältiger Übersetzung Hilfe zu finden: „Lassos des Tangs”, „eine Rippenstengel-Grisaille, die Ränder betroddelt”, „die Lärchen breiten Gaze über den Sumpf”.
Im 18. Jahrhundert kam die falsche, aber heute noch beliebte Vorstellung auf, Lyrik sei Ausdruck des Gefühls, enthalte also - wenngleich durch die Versform leicht entstellte - Nachrichten über den Gemütszustand ihres Verfassers. Die Gedichte Clampitts, wie der größte Teil der angloamerikanischen Lyrik, enttäuschen diese Erwartung: Sie sind der Welt, nicht dem Ich zugewandt. Eine Hauptfigur in Clampitts lyrischem Inventar ist die einzelne, auffällige, doch von den meisten übersehene Pflanze, deren Standort, Farbe, Gestalt im Detail festgehalten sind. Nur indirekt ist die Anwesenheit des lyrischen Ichs zu erschließen: Es hat diese Vegetation gesehen und, von ihrer Schönheit angetan, im Gedächtnis bewahrt. Das Gedicht hält das Vergehen, die bewusstlose Verschwendung der Natur auf und rettet das Vergehende, schon Vergangene „aus dem Verschleiß der Jahreszeiten, aus dem jährlichen Ruin”.
Freilich beschränken sich Clampitts Gedichtbände nicht auf eine Physiologie der Pflanzen. Auch von Tempeln in Griechenland und Mexiko, von der Geschichte ihrer Familie, von einer jüdischen Beerdigung ist die Rede, sogar von der Liebe. Doch selbst im Liebesgedicht „Eisvogel” („Kingfisher”), das ihrem ersten Buch den Titel gab - wie der deutschen Auswahl aus dem Gesamtwerk -, ist die Seelenlage, „das unbewohnbare Leid”, nur mittelbar den veränderten Gesten des sich entfremdeten Liebespaars und seinen Ortswechseln zu entnehmen. Unter Clampitts scharfem und zugleich zögerndem Blick verwandelt sich die Menschenwelt in eine Landschaft: „Ein gewöhnlicher Abend in Wisconsin, / gesehen vom Greyhoundbus aus - stumme Gänge / von Warenregalen die einzigen Bewohner / des halbverdunkelten Billigsupermarkts, / die Tische des einzigen erleuchteten Restaurants überflutet / von unartikulierter Rührung.” Leblos, unbeachtet, unbedacht bliebe dieser bedeutungslose, erstorbene Ausschnitt amerikanischer Lebensweise, hätte er nicht für einen Augenblick die Aufmerksamkeit der Dichterin auf sich gezogen. Der Bus fährt weiter, die Szenerie versinkt, doch sie bleibt im „Bewußtsein, das anderswo hinfährt”, bleibt für immer im Gedicht „Witness”, „Zeugenschaft”. HEINZ SCHLAFFER
AMY CLAMPITT: Eisvogel. Ausgewählte Gedichte. Aus dem Amerikanischen übersetzt und mit einem Nachwort von Joachim Kalka. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2005. 207 Seiten, 24 Euro.
Amy Clampitt
Foto: Thomas Victor
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2005

Die Schönheit der Seemaus
Erstmals auf deutsch: Gedichte der wunderbaren Amy Clampitt

Unter den Wundern, die Marco Polo auf seinen Reisen entdeckte, befand sich in Badaschkan ein einzigartiger blauer Stein. Für Kundige läßt sich sein leuchtendes Ultramarin noch heute wiederfinden, in "Beeren, Blüten und Kieseln" zum Beispiel. Woher aber kommt dieses Blau? "Es kommt von / jenseits des Wassers, dessen Farbe es zu / besitzen scheint." Und wo ist das? Die zweite Antwort wiederholt die erste, nur etwas verkürzt: "Es kommt von jenseits." Romantisch ist diese Antwort - wie das Motiv selbst - allerdings nur so lange, bis das Gedicht weiterfragt. "Woher kommen / diese Dinge", fragt es, "diese / Erfindungen - die heiligen Orte, / ... die Seraphim - und unten, unter alledem / das Geheul?" Dies erst ist der letzte Vers; er bleibt ohne Antwort.

"Brought From Beyond" von 1994 ist eines der spätesten Gedichte von Amy Clampitt. Wenige Monate nachdem es in dem Band "A Silence Opens" erschienen war, ist die Dichterin gestorben. Und noch immer galt sie da als eine Neuentdeckung. Als Bibliothekarin und Lektorin hatte sie gearbeitet, die Farmerstochter aus Iowa in New York City, als in den siebziger Jahren die ersten Gedichte in Privatdrucken und Zeitschriften erschienen. Mit dreiundsechzig Jahren erst hat sie ihren ersten Gedichtband veröffentlicht, 1983: "The Kingfisher", "Der Eisvogel". So heißt nun auch Joachim Kalkas wunderbare Auswahl aus Amy Clampitts fünf Gedichtbüchern, die erste in deutscher Sprache. Kalkas geschmeidige und präzise Übersetzung trifft gerade deshalb den Ton, weil sie darauf verzichtet, die zarten Alliterationen und Phrasierungen des Originals nachzuahmen.

Zu Clampitts Vorgängern und Vorbildern gehören amerikanische Poeten wie Elizabeth Bishop und Marianne Moore, die expatriates in Europa und vor allem die englischen metaphysical poets des siebzehnten Jahrhunderts, auch Keats und Gerald Manley Hopkins, dem sie den Titel ihres späten Debüts verdankte; manchmal denkt man an Seamus Heaney. Auch hier sind sinnliche Wirklichkeitsnähe und Metaphysik verschwistert; auch hier können sich Lebensgeschichten jederzeit öffnen in die Geschichte des Lebens.

Die Wanderin am Strand etwa vergnügt sich damit, die biologische Nomenklatur nachzubuchstabieren, einen Naturführer in der Hand, denn immer will sie es genau wissen. So entdeckt sie die Schönheit der Seemaus, die wirklich so heißt und ein filziger, farbig schillernder Meereswurm ist. Und mit dem Zusammentreffen des Wortes und des Lebewesens beginnt der Zauber. Denn wie von selbst gleiten nun die Namen aus dem Biologiebuch hinüber in die umgangssprachlichen Wörter und die Phantasien der Kindheit; und mit dem Zauberstab der Analogie öffnet sich wieder das Blau eines fernen Himmels. So wird, "was wir damals / (fälschlicherweise) die blauen Glockenblumen nannten", mit ebendiesem Kinderwort zur "Falltür", zum Fenster in Weiten, in denen man die Vereinigung des Getrennten ahnt.

Wißbegierig und sinnlich ist diese Poesie, von einer zärtlichen Hingabe an die Schöpfung, die durch Klugheit und Witz keineswegs gestört wird, und sehr beweglich. "Alles, was wir wissen", denkt die Spaziergängerin einmal unterm Blütenfall der Birnbäume in Manhattan, alles, "woraus wir bestehen, ist Bewegung". Tatsächlich sind diese Verse unablässig unterwegs, von Mexiko bis nach Hellas, hinaus in die Natur und hinab in die Tiefen der Zeit. Wie der Eisvogel im Titelgedicht, so tauchen auch diese Verse hinab in die "Landschaften unbebauter Erinnerung", in die Schreckensorte der Menschenopfer von Assur bis Auschwitz, bis dahin, wo im Museum der Weltkulturen "die Driften und Dünen / lange erstarrter Keilschriften sich wieder / zu bewegen beginnen, ein Basrelief der Angst".

Amy Clampitt ist eine Visionärin, die nie den Kopf verliert. So läßt der Anblick versteinerter Seesterne im Steinbruch die Betrachterin zurücksinken ins Vorsintflutliche, Unvordenkliche, hinab durch "Lichtjahre von Schlick" - aber mit einem Reisehandbuch über Iowa im Gepäck. Sie sieht die Fische über sich schwimmen, hört beim Auftauchen "Froschchöre, / die schon alt waren vor dem Eozän", und treibt dann in atemberaubender Geschwindigkeit wieder aufwärts, in die schwindelnde Höhe der eigenen Gegenwart, bis zur Marmorkuppel des Kapitols von Des Moines, die alles "überragt, was wir sind / und woher wir kommen". Strömend umspielen die freien Verse den fünfhebigen Jambus; nur zweimal hält ein Halbvers inne, ein Atemholen im Strom: "Denk ein wenig / zurück."

Für Amy Clampitts poetische Reisen gehören Hinsehen und Zurückdenken so eng zusammen wie Versenkung und Reflexion oder wie Marlon Brando und die Mystik (unter der schönen Überschrift "Der Pate kommt wieder im Fernsehen, in Farbe"). Wenn sie in "Die Prärie" die Geschichte der eigenen Familie und die des Landes abschreitet, die zugleich die Geschichte einer einst verheißungsvollen und nun schon unter der Skepsis der Nachgeborenen versunkenen Moderne ist, dann erscheint als Wandergefährte Anton Tschechow, und er setzt Emersons humanistischem Optimismus seine Melancholie entgegen. Dann durchdringen einander die amerikanischen und die russischen Steppen; und wie Luftspiegelungen erscheinen Sibirien und die Indianerkriege, die großen amerikanischen Wanderungsbewegungen und die Seßhaftigkeit eines Kontinents, der nun ganz besiedelt ist. Am Ende ist die amerikanische Landnahme zur globalen Bewegung geworden: "Über den ganzen Erdball / das saubere, ängstliche Kartennetz der Besiedlung. Was / draußen bleibt, fällt fort." Allein der Zeilensprung signalisiert die Bitterkeit dieses "Was": Was beim Hobeln abfällt, können nur Späne sein. Wohin also soll es nun noch gehen? Zurück ins Versunkene, "zu Friedhöfen, Grabsteinen, / dem eingezäunten Grasland"? Der Versuch einer Heimkehr im Epilog dieses epischen Gedichts - er scheitert schon an der Haustür: "Die Hausnummer stimmte nicht ganz, es wohnte dort ein / alter und tauber Mexikaner, der mich nicht verstand."

Zum Eigensinn dieser Verse gehört eine selbstbewußte Weiblichkeit, die selbst dort noch, wo sie in feministische Mythentiefen hinabsteigt, jedem Kitschverdacht souverän entgeht. Am Ende, im Garten einer Villa am Comer See, führt der Weg durch Festungen und Felsen abermals "hinab zur Matrix", zu den matres, aber ganz ohne faustische Dunkelheiten. Durch die eigene Kindheit geht es zurück zum Mutter-Idol, das wie eine Madonna aussehen kann und wie eine verschlingende Gottheit. Und wieder liegt es an dieser ganz leichten, elastischen Bewegung der Verse, daß man ihnen bereitwillig folgt, hinunter ins vergessene Blau und ins Geheul. In Strophen, die nicht von ungefähr an Dantes Terzinen erinnern, geht da ein keckes "ich dachte (lacht nicht) an Vergil" ganz sanft über ins Staunen: "Was soll dies alles?" Es ist diese nicht endende Verwunderung, aus der Amy Clampitts Dichtung ihre Kraft bezieht, ihre Entdeckungslust, ihren leuchtend ultramarinen Zauber.

HEINRICH DETERING.

Amy Clampitt: "Eisvogel". Ausgewählte Gedichte. Amerikanisch/Deutsch. Übertragen von Joachim Kalka. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2005. 208 S., geb., 24,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Heinz Schlaffer verortet den Rang der amerikanischen Dichterin Amy Clampitt auf der Höhe von Anne Sexton, Robert Lowell, Ted Hughes und Philip Larkin, allerdings sei sie noch weniger im literarischen Bewusstsein der Deutschen verankert als ihre Kollegen. Mit großer Freude hat Heinz Schlaffer daher die vorliegende zweisprachige Auswahl "Eisvogel" aufgenommen, deren deutsche Übersetzung Joachim Kalka sehr sorgfältig vorgenommen habe. Zweisprachigkeit ist dabei für Schlaffer unerlässlich. Denn nur im Original lasse sich der angelsächsische Stil der modernen Lyrik begreifen, die rauen Klänge geballter und sich wiederholender Konsonantengruppen", die er auch in Clampitts "phonetisch-rhythmischem Gedränge" gefunden hat ("a suede of meadow, / a nub, a nap, a mane of lustre / lithe as the slide / of muscle in its / sheath of skin"). Aber um zu verstehen, wovon hier eigentlich die Rede ist, brauche man selbst mit fortgeschrittenen Englischkenntnissen Kalkas Übersetzung: "Ein Wildleder wie eine Wiese, / ein Klump, ein Flor, eine Mähne von Glanz / geschmeidig wie das Gleiten / von Muskeln in ihrer / Hülle aus Haut."

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