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Ein Topos, seine Überlieferungen und seine Interpretationen als Ausgangspunkt für die Frage, wie politische Körperschaften hergestellt werden. Der Band gibt die Varianten des Topos vom nackten Kaiser, einen Bildteil, prominente Deutungen von Freud und Derrida und widmet sich im dritten Teil in Form einer Miniatur-Enzyklopädie Stichwörtern, die in den Texten wie Deutungen zentrale Rollen spielen ("Verschwendung", "Investitur", "Nackte Wahrheit", "Vertrag", "Bild und Stoff" . . .). Ein kulturwissenschaftliches Lesebuch ...

Produktbeschreibung
Ein Topos, seine Überlieferungen und seine Interpretationen als Ausgangspunkt für die Frage, wie politische Körperschaften hergestellt werden.
Der Band gibt die Varianten des Topos vom nackten Kaiser, einen Bildteil, prominente Deutungen von Freud und Derrida und widmet sich im dritten Teil in Form einer Miniatur-Enzyklopädie Stichwörtern, die in den Texten wie Deutungen zentrale Rollen spielen ("Verschwendung", "Investitur", "Nackte Wahrheit", "Vertrag", "Bild und Stoff" . . .). Ein kulturwissenschaftliches Lesebuch ...
Autorenporträt
Thomas Frank ist Herausgeber des kulturkritischen Magazins "The Baffler". Als freier Autor schreibt er unter anderem für das "Wall Street Journal", für "World News Tonight" der ABC und für das "Harper's".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.12.2002

Ganz oben ohne
Albrecht Koschorke & Co. haben den Kaiser nackt gesehen
Es ist ein kleines, großes Buch anzuzeigen, das so bescheiden daherkommt, als wollte es, seines Gegenstandes eingedenk, Hochmut und Prätention der vermeintlich Großen, ob Menschen oder Bücher, ein zweites Mal der Lächerlichkeit anheimgeben: ein Taschenbuch, das auf seinem Umschlag keinen Autor nennt und das von einem Märchen handelt, das jeder zu kennen meint und keiner für besonders denkwürdig hält. Der Literaturwissenschaftler Albrecht Koschorke, der soeben den Leibniz-Förderpreis erhalten hat, und eine Reihe seiner Mitarbeiter im Berliner Forschungsprojekt „Poetologie der Körperschaften” haben sich des Märchens von des Kaisers neuen Kleidern angenommen, dessen allen bekannte Fassung von Hans Christian Andersen stammt. Sie haben dieses Märchen einer genauen, vieläugigen und hintersinnigen Lektüre unterzogen – und herausgekommen ist ein facettenreiches Büchlein von geradezu exemplarischer Intelligenz.
Koschorke & Co. (das sind Thomas Frank, Susanne Lüdemann, Ethel Matal de Mazza und Andreas Kraß) stellen in ihrem Buch, das sie selbst nach Form und Inhalt als „Experiment” bezeichnen und als kulturwissenschaftliches Lesebuch neuen Typs verstanden wissen wollen, zunächst den Text von Andersen vor, den dieser 1837 gemeinsam mit der „Kleinen Meerjungfrau” veröffentlichte. Es folgen die für Andersen vermutlich wichtigsten Quellen, die Erzählung des Grafen Lucanor von Don Juan Manuel („Was einem König mit drei Schälken begegnet”) aus dem 14. Jahrhundert und „Der Pfaffe Amis” von jenem mittelalterlichen Schwankdichter, der sich „der Stricker” nannte. Den Schluss des editorischen Teils machen Texte von Sigmund Freud und Jacques Derrida über den Verlegenheitstraum der Nacktheit und die Enthüllungen der Psychoanalyse.
Das eigentlich Aufregende kommt im zweiten Teil: eine Reihe von kulturhistorischen Perspektiven auf den Text von Andersen, kurze Essays von oft nur wenigen Seiten, aber großer Luzidität. Ihr Licht fällt auf ein Phänomen der politischen Kultur Europas, das seit Marc Bloch und Ernst Kantorowicz die Geister beschäftigt hat, aber vielleicht noch nie so wirkungsvoll auch einem breiteren Publikum erschlossen worden ist: die Verkörperung und „Bildwerdung” der Macht, ihre grandeurs et misères in der Repräsentation durch nackte, sterbliche, hinfällige und unfähige Menschen. „Dicht” gelesen und einer historischen Spektralfarbenanalyse unterzogen, erweist sich Andersens Märchen als ein Prisma, durch das man tief hinein in die Geschichte jener politischen Fiktionen blicken kann, über denen sich der abendländische Begriff der Souveränität begründet hat.
ULRICH
RAULFF
Des Kaisers neue Kleider. Über das Imaginäre politischer Herrschaft. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002. 281 Seiten, 13,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Geht es vielleicht ein bisschen konkreter?", möchte man Tillmann Bendikowski fragen, der zu diesem Sammelband eine abschreckend akademische Kritik verfasst hat. So viel wird grad klar: Er ist begeistert von diesem lesenswerten kulturwissenschaftlichen Versuch über das Imaginäre politischer Herrschaft. Wie wir vom Rezensenten erfahren, knüpfen die Autoren darin an Andersens Märchen an, da es für sie den Blick auf den "leeren Grund politischer Herrschaft" freigebe. Autorität sei auf Fiktionen aungewiesen, der politische Körper des Herrschers werde allein im Imaginären seiner Untertanen gegenwärtig, fasst Bendikowski eine der vertretenen Thesen zusammen. Nach einer anderen erkennen die Untertanen im Herrscher, kraft Aura seines Amtes, nicht allein eine imposante Einzelperson, "sondern sich selbst in ihrer Formation als Kollektiv". Bendikowski räumt ein, dass die Autoren in erster Linie Annäherungen und wenig konkrete Antworten liefern. Er findet das "verzeihlich", der Leser seine Kritik nicht.

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