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4000 Jahre Geschichte der Geometrie: Von den Anfängen zur Zeit der ägyptischen Pharaonen über Euklid und Einsteins Relativitätsformel bis zur Superstring-Theorie erzählt Leonard Mlodinow alles, was man über die Geschichte des Raums wissen muss. Einblicke in das Leben und die Skurrilitäten großer Mathematiker und Physiker machen das Ganze zu einer höchst vergnüglichen Wissenschaftsgeschichte.

Produktbeschreibung
4000 Jahre Geschichte der Geometrie: Von den Anfängen zur Zeit der ägyptischen Pharaonen über Euklid und Einsteins Relativitätsformel bis zur Superstring-Theorie erzählt Leonard Mlodinow alles, was man über die Geschichte des Raums wissen muss. Einblicke in das Leben und die Skurrilitäten großer Mathematiker und Physiker machen das Ganze zu einer höchst vergnüglichen Wissenschaftsgeschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2002

Bitte sehr, hier geht's raus
Etwas für unter die Bettdecke: Mit seiner kleinen Geschichte der Geometrie öffnet Leonard Mlodinow ein Fenster in die elfte Dimension

Schade eigentlich. Ein promovierter Physiker, der lange am California Institute of Technology gearbeitet hat, geht nach Hollywood und wird Autor für "Star Trek: The Next Generation". Ein paar Jahre später schreibt er dann ein Buch über die Geschichte der Geometrie. Ein respektloses Buch, so richtig nach dem Geschmack des Rezensenten, dessen Helden Tom Wolfe und P. J. O'Rourke heißen, wenn er auch nie zugeben würde, daß er manchmal Hunter S. Thompson unter der Bettdecke liest. Der Rezensent ist kein Geometer und kein Historiker. Trotzdem merkt er ziemlich schnell, daß der Autor seine Hausaufgaben nicht gemacht hat.

Dem Buch "Das Fenster zum Universum - Eine kleine Geschichte der Geometrie" von Leonard Mlodinow muß man wenigstens zwei Todsünden vorwerfen. Erstens hat es das Thema verfehlt. Die Geometrie ist eine mathematische Disziplin. Das heißt nicht, daß nur Mathematiker darüber schreiben dürfen. Es heißt aber, daß die Mathematiker festlegen, was "die Geometrie" eigentlich ist. Das Buch berichtet "nur" über geometrische Methoden in der Physik und ihre Entstehung, nicht, wie versprochen, über "die Geometrie".

Immerhin berichtet Mlodinow am Ende des Buchs von Dingen, von denen er etwas versteht. Das kann man über den Anfang leider nicht sagen. Er ist - Todsünde Nummer zwei - schlampig recherchiert. Die Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften ist ein weites Feld, das man noch nicht beherrscht, wenn man nach Feierabend ein paar populäre Darstellungen gelesen hat. Natürlich kann ein historisches Buch nicht so fehlerfrei wie eine mathematische Monographie sein, das liegt in der Natur der Sache. Unsere Vorstellung von Pythagoras beruht zu fünf Prozent auf Fakten und zu 95 Prozent auf Spekulation. Aber einen gewissen Standard sollte man schon einhalten. Mlodinow schreibt zum Beispiel im Kapitel 19 über einen "Georg Riemann". Es dürfte ihn vermutlich überraschen, daß Georg Friedrich Bernhard Riemann allgemein als Bernhard Riemann bekannt ist. Im Literaturverzeichnis findet man diesen dann tatsächlich als Bernhard Riemann, aber dafür ist wohl eher der Übersetzer verantwortlich.

Andere Beispiele: Galilei wurde "auf unbestimmte Zeit von der Inquisition ins Gefängnis geworfen". Das stimmt so nicht. Während seines Prozesses wohnte er im Vatikanspalast, und die verhängte Gefängnisstrafe mußte er nicht antreten. "Hilbert weihte sein Leben vollkommen der Klärung der Grundlagen der Geometrie . . .". Tat er das wirklich? So wie Edison sein Leben vollkommen nur der Glühbirne widmete? Wer so etwas schreibt, hat den Hilbert noch nicht einmal in der Enzyklopädie nachgeschlagen. Sapienti sat!

Aber vielleicht sollte man das Buch einfach als Unterhaltungsliteratur lesen. Unterhaltsam ist es nämlich. Auf der Rückseite des Schutzumschlags findet man entsprechende Lobpreisungen von durchaus honorigen Personen bis hin zu Edward Witten. Michael Guillen (ein Fernsehmensch von "Good Morning America", der es wissen muß) vergleicht das Buch mit Seifenoper, Krimi und Comic. Damit hat er recht.

Die Mathematik stellt sich in der Öffentlichkeit nicht immer überzeugend dar. Zumindest wird das von verbeamteten Mathematikern immer wieder gerne beklagt. Bücher wie das vorliegende können da durchaus eine Lücke füllen. Jedenfalls solange das Publikum quotenmäßig noch nicht reif für "Die Schwarzwalduniversität" ist. Der Knalleffekt des Buchs kommt am Schluß. Die M-Theorie von ebenjenem Edward Witten, einem Physiker am Institute for Advanced Study in Princeton, ist ein vielversprechender Anwärter für diejenige physikalische Theorie, die Quantenmechanik und Relativitätstheorie versöhnen und damit alles erklären kann. Sie ist vielleicht der Heilige Gral, nach dem die Physiker seit Jahrzehnten gesucht haben. Ob die M-Theorie tatsächlich mit der Wirklichkeit übereinstimmt, weiß man aber noch nicht sicher. Ein Test für ihre Brauchbarkeit wäre es, wenn man mit ihr die Größe von Konstanten berechnen könnte, die bisher nur empirisch bestimmt worden sind. Wer es schafft, die Masse des Elektrons aus der M-Theorie herzuleiten, sollte gleich anschließend zu seinem Schneider gehen und sich einen Frack anmessen lassen.

Leider ist die M-Theorie zwar elegant, aber doch etwas zu komplex für unsere kleinen Primatenhirne. Der zugrunde liegende Raum ist elfdimensional. Zu den drei räumlichen Dimensionen unserer Erfahrung und der eindimensionalen Zeit kommen noch sieben Dimensionen, die so zusammengeschnurrt sind, daß wir sie nicht sehen können. Wenn das tatsächlich alles funktioniert, ist die Physik zu einem Spezialfall der Geometrie geworden.

Die beiden letzten Hauptabschnitte sind die besten. Mlodinow ist Physiker, und hier berichtet er über Physik. Teilweise hat er die Dinge noch selbst miterlebt und die Protagonisten noch selbst kennengelernt. Den Rest des Buchs kann man zwar auch genießen, aber zitieren sollte man ihn nicht, ohne die Fakten noch einmal unabhängig zu verifizieren.

Es ist ungewöhnlich, wenn die "Notices of the American Mathematical Society" eine Buchbesprechung zur Titelgeschichte machen. Im Falle Mlodinow haben sie das getan (Mai 2002, www.ams.org/notices). Die Rezension von Robert P. Langlands ist umfangreich und sehr kritisch. Sie beginnt mit den Worten: "This is a shallow book on deep matters, about which the author knows next to nothing." Ob die Kanonenkugel den Spatzen wohl getroffen hat?

ERNST HORST

Leonard Mlodinow: "Das Fenster zum Universum". Eine kleine Geschichte der Geometrie. Aus dem Englischen von Carl Freytag. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2002. 310 S., 11 Abb., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.04.2002

Gekrümmt in Raum und Zeit
Drehbuch der Geometrie: Leonard Mlodinows flotte Wissenschaft
„Judging books by their Covers” ist eines der amüsantesten Kapitel in Richard Feynmans Autobiografie „Surely you’re joking, Mr. Feynman”. Er erzählt darin von seiner Tätigkeit in einer kalifornischen Schulbuch- Kommission. In einem Fall hatte der Verlag den Abgabetermin nicht einhalten können und ein Buch mit Umschlag, aber leeren Seiten eingereicht. Dennoch hatten mehrere Mitglieder der Kommission das Buch mit guten Noten bedacht.
Den Umschlag von Mlodinows Buch ziert im Hintergrund Keplers „Mysterium Cosmographicum”. Der Titel „Das Fenster zum Universum – Eine kleine Geschichte der Geometrie” macht neugierig auf die Struktur des Kosmos und Einiges mehr, zumal das längste der fünf Kapitel „Die Geschichte von Einstein” heißt. Vom Universum ist aber überhaupt nicht die Rede!
Und wer zur Geometrie und ihrer Geschichte solide Informationen erwartet, der sei gewarnt: Der Autor hat an der Fernsehserie „Star Trek: The Next Generation” mitgearbeitet, sein Talent als Schriftsteller vor allem in Hollywood geschult. In einem Interview bekennt er, worauf es ihm ankomme: „. .. ein Gefühl für den dramatischen Ablauf einer Geschichte zu haben – was als nächstes kommen, ob man beschleunigen oder bremsen sollte ...”. Ja, das Buch ist flott erzählt, mit Anekdoten gespickt, ein Quell für Party- Smalltalk – und übrigens von Carl Freytag brillant übersetzt. Doch ernst nehmen darf man es nicht. Das gilt zuerst für die Darstellung der Geometrie selbst. Im Pointillismus von Mlodinows Erzählmanier ist schwer zu erkennen, was Geometrie überhaupt sein soll: Struktur des Raums, seine Metrik, Topologie, ein System von Axiomen?
Eine beliebige Kostprobe: „1871 zeigte der preußische Mathematiker Felix Klein, wie man die offensichtlichen Widersprüche in Riemanns Kugelmodell des elliptischen Raums beheben kann, und setzte damit gegenüber Euklid neue Maßstäbe.” – Elliptischer Raum? Nicht einmal, was „Raum” überhaupt bedeuten soll, wird irgendwo klar ausgedrückt. Widersprüche? Es wurde vorher nur gesagt, dass Begriffe wie „innen” und „außen” nicht mehr anwendbar seien. Neue Maßstäbe? Welche denn? Wer nicht schon weiß, wovon jeweils die Rede ist, der kann es nicht verstehen. – Felix Klein: preußischer Mathematiker? Geboren 1849 in Düsseldorf, Professor in Erlangen, München, Leipzig und Göttingen, daselbst 1925 gestorben. Nach Berlin wollte man ihn nicht berufen, weil er zu sehr Geometer war. Sein „Erlanger Programm” war in der Tat ein Meilenstein in der Entwicklung der Geometrie. Aber kein Wort davon bei Mlodinow.
Sein Umgang mit der Geschichte grenzt zuweilen ans Groteske. Kapitel 9 heißt „Die traurige Hinterlassenschaft des römischen Weltreichs” und erzählt auf neun Seiten die Geschichte von Karl dem Großen bis Ockham, mit allerlei Seitenhieben auf die katholische Kirche. Bei Karl dem Großen wird gesagt: „Die Lehrer gehörten in der Regel zu Orden wie den Dominikanern oder den Franziskanern.” Dass Dominikus und Franz von Assisi erst 400 Jahre später lebten, kann doch nur Kleinkrämer irritieren, oder? Es sind aber genau solche Ungenauigkeiten, die Zweifel an den vielen anderen Histörchen wecken. Galileis Auseinandersetzung mit der Kirche, Kants Beiträge zur Struktur des Raums oder Poincarés Verhältnis zur nicht-euklidischen Geometrie werden nicht so dargestellt, dass man dem Autor in anderen Dingen Vertrauen schenken möchte.
Kultphysiker in dünner Luft
Es ist kein Vorteil, dass Mlodinow die Geschichte der Geometrie auf fünf Helden konzentriert: Euklid, Descartes, Gauss, Einstein und Witten. Er bedient damit Clichés, die in Hollywood erfolgreich sein mögen, in der Geschichte der Wissenschaft aber nicht taugen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, diese Fünf zu feiern, aber andere als zwielichtige Epigonen abzuqualifizieren, wie er es zum Beispiel mit Bólyai und Lobatchewski gegenüber Gauß tut, ist nicht fair. Das hinterlässt einen faden Beigeschmack. Und Fragen. Hat Einstein wirklich etwas zur Geometrie beigetragen? Nein, er hat sie angewandt. Riemann, Klein, Poincaré und Hilbert waren größere Geometer als er. Wie soll man überhaupt das Verhältnis der Physik zur Geometrie beurteilen? Dass Mathematik und Physik unterschiedliche Begriffe von Erkenntnis haben, wird in dem Buch jedenfalls nicht reflektiert.
Im Amerikanischen war der Titel übrigens „Euclid’s Window”. Das mag Erwartungen dämpfen, aber der Erfolg war dennoch grandios. Edward Witten, einer von Mlodinows Helden, und Brian Greene, Autor des Bestsellers „Das elegante Universum”, haben freundliche Empfehlungen beigesteuert. Von Feynman sagt Mlodinow, dass er 1981 „noch nicht entdeckt worden war, aber später zu einer Kultfigur in der dünnen Luft der Gipfelregionen der Physik werden sollte”. Immerhin hatte Feynman 1965 den Nobelpreis erhalten, und seine „Lectures on Physics” hatten in den 60er Jahren Kultstatus. Die Frage sei also erlaubt: haben Witten und Greene Mlodinows Buch gelesen, ehe sie ihre Empfehlungen abgaben? Sie hatten vielleicht Wichtigeres zu tun.
Man hört, dass Stephen Hawking eine Kurzversion seiner „Kurzen Geschichte der Zeit” plant (100 Seiten und mehr Bilder, für Kinder ab 12 Jahren), Koautor: Leonard Mlodinow. Die beiden Autoren schreiben einen kongenialen Stil, faszinieren offenbar Millionen Leser. Womit eigentlich? PETER RICHTER
LEONARD MLODINOW: Das Fenster zum Universum. Eine kleine Geschichte der Geometrie. Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2002. 310 Seiten (mit für ein Geometriebuch viel zu wenigen Abbildungen), 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Vielleicht sollte man das Buch einfach als Unterhaltungsliteratur lesen", rät Rezensent Ernst Horst, denn an Substanz habe der Schmöker nichts zu bieten. "Thema verfehlt" und "schlampig recherchiert" urteilt Ernst Horst schon in den ersten Zeilen. Der Rest der Rezension besteht aus Beispielen, in denen Horst die Fehlgriffe des Buchautors genüsslich zu Papier bringt. Die Inquisition habe Galilei ins Gefängnis geworfen - stimmt nicht; Hilbert weihte sein Leben vollkommen der Klärung der Grundlagen der Geometrie? - wer so schreibt, habe den Hilbert noch nicht einmal in der Enzyklopädie nachgeschlagen. Halbwegs gute Noten vergibt der Rezensent nur für die zwei letzten Buchabschnitte, in denen der Physiker Mlodinow über Physik schreibt. Ansonsten könne man das Buch zwar genießen, "aber zitieren sollte man ihn nicht, ohne die Fakten noch einmal unabhängig zu verifizieren".

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