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B Per aspera ad astra S Dramatische Ereignisse begleiteten die Entdeckung des Planeten Neptun. Die Chronik dieser Planetenjagd ist zugleich die Geschichte zweier bemerkenswerter Mathematiker, die auf dem Papier "sahen", was Astronomen durch Teleskope über 200 Jahre lang nicht hatten finden können. Nach der Entdeckung des Planeten Uranus 1781 stellte man fest, dass dieser sich nicht in der vorberechneten Umlaufbahn um die Sonne befand. Der britische Mathematiker Adams schloss 1845 daraus, dass es einen weiteren Planeten geben musste, der den Umlauf des Uranus störte. Auch der französische…mehr

Produktbeschreibung
B Per aspera ad astra S Dramatische Ereignisse begleiteten die Entdeckung des Planeten Neptun. Die Chronik dieser Planetenjagd ist zugleich die Geschichte zweier bemerkenswerter Mathematiker, die auf dem Papier "sahen", was Astronomen durch Teleskope über 200 Jahre lang nicht hatten finden können. Nach der Entdeckung des Planeten Uranus 1781 stellte man fest, dass dieser sich nicht in der vorberechneten Umlaufbahn um die Sonne befand. Der britische Mathematiker Adams schloss 1845 daraus, dass es einen weiteren Planeten geben musste, der den Umlauf des Uranus störte. Auch der französische Wissenschaftler Le Verrier kam zu diesem Schluss. Die Jagd begann: Wer würde den achten Planeten entdecken? Sir George Airy, Leiter der Königlichen Sternenwarte, der selbst eine fatale Rolle in der Planetenjagd spielte, führte über die Ereignisse Buch. Seine Notizen waren lange verschollen, bis sie 1999 in Chile wieder auftauchten. Tom Standage rekonstruiert aus diesen Aufzeichnungen u nd weiteren Originaldokumenten die spannende Erzählung von Helden und Verrückten, Amateurastronomen und akademischen Rivalen. Und die Geschichte geht weiter: Obwohl bis zur erneuten "Berechnung" eines Planeten 150 Jahre vergehen sollten, sind seit 1995 Dutzende nach Adams' Methode gefunden worden. Keiner von ihnen wurde je gesehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2001

Laß mich dein Planet sein
Tom Standage verfolgt die Neptunforscher / Von Günter Paul

Im Dezember 1612 und im Januar 1613 hatte Galileo Galilei sein Fernrohr gen Himmel gerichtet und dabei auch einen von ihm offenbar für unwichtig gehaltenen "Stern" gesehen, den er in seinen Aufzeichnungen festhielt. Hätte er genauer hingeschaut, hätte er möglicherweise gemerkt, daß sich das Objekt bewegte, worauf die Erforschung des Sonnensystems wohl einen anderen Verlauf genommen hätte. Denn was Galilei gesehen hatte, war der Planet Neptun, der erst im September 1846 entdeckt werden sollte. Wie es dazu kam, stellt Tom Standage jetzt in packender Weise dar.

Die Geschichte, die auf ihrem Höhepunkt die Gemüter ganzer Völker erhitzte, begann ruhig am 13. März 1781 im englischen Kurort Bath. Dort schaute Friedrich Wilhelm Herschel durch sein selbstgebautes Fernrohr in den Himmel - und erspähte dabei einen "Nebelstern", den er für einen Kometen hielt. Statt dessen war es ein bis dahin unbekannter Planet, der Uranus. Mit einem Schlag hatte sich das Planetensystem für die Astronomen erheblich erweitert. Für Herschel sollte sich der Fund in klingender Münze bezahlbar machen. Der König von England finanzierte ihm den Bau eines für damalige Verhältnisse gewaltigen Fernrohrs, und er besuchte in Begleitung der Königin und des Erzbischofs von Canterbury auch die Baustelle, wo Herschel seine Besucher einlud, durch das am Boden liegende Rohr zu schreiten. Als der Erzbischof zögerte, streckte der König die Hand aus und sagte: "Kommen Sie, Bischof, ich zeige Ihnen, wie man in den Himmel kommt."

Für die Astronomie hielt der Uranus eine große Überraschung parat. Der Uranus stand nie an der Position, die man anhand der vorliegenden Daten kalkuliert hatte. Manche Astronomen äußerten den Verdacht, er sei von einem Kometen getroffen und dadurch aus seiner Bahn geworfen worden. Andere vermuteten als Störquelle einen weiteren noch nicht entdeckten Planeten. Einen "klassischen" Standpunkt vertrat George Biddell Airy, einer der führenden Astronomen Englands. Er meinte, durch eine Neuberechnung der vom Saturn ausgehenden Gravitationseinflüsse würde man das Problem lösen. Eine für einen angehenden Mathematiker fatale Fehleinschätzung, wie sich herausstellen sollte.

Am 26. Juni 1841 betrat in Cambridge der Mathematikstudent John Couch Adams eine Universitätsbuchhandlung und stieß dort auf Airys Schrift "Fortschritte in der Astronomie", in der auch das Uranus-Mysterium erwähnt wurde. Ein paar Tage später machte er sich folgende Notiz: "Habe Anfang der Woche den Entschluß gefaßt, nach meinem Abschluß so bald wie möglich die Unregelmäßigkeiten in der Bahn des Uranus zu untersuchen, für die es bis jetzt noch keine Erklärungen gibt." Im September 1845 hatte er sein Ziel erreicht. Er hatte rechnerisch einen noch nicht entdeckten Planeten jenseits der Bahn des Uranus hergeleitet, der mit seiner Schwerkraft die Unregelmäßigkeiten verursachte. Über James Challis, dem Direktor des Observatoriums von Cambridge, nahm er nun Kontakt mit Airy auf. Doch der ließ ihn links liegen, weil er - noch - nicht an einen weiteren Planeten glaubte.

Kurz darauf begann auch Urbain Jean-Joseph Le Verrier in Paris, sich des Uranus-Rätsels anzunehmen, und stieß ebenfalls rechnerisch auf den noch unbekannten Planeten. Im Dezember 1845 bekam Airy seine ersten Ergebnisse zu sehen, die bis zum Sommer 1846 noch verfeinert wurden, und war plötzlich außerordentlich beeindruckt. Gleichwohl ließ er Adams weiterhin unbeachtet. Am 31. August 1846 legte Le Verrier der Académie des Sciences seine dritte theoretische Abhandlung über den "neuen" Planeten vor und forderte die Astronomen eindringlich auf, nach diesem zu suchen. Seine Berechnungen hatten unter anderem ergeben, daß der Planet im Fernrohr deutlich als Scheibe erkennbar sein würde.

Sein Brief vom 18. September an Johann Gottfried Galle von der Berliner Sternwarte brachte Bewegung in die Geschichte. Galle machte sich sofort zusammen mit Heinrich d'Arrest daran, den unbekannten Planeten an der von Le Verrier berechneten Position zu suchen, und wurde am 23. September 1846 durch den Vergleich des Himmels mit Sternkarten fündig. In der folgenden Nacht konnte er sogar die Bewegung und die Größe der Planetenscheibe erkennen. Fast wäre ihm Challis in England zuvorgekommen, in dessen Aufzeichnungen das Objekt - allerdings unbemerkt - schon am 12. August 1846 auftauchte.

Mit der Entdeckung war nun für Airy und für Challis der Zeitpunkt gekommen, die Fachwelt und die Öffentlichkeit von den schon im Vorjahr abgeschlossenen Rechnungen Adams' zu unterrichten. Sofort entbrannte vor allem in den englischen und französischen Zeitungen ein heftiger Streit über die Priorität. Le Verrier wurde in Frankreich frenetisch gefeiert und später zum Offizier der Ehrenlegion ernannt. An der Universität von Paris wurde ihm eigens ein Lehrstuhl für Astronomie eingerichtet, und er wurde Ehrenmitglied der Akademien in Sankt Petersburg und Göttingen. Adams dagegen lehnte in aller Bescheidenheit die Verleihung der Ritterwürde durch Königin Victoria ab. Allerdings ließ er sich zweimal zum Präsidenten der Royal Astronomical Society wählen.

Wie wenig Le Verrier von eigener Bescheidenheit hielt, ist an den heftigen Diskussionen um die Benennung des Planeten zu erkennen. Den französischen Vorschlag, diesem den Namen "Le Verrier" zu geben, nahm er wohlwollend zur Kenntnis, während andere Astronomen einen Namen aus der Mythologie vorzogen. W.H.Smyth, eine Zeitlang wie Adams Präsident der Royal Astronomical Society, bemerkte dazu gegenüber Airy: "Denken Sie nur, wie peinlich es wäre, wenn der nächste Planet von einem Deutschen entdeckt würde, von einem Bugge, einem Funk oder von Ihrem zotteligen Freund Boguslawski."

Über Airys langes Verschweigen der Rechnungen von Adams hat es in England damals viel Unmut gegeben, und auch später wurde seine Rolle in dieser Geschichte immer wieder unter die Lupe genommen. Als sich schließlich vor etwa zwanzig Jahren herausstellte, daß Airys "Akte Neptun" - Dokumente, die er penibel archiviert hatte - verschwunden war, wurde sogar das Royal Greenwich Observatory beschuldigt, die ganze Angelegenheit vertuschen zu wollen. Doch 1999 tauchte die Akte wieder auf. Ein Mitarbeiter des Observatoriums hatte sie ausgeliehen und mitgenommen, als er eine Stelle in Chile antrat. Nach seinem Tod wurde sie nach England zurückgeschickt.

Überaus spannend liest sich Standages Buch, das auch die Entdeckung des Planeten Pluto, die Suche nach einem weiteren großen Planeten "X" im Sonnensystem, dessen Nichtexistenz mittlerweile feststeht, und die Suche nach extrasolaren Planeten zum Inhalt hat. Insofern rundet sich die Darstellung zu einem eindrucksvollen Gesamtbild ab. Zum Schluß stellt der Autor die Frage, ob man bei der bislang noch nicht erfolgten Benennung der Trabanten anderer Sterne nicht doch lieber auf historische Persönlichkeiten statt auf mythische Gestalten zurückgreifen soll, weil es von denen bald nicht mehr genügend geben dürfte. Eine offizielle Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen.

Tom Standage: "Die Akte Neptun". Die abenteuerliche Geschichte der Entdeckung des 8. Planeten. Aus dem Englischen von Sonja Schuhmacher und Thomas Wollermann. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2001. 236 S., geb., 42,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Schon Galilei hatte entdeckt, aber keiner weiteren Achtung für Wert befunden, was sich dann erst im Jahre 1846 als ein weiterer Planet in unserem Sonnensystem entpuppte. Bevor man den Neptun, wie er schließlich genannt wurde, per Fernrohr identifizierte, war die mathematische Notwendigkeit seiner Existenz bereits erwiesen. Das und manches mehr, etwa zum Streit um die Erstentdeckung und zum Charakter der Aspiranten auf die Erstentdeckung, erfährt man in diesem Buch, von dem der Rezensent Günter Paul sagt, dass es sich "überaus spannend" liest. Zudem lernt man auch, dass die der Mythologie gedankten Namen angesichts der Vielzahl der Himmelsobjekte langsam ausgehen. Das Problem mit der Alternative, ihnen stattdessen die Namen ihrer Entdecker zu geben, brachte der Präsident der Royal Astronomical Society bereits im 19. Jahrhundert auf den Punkt: "Denken Sie nur, wie peinlich es wäre, wenn der nächste Planet von einem Deutschen entdeckt würde, von einem Bugge, einem Funk oder von Ihrem zotteligen Freund Boguslawski." In der Tat, wie unangenehm.

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