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Jedes Land hat seine eigene politische Kultur, seine eigene Definition von individuellen Rechten und Pflichten. Diese traditionellen Vorstellungen des Zusammenlebens beeinflussen auch die Art jeder Gesellschaft, moderne Werte wie Freiheit und Demokratie zu interpretieren. D 'Iribarne analysiert die zentralen Triebfedern westlicher Gesellschaften und macht deutlich, inwiefern ökonomische Leistungsfähigkeit auf diesen Faktoren beruht.

Produktbeschreibung
Jedes Land hat seine eigene politische Kultur, seine eigene Definition von individuellen Rechten und Pflichten. Diese traditionellen Vorstellungen des Zusammenlebens beeinflussen auch die Art jeder Gesellschaft, moderne Werte wie Freiheit und Demokratie zu interpretieren. D 'Iribarne analysiert die zentralen Triebfedern westlicher Gesellschaften und macht deutlich, inwiefern ökonomische Leistungsfähigkeit auf diesen Faktoren beruht.
Autorenporträt
Philippe d Iribarne ist Forschungsdirektor am Centre National de la Recherche Scientifique, Paris.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent André Kieserling zeigt sich wenig begeistert von Philippe d'Iribarnes Untersuchung der Firmenkultur dreier ausgesuchter Nationen. Der Autor vergleicht in seinem Buch drei Produktionsbetriebe - je einen aus Frankreich, Japan und den Niederlanden -, um daraus auf Unterschiede in den jeweiligen Nationalkulturen zu schließen. Diese Unterschiede stilisiert der Autor laut Kieserling "zu drei unterschiedlichen Nationalkulturen des Umgangs mit Hierarchien". So komme d'Iribarnes zu den Begriffen Ehre, Vertrag und Konsens, die jeweils für eine dieser Kulturen einstehen sollen. Ein harter Brocken für den Rezensenten! Von der Inspektion jeweils nur eines Unternehmen auf das Merkmal einer "ganzen Population" zu schließen, kritisiert er als fahrlässig allgemein. Zudem dominieren in den Kurzporträts der jeweiligen Nationalkultur nach Ansicht Kieserlings ohnehin genau jene Begriffe, "die auch zuvor schon an den Dienstwegen der Firmen belegt worden waren." Sollten die Argumente des Autors auch solche Leser überzeugen, die seinen Thesen nicht schon von sich aus entgegenkommen, so der kritische Rezensent abschließend, "dann wäre dies ein zweites soziologisches Wunder".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.04.2002

Der Franzose an sich, das bin ich
Philippe d'Iribarne vergleicht die Firmenkultur dreier Nationen

Es ist noch nicht allzu lange her, da machte die Information über ein soziologisches Wunder die Runde: Den Japanern sei es gelungen, ausgerechnet den kapitalistischen Produktionsbetrieb zum Schauplatz für soziale Solidarität und gesellschaftliche Verantwortung zu machen. Unter dem Eindruck dieser Nachricht war man eine Zeitlang bereit, jeder Nation zu bescheinigen, daß sie über eine homogene Kultur des Wirtschaftens verfüge. Als Ausdruck der japanischen Wirtschaftskultur galt damals etwa die Anstellung auf Lebenszeit. Heute wird auch aus Japan über Massenentlassungen berichtet. Das Interesse an den Eigentümlichkeiten der japanischen Wirtschaftsweise scheint sich zu verlieren, und das Reden über homogene Nationalkulturen hat an Überzeugungskraft eingebüßt.

Für die neuere Organisationssoziologie kommt dieser Wandel der Plausibilitäten nicht überraschend. Ihr Begriff von Organisationskultur meint ohnehin nicht die kulturelle Einheit aller Organisationen, die in einer bestimmten Nation residieren. Gemeint ist vielmehr die Autonomie und historische Individualität der einzelnen Organisation selbst: Auch innerhalb von Deutschland ist kein Automobilkonzern wie der andere. Die Konsequenzen dieser Diversität sind leicht zu erkennen. Solange man an der kulturellen Einheit der Wirtschaftsnation festhielt, waren kulturelle Differenzen nur beim Überschreiten der Landesgrenzen zu gewärtigen. Nach der neueren Lesart muß man auch bei Fusionen im Inland auf Verständnisschwierigkeiten gefaßt sein. Dies führt zu einer Verschiebung der Beweislasten. Wer heute noch die Absicht hat, über "das" französische oder "das" amerikanische Unternehmen zu reden, braucht dazu mehr Argumente als zuvor. Mit wie wenigen Argumenten man damals durchkam, zeigt die vorliegende Übersetzung eines zwölf Jahre alten Buches.

Sein Autor wirbt für die kulturvergleichende These, daß Hierarchie nicht gleich Hierarchie ist: Wie die Vorgesetzten sich zu ihren Untergebenen verhalten, das unterscheide sich vielmehr von Nationalkultur zu Nationalkultur. Um diese These zu prüfen, hat er sich nach dem Hierarchieverständnis dreier Produktionsbetriebe erkundigt, die miteinander die Branche, nicht aber den Standort teilen. Die Befragten kommen aus Frankreich, Amerika, den Niederlanden. Ihre Antworten unterscheiden sich beträchtlich, was aber offenbar auch damit zu tun hat, daß jedem Betrieb andere Fragen gestellt wurden. Statt die Frage nach dem Stellenwert der Gewerkschaften oder nach der fachlichen Autonomie des Untergebenen hier wie dort zu stellen, geht es um die Gewerkschaften in Amerika, um die Fachautonomie in Frankreich. Damit ist vorentschieden, daß vor allem die Differenzen hervortreten, wenngleich der Autor vermutlich entgegnen würde, daß er seine Themen nur darum so unterschiedlich gewichtet, weil auch seine Interviewpartner in den verschiedenen Ländern dies tun.

Aus dem französischen Betrieb wird berichtet, daß das Personal einer Vorstellung von Berufsehre anhängt, die um die professionelle Autonomie des sachverständigen Praktikers zentriert ist und seine Überwachung durch den Vorgesetzten eher erschwert. Die Mitglieder des amerikanischen Betriebs gaben zu Protokoll, daß es bei ihnen eine komplizierte Betriebsvereinbarung gibt, die bei allen Konflikten zwischen Firmenleitung und Belegschaft im Vordergrund steht. Im Vergleich dazu gab man sich in den Niederlanden mehr konsensbezogen. Der Autor stilisiert solche Unterschiede im Interviewmaterial sowie in den ergänzenden Beobachtungen, über die er berichtet, zu drei unterschiedlichen Nationalkulturen des Umgangs mit Hierarchien. Die drei Titelbegriffe von Ehre, Vertrag und Konsens sollen für jeweils eine dieser Kulturen einstehen.

Von dieser flächendeckenden Zurechnung lebt der Anspruch des Buches auf praktische Relevanz. Da aber nur jeweils ein Unternehmen überhaupt inspiziert wurde, wird der Leser sich fragen, wie der Autor ausschließen will, daß er zum Merkmal einer ganzen Population erhebt, was in Wahrheit nur der einzelnen Firma zukommt. Der Autor bietet Kurzporträts der jeweiligen Nationalkultur und ihrer Geschichte an, in denen genau jene Begriffe dominieren, die auch zuvor schon an den Dienstwegen der Firmen belegt worden waren. Ehre ist demnach ein so französischer Begriff, daß er sogar die Französische Revolution ohne bleibende Schäden überstanden hat. Im selben Duktus werden die Amerikaner zu eingefleischten Kontraktualisten stilisiert, während den Niederländern als Merkmal ihrer Nation die unspezifische Begeisterung für den Konsens bleibt. Einem Buch, das zu solchen Verallgemeinerungen bereit ist, wird man einen Mangel an Urteilsfreude nicht nachsagen wollen. Sollte es seiner Argumentation aber gelingen, auch solche Leser zu überzeugen, die seinen Thesen nicht schon von sich aus entgegenkommen, dann wäre dies ein zweites soziologisches Wunder.

ANDRÉ KIESERLING

Philippe d'Iribarne: "Ehre - Vertrag - Konsens". Unternehmensmanagement und Nationalkulturen. Aus dem Französischen von Karin Albert. Campus Verlag, Frankfurt am Main, New York 2001. 277 S., br., 29,90 .

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