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Bildung in Deutschland: eine Katastrophe. Kinder und Gesellschaft nehmen Schaden! Michael Winterhoff redet Klartext, zeigt anhand vieler Beispiele aus seiner langjährigen Praxis als Kinder- und Jugendpsychiater, aber auch aus zahlreichen Rückmeldungen zu seinen Büchern und Vorträgen, was heute in Kitas und Schulen falsch läuft - so falsch, dass in seinen Augen die Zukunft unserer Gesellschaft gefährdet ist. Leidtragende sind für ihn die Kinder, die man quasi sich selbst überlässt. Winterhoff verharrt nicht bei der Bestandsaufnahme und Analyse, er zeigt konkrete Lösungen und Maßnahmen auf und…mehr

Produktbeschreibung
Bildung in Deutschland: eine Katastrophe. Kinder und Gesellschaft nehmen Schaden! Michael Winterhoff redet Klartext, zeigt anhand vieler Beispiele aus seiner langjährigen Praxis als Kinder- und Jugendpsychiater, aber auch aus zahlreichen Rückmeldungen zu seinen Büchern und Vorträgen, was heute in Kitas und Schulen falsch läuft - so falsch, dass in seinen Augen die Zukunft unserer Gesellschaft gefährdet ist. Leidtragende sind für ihn die Kinder, die man quasi sich selbst überlässt. Winterhoff verharrt nicht bei der Bestandsaufnahme und Analyse, er zeigt konkrete Lösungen und Maßnahmen auf und fordert u.a. eine groß angelegte Bildungsoffensive: Weg von Kompetenzorientierung und den unfreiwillig zu Lernbegleitern degradierten Lehrern, hin zu echter Bildung und Pädagogen, die den Kindern wieder ein Gegenüber sein dürfen. Denn nur die Orientierung an Bezugspersonen ermöglicht die Entwicklung von emotionaler und sozialer Psyche.
Autorenporträt
Winterhoff, MichaelDr. Michael Winterhoff, geboren 1955, Dr. med., ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.05.2019

Dreizehn Katastrophen
Wird wirklich immer alles schlimmer? Der Psychiater Michael Winterhoff und
FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube diskutieren die Zukunft der Schule
VON ALEX RÜHLE
Im Jahr 2008 sah der Kinder- und Jugendpsychologe Michael Winterhoff in seinem Buch „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ den endgültigen und sehr baldigen Kollaps der westlichen Welt vorher. Seine These: Seit 1968 geht alles drunter und drüber, den Kindern fehlt ordentliche Führung, die Eltern sind nicht mehr in der Lage. „intuitiv“ zu erziehen, und vergaloppieren sich in „unbrauchbaren Erziehungskonzepten“. Folge: Grundschulkinder, die sich jeder Anordnung eines Erwachsenen widersetzen, Zehntklässler auf dem seelischen Stand von Dreijährigen, Entropie total.
Winterhoff hatte als empirische Basis nur Einzelfälle aus seinem Praxisalltag, rechnete die aber großzügig auf die bundesdeutsche Gesellschaft hoch. Alles ernstzunehmende statistische Material lief seiner These vom „Erziehungsnotstand“ genauso zuwider wie der Behauptung von epidemisch um sich greifenden psychischen Störungen. Fachleute rauften sich die Haare über das Buch, seine Thesen entsprächen „dem Stand der Lernpsychologie der 30er-Jahre“, schrieb sein Kollege Wolfgang Bergmann. Dem Erfolg tat das keinen Abbruch, schließlich hatte das Buch einen reißerischen Titel und traf in Zeiten genereller Erziehungsunsicherheit einen entzündeten Nerv, weshalb Winterhoff seither als düsteres Orakel in der deutschen Medienlandschaft weiträumig herumgereicht wird.
Nun steht die Welt elf Jahre nach Erscheinen seines Untergangspamphlets seltsamerweise immer noch. Der Vorteil daran ist, dass Winterhoff jetzt einfach wieder ein Buch vorlegen kann. Diesmal weitet er seine Thesen auf die Schule aus. Man ahnt schon am brachialen Titel „Deutschland verdummt“, dass Winterhoff auch diesmal kaum vorhat, mit feinem Besteck das doch relativ knifflige Thema Schule anzugehen, sondern eher mit dem Pauschalpanzer durchs Theoriegelände donnert. Was schade ist, denn er macht mit seiner Kernthese auf jeden Fall einen Punkt: Der sogenannte „offene Unterricht“ lässt Schüler wie Lehrer viel zu oft allein. Wenn Lehrer zu „Lernbegleitern“ werden, läuft das dem Bedürfnis der Kinder nach Orientierung und Bindung zuwider. Das vermeintlich so fortschrittliche Konzept vom „autonomen Lernen“ überfordert die allermeisten Kinder, setzt es doch ein hohes Maß an Selbständigkeit, Motivation und Disziplin voraus.
Nun kommen tatsächlich viele relevanten Studien zum Zusammenhang zwischen Lehrgangsmethoden und Lernerfolg zu dem Ergebnis, dass strukturierter Unterricht gerade in frühen Schuljahren eindeutig zu besseren Lernergebnissen führt als sehr offene Konzepte, bei denen die Kinder sich selbst ihren Unterricht zusammenbasteln dürfen. Aber schon die Behauptung, der schülerzentrierte Unterricht würde von der Politik „mit aller Macht vorangetrieben“, ist überzeichnet. Spätestens seit John Hatties internationaler Metastudie „Visible Learning“ über die Bedingungen für gelungenen Unterricht (Lösung: 1. gute Lehrer, 2. gute Lehrer und 3. gute Lehrer) wird Sinn und Unsinn des schülerzentrierten Unterrichts, der bei Winterhoff wie ein stalinistisch verordnetes Dogma wirkt, heftigst diskutiert.
So geht’s einem mehrfach beim Lesen: Winterhoff bringt diskutierenswerte Thesen (Schulen möglichst lange digitalfrei halten), die dann aber so dermaßen dramatisiert und ins Apokalyptische verzerrt werden, dass bald klar wird:: Das hier ist eher was für Freunde von Roland-Emmerich-Szenarios als für Leute, die sich wirklich für Bildungspolitik interessieren: Alle Kinder werden „gnadenlos alleingelassen“, die Gesamtsituation ist „unendlich traurig“ oder „schrecklich“, permanent ist von „Wahnsinn“ die Rede, 13-mal wird die eine oder andere „Katastrophe“ angeprangert, die Situation ist wahlweise „totales Chaos“ oder ein „völliges Desaster“, und die mit dem kollektiven Verdummungsbefund verzahnten gesellschaftspsychologischen Thesen – etwa: die politische Stabilität unserer Tage verdankt sich einer psychisch gesunden Generation, die Generation, die nachwächst, wird auf dem emotionalen und sozialen Entwicklungsstand von Kleinkindern bleiben, was nichts Gutes für unser aller Zukunft verheißt – sind doch eher unterkomplex bis fragwürdig.
Wie wohltuend ist im Gegensatz zu derart dröhnender Endzeitrhetorik ein Satz wie dieser: „Lehrer müssen keine Genies sein, aber es würde helfen, wenn man sie in der Weiterbildung nicht mit den neuesten Erfindungen der Komptenzphrasen-Industrie bekannt machen würde, sondern ihnen erlaubte, sich dem zu widmen, was interessant an ihren Fächern ist.“ Er stammt aus Jürgen Kaubes Buch „Ist die Schule zu blöd für unsere Kinder?“. Kaube, Herausgeber der FAZ und Vater zweier Kinder, veröffentlicht zur selben Zeit wie Winterhoff ebenfalls eine bildungspolitische Abrechnung. Auch er hat eine wuchtige These: Die Schule der Gegenwart, ist eine Fehlkonstruktion. Er fächert die These aber so weit auf, dass sich am Ende ein multiperspektivisches Bild ergibt. Vor allem, weil er von Anfang an einer Kernfrage nachgeht: Was macht gutes Lernen aus?
Auch Kaube geht anfangs mit den „Verrücktheiten“, die Didaktiker und Lerntheoretiker mit ihrem pädagogischen Post-Pisa-Furor über die deutsche Schullandschaft gebracht haben, streng und ein wenig langatmig ins Gericht. Multiple-Choice-Formulare statt Textarbeit, inhaltsentleerte Pädagogik, die nur noch Lernen des Lernens statt Fachwissen beibringt, was zu rein mechanischen Büffelritualen statt konzentriertem, eigenständigem Nachdenken führt. Und genau wie Winterhoff sieht er auch in der Digitalisierung der Schulen in viel zu frühen Jahren einen so peinlichen wie vor allem destruktiven Versuch der Politik, modern und zeitgemäß zu sein.
Er legt das Ganze nur in völlig anderem Ton dar. Der Einfachheit halber könnte man ihn intelligent nennen. Zugleich verengt Kaube das Problem nicht auf eine kulturkritische Doomsday-These, sondern entwirft lieber so etwas wie die ideale Schule, in der es um „Freude, Anregung und Denken“ geht. Was in dieser Zitatverknappung nach dem Idealismus einer so beseelten wie weltfremden Religionsreferendarin klingt, kommt bei Kaube witzig, kompetent und empirie- und faktengesättigt rüber. So begründet er, um nur ein Beispiel zu nennen, seine Forderung an die Bildungspolitik, die Ausgabenpyramide endlich auf den Kopf stellen, also für Grundschüler mehr auszugeben als für Gymnasiasten, mit eindrücklichen Zahlen: Im High/Scope Perry Preschool Program wird seit 1962 untersucht, inwieweit eine intensive Förderung von zufällig ausgewählten Drei- und Vierjährigen aus bildungsschwachen Familien in späteren Jahren zu einem erfolgreichen Leben führt. Zwar werden hier pro Schüler 20 000 Dollar pro Kind in die Hand genommen. Ein Ökonomenteam um den Nobelpreisträger James Heckman rechnete aber aus, dass jeder investierte Dollar durch geringere Arbeitslosigkeit und Kriminalität, bessere Gesundheit und höhere Einkommensbildung gut achtfach zurückkommt. Leider aber wird an den deutschen Grundschulen weiterhin gespart, 6000 Euro pro Kind im Bundesdurchschnitt stehen zur Verfügung. Die abgehängten Kinder kosten dann viel mehr: Pro Hauptschüler werden 8900 Euro ausgegeben. Und Grundschulkinder werden in Deutschland auch kürzer beschult als etwa in Australien oder den Niederlanden (2800 Zeitstunden im Vergleich zu 4000 beziehungsweise 3600).
Vor allem aber verteidigt Kaube „die sehr sensible Profession“ (Jürgen Oelkers) des Lehrerberufs. Auf den besten Seiten wirkt er wie Robin Williams im „Club der toten Dichter“, einer, der all die Sachzwänge über Bord wirft und mit seinen Schülern zum eigentlichen Kerngeschäft vordringt: Lesen. Viel lesen. Selber nachdenken über das Gelesene. Texte dazu schreiben. Und sehr viel rechnen. Die Schüler langsam und in konzentrischen Kreisen dank anregendem Unterricht die Welt erkunden lassen und zu selbständigem Denken erziehen. So wird aus der Schule als „Warteraum, in dem sinnlos Zeit vergeht“ ein Welterkundungsort und aus Schülern, denen die Frage, „warum sie das machen, was sie machen, nur das Achselzucken unterworfener Völkerschaften entlockt“, so was wie autonome Menschen. Ja, klingt nach idealistischer Emphase. Aber wenn es von einem kommt, der einen vorher kompetent wie ein Bergführer durch das Gebirge der Bildungsreformen und den bundesföderalen Kompetenzirrsinn gelotst hat, dann versteht man irgendwann auf dem Gipfel des Buches gar nicht mehr, warum dieses simple Rezept nicht längst in die Tat umgesetzt wurde. Man wünschte sich am Ende fast, dass Kaube aufhören möge bei der FAZ und auf seine mittelalten Tage noch eine Reformschule aufmacht.
Wenn man Michael Winterhoff glaubt, steht die Apokalypse der Schule unmittelbar bevor. Allerdings schon seit einigen Jahren.
Foto: niamat ullah / unsplash
Jürgen Kaube:
Ist die Schule zu blöd für unsere Kinder? Rowohlt Berlin, Berlin 2019.
336 Seiten, 22 Euro.
Michael Winterhoff: Deutschland verdummt. Wie das Bildungssystem die Zukunft unserer Kinder verbaut. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2019.
224 Seiten, 20 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.2019

Selbst ist das Erlebnis

Die Vorstellung, Kinder seien Partner der Eltern und Lehrer, ist fatal: Der Psychiater Michael Winterhoff warnt vor einer Schule, die nicht erzieht. Eine weitere Bildungsapokalypse - oder steckt mehr dahinter?

Wer noch Zweifel hatte, kann sich nach der Lektüre dieses Buches sicher sein: Deutschland verdummt. Das kündigt Michael Winterhoff schon im Titel an, und der verspricht, was er hält. Der Autor, bekannt geworden durch sein Buch "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" (2009), ist Kinder- und Jugendpsychiater in Bonn und beschreibt schonungslos, wie es um das Bildungssystem und die Erziehung in der Gesellschaft bestellt ist.

Noch so ein Abgesang, mag man denken, der der Bildungsapokalypsen überdrüssig ist: Erst schafft sich Deutschland ab, dann verdummt es, während die Jugend seit Menschengedenken sowieso immer schlimmer wird, und am Ende bleibt uns nur noch, aufrecht unterzugehen. Doch Winterhoffs Analyse erschöpft sich nicht in reiner Untergangssemantik. Der teils plakative, reißerische Stil seines Textes hätte nicht notgetan, um auf die prekäre Lage von Kindergärten und Schulen aufmerksam zu machen.

Da sind die Eltern, die verlernt haben, ihren Kindern das richtige Maß an Zuwendung zu geben. Und das bedeutet auch, Grenzen zu ziehen und zwischen sich und den Kindern zu unterscheiden. Winterhoff beobachtet, dass die Erwachsenen oft projizierten, in eine "Beziehungsstörung der Symbiose" verfielen und die Kinder wie ein eigenes Körperteil, einen dritten Arm wahrnähmen. Alle Wünsche, die der Erwachsene dem Kind zuordne, glaube er umgehend erfüllen zu müssen: "Damit hebt er das Kind nicht nur auf Augenhöhe (was an sich schon schädlich genug ist), sondern ordnet sich dem Kind unter." Die Folge: Kinder und Jugendliche verharrten in ihrer psychologischen Entwicklung auf dem Niveau von Kleinkindern.

Wie aber funktioniert gute Erziehung? Wenn man den Kindern alles erklärt, werden sie es schon verstehen und sich entsprechend verhalten - ein verbreiteter Irrglaube, stellt Winterhoff klar, denn entscheidend sei, eine orientierende Beziehung zu dem Kind aufzubauen, in der Schule wie im Elternhaus. Für einen Pädagogen bedeute das, nicht ständig Konsequenzen anzukündigen, sondern die Schüler erleben zu lassen, wenn sie etwas gut oder schlecht machen.

Dass die Realität meist anders aussieht, weiß jeder, der heutzutage eine Schule von innen gesehen hat. Die Lehrer müssen den Rahmenvorgaben der Bildungspolitik entsprechen, die "Kompetenzen" an die Stelle von Begreifen und Wissen setzt, einem durch die freie Wirtschaft forcierten "Mess- und Optimierungswahn" unterliegt und das Niveau sukzessive herunterschraubt, weil über den bildungspolitischen Erfolg nicht die Qualität, sondern die Quantität der Abschlüsse bestimmt. Selbst wenn die Lehrer geneigt sind, nicht jede didaktische Mode mitzumachen, die zunehmend auf Kosten des Inhalts, der Leistungen und des Anspruchs geht, finden sie immer schlechtere Bedingungen vor, um eine vernünftige Pädagogik umzusetzen.

"Schülerzentrierter Unterricht" lautet die Devise, die noch immer als Innovation schlechthin verkauft wird, obwohl der damit verbundene Verzicht auf Anleitung und die Verteufelung des Frontalunterrichts seit mehr als zwei Jahrzehnten praktiziert wird - mit verheerenden Folgen, wie Winterhoff betont: In der fatalen Vorstellung, Kinder seien Partner der Lehrer und Eltern und brauchten den Erwachsenen nur im Hintergrund, würden die Kinder eben nicht ein von Autorität und Repression befreites selbständiges Leben führen, sondern vor allem alleingelassen.

Offener Unterricht sei das Schlimmste, was Kindern passieren könne. Sie kämen nicht über das Stadium hinaus, in dem sie, wie als Kleinkinder, dem Irrglauben erlägen, sie könnten alles selbst. Davon blieben die Schüler auch deshalb überzeugt, weil die Erwachsenen sie davor bewahrten, gegenteilige Erfahrungen zu machen. Sobald die Kinder sich anstrengen und sie etwas überfordern könnte, schritten die Erwachsenen ein. Dass sie in den Kindern damit langfristig eine viel größere Überforderung auslösten, komme im Horizont solcher Eltern und Lehrer nicht vor: "Mit dem Argument, man müsse Kindern Mühe und Umwege ersparen, könnte man sie auch gleich von der Mühe entbinden, morgens aufzustehen."

Aussicht auf Besserung gibt es kaum, denn von den bildungspolitischen Verfehlungen sind nicht nur Schüler betroffen, sondern auch die nachwachsenden Lehrergenerationen. Sie sind selbst in einem Bildungssystem sozialisiert worden, das Kinder und ihre Leistungen vernachlässigt. Winterhoff bemüht sich trotzdem um Reformvorschläge, die allerdings unter den gegebenen Umständen nicht sehr realistisch sind. So wünscht er sich zum Beispiel kleinere Klassen - wer wollte das nicht? In Berlin etwa kann man schon froh sein, wenn es genug Schulgebäude gibt, die nicht sanierungsbedürftig sind und den wachsenden Zahlen an angemeldeten Schülern überhaupt Platz bieten.

Mehr als wünschenswert, aber fern jeder Realität ist schließlich seine Forderung, Kindergärten und Grundschulen von jeglicher Digitalisierung freizuhalten. Im "Digitalisierungswahn" sieht Winterhoff eines der größten Übel für das Bildungs- und Erziehungssystem. Die Smartphones seien enorme Störquellen, die Eltern von ihren Kindern und Kinder von ihrer Aufmerksamkeit ablenkten. "Kaum jemand ruht noch in sich", schreibt der Psychiater Winterhoff.

Einen Ausweg aus der Verdummung, ist aus diesen beunruhigenden Analysen zu schließen, kann es somit nur geben, wenn die Digitalisierung gestoppt und eine radikal veränderte Bildungspolitik aus der Taufe gehoben wird. Manch einer wird geneigt sein, lieber gleich den Kopf in den Sand zu stecken. Richtig daran ist: Sobald es um Bildung geht, ist die Litanei von ihrem bevorstehenden Untergang nah - und ihre Rettung wird immer unwahrscheinlicher. Trotzdem sind Weckrufe wie jener von Michael Winterhoff unabdingbar. Denn solange die Katastrophe nicht abgewendet ist, wäre es fatal, sie nicht mehr abzubilden.

HANNAH BETHKE.

Michael Winterhoff: "Deutschland verdummt". Wie das Bildungssystem die Zukunft unserer Kinder verbaut.

Gütersloher Verlagshaus, München 2019. 224 S., geb., 20,- [Euro].

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»Sobald es um Bildung geht, ist die Litanei von ihrem bevorstehenden Untergang nah [...]. Trotzdem sind Weckrufe wie jener von Michael Winterhoff unabdingbar.« Hannah Bethke in: Frankfurter Allgemeine Zeitung