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Einfach nur Erna!
Warum steckt in "Gemeinschaft" auch "gemein"? Solche Fragen interessieren Erna Majewski, 11. Sie besucht eine Gemeinschaftsschule und lebt, wie ihre Freundinnen Liv und Rosalie, im gemeinschaftlichen Wohnprojekt. Dass das ganze Gemeinschaftsgetue ungerecht und sogar verlogen sein kann, erleben Erna und ihre Freundinnen, als nach dem Schulfasching jemand mutwillig die Klos ruiniert hat: Weil der Täter sich nicht meldet, sollen jetzt alle dafür büßen. So eine Gemeinheit! Liv lässt das kalt, aber Erna ermittelt. Und sie findet heraus, was passiert ist. Aber soll sie es auch…mehr

Produktbeschreibung
Einfach nur Erna!

Warum steckt in "Gemeinschaft" auch "gemein"? Solche Fragen interessieren Erna Majewski, 11. Sie besucht eine Gemeinschaftsschule und lebt, wie ihre Freundinnen Liv und Rosalie, im gemeinschaftlichen Wohnprojekt. Dass das ganze Gemeinschaftsgetue ungerecht und sogar verlogen sein kann, erleben Erna und ihre Freundinnen, als nach dem Schulfasching jemand mutwillig die Klos ruiniert hat: Weil der Täter sich nicht meldet, sollen jetzt alle dafür büßen. So eine Gemeinheit! Liv lässt das kalt, aber Erna ermittelt. Und sie findet heraus, was passiert ist. Aber soll sie es auch verraten? Schließlich gibt es laut einem Sprichwort drei Wahrheiten - deine, meine und die Wahrheit. Und wer kann die schon ertragen?
Autorenporträt
Anke Stelling, 1971 geboren, studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und wurde für ihre schriftstellerische Arbeit vielfach ausgezeichnet. Ihr Roman »Bodentiefe Fenster« stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises, »Schäfchen im Trockenen« erhielt den Preis der Leipziger Buchmesse.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2017

Atemholen vor der nächsten Katastrophe
Späte Mutterliebe: Anke Stelling blickt distanziert auf das Verhängnis zweier Muskelarbeiter

Zwei Bücher sind gerade von Anke Stelling erschienen, das Kinderbuch "Erna und die drei Wahrheiten" und der Roman "Fürsorge". Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Erna ist ein Mädchen aus einem Gemeinschaftswohnprojekt, das ein wenig an das hauptstadtbiedere Milieu erinnert, das Stelling in ihrem vorherigen Roman "Bodentiefe Fenster" porträtiert hat. Die Frage, was die Wahrheit ist, und warum es so viele Versionen davon gibt, treibt sie um. Und warum Erwachsene so oft an ihrer Wahrheit festhalten, obwohl doch jeder sieht, dass sie sich und anderen etwas vormachen, in Sachen Gemeinschaftswohnen etwa. Das ist schlau und lustig und liest sich munter.

"Fürsorge" ist ein ganz anderes Kaliber, denn dieses Buch ist auf vielen Ebenen unangenehm. Es handelt von Nadja, einer Tänzerin, die mit Mitte dreißig ihre Ballettkarriere aufgibt und seitdem an der Hochschule unterrichtet. Doch Nadja weiß nicht, wohin mit sich und ihrem Körper, der jahrzehntelang ihr Ausdrucksmittel war, dem applaudiert wurde und den sie strengen Diäten und Trainingsplänen unterzog. Nadjas Körper braucht neue Betätigung, denn für sie ist es nicht genug, dass er einfach nur ihren Kopf herumträgt, der Körper muss gefordert werden, auch wenn er schmerzt und Verschleißerscheinungen zeigt. Sie hat die Hüfte einer Siebzig- und den Hormonhaushalt einer Fünfzigjährigen, und sie erhält die Hauptfunktionen mit Tabletten aufrecht.

Ihr Freund Daniel, hauptberuflich eigentlich Komponist, ist mit seinem eigenen Körper beschäftigt, dem er regelmäßige Heroingaben zuführen muss. Ab und zu kommen Freunde zum Essen in die große Altbauwohnung mit den ausgesuchten Designobjekten, doch weder Nadja noch Daniel sind fähig zu Wärme und Freundschaft, sie sind über die Jahre hinweg abgestumpft, vielleicht waren sie es schon immer. In dieser Ausgangslage besinnt sich Nadja plötzlich auf ihre Familie. Und auf ihren Sohn Mario, den sie bei ihrer Mutter zurückließ, damit er ihrer Laufbahn nicht in die Quere kam. Bislang war sie nur als Telefonstimme in seinem Leben präsent, nun steht sie mit ihrem unterbeschäftigten Tänzerinnenkörper in der Plattenbauwohnung.

Auch Mario ist ein Muskelarbeiter, aufstrebender Fitnesstrainer, sechzehn Jahre alt und ausnehmend schön. Wie seine Mutter ernährt er sich längst nicht mehr normal, sondern von synthetischen Eiweißprodukten. Und wie sie ordnet er alles den Bedürfnissen seines Körpers unter. Diese beiden völlig dysfunktionalen Charaktere verstehen sich, und zwar auf der einzigen Ebene, die ihnen zur Verfügung steht - auf der körperlichen. Sie bewundern sich gegenseitig und beginnen, sich als Trainingspartner zu sehen in einer Disziplin, die bei beiden zu kurz kommt.

Man liest nicht gern, was da an Intimitäten im Jugendzimmer passiert, zwischen Hausaufgabenheft und Sporttasche. Es lässt einen nicht kalt, wie Nadja damit durchkommt, weil sie so aussieht, wie sie aussieht: groß, schön, blass, mit gepflegter Bluse, kupferrotem Haar und kerzengerader Haltung. "Wer Geld und Geschmack hat", so die Erzählerin des Buches, "kann sich alles erlauben." Niemand verdächtigt Nadja, ein inzestuöses Doppelleben zu führen, nicht die Mutter und nicht die Menschen auf der Straße.

Das alles hätte erzählerisch furchtbar schiefgehen können. Geht es aber nicht, weil Stelling sich stets in Ton und Blick zurückhält. Die Geschichte der Mutter-Sohn-Affäre ist aus der Perspektive von Gesche erzählt, einer entfernten Freundin von Nadja und Daniel, die eigentlich nicht all das wissen kann, von dem sie da berichtet, das stört aber überhaupt nicht. Im Gegenteil, es schafft eine Distanz, die einem die Angelegenheit erleichtert und der Schilderung Raum gibt.

Die Erzählerin muss häufig innehalten, bevor sie die nächste Ungeheuerlichkeit zu Protokoll gibt, erlaubt sich Atempausen und macht sich ihre Gedanken zum Thema Muttersein, denn damit kennt sie sich aus. Ein untrainierter, "schlaffer Haufen" in festen Verhältnissen mit treuem Ehegatten und dem dritten Kind im Bauch. Eine Frau aus Stellings "Bodentiefe Fenster"-Milieu, die akribisch aufzeichnet, dass andere Lebensmodelle noch unbefriedigender sind als ihres. Sie könnte sich auch rechtschaffen empören, dennoch bemüht sie sich um einen neutralen Blick. Man muss den Protagonisten nicht immer in die Köpfe schauen, manchmal reicht es, sie zu beobachten. Das, was man sieht, ist verstörend genug.

ANDREA DIENER

Anke Stelling: "Erna und die drei Wahrheiten".

cbt, München 2017. 240 S., geb., 12,99 [Euro].

Anke Stelling: "Fürsorge". Roman.

Verbrecher Verlag, Berlin 2017. 176 S., geb., 19,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.08.2017

Doppelmoral
Ein kleines Mädchen bleibt sich selbst treu
Erna ist elf – und findet ihren Namen einfach nur „bescheuert“. Dass ihre Mutter es angeblich gut gemeint hat und für sie vor allem nach einem Namen gesucht hat, der „nicht so massenhaft vorkam“, macht es für sie kein bisschen besser. Mit ihrem jüngeren Bruder und den Eltern lebt Erna in Berlin in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt. Dort ist es ganz normal, „wenn man bei anderen klingelt oder mit ihnen Abendbrot isst“, erzählt sie. Erna und ihr Bruder besuchen auch eine Gemeinschaftsschule, in der immer drei Jahrgangsstufen gemeinsam unterrichtet werden. Kurz: Gemeinschaft, Kompromisse, Rücksichtnahme und Verständnis für andere spielen im Leben von Erna und ihrer Familie ganz wesentliche Rollen.
In jüngster Zeit hat Erna allerdings immer öfter das Gefühl, dass es die Erwachsenen mit dieser Gemeinschaft gar nicht so genau nehmen. „Man kann den Erwachsenen nicht vertrauen“, sagt sie, „ständig gibt es Situationen, wo sie plötzlich das Gegenteil von dem behaupten, was sie vorher gesagt haben.“ So sind in Ernas Schule zwar alle „eine große Gemeinschaft“, die Lehrer werden geduzt, es gibt keine Noten und keiner wird zu irgendetwas gedrängt – „aber dann gibt es eben doch andauernd Wettbewerbe, bei denen es darum geht, welche von den Lerngruppen die beste ist.“ Petzen ist ebenfalls verpönt – solange es kein Lehrer tut, denn die „geben ja nur Informationen weiter“. Da passt es ins Bild, dass alle Schulprinzipien kurzerhand über den Haufen geworfen werden, als die Toiletten eines Tages mutwillig verstopft worden sind. Weil sich der Täter nicht stellt, werden alle bestraft: Pausen- und Freizeiten sind nur noch unter Beaufsichtigung und bei Wind und Wetter im Freien zu verbringen. Erna könnte der misslichen Situation ein Ende bereiten. Sie kennt den Übeltäter, will ihn aber nicht verpetzen – und ist mit dieser Haltung konsequenter als so mancher Erwachsene.
Anke Stellings Roman „Bodentiefe Fenster“ stand 2015 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises und der Hotlist der Unabhängigen Verlage. „Erna und die drei Wahrheiten“ legt die Autorin nun als ihr erstes Kinderbuch vor. In 43 kurzen Kapiteln lässt sie ihre junge Ich-Erzählerin in lakonischem Ton und äußerst scharfsichtig über Situationen aus ihrem Schul- und Familienalltag reflektieren. Die Deutlichkeit, mit der Erna die Doppelmoral der Erwachsenen benennt, erscheint für eine Elfjährige anfangs vielleicht ungewöhnlich. Doch von Seite zu Seite wächst einem Erna mehr ans Herz. Dass sie clever genug ist, einen Weg zu finden, dem Übeltäter seine gerechte Strafe zuteil werden zu lassen, ohne sich dabei selbst untreu zu werden, verwundert am Ende nicht. Schön, dass sie dabei von unerwarteter Seite Hilfe erhält und zudem noch das Herz des gut aussehenden Bence gewinnt. (ab 12 Jahre)
ANDREA DUPHORN
Anke Stelling: Erna und die drei Wahrheiten. cbt Kinder- und Jugendbuchverlag, München 2017.
236 Seiten, 12,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Andrea Duphorn gefällt die Klarheit mit der Anke Stelling in ihrem ersten Kinderbuch ihre elfjährige Heldin Erna auf die Welt blicken lässt. Erna lebt mit ihrere Familie in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt und besucht ein alternatives Schulprojekt in Berlin, in dem alle offenbar sozial und tolerant sind, resümiert die Kritikerin. Wenn Erna bald vermehrt Ungerechtigkeiten erlebt und die Doppelmoral der Erwachsenenwelt scharf und präzise beschreibt, klingt das für Duphorn aus dem Mund einer Elfjährigen zwar ein wenig ungewohnt, die sympathische kleine Heldin hat sie aber längst ins Herz geschlossen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Das ist schlau und lustig und liest sich munter.« Frankfurter Allgemeine Zeitung