Produktdetails
  • Verlag: C. Bertelsmann
  • Seitenzahl: 156
  • Altersempfehlung: 12 bis 15 Jahre
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 291g
  • ISBN-13: 9783570124406
  • ISBN-10: 3570124401
  • Artikelnr.: 24256758
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2000

Leben am Amazonas
Eine Indianerin erzählt von ihren Erfahrungen mit Ethnologinnen
Grüne Marsmännchen hätten für Alicia nicht exotischer sein können, als die beiden amerikanischen Forscherinnen, die eines Tages in ihrem Dorf am Amazonas auftauchen und fragen, ob sie ein Jahr lang dort leben dürfen. Diese beiden „alten Frauen”, wie man sie im Dorf nennt, wissen nicht wie sich anständige Menschen benehmen und vor allem sind sie geizig! Mit Kisten voller Keksen, Säcken mit Reis und tausend nützlichen Dingen, die man im Dorf noch nie gesehen hat, richten sie sich ein. Aber alles wollen sie für sich behalten. Selbst wenn man nur mal ein paar Batterien ausleihen will, um auf dem Kassettenrecorder Musik zu hören, dann machen sie ein riesiges Theater. Sie haben so viel und geben so wenig! Aus der Perspektive der dreizehnjährigen Alicia erzählt die Autorin von der Begegnung der beiden jungen Ethnologinnen mit einem Volk der Amazonasindianer. Humorvoll wird dabei die Welt auf den Kopf gestellt: Die beiden „alten Frauen” wissen noch nicht einmal, wie man Babys macht und Alicia erklärt ihnen, was man tun muss, damit es ein gesundes Kind wird! Sie gehen in den Dschungel, wenn sie ein dringendes Bedürfnis verspüren, statt zum Fluss, wie es alle anderen tun. Und dazu stellen sie Fragen über Fragen und schreiben alles auf. „Unberührt” sind diese Dorfbewohner wirklich nicht, sie kennen den Zuckerrohrschnaps der weißen Händler genauso wie Schulen und Missionare. Ebenso wenig handelt es sich um „edle Wilde”. Boshaft macht sich so mancher über die beiden Fremden lustig und guckt, dass er zu seinem Recht kommt und auch etwas von den Schätzen der geizigen Fremden abbekommt. Doch mit jedem Tag lernen die Forscherinnen dazu, es entstehen Freundschaften, Konflikte werden geregelt. Als dann seltsame amerikanische Missionare zu einer Stippvisite mit dem Flugzeug ins Dorf einfallen, ihr reichliches Essen ganz für sich behalten und stattdessen Vorträge über den Bau von Latrinen halten, solidarisieren sich die beiden Forscherinnen mit den Dorfbewohnern. Es zeigt sich, wie sehr sie mittlerweile dazugehören. So sagt man ihnen „Catanhue”, als sie nach einem Jahr weggehen und das bedeutet „Komm wieder!”
Der Wertekodex einer indianischen Gemeinschaft, in der das großzügige Miteinander-Teilen ein ungeschriebenes Gesetz ist, wird durch den Perspektivwechsel der Erzählung zur Selbstverständlichkeit. Geiz und Stehlen, also das Verhältnis zum Eigentum, aber auch Verhaltensweisen wie Lügen oder Verlässlichkeit werden neu definiert und sind nicht weniger „moralisch” als in unserer Gesellschaft. Aber ziemlich anders! Die daraus entstehenden Verwicklungen schildert die Autorin amüsant und mit Selbstkritik. In diesem überwiegend heiteren Buch gibt es jedoch auch nachdenkliche Szenen. Tod und Krankheit, allgegenwärtige Bedrohungen des Lebens, werden nicht ausgeblendet.
Die amerikanische Autorin, die als junge Forscherin in den Siebzigerjahren selbst in einem Dorf am Ufer des Amazonas lebte, beschreibt Ereignisse und Menschen, die es wirklich gab. Sie hält damit unserer westlichen Zivilisation humorvoll einen Spiegel vor, ohne moralisierend daherzukommen. So ist dieses Buch ein reines Lesevergnügen und wirkt außerdem noch vorbeugend gegen Eurozentrismus oder die sentimentale Schwärmerei für den „letzten Wilden” am Amazonas. (ab 13 Jahre)
REGINA RIEPE
JOAN ABELOVE: Catanhue – geh und komm wieder. Aus dem Amerikanischen von Hilde Schruff. Bertelsmann Verlag 2000. 192 Seiten, 22,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In dem kleinen Dorf am Amazonas läuft alles anders als erwartet. So schlau und weltbeflissen sind sie gar nicht, die beiden Ethnologinnen, die sich eines Tages zu den Amazonasindianern gesellen. Von ihrem Vorrat an Reis und Keksen wollen sie nichts abgeben, und sie brauchen auch eine ganze Weile, um die Lebensweise der Indianer zu erkennen. `Humorvoll` und mit `Selbstkritik`, so Rezensentin Regina Riepe, schildert die Autorin, die selbst in den siebziger Jahren als Forscherin am Amazonas lebte, wahre Begebenheiten und Ereignisse,. Nicht nur lustige. Trotz der `überwiegend heiteren` Erzählweise berichte sie auch über Tod, Krankheit und andere Bedrohungen. Die Rezensentin hält dieses Buch für ein `reines Lesevergnügen`, das gegen Eurozentrismus und gegen eine sentimentale Schwärmerei für die `letzten Wilden` am Amazonas vorbeugt.

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