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Alma Mahler, die "femme fatale", die den Verlust ihres Vaters mit einer unüberschaubaren Zahl von Liebhabern aufzuwiegen versucht, Paul Kammerer, der umstrittene Vater der Epigenetik, der das Geheimnis um seine Kröten-Experimente mit ins Grab nimmt, und Oskar Kokoschka, das "enfant terrible" der Wiener Kunst im frühen 20. Jahrhundert, der seinem Liebeskummer mit mehr als unzulänglichen Mitteln beizukommen versucht: die Protagonisten eines skurrilen Ringelspieles. Julya Rabinowich geht der Sehnsucht nach, in der diese drei miteinander verbunden sind. Ein faszinierender Remix historischer…mehr

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Produktbeschreibung
Alma Mahler, die "femme fatale", die den Verlust ihres Vaters mit einer unüberschaubaren Zahl von Liebhabern aufzuwiegen versucht, Paul Kammerer, der umstrittene Vater der Epigenetik, der das Geheimnis um seine Kröten-Experimente mit ins Grab nimmt, und Oskar Kokoschka, das "enfant terrible" der Wiener Kunst im frühen 20. Jahrhundert, der seinem Liebeskummer mit mehr als unzulänglichen Mitteln beizukommen versucht: die Protagonisten eines skurrilen Ringelspieles. Julya Rabinowich geht der Sehnsucht nach, in der diese drei miteinander verbunden sind. Ein faszinierender Remix historischer Skandale und Begebenheiten zwischen Venedig, Dresden und Wien im Österreich der Jahrhundertwende.

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Autorenporträt
Julya Rabinowich, geboren 1970 in St. Petersburg, lebt seit 1977 in Wien, wo sie auch studierte. Autorin, Bildende Künstlerin, Simultandolmetscherin, Kolumnistin in der österreichischen Tageszeitung "Der Standard". Für ihren Debütroman Spaltkopf (2008) erhielt sie u.a. den Rauriser Literaturpreis (2009). 2011 nahm sie an den Tagen der deutschsprachigen Literatur (Bachmann-Preis, Shortlist) teil. Ihr Debütroman Spaltkopf wurde in mehrere Sprachen (u.a. Englisch) übersetzt. Zahlreiche Aufführungen ihrer Theaterstücke (u.a. Volkstheater, Schauspielhaus Wien). Bei Deuticke erschienen Herznovelle (2011, nominiert für den Prix du Livre Européen) und die Romane Die Erdfresserin (2012) und Krötenliebe (2016). Dazwischen: Ich (2016) ist ihr erstes Jugendbuch.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

"Das Kaleidoskop ist immer in Bewegung, es bleibt nichts so, wie es gerade ist, die ineinandergleitenden Muster sind unberechenbar", schreibt Julya Rabinowich auf den letzten Seiten ihres Romans. "Krötenliebe" handelt von der Dreiecksbeziehung der Wiener Persönlichkeiten Alma Mahler, dem Künstler Oskar Kokoschka und dem - den wenigsten bekannten - (Kröten-)Forscher Paul Kammerer. Beim Lesen dieses knappen Buchs hat man tatsächlich das Gefühl, durch ein Kaleidoskop zu blicken: Mühelos gleitet man von einer Szene und einer Figur zur nächsten - und das, obwohl es mehrere zeitliche Sprünge, Vor- und Rückblenden gibt. Julya Rabinowich setzt den spannenden Stoff durch ihre dichte, temporeiche, stellenweise fast stakkatoartige Sprache in Szene und schafft es dabei, Begierde, Verlangen und Verzweiflung für den Leser spürbar zu machen. Der Roman spielt überwiegend im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts und ist somit auch ein Porträt eines Teils der Wiener Geschichte, mit Exkursen auf den Semmering, nach Venedig und Dresden. Vorwissen zu den  historischen Figuren braucht man nicht, ihre Lebensläufe am Ende sind ein netter Zusatz. Und wenn man dieses Buch ausgelesen hat, möchte man ohnehin gleich googeln und mehr über die Protagonisten erfahren.

© BÜCHERmagazin, Emily Walton

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.05.2016

Liebe, Leinwand und Labor
„Krötenliebe“ in Wien: Julya Rabinowich hat einen Roman über die männerverschlingende Alma Mahler und ihrer rasenden Verehrer geschrieben
Eines der bekanntesten Bücher über Alma Mahler beginnt mit einer furiosen Aufzählung: Oliver Hilmes hat in seiner Biografie „Witwe im Wahn“ alle Männchen, die diese Wiener Gottesanbeterin im Laufe ihres Lebens verschlungen hatte, aufgelistet. Und wahrlich, es waren viele.
  Die wunderbare Autorin und Publizistin, Malerin, Dolmetscherin und Dramatikerin Julya Rabinowich hat sich nun in ihrem vierten Roman auch an die legendäre Alma Mahler gewagt. Aber es ist eine andere Alma, ein anderer Blick, ein zarter, tastender Versuch der Annäherung, der immer schärfer schaut und immer entschiedener erzählt – und zugleich zwei ihrer manischen, rasenden Verehrer ins Visier nimmt: den Epigenetiker Paul Kammerer und den Maler Oskar Kokoschka. Herausgekommen ist ein packendes Vexierspiel aus Zeiten und Orten, aus Eros und Ekel.
  Das Projekt war sicher kein leichtes Unterfangen, denn Alma Mahler-Werfel ist auf den ersten Blick keine „Frauenfrau“; sie hat Männer bestrickt, ihr eigenes Geschlecht aber bisweilen befremdet und verachtet; ein Großteil der Texte, die über die vielleicht berühmteste Gattin des Landes erschienen sind, strahlt eine Mischung aus Faszination und Widerstreben aus.
  Und auch bei Rabinowich findet sich eine Textstelle, in der sie sich als auktoriale Erzählerin ihre Heldin scheinbar fast widerwillig hineinversetzt – und zugleich über sie urteilt: „Alma ist Mutter, Geliebte und Begehrte. Eine junge, kraftvolle Frau, die ihren Körper kennt und seine geölte Maschinerie in Bewegung setzen kann, routiniert, verdorben, gefühlvoll. Später wird man über sie sagen, sie sei ein Engel und eine Kloake gewesen. Alma ahnt, dass es tatsächlich zutreffen könnte“, sie gebe, so die Autorin, je nach Bedarf daher mal den Engel, mal den intriganten Rachegeist. An anderer Stelle heißt es, sie sei ein Biest, versklave Männer. Abscheu klingt da heraus, und eben auch Bewunderung. Das alte Spiel, diese Dame der Jahrhundertwende-Gesellschaft beherrscht es perfekt. Alma Mahler, Tochter des Malers Emil Jacob Schindler, Stieftochter des Malers Carl Moll, Ehefrau von Gustav Mahler, Walter Gropius und Franz Werfel, Mahler, die Vereinnahmende, die Narzisstin, die Kalte – und daneben Alma Mahler, die Neurotische, Verstörte. Mahler, die Muse, die Sinnliche. Mahler, die fette, alkoholsüchtige Kokotte.
  Julya Rabinovich hat die einschlägige Literatur gelesen und verweist auch explizit darauf; aber letztlich interessiert sie das alles nicht. Im Zentrum ihres wortgewaltigen, einfühlsamen Romans steht die Phase in Alma Mahlers Leben, in der sie versucht, von Oskar Kokoschka loszukommen, dem sie in einer von Gewalt- und Gefühlsausbrüchen begleiteten Hassliebe verbunden ist. Gleichzeitig versucht sie, sich des glühenden Verehrers, des österreichischen Biologen Paul Kammerer zu entledigen, nicht ohne ihn zu benutzen und zu ermutigen – ihn, der sich so rasend in sie verliebt hatte, dass er die Sitzfläche der Stühle beschnüffelt, auf denen seine Göttin zuvor saß.
  Über die Beziehung Mahlers zu Kokoschka ist viel bekannt – wie sie ihn zu Höchstleistungen zwang, im Tagesrhythmus liebte und zurückwies. Auch die von einer Puppenmacherin verfertigte lebensgroße Stoffpuppe, die Kokoschka seiner Geliebten möglichst originalgetreu nachbauen ließ und die er wahlweise als Modell oder als Sexspielzeug nutzte, ist bereits in die Literaturgeschichte eingegangen. Gleichwohl gelingt es Julya Rabinowich, diesem Mann mit der Puppe, über die er zu dominieren versucht, was sich ihm im Leben entzieht, seine Würde zu lassen; man liest – erst fasziniert und angeekelt, dann mit wachsendem Mitleid – von der Verzweiflung, mit welcher der große Kokoschka ein Ding misst und beschreibt, konzipiert und erträumt, weil die Frau aus Fleisch und Blut, die Schaumgeborene, die Windbraut, die Jägerin, nicht festzuhalten ist.
  Ähnlich rasend ist Kammerer, in dessen Labor am Prater auch Alma für kurze Zeit arbeitet; sie hatte sich herabgelassen, dem Mann, der vor Liebe fast irrsinnig wird, zur Hand zu gehen. Sie lässt sich von ihm berühren, begehren, dann weist sie ihn zurück. Ein Opfer mehr, ein Opfer ohnehin, ein Besessener, der nicht nur für Mahler verglüht, sondern sich in seine Forschung verrennt: Kammerer versuchte dereinst, anhand von Experimenten mit Kröten und Grottenolmen zu beweisen, dass erworbene Eigenschaften vererbbar sind, dass also die Anpassung an bestimmte Lebensbedingungen sich auf die nächsten Generationen übertragen kann.
  Eine Zeitlang galt Kammerer als Genie, als „neuer Darwin“, seine Ergebnisse waren Sensationen. Seine Forschung interessierte damals auch die junge Sowjetunion, die zeigen wollte, dass es möglich sein kann, durch die Veränderung von Lebensumständen glückliche Menschen zu züchten; Kammerer wurde nach Moskau an die Akademie der Wissenschaften berufen. Etwa zeitgleich erschienen erste Publikationen, welche die Seriosität seiner Ergebnisse in Frage stellten, der Biologe beging kurz darauf Selbstmord.
  Auch Arthur Koestlers Biografie des Forschers Paul Kammerer aus dem Jahr 1971 hat Rabinowich natürlich gelesen, aber auch hier findet sie einen völlig neuen Zugang. Sie begleitet Kammerer in seiner obsessivsten Alma-Phase, aber sie verlässt ihn auch am Ende nicht, als er sich als Fälscher hingestellt sieht und immer noch, aus der Ferne, von Alma träumt: „Wie sehr er gehofft hatte, wie sehr er immer hoffte, er verachtete sich für seine Hoffnungen, für seine verschwendeten Energien, alles, alles war nur eine einzige Energieverschwendung gewesen.“
  Die Energie aufsaugen von allen, die sie umgaben – das konnte Alma. Rabinowich kämpft mit ihrer Heldin, nähert sich, entfernt sich, zeigt sie mit ihren Männern durch die Jahrzehnte, springt vor und zurück, zoomt sich heran und tritt beiseite, benutzt für ihre Nähe auch die Tagebücher von Alma Mahler-Werfel und andere Zeitzeugnisse, die sie elegant einflechtet.
  Zum Schluss aber bleibt der Blick einer Frau auf eine Frau. „Alma als hexenhafte Märchenfigur, die Tod und Leben spendet, eine, die den Helden rettet oder ins Verderben reißt, eine, die über Erfolg und Misserfolg entscheidet: Ihr Ruf liegt ihr voraus, und mit dem Ruhm entwickelt sich ein Sog, der alle möglichen und unmöglichen Männer an ihr Ufer spülte, sie war eine Selbstläuferin geworden, ein Tempel, zu dem man pilgert, um eine Weihgabe zu hinterlassen und seine Wünsche herunterzubeten, eine höhere Gewalt die Künstler in luftdünne Höhen katapultieren konnte.“
  „Krötenliebe“, in Abwandlung an Koestlers Kammerer-Biografie „Der Krötenküsser“ benannt, ist ein unkonventionelles, auf spannende Weise unentschiedenes Buch geworden: teils biografisch, immer poetisch, ein Sprach- und Bilderkunstwerk, in dem sich Julya Rabinowich auf der Höhe ihrer Kunst zeigt und das Bekannte mit dem Möglichen vermischt. Ganz wunderbar und vielsagend die Stelle, an der Alma, nicht zum ersten Mal, ihren Selbstmord herbeifantasiert. Sie steht auf einer Brücke, ihre Taille ist nicht mehr so schmal wie zu ihren besten Zeiten, der dicke Bauch legt sich schwer auf die Brüstung, und sie imaginiert sich als Leiche: mit Speckfältchen und Perlenkette zwischen voluminösen Brüsten, als Leiche sitzend im seichten und stinkenden Kanal. „Der Hut“, fügt Julya Rabinowich lakonisch hinzu, „schwimmend daneben.“
  Diesen Anblick für die Nachwelt hat Alma Mahler-Werfel sich dann aber doch lieber erspart. Eine tote Alte im Matsch, diese triste Prosa hätte nicht zu ihr gepasst.
CATHRIN KAHLWEIT
„Später wird man über
sie sagen, sie sei ein Engel
und eine Kloake gewesen.“
„Alma als hexenhafte
Märchenfigur, die Tod
und Leben spendet . . . “
Anschauungsmaterial aus Paul Kammerers Versuchsreihen.
Foto: oh
  
  
  
  
  
Julya Rabinowich:
Krötenliebe. Roman.
Deuticke Verlag,
Wien 2016. 192 Seiten, 19,90 Euro.
E-Book: 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.07.2016

Das Rätsel der Geburtshelferkröte

Das Bild von Alma Mahler-Werfel als männermordender Muse hat sich verfestigt. Julya Rabinowich gewinnt ihm in ihrem Roman "Krötenliebe" ganz neue Facetten ab.

Seit zwanzig Jahren tourt der Schauspieler und Regisseur Paulus Manker mit Joshua Sobols Theaterspektakel "Alma - A Show Biz ans Ende" durch die Welt: drei Kontinente, zwölf Spielorte, nahezu 500 Vorstellungen. Man spielte zum Teil an biographisch bedeutungsvollen Schauplätzen, in einem venezianischen Palazzo etwa oder im Kurhaus Semmering. Das Gebäude war dabei jeweils Hauptdarsteller. Die dramatischen Episoden gingen in verschiedenen Etagen zeitgleich über die Bühne, in der Pause wurde Gustav Mahlers Leichenschmaus für das Publikum zelebriert.

Das Bild der männermordenden Muse hat sich verfestigt und ist gleichwohl zu einer zentralen Projektionsfläche für das Wiener Fin-de-Siècle geworden. Es scheint leichter aufzuzählen, mit welchen Prominenten der Kulturszene Alma nicht verheiratet, nicht liiert war, von welchen sie nicht wenigstens - wie als Mädchen von Gustav Klimt - einen Kuss bekommen hat. Erstaunlicherweise gelingt es Julya Rabinowich in ihrem neuen Roman, diesem sattsam bekannten Bild neue Facetten abzugewinnen, die Femme fatale als auf ihren Vater fixiertes Kind, als Tochter einer ähnlich lebensgierigen Mutter zu zeigen, als unsichere, gehetzte, schutzbedürftige Frau. Das Programm: "Ein Künstler, ein Wissenschaftler, eine Muse. Das Dreieck von Mutter, Vater und Kind. Von Geliebten und Eheleuten. Von Geburt und Tod und dem, was dazwischen liegt. Was dazwischen liegt: Veränderung."

Der wahre Mann ihres Lebens, das erkannte schon der von Gustav Mahler konsultierte Dr. Freud, war Almas Vater, der berühmte Landschaftsmaler Emil Jakob Schindler. Sein früher Tod wird in dieser Deutung zum Schlüsseltrauma für das begabte Mädchen. Seither springt Almas Begehren "unstet von einem Objekt zum anderen. Kein Mann soll sie jemals wieder eigenmächtig verlassen." Doch zu nah darf ihr auch keiner kommen wollen. Das sollte Oskar Kokoschka erfahren. Als Bürgerschreck und "Oberwildling" in der Kunstszene bereits bestens eingeführt, wird er 1912 der Liebhaber von Mahlers vielgeliebter Witwe. Bis 1915 halten die beiden es in einer exzessiven Beziehung aus, obwohl Alma Mahler, die sich parallel mit Walter Gropius einlässt, das gemeinsame Kind zu Kokoschkas Entsetzen abgetrieben hat. Dann flüchtet der Maler vor seiner Obsession in den Weltkrieg, meldet sich als Freiwilliger bei den Dragonern und kauft sich das obligate Pferd überaus sinnfällig mit dem Erlös eines Alma zu verdankenden Meisterwerks: der "Windsbraut".

Rabinowich erzählt die oft erzählte Liebes- und Hassgeschichte zweier extremer Menschen mit unverdrossener Lust an der intimen Auskleidung - und am anekdotischen Detail. Die legendäre Alma-Puppe, die Kokoschka, schwer verwundet und wieder genesen, im letzten Kriegsjahr mit präzisen anatomischen Angaben anfertigen lässt, auf dass sie ihm die verlorene Geliebte in jeder Lebenslage ersetze, verkörpert die Umkehrung des Schöpfungsaktes: Nicht Alma war nun sein Modell, "sondern seine Erinnerung schöpfte sie neu als Skizze, setzte sie aus unzähligen Bruchstücken launischer Momentaufnahmen zusammen". Wie jeder guten Erzählerin ist auch dieser nichts Menschliches fremd, weshalb sie ihren Helden nicht an das Komische verrät, das in jedem Verzweiflungsakt der Liebe steckt. Vielmehr lässt sie Kokoschkas Fetischlust, seine Bizarrerien und Liebeswutanfälle als Notwehr eines Verlassenen begreiflich erscheinen: "Er hatte das Gefühl, Alma zu sezieren, um aus ihr ein Exponat machen zu können, das sich seinem Willen endlich beugen müsste, die Lust, den Schmetterling mit einer Nadel auf weißem Untergrund festzusetzen, war überwältigend (. . .)."

Die Metaphorik des Jagens, Sammelns und Präparierens kommt nicht von ungefähr. In die Jahre vor dem Krieg fällt auch der Auftritt des Zoologen Paul Kammerer auf einer der zahlreichen Nebenbühnen der Almaschen Passionsspiele. Kammerer, der für das Publikum noch weitgehend unterbelichtete Dritte der in "Krötenliebe" porträtierten Trias, ist eine tragische Figur der österreichischen Wissenschaftsgeschichte. Nachdem er sich am "Vivarium", der Wiener Biologischen Versuchsanstalt, einen Namen als Zuchtexperte für Frösche und Kröten erworben und mit seiner gegen Darwin gerichteten Lehre von der Vererbbarkeit erworbener Merkmale Furore gemacht hatte, wurde seine als Sensation gefeierte Entdeckung 1926 im Magazin "Nature" als Fälschung entlarvt: Die Brunftschwielen, die das Männchen der Geburtshelferkröte im Wasser entwickelt hatte, um bei der Paarung nicht abzurutschen, waren nicht vererbt, sondern mit Tinte injiziert worden. Kammerer erschoss sich auf dem Schneeberg nahe Wien.

Die Autorin beansprucht für sich nicht die Lösung des Kriminalrätsels, doch ihre Sympathie gehört dem seltsamen Fanatiker und Tierfreund, dessen Forschung heute von manchen als Pionierleistung der Epigenetik rehabilitiert wird. Mehr als die Frage, wer Paul Kammerer mit dem Tintenattentat angeschwärzt haben könnte, interessieren Rabinowich dessen amphibische Leidenschaft, musikalische Begabung und erotische Ambition: "Ich habe ein Händchen für Kröten, aber keines für Weiber." Kammerers Verhältnis zu Alma war quasi von einer libidinösen Übertragung bestimmt: Er hatte sich im Hause Mahler als Verehrer, man kann fast sagen Stalker des Meisters eingeführt. Nach dessen Tod lenkte er den Strom seiner Liebe flugs auf die Witwe um und brachte sie dazu, ihm eine Zeitlang als Assistentin im Vivarium zur Seite zu stehen. Als einer, der vor ihren Augen schmatzend Mehlwürmer verzehrte und im Café, unbekümmert um fremde Blicke, ihre Sitzgelegenheiten beschnüffelte, wirkte auch Kammerer durch das Faszinosum des Abstoßenden. Wenngleich nicht lange. Man denkt an die Imponderabilien der amphibischen Vereinigung - dauerhaft Halt finden konnte Kammerer bei Alma nicht.

Im Prolog entwirft Rabinowich eine Vorstellung von Zeit, die auf der Ebene der Erzählung dem simultanen Regiekonzept des Paulus Manker entspricht: Zeit nicht als Gerade, sondern als Kreis gedacht, erlaubt das Bild einer ringförmigen Achse, auf der jeder Punkt über das Potential seiner 360 Grad verfügt: "Alles ist zu jedem Augenblick, und nichts ist vergangen." Und so verzichtet die Erzählerin auf ein chronologisches Auffädeln, zerlegt vielmehr ihr Material in Episoden, die im Zeitraum von 1881 bis 2015 bald voraus-, bald zurückgreifen und so ein Bild der Wiener Jahrhundertwende ergeben, das in mancher Überblendung und Ausleuchtung blinder Flecken zu überraschen vermag. Das Profil der Frau, das vor dem Geflecht von Genie, Ehrgeiz, Ruhm, Ekel und Begehren sichtbar wird, bleibt rätselhaft, auch als das einer eingefleischten Antisemitin, die sich zwei jüdische Ehemänner erwählte und dem zweiten, Franz Werfel, ins amerikanische Exil folgte. In "Krötenliebe" entsteht im Wechsel von Muster und Differenz tatsächlich eine Art Kaleidoskop, wie es die Autorin (etwas zu oft explizit) als zweites poetologisches Konzept anbietet. Zwar verwendet Rabinowich brav Einschlägiges wie Alma Mahlers Memoiren und Oliver Hilmes' Biographie, doch sie wuchert wagemutig mit ihren Pfunden und macht daraus ein Stück Literatur, einen knappen Text von atmosphärischer Macht, unmerklich ausgeklügelt, prägnant, unaufdringlich empathisch und von souveräner Ironie.

DANIELA STRIGL

Julya Rabinowich:

"Krötenliebe". Roman.

Deuticke Verlag, Wien 2016. 192 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Julya Rabinowich hat einen charmanten Roman geschrieben voller Eleganz, Leidenschaft und Erotik. Pflichtlektüre für alle Wien-Touristen." Simone Thielmann, WDR5, 02.04.16

"Ein äußerst elegant geschriebenes Buch." Iris Hetscher, Weser Kurier, 10.04.16

"Vergleichbar virtuos und subtil hat zuletzt Woody Allen in "Was sie schon immer über Sex wissen wollten" über die Liebesbedürfnisse von Tier und Mensch informiert." Peter Jungwirth, Wiener Zeitung, 30.4.16

"Da wird kein Satz hingerotzt, wie es andernorts heute en vogue ist. Jedes Wort wird gemessen, gewogen und für gut genug befunden, hier zu stehen." Clementine Skorpil, Die Presse, 22.5.16

"Ein Sprach- und Bilderkunstwerk, in dem sich Julya Rabinowich auf der Höhe ihrer Kunst zeigt." Cathrin Kahlweit, Süddeutsche Zeitung, 22.05.06

"Rabinowich pendelt gekonnt zwischen kühlem Blick von außen und emotionaler Innensicht, zwischen Analyse der Figuren aus heutiger Sicht und zeitlosem Verständnis einerLiebe zwischen verzweifelter Sehnsucht und fehlgeleiteter Erotik." Christoph Hartner, Kronenzeitung, 15.06.16

"Ein knapper Text von atmosphärischer Macht, unmerklich ausgeklügelt, prägnant, unaufdringlich empathisch und von souveräner Ironie." Daniela Strigl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.07.16

"Rabinowichschreibt auf Basis der recherchierten Fakten mit fantasievoller Empathie, hintergründigem Humor und mit psychologischem Knowhow, ohne je ins Psychologisieren zu geraten." Eva Schobel, Ö1 ex libris, 17.07.16

"Rabinowich rehabilitiert Alma Mahler-Werfel, die so lange Zeit als Unterleib ohne Dame kleingeredet wurde." Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten, 29.09.16
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