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Mit einprägsamen Bildern erinnert sich Peter Henisch in diesem großen Roman an jene Frau, von der er gelernt hat, was sein weiteres Leben prägen sollte: das Erzählen. 1945 hörte Paul Spielmann auf Spaziergängen durch das zerbombte Wien Geschichten von seiner Großmutter, und nun, Jahrzehnte danach, nimmt er den Faden wieder auf und sucht nach ihrer eigenen Geschichte. Peter Henisch setzt sich hier, mehr als dreißig Jahre nach "Die kleine Figur meines Vaters", noch einmal mit seiner Familiengeschichte auseinander - ein Buch, das bleiben wird.

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Produktbeschreibung
Mit einprägsamen Bildern erinnert sich Peter Henisch in diesem großen Roman an jene Frau, von der er gelernt hat, was sein weiteres Leben prägen sollte: das Erzählen. 1945 hörte Paul Spielmann auf Spaziergängen durch das zerbombte Wien Geschichten von seiner Großmutter, und nun, Jahrzehnte danach, nimmt er den Faden wieder auf und sucht nach ihrer eigenen Geschichte.
Peter Henisch setzt sich hier, mehr als dreißig Jahre nach "Die kleine Figur meines Vaters", noch einmal mit seiner Familiengeschichte auseinander - ein Buch, das bleiben wird.
Autorenporträt
Peter Henisch wurde 1943 in Wien geboren, er studierte Germanistik, Philosophie, Geschichte und Psychologie. Er ist Mitbegründer der Zeitschrift Wespennest, seit 1971 arbeitet er als freier Schriftsteller und lebt in Wien. Werke u.a.: Die kleine Figur meines Vaters (1975), Pepi Prohaska Prophet (1986), Steins Paranoia (1988), Morrisons Versteck (1991), Vom Wunsch, Indianer zu werden (1994), Schwarzer Peter (2000). Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, mit seinen Romanen Die schwangere Madonna (2005) und Eine sehr kleine Frau (Deuticke, 2007) war er auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. 2009 ist Der verirrte Messias im Deuticke Verlag erschienen, 2013 sein Roman Mortimer & Miss Molly, 2016 Suchbild mit Katze, das auf der Shortlist zum Österreichischen Buchpreis stand, und zuletzt Siebeneinhalb Leben (2018).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.09.2007

Es gibt ein richtiges Leben im falschen
Das Kino, das Klavier und die Romane: Peter Henisch erzählt in seinem Roman „Eine sehr kleine Frau” von Enttäuschung und Glück
So wenig Aufhebens von sich zu machen wie Peter Henisch, ist auch ein Kunststück. Dass er seit mehr als 30 Jahren Buch um Buch veröffentlicht, ohne sich zum Außenseiter oder Repräsentanten, Originalgenie oder Märtyrer zu stilisieren, mag zwar sympathisch anmuten, hat dem Autor jedoch sehr geschadet. Denn immer noch wird dieser Peter Henisch, 1943 in Wien geboren und mit Romanen wie „Die kleine Figur meines Vaters” oder „Der schwarze Peter” längst ein Klassiker der neuen österreichischen Literatur, schändlich unterschätzt. Sein Roman „Die schwangere Madonna” brachte es vor zwei Jahren zur Nominierung für den Deutschen Buchpreis und, wie fast alle seine Bücher, auf zahlreiche rühmende Besprechungen, allein, der durchschlagende Erfolg blieb wieder einmal aus. Dabei ist Peter Henisch ein Autor, der nicht nur zu erzählen weiß, sondern auch weiß, worüber. Ein Chronist der Peripherie, der nicht das „kaisergelbe Wien, sondern das ziegelrote” erkundet, erzählt er von kleinen, um ihr Glück betrogenen Leuten, deren Aufbegehren und Scheitern er im Gedächtnis der Literatur zu retten versucht.
Nun hat er einen großen Roman über „eine sehr kleine Frau” vorgelegt. In gewissem Sinne wird darin auch die Vorgeschichte zu dem 1975 erstmals erschienenen Roman erzählt, der der „Kleinen Figur meines Vaters” gewidmet war, einem Mann, der, wie Henischs Vater, trotz seiner jüdischen Herkunft ausgerechnet als Kriegsfotograf überlebte und später zu einem sehr bekannten österreichischen Pressefotografen wurde. Die sehr kleine Frau des Titels ist die Mutter dieses Mannes, der sich durch schwierige Zeiten lavierte und, als diese besser wurden, Karriere machte, aber dennoch nicht glücklich wurde. Glücklich ist auch die sehr kleine Frau nicht geworden, aber es hat Momente des Glücks in ihrem Leben gegeben, und sie hat den Anspruch darauf, glücklich zu werden, bis ins hohe Alter nie aufgegeben. Dass alles auch ganz anders hätte kommen und es ihr viel besser hätte ergehen können, davon erzählt dieser Roman, der Recherche und Beschwörung zugleich ist.
Produktive Empfänglichkeit
Paul Spielmann, ein gescheiterter Autor, der vor zwanzig Jahren in ein gemütliches College in der amerikanischen Provinz geflohen ist, kehrt nach Wien zurück. Über die besten Jahre ist er bereits hinaus, nun geht er die alten Wege, findet manche von ihnen im rundum erneuerten Wien nicht wieder und bemerkt staunend, wie er in jenen Zustand der „produktiven Empfänglichkeit” gerät, die ihm das Metier des Schriftstellers auszumachen scheint. Überall ist ihm in der verloren geglaubten Stadt die kleine Frau, seine Großmutter, präsent, und er wehrt sich nicht gegen all die Erinnerungen, die auf seinen Wanderungen durch die vertraute, die fremde Stadt in ihm aufsteigen.
Er war ein Großmutterkind und, wie es in der Familie spöttisch hieß, „ihre letzte Liebe” gewesen. Unter ihrem Klavier hatte er, wenn sie wider die Enge, in die sie verwiesen war, pianistisch phantasierte, die schönsten Stunden seiner Kindheit verbracht; an ihrer Hand war er durch die damals, in den ersten Jahren nach dem Krieg, noch von den Soldaten der Siegermächte besetzte Stadt gegangen und hatte ihr gelauscht, ihren Geschichten, die meist Inhaltsangaben der Bücher waren, die sie las. Das Kind, da es ihre letzte Liebe und ihr einziger Zuhörer war, hat sie in jene andere Welt eingeführt, die ihr wirklicher erschien als die graue Realität; so ist Paul zugleich in einem düsteren Wien des Nachkriegs und in den Schmökern der Brüder Dumas oder der Vicki Baum aufgewachsen, und so präzise die soziale Topographie des rauen Wien eingefangen ist, so viel erfahren wir über die Verheißungen und Vertröstungen von Romanen, die gemeinhin als Trivialliteratur geächtet werden.
Die kleine Frau, die unter dem Mantel zwei Telefonbücher mit ins Kino schleppte, die sie auf den Sitz legte, sobald es dunkel wurde, war zäh und verletzlich, bescheiden und renitent. Henisch erzählt das Leben seiner Großmutter – so wie einst das des Vaters – distanziert und mitfühlend zugleich. Das Glück, nie war sie ihm näher als in jenem Jahr, das sie als junge Frau in Paris verbrachte. Bis ans Ende ihrer Tage fragt sie sich, ob sie nicht dort hätte bleiben, ein unabhängiges Leben wagen sollen. Aber sie kehrte zurück, wurde von einem feschen „böhmischen Friseur” geschwängert, der sich aus dem Staube machte, als der Erste Weltkrieg ausbrach, und sie mit einem sehr schwachen Kind zurückließ. Ihr Vater, der in der Familiengeschichte legendäre Forstrat aus Preußen, erwies sich, als derlei wichtig wurde, als getaufter Jude. Mit dem doppelten Makel der jüdischen Herkunft und der sitzengelassenen Frau mit Kind ließ es sich damals als ungelernte Krankenpflegerin so leicht nicht auskommen. So wird die kleine Wienerin zur Beute eines sudetendeutschen Recken namens Wilhelm Prinz: „Es war einmal ein Mann Mitte dreißig, der hatte im Krieg Hand und Heimat verloren. Es war einmal eine Frau Mitte zwanzig, der hatte ein anderer Mann ein Kind gemacht. . . Martha und Wilhelm, keine Liebesgeschichte.”
Der Märchenton, den Henisch anschlägt, um von den großen Wegmarken im Leben der Großmutter zu berichten, ist von den Märchen vorgegeben, die diese dem Enkel erzählte, während sie in Wien unterwegs waren. „Es war einmal eine Hochzeit, die wurde im kleinsten Kreise gefeiert”, heißt es von jenem Tag, an dem die Oma Sicherheit gefunden zu haben glaubt, in Wahrheit aber ihr Schicksal besiegelt. „Es war einmal eine kleine Frau, die mischte sich nicht in die Angelegenheiten ihres Mannes. Es war einmal eine dumme Frau, die verstand nichts von Politik.” Und verstand in Wahrheit doch mehr als ihr Mann davon, der sich für all die Demütigungen, die ihm das Leben beschert hatte, daran gütlich hielt, dass er seine kleine Frau gängeln und als illegaler Nationalsozialist vom großen deutschen Vaterland träumen konnte.
Henisch versucht die Großmutter zu begreifen, er sieht sich die Dokumente an, die er von ihr hat, überprüft seine Erinnerungen und erprobt dort, wo er weder Dokumente noch Erinnerungen hat, verschiedene Lebensentwürfe für sie. Immer kommt er dabei an einen Punkt, an dem er traurig, empört konstatieren muss: „Wie sie sich Mühe gab, dem Herrn Prinz gerecht zu werden.”
Ihre eigene Freiheit
Wie sie sich Mühe gab, überhaupt allen Anforderungen, die an sie gestellt wurden, gerecht zu werden. Wie sie den Enkelsohn aufzieht, weil seine Eltern keine Zeit für ihn haben. Wie sie dies und das und immer irgendetwas für die Familie, die Verwandtschaft zu tun hat. Wie sie darüber, in einem an äußeren Höhepunkten jämmerlich armen Leben, alt und älter und endlich steinalt wird. Eine Frau, die das Kino, das Klavier, die Romane – und ihren Enkel liebt. Und ihr karges Leben womöglich so ärmlich gar nicht findet.
Dem Enkel, der wie gegen seinen Willen in Wien wieder zum Schriftsteller wird, der schon längst in ihm verstummt war, will es jedenfalls so erscheinen: Dass die kleine Frau nicht nur Sorgen hatte, nicht nur Mühsal auf sich lud, sondern auch eine andere, ihre eigene Freiheit suchte. Die große Befreiung ist ihr nicht gelungen, das Selbstbewusstsein der emanzipierten Frau, sie hat es nicht erlangt. Dennoch, Henischs Roman um eine oft enttäuschte Frau zeigt es: Es gibt auch ein richtiges Leben im falschen. Über so viel Enttäuschung, über all dem vergeudeten Aufbegehren hat eine Frau ihre Träume nie verwirklichen können; aber sie hat sie sich auch nicht austreiben lassen.KARL-MARKUS GAUSS
PETER HENISCH: Eine sehr kleine Frau. Roman. Deuticke Verlag, Wien 2007. 286 Seiten, 19,90 Euro.
Blick auf den Wiener Graben in den fünfziger Jahren Foto: Ullstein/Pachot
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.06.2008

Großmutter, warum hast du so viele Bücher?

Progressive Regression: Peter Henisch hat sich verfremdend in seine Kindheit zurückgeschrieben und dabei der eigenen Großmutter ein großmütiges Denkmal gesetzt.

Von klein auf hat Paul Spielmann der Großmutter gern zugehört, denn sie war eine leidenschaftliche Klavierspielerin. Am liebsten saß er ihr dabei zu Füßen, allerdings verborgen unter dem Flügel, als wenn er darunter Schutz suchte vor der Welt. Von hier ließ sich aufschauen zu der geliebten alten Dame, die ihn in Musik einhüllte. Die Großmama war eine sehr kleine Person, die ins Kino schon einmal Telefonbücher mitnahm, damit sie von ihrem Sitz aus die Leinwand erblicken konnte. Kinobesuche aber blieben eine Ausnahme in ihrem Leben, und das hatte viel zu tun mit jener Welt, vor der sich auch das Kind schon zu fürchten schien.

Das alles aber ist lange her, denn wir befinden uns im Wien unserer Tage und zugleich in Peter Henischs neuem Roman über das Leben ebendieser "sehr kleinen Frau". Paul Spielmann, der Erzähler dieser Geschichte, kehrt lange nach ihrem Tod in die Stadt seiner Kindheit zurück. Die vergangenen zwei Jahrzehnte hat er an einem kleinen amerikanischen College verbracht; nun lässt er dort alles zurück: seinen Beruf als Literaturdozent, sein Haus, seine Partnerin. Ein offenbar bedrohlicher neurologischer Befund führt ihn zurück nach Österreich, wo er sich einer eingehenden Untersuchung unterziehen soll. Die Wartezeit vertreibt sich der Heimkehrer, indem er durch Wiener Straßen und Antiquariate schlendert und Erinnerungen an die einst so geliebte Großmutter zusammensucht. Alte Bücher sind es zunächst, von denen die lesefreudige Frau ihrem Lieblingsenkel so gern erzählt hat, aber auch Musikstücke und eben ein solcher Stutzflügel wie der, unter dem er als Kind oft kauerte.

Aus den Erinnerungen des erwachsenen Mannes entsteht auf diese Weise allmählich das Lebensbild seiner Großmutter Marta: 1893 wird sie als Tochter eines jüdischen Kohlenhändlers geboren; die erste Ehe mit einem tschechischen Friseur währt nur kurz, weil der unstete Mann sie und den kleinen Sohn - den Vater des Erzählers - bald verlässt. Vernunft, nicht Liebe führt Marta dann mit ihrem zweiten Mann zusammen, einem Nationalsozialisten, der lange schon vor dem "Anschluss" Österreichs ans Deutsche Reich aus seiner Gesinnung keinen Hehl macht. Herkunft und Vergangenheit seiner Frau empfindet der pflichtbewusste Postbeamte als stete Zumutung, wie es überhaupt um diese Ehe nicht gut bestellt ist. Ihr jähes Ende findet sie in der Silvesternacht 1937, als den Gatten ein Herzschlag ereilt - nicht im Kreise seiner Parteigenossen, wie Marta es vermutet, sondern in einem Hotelbett, an der Seite einer anderen Frau. "Ein schöner Tod", wird der junge Paul Spielmann den zynischen Kommentar seines Vaters dazu vernehmen, ohne ihn recht zu verstehen.

Die Leser Peter Henischs aber werden diese Koordinaten einer unglücklichen Familiengeschichte unschwer wiedererkennen. Bereits 1975 hatte der damals zweiunddreißigjährige Henisch in dem autobiographischen Erinnerungsbuch "Die kleine Figur meines Vaters" die Geschichte seines Vaters Walter Henisch erzählt, der als Stiefsohn eines strammen Parteigenossen im Wien der zwanziger und dreißiger Jahre aufwuchs und später ein ebenso tollkühner wie erfolgreicher Wehrmachtsfotograf wurde. Das Schicksal seiner Familie beschäftigte Peter Henisch offensichtlich weiterhin stark, unterzog er das Vaterbuch doch gleich zwei Überarbeitungen; die letzte erschien 2004. Nun hat er denselben Stoff neu arrangiert und in einen fiktionalen Rahmen versetzt. Anders als sein Alter Ego Spielmann ist Peter Henisch nie in die Vereinigten Staaten ausgewandert, und glücklicherweise hat er nie mit dem Schreiben aufgehört. Wir verdanken ihm einige lesenswerte Romane; kürzlich erst wurde ihm für seine beschwingte Variation der Weihnachtsgeschichte - "Die schwangere Madonna" - von Leserschaft und Kritik viel Lob zuteil.

Paul Spielmann also ist ein anderer als sein Autor, seine Großmutter Marta aber trägt unverkennbar die Züge von jener eigenen Großmutter Henischs, die er bereits in seinem Vaterbuch porträtiert hat. Diesmal nun konzentriert sich der Erzähler vor allem auf die Beziehung zu ihrem Enkel, der - auch dies authentisch - im vorletzten Kriegsjahr geboren wird. Aus vielen Miniaturen setzt nun die Erinnerung des Ich-Erzählers ein liebevolles Porträt der kleinen Frau zusammen. Für ihren Enkel schafft die Krankenschwester so lange Lebensmittel beiseite, bis sie ihre Anstellung verliert; mit dem heranwachsenden Schüler fährt sie jahrelang in die Ferien; und vor allem lässt sie den Knaben an ihren Leseerfahrungen teilhaben. Romane sind für sie Fluchtwege, bieten - ähnlich wie der Flügel für den Jungen - eine Zuflucht vor dem bedrückenden Alltag. Zu den reizvollsten Passagen des Buches gehören die Nacherzählungen der großmütterlichen Lektüre: ob sie ihrem kleinen Enkel nun die dramatischen Verwicklungen aus Vicki Baums "Menschen im Hotel" nahebringt oder ihm Scarlett O'Haras Leidenschaft für den zwielichtigen Rett zu erklären versucht, mit der Margaret Mitchell bis heute ihre Leserinnen fesselt.

So entsteht ganz nebenbei ein überzeugendes Plädoyer für die vitalisierende Kraft von Literatur und Musik: Immerhin kam die kleine Frau so auf ein biblisches Alter von fünfundneunzig Jahren. Das großmütterliche Rezept scheint bei dem (fiktionalen) Enkel allerdings weniger zu wirken, denn sein Leben verlässt mehr und mehr die geordneten bürgerlichen Bahnen. Am Ende verpasst er gar den Termin der medizinischen Untersuchung, derentwegen er überhaupt nach Wien gekommen ist, und kauft stattdessen besagten Stutzflügel. Ohne nun aber selbst zu musizieren, schaltet Paul Spielmann in seiner fast leeren Wohnung ein Abspielgerät mit Klaviermusik ein und kriecht glücklich unter das frisch erworbene Instrument, wie er es so gern als Kind getan hat.

Augenfälliger lässt sich der Wunsch nach Regression in unbeschwerte Kinderjahre kaum darstellen. In dieser überdeutlichen Symbolik liegt denn auch eine Schwäche dieses Erinnerungsbuches, das die anrührende Lebensgeschichte der Großmutter nur selten in poetischer Schwebe lässt, sondern immer wieder darauf hinweist, dass die Lebensnöte des Erzählers das Erbe der Familiengeschichte des Autors sind. Die Sympathien der Leser aber dürften ohnehin bei der kleinen Frau liegen, deren Enkel es so schwer zu haben scheint, in der heutigen Welt zurechtzukommen.

SABINE DOERING

Peter Henisch: "Eine sehr kleine Frau". Roman. Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, Wien 2007. 287 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Peter Henischs Roman "Eine sehr kleine Frau" ist Karl-Markus Gauss ein weiterer Beleg dafür, dass der österreichische Autor zu Unrecht völlig unterschätzt wird. Das Buch bietet quasi die Ahnengeschichte zu "Die kleine Figur meines Vaters" von 1975 und ist Henischs Großmutter gewidmet, der er hier nachrecherchiert und nachfantasiert, erklärt der Rezensent. Dabei handelt es sich nicht um ein erfülltes Leben, sonders um eine Biografie voller Enttäuschungen und unerfüllter Sehnsüchte. Die Großmutter, Mutter eines unehelichen Kindes, gerät an einen illegalen Nationalsozialisten aus dem Sudetenland, der sich darin gefällt, sie zu dominieren. Die Großmutter, wie der Enkel betont, lässt sich ihre Träume, wenn sie sich auch nicht erfüllen, doch nicht nehmen und besteht auf ihrem Glücksanspruch. Ein "großer Roman" über die Welt der kleinen Leute, lobt der Rezensent, der betont, dass Henisch nicht nur weiß, wie man gelungen erzählt, sondern der im Wiener Arbeitermilieu auch sein Thema gefunden hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
"...eine liebevolle Hommage...die gelungene Fortsetzung dieses Projekts einer Familiengeschichte ohne Größenwahn." Daniela Strigl, Falter, 22.08.2007

"Henischs neuer kulturpsychologischer Roman beweist wieder einmal seinen anerkannten Status als großen Epiker dieses Landes." Walter Grünzweig, Standard, 25.08.2007

"Ein Autor, der nicht nur zu erzählen weiß, sondern auch weiß worüber. Ein Chronist der Peripherie, der nicht das kaisergelbe Wien, sondern das ziegelrote erkundet, erzählt er von kleinen, um ihr Glück betrogenen Leuten, deren Aufbegehren und Scheitern er im Gedächtnis der Literatur zu retten versucht." Karl Markus Gauß, Süddeutsche Zeitung, 03.09.2007

"Ein leises Meisterwerk: In schlichten, melodischen Sätzen hat es die Zeit aufgehoben." Ulrich Weinzierl, Die literarische Welt, 15.09.2007

"Ein Erinnerungskunststück, das die erstaunliche Balance zwischen rückschauender Genauigkeit und schwerelosem Fantasieren, Poetisieren zu wahren weiß." Wolfgang Paterno, profil, 01.10.2007

"Ohne jemals kitschig zu sein und ohne jede ironische Überheblichkeit erzählt Henisch die Geschichte einer einfachen Frau. In sanften Sprüngen wechselt der Roman von der Wiener Gegenwart in die Vergangenheit, nimmt die Erzählungen der Großmutter auf und ergänzt sie mit den eigenen Erinnerungen." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2007

"Eins der leisesten und schönsten Bücher dieses Herbstes." Die Welt, 06.10.2007

"Ein Roman reich an Erzählmomenten, die einem zu Herzen gehen wie der schlicht geniale Titel." Angela Wittmann, Brigitte, 04.10.2007

"Familiäre Wirrnisse, psychlogische Seelenerforschung, ein ergreifendes Frauenportrait im Kontext historischer Katastrophenerfahrung - ein packender Roman." Focus, 08.10.2007

"Henisch schreibt so scheinbar leicht, so heiter-melancholisch, wie Franz Schubert komponierte; und fesselt den Leser immer neu an diese Geschichte." SPIEGEL, 22.10.2007

"Henisch ist der Glücksfall eines Autors, in dessen literarischen Gebäuden die Türen zwischen Politik und Fantasie, zwischen Ernst und Schrägheit offen stehen." Ursula März, Die Zeit, 21.02.2008
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