Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 21,90 €
  • Gebundenes Buch

Als der Henker am 15. Oktober 1949 Lßszló Rajk die Schlinge um den Hals legte, endete ein Bruderdrama, in dem sich auf schicksalhafte Weise die Verwerfungen und Kämpfe des 20. Jahrhunderts spiegeln. Lßszló hatte aus Weltkrieg und Wirtschaftskrise ganz andere Konsequenzen gezogen als sein zehn Jahre älterer Bruder Endre: Er wurde Kommunist, war Innen- und Außenminister in Ungarn, wurde schließlich in einem Schauprozess wegen"Titoismus"hingerichtet. Endre hingegen schloss sich den ungarischen Faschisten, den Pfeilkreuzlern, an und beschloss seine Tage im Exil. Die Brüder waren erbitterte…mehr

Produktbeschreibung
Als der Henker am 15. Oktober 1949 Lßszló Rajk die Schlinge um den Hals legte, endete ein Bruderdrama, in dem sich auf schicksalhafte Weise die Verwerfungen und Kämpfe des 20. Jahrhunderts spiegeln. Lßszló hatte aus Weltkrieg und Wirtschaftskrise ganz andere Konsequenzen gezogen als sein zehn Jahre älterer Bruder Endre: Er wurde Kommunist, war Innen- und Außenminister in Ungarn, wurde schließlich in einem Schauprozess wegen"Titoismus"hingerichtet. Endre hingegen schloss sich den ungarischen Faschisten, den Pfeilkreuzlern, an und beschloss seine Tage im Exil. Die Brüder waren erbitterte politische Gegner - doch einmal in ihrem Leben stellte jeder von ihnen Familiensinn über Ideologie und rettete dem anderen das Leben.
Autorenporträt
Shiels, Duncan
Duncan Shiels wurde 1953 in Nottingham geboren und arbeitete als Korrespondent internationaler Zeitungen und Agenturen. Von 1995 bis 1998 leitete er das Büro von Reuters in Budapest. 2008 erschien bei Zsolnay Die Brüder Rajk. Ein europäisches Familiendrama. Er starb 2006 in Esher (Großbritannien).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2008

Treue um Treue, was diesen Familienschatz betrifft
Duncan Shiels erzählt mit den Brüdern Rajk ein packendes Jahrhundert ungarischer Geschichte / Von Andreas Platthaus

László Rajk war ein Organisationsgenie, und der Glaube an diese Befähigung wird nicht unerheblich dazu beigetragen haben, dass er auf das marxistische Modell der Zentralverwaltungswirtschaft setzte. Dabei übersah er, dass die Bestrebungen der meisten seiner Parteigenossen vor allem deren eigener Karriere dienten, während die Idealisten auf der Strecke blieben. Das war sein Fehler, und er sollte ihn das Leben kosten.

Er starb am 15. Oktober 1949 in Budapest durch den Strang, nach Folter und Schauprozess. Fünf Monate zuvor war er noch Innenminister gewesen. Niemand hatte damit gerechnet, dass Rajk, der hinter Parteichef Mátyás Rákosi als Nummer zwei der ungarischen Kommunisten galt, des Verrats bezichtigt werden könnte, doch genau das geschah. Und trotzdem schien es genauso undenkbar, dass Rajk tatsächlich hingerichtet würde, denn er war nicht nur ein Volksheld, sondern galt auch als Überlebenskünstler - hatte er doch in den anderthalb Jahrzehnten zuvor die Inhaftierung als Kommunist im Ungarn des Reichsverwesers Miklós Horthy, den spanischen Bürgerkrieg, ein Konzentrationslager in Frankreich und vor allem die Festnahme durch die faschistischen Pfeilkreuzler in den letzten Monaten des Krieges überstanden. Auch 1949 war er überzeugt, sein Geschick noch einmal wenden zu können: Als er zur Richtstätte geführt wurde, klagte László Rajk mit lauten Schreien seine Henker an, dass die Sache anders ausgemacht gewesen sei.

Mit dieser Szene, einer der zentralen der ungarischen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, beginnt der britische Journalist Duncan Shiels sein Buch "Die Brüder Rajk". Dramaturgisch ist das klug, denn das Jahr 1949 bildet das Scharnier jener Epoche, von der Shiels am Beispiel der acht Söhne des Schuhmachers József Rajk aus Siebenbürgen erzählt: der Zeit von 1891, als der Erstgeborene József junior zur Welt kam, und dem Jahr 1989, als Lászlós Sohn die große Zeremonie gestaltete, mit der die hingerichteten ungarischen Reformkommunisten von 1956 offiziell rehabilitiert und deren sterbliche Überreste feierlich umgebettet wurden. In diesem knappen Jahrhundert hat Ungarn mehr Umbrüche erlebt als jemals zuvor, und Mitglieder der Familie Rajk waren entscheidend daran beteiligt - auf unterschiedlichen Seiten.

Doch der Beginn mit dem Todestag von László Rajk hat auch etwas unangenehm Sensationalistisches, das dieses sehr persönliche Buch gar nicht nötig hat. Wer will, kann das Geschehen vom 15. Oktober 1949 in den gängigen Geschichtsbüchern nachlesen. Doch der Band von Shiels ist alles andere als gewöhnlich. In ihm werden statt schriftlicher Quellen vor allem Menschen befragt, so etwa Pál Berkó, der 1944 als junger Kommunist verhaftet wurde und zusammen mit dem schon zuvor festgenommenen László Rajk in einem Budapester Gefängnis landete. Beide kamen durch einen Genie- oder, wenn man will: tolldreisten Streich der Organisationsgenies Rajk wieder frei. Als er in Berkó einen versierten Drucker erkannte, empfahl er diesem, sich zur Arbeit in der Gefängnisbibliothek zu melden, zu der auch eine Buchbinderei gehörte. Da Rajk in der Haft das Gefängnisregister verwalten musste, hatte er Zugang zu den offiziellen Stempeln. Er fertigte neue Einträge an, auf denen die Haftdauer mehrerer Gefangener drastisch verkürzt wurde, und ließ diese gefälschten Seiten von Berkó gegen die ursprünglichen im gebundenen Entlassungsregister austauschen. Berkó kam auf diese Weise bereits nach fünf Monaten frei; sich selbst entließ Rajk am 9. September 1944.

Es sind solche Anekdoten, die "Die Brüder Rajk" zu einem wahren Lesevergnügen machen. Dazu aber kommt die Sachkenntnis von Shiels. Von den letzten Jahren des kommunistischen Ungarn bis zu seinem Tod 2006 arbeitete der 1953 geborene Journalist als englischer Korrespondent in Budapest und war zweifellos einer der besten westlichen Kenner des Landes. Er unterhielt so intensiven Kontakt zur ungarischen Dissidentenszene, dass er 1987 Sänger der aus diesem Kreis gebildeten Rockband Art Reaktor wurde. In dieser Umgebung freundete er sich auch mit László Rajk junior an, der ihm von seiner abenteuerlichen Familiengeschichte erzählte. Von 1992 an recherchierte Shiels für sein Buch, das schließlich in seinem Todesjahr erschien - allerdings als französische Übersetzung. In seiner Heimat ist das englische Manuskript bislang unpubliziert geblieben.

Umso schöner, dass nun dessen deutsche Übersetzung erscheint. Allerdings ist der Untertitel "Ein europäisches Familiendrama" Betrug: Erzählt wird ein ganz und gar ungarisches Drama, dessen Bühne zwar ganz Europa ist, dessen Protagonisten aber auch dann noch stramme Nationalisten sind, wenn sie qua Überzeugung die Internationale zu feiern haben. Gerade die Fokussierung eines Jahrhunderts europäischer Geschichte auf ein einziges Land und dort wiederum auf nur eine Familie macht "Die Brüder Rajk" so eindrucksvoll. Das Buch von Shiels ist ein mustergültiges Beispiel für den flüssigen Erzählstil, den man aus der englischen Historiographie kennt und schätzt, aber zugleich widmet es sich einem Thema, das in Deutschland sehr wenig Beachtung erfahren hat - und schon gar nicht in solch zugänglicher Form. Die neuere ungarische Geschichte ist hierzulande meist nur dann präsent, wenn es um den Aufstand von 1956 geht oder den Fall des Eisernen Vorhangs. Das sind, wie bereits angedeutet, auch Eckpunkte in der Darstellung von Shiels, doch deren Schwerpunkt liegt in den für Ungarn kaum bekannten zwanziger bis vierziger Jahren - jener Zeit, als die Brüder Rajk sich ihre individuellen Existenzen aufbauten.

Einige blieben Schuhmacher, andere wurden Kaufleute, Ärzte, Ingenieure, Drucker, aber alle wurden sie zu einem bestimmten Zeitpunkt überlebenswichtig für die jeweils anderen Brüder (und die drei Schwestern, die allerdings bei Shiels keine große Rolle spielen). Das Buch ist deshalb trotz seines ernsten Themas aufgebaut wie eine französische Salonkomödie: Zahllose Türen entlassen das Brüder-Ensemble in immer neuen Konstellationen auf die Bühne, und die Überraschung könnte bisweilen kaum größer sein. Als der 1909 geborene László in der letzen Kriegsphase noch einmal in die Hände der ungarischen Obrigkeit fiel, wurde ihm am 23. März 1945 ein Prozess gemacht, der mit dem Todesurteil hätte enden solllen. Doch sein zehn Jahre älterer Bruder Endre war Minister in der damals noch amtierenden Pfeilkreuzler-Regierung von Ferenc Szálasi und trat persönlich im Gerichtssal auf, um seinen Bruder, mit dem er jahrelang kein Wort mehr gewechselt hatte, zu retten. Es gelang. Im Gegenzug sorgte László, der nach dem Krieg zunächst ungarischer Innenminister wurde, später dafür, dass sein Land kein Auslieferungsersuchen an die Westalliierten in Deutschland richtete, wohin sich Endre geflüchtet hatte. Einer wie der andere wahrte dem Familienschatz die Treue.

Die beiden politisch so gegensätzlichen und sich persönlich doch so nahen Brüder sind das Herz der Darstellung von Shiels. Das persönliche Schicksal, das sie auf so gegensätzliche Seiten trieb, wird von ihm minutiös verfolgt, wobei der abenteuerliche Lebensweg Lászlós mehr für die Erzählung hergibt als die geradlinige Entwicklung Endres zu einem Nationalreaktionär, der bis zu seinem Tod im Jahr 1960 nicht einsehen wollte, was seine faschistischen Genossen dem eigenen Land angetan hatten. Doch auch Lászlós Karriere bietet manchen dunklen Fleck aus der Zeit seiner Regierungsjahre. Als Innenminister betrieb er systematische Wahlfälschung für die Kommunisten, in den Zellen der ihm unterstellten Geheimpolizei wurde nicht zimperlicher gefoltert, als es ihm selbst unter den Regimen von Horthy und Szálasi ergangen war. Er baute eifrig mit an dem System, das ihn dann selbst zugrunde richten sollte.

Mit dem Tod von László Rajk sind aber erst zwei Drittel des Buchs absolviert, und fortan verfolgt Shiels in souveräner Vernachlässigung seines Buchtitels vor allem die Geschicke von dessen Witwe Julia und dem gemeinsamen Sohn László junior, der bei der Hinrichtung seines Vaters noch kein Jahr alt war. Doch dabei legt der Autor sich selbst ein Hindernis in den Weg, denn gerade bei den Ereignissen von 1956 verlässt er sich nicht auf die sonst fast ausschließlich verwendeten Erinnerungen jener Familienangehörigen, die ihm noch Auskunft gegeben haben, sondern zieht plötzlich ein von ihm selbst 1988 entdecktes Tagebuch eines anonymen Studenten zu Rate. So wendet sich das Geschehen für ein ganzes Kapitel von den Rajks ab. Doch gerade dadurch wird auch überdeutlich, wie hilfreich für die Erzählhaltung der Zugang über die konkrete Familiengeschichte ist. Das Tagebuch des Studenten ist nicht weniger individuell in seinem Blick auf die Geschehnisse in Budapest, doch als isolierte Passagen eines Anonymus lassen sie den notwendigen persönlichen Kontext vermissen. Es ist bezeichnend, dass niemand weiß, wer dieses Tagebuch geführt hat. Hinter jedem anderen Satz des Buchs von Shiels aber steht das Schicksal klar bekannter Figuren: all jener Rajks, die uns trotz ihrer teilweise verheerenden Irrtümer über die Strecke des Buches hinweg ans Herz gewachsen sind - gemeinsam mit dem Land, das sie so sehr geliebt haben.

Duncan Shiels: "Die Brüder Rajk". Ein europäisches Familienalbum. Aus dem Englischen von Klaus Binder. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2008. 351 S., Abb., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.08.2008

Scheinbar gegensätzlich
Das Drama der ungarischen Brüder Endre und László Rajk
Man schreibt den 23. März 1945, als sich in einem Gerichtssaal im ungarischen Sopronköhida zwei Brüder umarmen. Der eine, László Rajk, einer der Führer der kommunistischen Untergrundbewegung, ist des Landesverrats angeklagt. Der andere, Endre Rajk, ist hoher Beamter in der faschistischen Pfeilkreuzler-Regierung Ungarns und hat seinen Bruder gerade mit einem dramatischen Auftritt vor Gericht vor dem Todesurteil bewahrt. Endre lehnt seinen Kopf an die Schulter seines Bruders und weint. László bleibt äußerlich ruhig: „Es ist alles ohne Worte gesagt.” Wenige Tage später wird Endre vor der anrückenden sowjetischen Armee nach Deutschland fliehen. Monate später wird László, inzwischen Innenminister in der neuen kommunistischen Regierung, Endre das Leben retten: Er streicht ihn von der Liste der Kriegsverbrecher, die Ungarn von den Alliierten zur Auslieferung anfordert. Vier Jahre später wird László Rajk in Budapest hingerichtet, schuldig gesprochen in einem der ersten stalinistischen Schauprozesse in den Sowjet-Satellitenstaaten.
Diesem Familiendrama um zwei scheinbar gegensätzliche Ideologien geht der britische Journalist Duncan Shiels (1953–2006) in seinem Report „Die Brüder Rajk” nach. Entstanden ist ein Zeitgemälde des vergangenen Jahrhunderts – spannend wie ein Krimi, anregend durch den Kontrast: hier László, der faszinierende, hochintelligente Untergrundkämpfer, Teilnehmer am Spanienkrieg, später dann Mitschöpfer des Systems, das ihn an den Galgen bringen sollte. Dort Endre, der Spießer und Karrierist, der fast zwangsläufig zum überzeugten Nazi wurde. Wie viele Ungarn trieb ihn die Frustration durch den Verlust der ungarischen Territorien nach dem Ersten Weltkrieg um.
Der Autor Shiels verkneift sich geschichtspsychologische Spekulationen. Dem Leser bietet die Rajk-Geschichte dafür Anlass zum Nachdenken darüber, inwieweit Faschismus und Kommunismus missratene Kinder einer Mesalliance aus Frust und jener Art von Fortschritts-glauben waren, der um die Jahrhundert-wende in immer breiteren Schichten hei-misch wurde. Die Rajk-Geschwister, insgesamt elf, wurden im siebenbürgischen Székelyudvarhely – damals ein Teil Ungarns, heute in Rumänien – als Kinder eines bildungsbeflissenen Schuhmachers geboren. Seine Werkstatt florierte, und sein Herzensanliegen war es, allen Kindern eine höhere Schulbildung zu ermöglichen – damals ein ungeheurer finanzieller Kraftakt. Der Erste Weltkrieg trieb Rajks Werkstatt in den Bankrott – ein tiefes Trauma für die ganze Familie. Shiels gibt ein politisches Streitgespräch zwischen Endre und László aus den 30er Jahren wieder, in dem beide ihre jeweilige Ideologie als Folge des im Elternhaus Erlebten darstellen. Einig sind sie sich in einer Frage: Eine neue Ordnung muss her.
Shiels hat zahlreiche Mitglieder der Familie Rajk befragt, die verstreut in Europa leben. Zur Überraschung des ungarischen Zeithistorikers László Varga entschlüsselte er dabei ein Rätsel: Die Fachwelt fragte sich bisher, warum László Rajk anno 1949 in seinem durch Folter erzwungenen Schuldbekenntnis, das damals live im Rundfunk übertragen wurde, sein Geburtsdatum falsch angegeben hat. Shiels fand heraus, dass es ein verschlüsseltes Signal an die Familie war. Sie sollte verstehen, dass das gesamte Bekenntnis ebenso falsch war wie der Geburtstag. Rajk war bewusst fälschlich als „Titoist” verurteilt worden, weil Ungarns Kommunisten damals, nach dem Emanzipationsakt des jugoslawischen KP-Führers, Stalin gegenüber Linientreue beweisen wollten.
Shiels hat akribisch recherchiert, den-noch ist er offenbar auf eine Legende hereingefallen, die in der deutschen Buchausgabe, anders als in der ungarischen, ärgerlicherweise nicht korrigiert wurde. In der deutschen Version heißt es, László Rajk habe kurz vor seiner Hinrichtung geschrien: „Nein, so war das nicht ausgemacht, Genossen” – weil man ihm im Fall eines „Geständnisses” Freiheit versprochen hatte. Dieser Ausruf stammt nach Erkenntnissen des Historikers Varga, Lektor der ungarischen Ausgabe, nicht von Rajk, sondern von einem Mitverurteilten. Rajk habe, unerschütterlich in seinem Glauben noch im Angesicht des Galgens, Stalin hochleben lassen. Shiels ist kurz nach Fertigstellung des Manuskripts gestorben. Mit Varga war eine gemeinsame Überarbeitung vereinbart, die der Historiker dann allein vornehmen musste. Dass Shiels, langjähriger Korrespondent der Agentur Reuters in Budapest, sich in Bezug auf Rajks letzte Worte geirrt hat, ist verständlich. Viele Rajk-Angehörige glauben an diese Legende. Aber Shiels hätte nicht wider besseres Wissen die Unwahrheit geschrieben. KATHRIN LAUER
DUNCAN SHIELS: Die Brüder Rajk. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2008. 352 Seiten, 24,90 Euro.
Im Verlauf des ungarischen Aufstands 1956 wurden die hingerichteten KP-Funktionäre – vorne der Sarg von László Rajk – feierlich bestattet. Foto: Ullstein Bild
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Mit großem Interesse hat Andreas Oplatka dieses Buch gelesen, in dem der britische Journalist und langjährige Ungarn-Korrespondent Duncan Shiels die Geschichte dieses bemerkenswerten Bruderpaars erzählt: Laszlo Rajk war Kommunist, Kämpfer im Spanischen Bürgerkrieg und nach 1945 Minister der kommunistischen Regierung in Ungarn. Nach einem Schauprozess wurde er von den eigenen Genossen 1949 hingerichtet. Sein Bruder Endre Rajk stand auf der anderen Seite der faschistischen Pfeilkreuzler, die als Hitlers Marionetten regierten. Offenbar haben sich die beiden Brüder trotzdem nahe gestanden und sich für einander verbürgt, wenn die Freunde des einen dem anderen an den Kragen wollten. Oplatka äußert sich sehr lobend über Shiels' klare, unprätentiöse Erzählweise und zeigt sich sehr erleichtert, dass der Autor auf jegliche Herablassung verzichtet, die Oplatka so häufig aus westlichen Ungarn-Darstellungen herausklingen hört. Kritik übt er jedoch an der zu positiven Darstellung Laszlo Rajks, der immerhin als Funktionär von Moskaus Gnaden zu den Totengräbern der ungarischen Demokratie gezählt werden müsse.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein mustergültiges Beispiel für den flüssigen Erzählstil, den man aus der englischen Historiographie kennt und schätzt, aber zugleich widmet es sich einem Thema, das in Deutschland sehr wenig Beachtung erfahren hat - schon gar nicht in solch zugänglicher Form. Duncan Shiels erzählt mit den Brüdern Rajk ein packendes Jahrhundert ungarischer Geschichte." Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Seitung, 12.03.08

"Entstanden ist ein Zeitgemälde des vergangenen Jahrhunderts - spannend wie ein Krimi, anregend durch den Kontrast: hier László, der faszinierende, hochintelligente Untergrundkämpfer, Teilnehmer am Spanienkrieg, später dann Mitschöpfer des Systems, das ihn an den Galgen bringen sollte. Dort Endre, der Spießer und Karrierist, der fast zwangsläufig zum überzeugten Nazi wurde. Wie viele Ungarn trieb ihn die Frustration durch den Verlust der ungarischen Territorien nach dem Ersten Weltkrieg um." Kathrin Lauer, Süddeutsche Zeitung, 12.08.08