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David Small beschwört die Welt der Fünfzigerjahre, als man noch glaubte, die Wissenschaft könne alle Probleme lösen. Als man über vieles nicht sprach, schon gar nicht mit Kindern. Vor der kafkaesken Familiensituation flieht der kleine David in seine Zeichnungen. Mit 14 Jahren verliert er bei einer Operation seine Stimme. Dass er Kehlkopfkrebs hatte und man damit rechnete, dass er sterben würde, findet er ebenso selbst heraus wie die Ursache dafür: Sein Vater, ein angesehener Radiologe, hatte ihn in seiner Kindheit regelmässig mit Röntgenstrahlen "behandelt".

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Produktbeschreibung
David Small beschwört die Welt der Fünfzigerjahre, als man noch glaubte, die Wissenschaft könne alle Probleme lösen. Als man über vieles nicht sprach, schon gar nicht mit Kindern. Vor der kafkaesken Familiensituation flieht der kleine David in seine Zeichnungen. Mit 14 Jahren verliert er bei einer Operation seine Stimme. Dass er Kehlkopfkrebs hatte und man damit rechnete, dass er sterben würde, findet er ebenso selbst heraus wie die Ursache dafür: Sein Vater, ein angesehener Radiologe, hatte ihn in seiner Kindheit regelmässig mit Röntgenstrahlen "behandelt".
Autorenporträt
David Small wurde 1945 in Detroit geboren. Seinen Master of Fine Arts hat er an der Universität Yale gemacht. Er ist vor allem durch Illustrationen von Bilder- und Kinderbüchern bekannt geworden, viele davon sind in Zusammenarbeit mit seiner Frau Sarah Stewart entstanden. "Stiche" ist die autobiografische Erzählung seiner Kindheit und Jugend, für die er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Britta Schwem ist zu Tränen gerührt von David Smalls erster Graphic Novel "Stiche". In den USA sei der Autor vor allem für etwas abgedrehte oder absurde Märchen und Bilderbücher bekannt. Jetzt wende sich Small in dem ungewohnten Medium seiner eigenen Geschichte zu. "Stiche" erzählt in drei Episoden seine Jugendjahre, berichtet die Rezensentin. Und die scheinen ziemlich düster gewesen zu sein. Die Familienmitglieder, die hinter ihren Brillen statt Augen nur leere, weiße Flächen haben, findet Schwem besonders unheimlich. Der junge David könne sie nur auf sich aufmerksam machen, indem er sich krank stellt - bis er krank wird: irgendwann wachse ihm ein Alien namens Krebs aus dem Hals. Die Rezensentin lobt den Mut des Autors zu diesem Projekt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.10.2012

Der scharfe Beat der Brillenträger
David Small erzählt in seiner autobiografischen Graphic Novel „Stiche“ von den Wunden einer Familie
Sie haben keine Augen. Nicht dass sie blind wären, aber die von Brillen eingerahmten Flächen oberhalb ihrer Nasen bleiben oftmals einfach leer. Aus weißen Löchern starren sie dann auf eine Welt in Grautönen. Nur ihre minimale bis groteske Mimik ist mit harten Strichen ins Papier gekratzt und hält fest, was die geisterhaften Wesen zum Ausdruck bringen wollen: Überlegenheit und Spott, Angst und Abscheu; Wut, Wut und nochmals Wut. Willkommen im Detroit der Fünfzigerjahre und den Familienerinnerungen des Kindes David Small.
Der mittlerweile 67-jährige Small ist in seiner US-amerikanischen Heimat eine feste Größe – auf dem Kinderbuch-Markt. Seit mehr als dreißig Jahren illustriert er vielfach prämierte Bilderbücher. Small verfasst aber auch eigene Geschichten, mit Vorliebe über absurde Begebenheiten. Ihm gelingen verspielte Märchen, die selbst ein plötzliches Geweihwachstum zu einer lustvollen Herausforderung für ein junges Mädchen („Imogene’s Antlers“) oder die Regierungsgeschäfte des ersten Präsidenten zur Arbeit eines tierliebenden Farmers („George Washington’s Cows“) werden lassen.
Nach langem Ringen nimmt sich David Small jetzt seiner eigenen Geschichte an. Auch wagt er sich an eine neue Form, die Graphic Novel. „Stiche“ dokumentiert in vier Zeitsprüngen die Jugendjahre des jungen Small. Dazu hat er Panels voller Dynamik wie ein Storyboard auf 325 Seiten getuscht und gepinselt. Mit blattfüllenden Totalen lässt Small seine Leser in die Episoden hineingleiten – um ihnen dann Davids Blick auf eine beängstigende Welt in Großaufnahmen nahezubringen. In einem Interview führt Small das Erinnern an seine fast vergessenen Filmhelden als treibende Kraft für den Stil dieser Novel an. So verwundert es kaum, dass man die Meister des Absurden, Beklemmenden und der Suspense – Buñuel, Bergman und Hitchcock – auf den Buchseiten zu spüren meint.
Davids Familie ist ein Haufen Gestrandeter in der nicht mehr boomen-wollenden Motor Town Detroit. Doch die Smalls geben sich geschäftig, und so macht jeder gemäß der ihm zugedachten Rolle weiter: Vater Ed ist Radiologe und widmet sich ganz der Wirkungsmacht der „X-Rays“ und seinem Punchingball. Bruder Ted erforscht ebenso getrieben die Wissenschaft des Sex, wie er unter dem Dach auf seine Trommeln eindrischt, während Mutter Betty mit Husten und Türenknallen den aggressiven Takt im Haushalt vorgibt.
Nur der sensible David kann mit diesem Beat der Brillenträger nicht mithalten. Aber er findet eigene Methoden, um auf sich aufmerksam zu machen: Krankheit und eine selbstgezeichnete Welt „hinter den Spiegeln“. Sie lässt ihn, wie die innig geliebte Alice, durch die weißen Oberflächen seiner Zeichenpapiere in die Welt glücklicher Comicfiguren blicken.
Doch es gibt kein Richtiges im Falschen, und so gewinnt im Leben des für seine Spinnereien Verhöhnten die Krankheit Oberhand: David wächst ein dickes, nacktes Alien aus dem Hals, das Krebs heißt. Denn die Probleme aller Smalls liegen im Inneren ihrer Körper verborgen, unter der Haut, in X-Ray-Tiefe sozusagen.
„Stiche“ ist die Geschichte von Wunden, die im Korpus der Familie klafften, lange bevor David erkrankte. Auch wenn er der Letzte ist, der sich vom rettenden Skalpell stumm geschnitten in einen Panzer aus Wut zurückzieht. Schonungslos zeichnet Small diese Chronik der Stummen als irre Tragödie von Falschverliebten, Falschgeborenen und Falschverstandenen, die im Würgegriff der gesellschaftlichen Konvention erstarrt sind.
„Stiche“ ist ein Blick in die Wunden, der zu Tränen rührt. Aber man hört Small förmlich rufen: „Hey, I was an alien, but that’s okay. – Now.“ Denn David wird geheilt. Und Small findet für diese Rettung wunderbar komische Metaphern: So jagt eine zornige Fledermaus-Verwandte des Hörnchens aus „Ice Age“ einem Rettungsschirm so lange nach, bis sie als Schattenkind erwacht. Dieses Kind ist David selbst, der Alices Spuren gefolgt ist und nun ein weißes, weises Kaninchen trifft, das ihm wieder eine Stimme und Mut schenkt. Mut für Projekte wie diese krasse Heldenreise.
BRITTA SCHWEM
  
David Small: Stiche. Carlsen Verlag, Hamburg 2012. 336 Seiten, 29,90 Euro.
Eine irre Tragödie um
Falschverliebte
und Falschgeborene
David wächst ein Alien aus dem Hals, das Krebs heißt. Stummgeschnitten vom rettenden Skalpell, zieht er sich in einen Wut-Panzer zurück.
 ABB. A. DEM BESPR. BAND
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