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Zwei Jugendliche werden zwischen Tradition, dem Kriegstrauma ihres eigenen Vaters und der Propaganda aufgerieben. Ihre Reaktionen sind ebenso unterschiedlich wie extrem. Diese Geschichte spielt in Preußen kurz vor dem Ersten Weltkrieg, aber sie könnte auch heute noch vielerorts ganz ähnlich stattfinden.Ausgezeichnet als Bester Niederländischer Comic 2014.

Produktbeschreibung
Zwei Jugendliche werden zwischen Tradition, dem Kriegstrauma ihres eigenen Vaters und der Propaganda aufgerieben. Ihre Reaktionen sind ebenso unterschiedlich wie extrem.
Diese Geschichte spielt in Preußen kurz vor dem Ersten Weltkrieg, aber sie könnte auch heute noch vielerorts ganz ähnlich stattfinden.Ausgezeichnet als Bester Niederländischer Comic 2014.
Autorenporträt
Spruyt, Simon
Simon Spruyt (1978, Belgien) studierte Englische und Niederländische Literatur und Linguistik an der Universität Leuven, sowie angewandte Kunst an der Hochschule Saint Lukas in Brüssel. Er debütierte mit der preisgekrönten Comicserie für Kinder "De Bamburgers". Seit dem schuf er unterschiedlichste Bücher in verschiedenen Stilen. Seine satirische Autohagiography "SGF" wurde mehrfach ausgezeichnet und übersetzt. Die Graphic Novel "Junker" wurde 2014 mit dem Willy Vandersteenprijs zum besten niederländischen Album gekürt.

Erdorf, Rolf
Rolf Erdorf, 1956 in der Eifel geboren, hat u. a. Germanistik und Niederländische Philologie studiert. Heute lebt er in Bad Oldesloe und arbeitet hauptberuflich als Übersetzer aus dem Niederländischen. Für seine Arbeit in der Kinder- und Jugendliteratur wurde er 2005 mit dem renommierten niederländischen Martinus-Nijhoff-Preis des Prins-Bernard-Cultuurfonds ausgezeichnet.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Die von Schlitts gehen zur Kavallerie, das war schon immer so. Ludwigs Vater hat im Krieg ein Bein verloren. Das sichert seinen Söhnen die Ausbildung an der königlich-preußischen Kadettenanstalt. Ludwigs älterer Bruder ist ein Heißsporn, Ludwig ein sanftes, freundliches Kind, ein exzellenter Mechaniker. Als er Maxim kennenlernt, die Maxim-Maschinenkanone, ist es Liebe auf den ersten Blick. Simon Spruyt erzählt den Untergang Preußens in melancholischen preußisch-blauen Aquarellen. Alle Regungen sind unterschwellig. Kindliche Sorglosigkeit und Witz, Trauer um die sterbende Mutter, Selbstzweifel und Hass. Am Ende sieht Ludwig, wie sein Bruder zur Kavallerie geht. "Ich stelle mir vor, wie er täglich die Grenze entlangpatrouilliert. Ich stelle mir vor, auf der anderen Seite ist so jemand wie ich. Mit einem Maschinengewehr. Und ich versuche mir vorzustellen, was für ein komischer Anblick dieser verrückte Preuße auf seinem Pferdchen für jemanden mit einem Maschinengewehr sein muss."

© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Auch wenn die Affinität des Autors zum Grotesken in diesem Band nicht so deutlich wird, empfiehlt Rezensent Christoph Haas den Comic des Belgiers Simon Spruyt. Wie Spruyt darin eine dem Untergang geweihte Welt im Fin-de-Siecle-Preußen entwirft, mit einer ökonomisch wie sozial ins Abseits geratenen Aristokratie und jungen Kadetten, die das Töten neu und technisch definieren, findet Haas gelungen. Zeichnerisch kommt die Geschichte von Niedergang und Tod als Abstufungen von Graublau und Weiß rüber, erklärt Haas. Als wäre man im Schattentheater oder im Nebel, meint er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.06.2016

Schattentheater
Simon Spruyts Comic „Junker“ erzählt vom Untergang einer Welt
Zum Schloss der von Schlitts führt eine prachtvolle Lindenallee. Hier wird nicht einfach gewohnt, hier wird residiert. Die Vorfahren, wackere Ordensritter, haben die Setzlinge einst selbst gepflanzt – so erzählt es zumindest der Vater seinen Söhnen Oswald und Ludwig. In Wahrheit aber sind die Bäume ausgewachsen aus Schlesien angekarrt worden, als vor einigen Jahrzehnten hochadeliger Besuch anstand.
Eine kleine Lüge, gewiss, aber eine, die schon am Anfang andeutet: Es ist etwas faul im Staate Preußen. Die Fin de Siècle-Welt, in der „Junker“ spielt, lebt im Modus des Noch; die Zeichen dafür, dass ihr Untergang bevorsteht, sind unverkennbar. Die von Schlitts haben die meisten ihrer Ländereien verpachtet, im Stammsitz bewohnen sie nur noch ein paar Zimmer, und das Personal ist auf ein treues Dienstmädchen geschrumpft. Im entfesselten Kapitalismus der Gründerzeit gerät die Aristokratie ins ökonomische Abseits. „Das einzige, was uns bleiben wird, ist die wirtschaftliche Moral“, giftet Frau von Schlitt in hilflosem Zorn: „Das Geld als einziger Maßstab sozialer Differenzierung und die Monotonie der barbarischen Horde.“
Auch der Krieg ist nicht mehr das, was er einmal war. Herr von Schlitt hat in ihm 1870 sein linkes Bein verloren. In der berühmten Schlacht von Mars-la-Tour ritten deutsche Kavalleristen gegen französische MG-Schützen eine Attacke, die selbstmörderisch war, ob ihres Erfolges aber zum Mythos und zum Beleg für die weitere Gültigkeit tradierter Militärstrategie verklärt wurde. Aber waren damals wirklich nur Tapferkeit und Willenskraft ausschlaggebend? War nicht vielleicht Glück im Spiel?
Diese ketzerischen Fragen stellt sich zumindest Ludwig, der, wie sein älterer Bruder, noch als halbes Kind in eine Kadettenanstalt gepackt wird. Daran, wie die Männer seiner Familie vor ihm, zu Pferde zu kämpfen, hat er kein besonderes Interesse. Ihn fasziniert, so empfindsam er auch ist, gerade die neue, technisierte Art des Tötens. Zunächst schwärmt er für die „Nassau“, das erste moderne deutsche Schlachtschiff, dann für das „Maxim“-Maschinengewehr, dessen Handhabung eines Tages Teil seiner Ausbildung wird. Bald kennt Ludwig es in- und auswendig; es wird für ihn zu einer Art Freund, mit dem ihm eine nahezu erotische Beziehung verbindet.
„Ein preussischer Blues“ – der Untertitel dieses Comics klingt etwas gewollt. Aber er ergibt in doppelter Hinsicht einen Sinn. Einerseits hat die lakonische, sprunghafte Art, in der hier von Niedergang und Tod, von Einsamkeit und zwischenmenschlicher Kälte erzählt wird, in der Tat etwas anrührend Liedhaftes. Andererseits steckt im Blues eine Anspielung auf das Preußisch Blau. Der satte Ton dieser Farbe ist in den skizzenhaften Aquarellbildern von „Junker“ allerdings bezeichnenderweise nicht präsent; sie sind durchweg in Abstufungen von Graublau und Weiß gehalten. Manchmal sind nur Silhouetten zu sehen; dann wirkt es, als würde man Szenen in einem Schattentheater oder Erscheinungen in dichtem Nebel betrachten.
„Junker“ ist nicht der erste Comic des 1978 in Belgien geborenen Simon Spruyt. Der Zeichner ist schon seit über zehn Jahren aktiv; allerdings ist keines seiner bisherigen Werke ins Deutsche übersetzt worden. In der imaginären Autobiografie „Sgf“ und dem Zweiteiler „De Furox“ über einen Drachen, der zu Anfang der NS-Zeit lebt, hat Spruyt eine starke Affinität zum Grotesken gezeigt. In „Junker“ ist diese weit weniger ausgeprägt, aber nicht ganz verschwunden, etwa wenn die todkranke Frau von Schlitt einer Gestalt aus einem Horrorfilm gleicht oder wenn Ludwig eine Ente, die er geschossen hat, laut schimpfend und riesengroß im Traum erscheint.
CHRISTOPH HAAS
  
Simon Spruyt: Junker. Ein preussischer Blues. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Carlsen Verlag, Hamburg, 2016. 192 Seiten, 24,99 Euro.
Wie in dichtem Nebel: Die Bilder in „Junker“ sind durchweg in Abstufungen von Graublau und Weiß gehalten.
Foto: Carlsen
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"Glänzende, kluge Skizze einer Gesellschaft, die auf einen Krieg zusteuert, der ihr Untergang sein wird.", n-tv.de, Markus Lippold, 23.10.2016