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Produktdetails
  • Verlag: Carlsen
  • Originaltitel: Bud, not Buddy
  • Seitenzahl: 238
  • Altersempfehlung: 10 bis 12 Jahre
  • Abmessung: 25mm x 142mm x 219mm
  • Gewicht: 422g
  • ISBN-13: 9783551552051
  • ISBN-10: 3551552053
  • Artikelnr.: 24033877
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.2001

Ich suchte meinen Vater und fand den Jazz
Als Bibliothekarinnen noch mütterliches Charisma verströmten: "Buddys Song"

Jugendliteratur aus Amerika - zuerst denkt man da an Indianerbücher. Es gibt aber auch die Tradition der sozialkritischen Geschichten, in denen der Geschmack der Abenteuer oft einen sehr bitteren Unterton hat, denn es sind die sozialen Abgründe zwischen Armen und Reichen, Schwarzen und Weißen, gerade eingewanderten Neuankömmlingen und Etablierten, die hier für Spannung sorgen. Christopher Paul Curtis hat sich mit seinem fulminanten Erstlingsroman "Die Watsons fahren nach Birmingham" in diese Tradition hineingeschrieben. Sein jüngster Roman erreicht zwar die emotionale Härte und fast schon ans Mystische grenzende Erlebnisdichte seines Vorgängers nicht, aber er bietet eine Lektüre voller Spannung und Überraschungen. Schauplatz des Romans ist die Arbeiterstadt Flint in Michigan während der schweren Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre. Der zehnjährige Bud Caldwell, Waise und Heimkind, ein gewitztes Kerlchen mit einem schon ziemlich schweren Packen an Lebenserfahrung, hat die Nase voll von Heimen und verschrobenen Pflegeeltern. Er haut ab, "geht auf die Walz", wie es etwas altväterisch in der deutschen Übersetzung heißt, um Herman E. Calloway in der großen Nachbarstadt Grand Rapids zu suchen, den Bandleader der "Dusky Devastators of the Depression !!!!!" (mit fünf Ausrufezeichen). Denn der, so denkt Bud, ist sein leiblicher Vater.

Ein zehnjähriger Waisenknabe mit schwarzer Hautfarbe, ohne Geld und Habseligkeiten, in einer von der Wirtschaftskrise besonders hart getroffenen Gegend der Vereinigten Staaten, wie kann der einigermaßen heil als Straßenkind über die Runden kommen? Curtis schildert das Elend der Arbeitslosen und Hobos sehr eindringlich, auch, ganz im Stil von Jack London, ihre Solidarität untereinander und über die Rassenschranken hinweg. Bud, er korrigiert jeden, der es wagt, ihn Buddy zu nennen (weshalb der deutsche Titel ein Mißgriff ist), kommt mehr als glimpflich davon, nicht zuletzt auch wegen seiner Pfiffigkeit, die er in feste Lebensregeln zusammengefaßt hat. Sie klingen entzückend machiavellistisch und sind auch sonst ganz brauchbar.

Bis die Geschichte von Bud und seiner Vatersuche endlich gut ausgeht, obwohl er keinen Vater, dafür aber eine große und verrückte Familie findet und nebenbei sein ererbtes Talent als Jazzmusiker entdeckt, gibt es eine ganze Reihe von merkwürdigen Abenteuern zu bestehen. Ein manchmal etwas biederer Humor und heftige Gefühlswallungen vermischen sich auf angenehme Weise und ziehen die Leser in ihren Bann. Besonders gelungen sind die lyrischen Passagen über Buds erste Begegnung mit dem Jazz - Synkopen in Worte gesetzt.

Curtis hat in diesen Roman viel Autobiographisches hineingepackt, wie er in einem kurzen Anhang dokumentiert. Das Milieu und die Zeitumstände, die er präzise schildert, wirken nicht zuletzt deshalb so authentisch. Außerdem gibt es viele anrührende Miniaturen in diesem Buch, das sich ja zunächst an jugendliche afroamerikanische Leser in den Vereinigten Staaten wendet und ihnen mit dem Helden und ein paar der anderen Figuren des Romans auch positive Rollenmodelle vorstellen will. Selten sind das mütterliche Charisma von Bibliothekarinnen in öffentlichen Büchereien aus der Perspektive der Zehnjährigen und der Duft und die Faszination, die von den Büchern dort ausgehen, mit so viel Hingabe beschrieben worden. Das wirkt kein bißchen anachronistisch. Die Frische und Beherztheit, mit welcher hier auf ein Stück heiler Welt Anspruch erhoben wird, machen diesen Roman besonders sympathisch.

WILFRIED VON BREDOW

Christopher Paul Curtis: "Buddys Song". Aus dem Amerikanischen von Gabriele Haefs. Carlsen Verlag, Hamburg 2001. 239 Seiten. Ab 9 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Gerda Wurzenberger stellt zwei Jugendbücher vor, die auf den ersten Blick die gleiche Thematik haben: ein Jugendlicher begibt sich auf die Suche nach seinem Großvater, der eine Legende der Blues-Musik gewesen sein soll. Das eine Buch stammt jedoch von einem Amerikaner, der viel Autobiografisches verarbeitet hat, das andere von einem Schweizer Autor, der allerdings lange in den USA gelebt hat.
1) Werner J. Egli: "Blues für Lilly"
Wurzenberger ordnet den Erzähler ganz klar in die angelsächsische Tradition der "schnoddrigen, selbstreflektierenden" Ich-Erzähler à la Salinger ein. Stilsicher bediene der Schweizer Egli die Muster amerikanischer Jugendliteratur, ein Fremdgänger, der sich erstaunlich .gut auskennt und seine Themen (es handelt sich im das 50.! Buch des Autors!) aus den Widersprüchen dieses ihn weiter faszinierenden Landes schöpft, so Wurzenberger. Eglis Geschichte über den 15jährigen Bradley, der sich für die Lebensgeschichte seiner Großmutter Lily zu interessieren beginnt, die sich in den 30er Jahren in einen schwarzen Bluesmusiker verliebt hatte, sei mit "wohldosiertem Pathos" ausgestattet.
2) Christopher Paul Curtis: "Buddys Song"
Curtis hingegen legt nach einem preisgekrönten Erstling mit dem Titel "Die Watsons fahren nach Birmingham" sein zweites Buch vor, berichtet Gerda Wurzenberger. Ihre kurze Inhaltsangabe: Die Geschichte spielt während der 30er Jahre in Detroit, wo sich der zehnjährige Bud, eine Waise, einbildet, einen berühmten Bluessänger zum Vater zu haben und sich auf die Suche nach ihm macht. Gerade der erste Teil des Buches überzeuge, meint die Rezensentin, da der "abgeklärte Humor" des Jungen in schönstem Kontrast zum sozialen Elend seiner Umgebung stünde. Anschließend verliere der Autor seine Hauptfigur leider etwas aus den Augen, im Bemühen der Detroiter Szene von damals ein literarisches Denkmal zu setzen; diese Schräglage werde dann mit etwas "gar viel" heiler Welt wieder ins Lot gebracht.

© Perlentaucher Medien GmbH
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