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'Vielleicht war es das, was den Unterschied zwischen unserem Gott und dem der Christen ausmachte: Ihr Gott hatte ein Kind. Er verstand, dass man den Kleinen etwas bieten musste. Deshalb bekamen sie Weihnachtsgeschenke, Ostereier und genießbare Würste. Wir bekamen zu besonderen Anlässen Rosinen, Erdnüsse, Mandarinen und schwitzende Käsebrötchen. Humorvoll, anrührend und in einer ganz eigenen Sprache erzählt der dreizehnjährige Jacob vom Leben in seiner verrückten, jüdischen Familie. Mit seinen feinen Beobachtungen, den liebevoll gezeichneten Figuren und dem klugen Witz hat der Autor Stephan…mehr

Produktbeschreibung
'Vielleicht war es das, was den Unterschied zwischen unserem Gott und dem der Christen ausmachte: Ihr Gott hatte ein Kind. Er verstand, dass man den Kleinen etwas bieten musste. Deshalb bekamen sie Weihnachtsgeschenke, Ostereier und genießbare Würste. Wir bekamen zu besonderen Anlässen Rosinen, Erdnüsse, Mandarinen und schwitzende Käsebrötchen. Humorvoll, anrührend und in einer ganz eigenen Sprache erzählt der dreizehnjährige Jacob vom Leben in seiner verrückten, jüdischen Familie. Mit seinen feinen Beobachtungen, den liebevoll gezeichneten Figuren und dem klugen Witz hat der Autor Stephan Mendel-Enk die Herzen der schwedischen Leser und Kritiker im Sturm erobert.
Autorenporträt
Stephan Mendel-Enk wurde 1974 in Göteborg geboren. Er hat die Journalistenhochschule besucht und arbeitet als Redakteur bei der größten schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter und Sveriges Radio.

Sigrid Engeler, geboren 1950 in Wolfenbüttel, lebt heute in Kiel. Sie übersetzte aus dem Dänischen, Norwegischen und Schwedischen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.03.2012

Der Geruch des Fastens
Stephan Mendel-Enks Romandebüt "Drei Affen"

Von Familie erzählen: Da kommt man schon mal vom Hundertsten ins Tausendste, wobei sich all der Kleinkram vor dem Hintergrund von großer Geschichte abspielt. Gut und schön. Wieso aber muss man eine übersichtliche Geschichte unnötig komplizierter machen, als sie ist? "Drei Affen", der Debütroman des schwedischen Journalisten Stephan Mendel-Enk, schildert das Leben einer jüdischen Familie in Göteborg. Jacob heißt der Erzähler. Seine Reminiszenz beginnt mit einem Slapstick-Effekt. Während seine tote Oma in der Kapelle aufgebahrt ist und sich die Verwandten um sie versammeln, stürzt eine der Töchter beim Versuch, die Szene von einem Stuhl aus zu fotografieren, in den offenen Sarg. Beerdigungen stimulieren das Erinnern, und so lässt Jacob Erlebnisse mit seinen Großeltern und vor allem mit seinem Vater Revue passieren. Der hat sich einst das Leben genommen, wohl weil er nicht verwinden konnte, dass seine Frau ihn mit ihrem Chef betrog und damit die Familie zerstörte. Eigentlich ist das schon die ganze traurige Geschichte. Aber sie wird nicht chronologisch entfaltet, sondern aus Skurrilitäten, Charakterstudien und Nebensächlichkeiten sprunghaft zusammengeschnitten.

Der Schmerz, der Jacobs Erinnern begleitet, wird verschwiegen. Er hallt jedoch in der Achtsamkeit der Schilderungen des Vaters wider. Er zeigt sich an den Versuchen Jacobs, von Mutter oder Großeltern etwas über den Empfindsamen zu erfahren. Ebenso indirekt bleibt auch der Ausdruck des Vorwurfs gegen die Mutter. Er offenbart sich darin, dass sie wie eine Unperson behandelt, fast ausgeblendet wird.

Das dezente Spiel über die Bande, in dem das Unsägliche lediglich anklingt, ist ein überzeugender Kunstgriff. Gleichzeitig verwandelt er sich aber in ein Problem dieses Romans. Der Autor treibt dieses Spiel nämlich zuweilen reichlich weit, lässt Dinge absichtsvoll offen, um eine Spannung zu erzeugen, die sich dann im Erwartbaren oder gar nicht löst. Jacob bleibt ein Berichterstatter, dem sich vieles nicht erschließt.

Allerdings hört, sieht und sagt er, zuweilen ironisch gebrochen, Kluges über die Schwierigkeiten des Lebens in der Diaspora. Da wird weder geschont noch geschönt, wenn es um die schmatzenden, zitternden und schwadronierenden, gleichwohl liebenswerten Großeltern oder den Rabbi geht, der vor Altersschwäche regelmäßig die Torarollen fallen lässt. Erzählt wird von der Sehnsucht nach dem Gelobten Land und von den Gerüchen, die Fastende verbreiten. Der Raum, der einzelnen Ereignissen gegeben wird, lässt sich dabei durchaus als pointierte Kommentierung verstehen: Die Gründung Israels, der Sechstagekrieg und das Schicksal der Urgroßeltern im Holocaust werden weit schneller abgehandelt als eine Reflexionen über Butterstullen, Zuckerzeug und Schlagerwettbewerbe. Allerhand kullert dem Leser so murmelbunt entgegen. Darin stecken viel Witz, Wahres und Gekonntes. Aber während sich die Details schön ineinanderfügen, bleibt das Bild vom Vater diffus.

KIRSTEN VOIGT

Stephan Mendel-Enk: "Drei Affen". Roman.

Aus dem Schwedischen von Sigrid C. Engeler. Ullstein Verlag, Berlin 2011. 191 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht ohne Sympathie, und doch mit einigen Reserven bespricht Kirsten Voigt diesen Band. Die Geschichte einer jüdischen Familie in der schwedischen Diaspora interessiert sie durchaus, auch manche Kniffe der Mendel-Enkschen Erzählkunst weiß sie zu würdigen, aber insgesamt gibt ihr der Roman ein allzu fragmentarisches Bild. Spannungsbögen werden nicht zu Ende erzählt oder lösen sich auf ins Erwartbare. Familientragödien werden nur indirekt angesprochen und sind für den Leser nicht immer einfach zu erschließen. Und dann gibt es doch wieder genaue Charakterstudien oder kluge und melancholisch-ironische Einsichten über das Leben in der Diaspora und die Sehnsucht nach Israel, die die Rezensentin mit dem Chaos versöhnen.

© Perlentaucher Medien GmbH