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Die "Parteispendenaffäre" war einer der größten politischen Skandale der alten Bundesrepublik. Erstamls nimmt Eberhard von Brauchitsch, jahrelang einer der einflußreichsten Männer der deutschen Wirtschaft, Stellung zu den Hintergründen dieser Affäre. Wie erfahren Neues über Helmut Kohls Weg zur Kanzlerschaft und über einen Topspion des MfS in der Zentrale des Flick-Konzerns. Ein spannendes Kapitel deutscher Wirtschafts- und Zeitgeschichte.

Produktbeschreibung
Die "Parteispendenaffäre" war einer der größten politischen Skandale der alten Bundesrepublik. Erstamls nimmt Eberhard von Brauchitsch, jahrelang einer der einflußreichsten Männer der deutschen Wirtschaft, Stellung zu den Hintergründen dieser Affäre. Wie erfahren Neues über Helmut Kohls Weg zur Kanzlerschaft und über einen Topspion des MfS in der Zentrale des Flick-Konzerns. Ein spannendes Kapitel deutscher Wirtschafts- und Zeitgeschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.09.1999

"Spendenaffäre war Schutzgeldaffäre"
Ein verbitterter Manager rechnet mit dem Parteienstaat ab

Eberhard von Brauchitsch: Der Preis des Schweigens. Propyläen Verlag, Berlin 1999, 302 Seiten, 44 DM.

Im Jahr 1987 wurde der damals prominente Industriemanager Eberhard von Brauchitsch vom Bonner Landgericht vom Vorwurf der Bestechung freigesprochen, aber wegen Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit Parteispenden zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Mit demselben Urteil wurden die FDP-Politiker Hans Friderichs und Otto Graf Lambsdorff als ehemalige Wirtschaftsminister vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen, aber wegen Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit Parteispenden zu Geldstrafen verurteilt. Es war der Schlussstrich unter einen Skandal, der die Bonner Republik tief erschüttert und ihr das Etikett "Die gekaufte Republik" angeheftet hatte. Es war das Ende der Parteispendenaffäre, des sogenannten Flick-Skandals. Brauchitschs Karriere hatte schon 1982, wenige Monate nach Beginn der Ermittlungen, ihr Ende gefunden. Friderichs musste als Chef der Dresdner Bank ausscheiden. Graf Lambsdorff trat 1984 als Bundeswirtschaftsminister zurück, ebenso Rainer Barzel als Bundestagspräsident.

Brauchitsch, der sich jetzt zu Wort meldet, war durch seine umfangreichen Aktennotizen eine der Hauptfiguren dieser Affäre gewesen. Er hatte den Begriff der "besonderen Pflege der Bonner Landschaft" zum geflügelten Wort werden lassen. Auf seinen Zetteln fand sich das berühmt-berüchtigte Kürzel "wg." (für wegen). Brauchitsch war wie ein Stern in der deutschen Industrie aufgestiegen - ein Mann bis heute stockkonservativ, preußisch, kantig, aufrecht und geradeaus. Der gelernte Jurist war 1955 in die Dienste der Lufthansa getreten, wurde mit 30 Jahren 1957 Chef der Deutschen Flugdienst GmbH, die er mit Oetkers Charterlinie zur späteren Condor fusionierte, ging 1960 als persönlicher Berater von Friedrich Karl Flick zum Flick-Konzern, dem größten Industrieimperium in Privatbesitz, und war von 1965 an geschäftsführender Gesellschafter der Holding Friedrich Flick KG (mit einem kurzen Zwischenspiel als Springer-Generalbevollmächtigter). 1981 wählte man ihn als Nachfolger des Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Doch im November 1981 kam der Sturz, als Steuerbeamte bei dem Flickschen Chefbuchhalter auf Zettel stießen, die Hinweise auf Zahlungen an Politiker enthielten. Damit war Brauchitschs Karriere zu Ende. Er verzichtete auf das Präsidentenamt und schied bei Flick aus. Seither arbeitet er als Unternehmensberater, berät Burda und ist seit 1994 Aufsichtsratsvorsitzender des ostdeutschen Chemieunternehmens Buna, das zu Dow Chemical gehört. Brauchitsch lebt nicht mehr in Deutschland, obwohl dies, wie er sagt, sein Vaterland bleibe, sondern in Österreich und der Schweiz.

Dass sich der heute 73 Jahre alte Manager nach so langer Zeit zu diesem Buch entschlossen hat, hängt mit seiner tiefen Verbitterung über die Politiker aller Parteien zusammen, die ihn zuvor wie kaum einen anderen Industrieführer hofiert, ihn dann aber wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen hatten. Brauchitsch schreibt heute: "Sicher wäre das Strafverfahren gegen mich entschärft worden, wenn einige hochrangige Politiker unter dem Druck gestanden hätten, mir beispringen zu müssen. Ich habe aber keinem der Mächtigen gedroht, mein Wohlverhalten aufzugeben ... Der Preis des Schweigens waren Jahre der Einsamkeit." Hinzu kommt die erst seit einigen Jahren bekannte Tatsache, dass im Bonner Büro des Flick-Konzerns mit Hans-Adolf Kanter alias Fichtel ein Spitzenspion der DDR gesessen hatte, der Ost-Berlin über die Flick-Affäre und die Zustände in der westdeutschen Politik auf dem Laufenden hielt und damit nach Ansicht von Brauchitsch die DDR in die Lage versetzt hätte, Material über ihn beim "Spiegel" zu lancieren.

Was Brauchitsch im Rückblick den Parteien vorwirft, enthält viel Wahres. Richtig ist auch, dass damals die Linke sich aufs Schönste in ihrer Kapitalismusfeindlichkeit bestätigt sah. Das Buch enthüllt aber zugleich noch einmal das Denken von Brauchitsch und anderen industriellen Interessenvertretern, an dem sich bis heute nicht sehr viel geändert hat. Der Manager schreibt: "Die Zuwendungen an die Parteien waren in diesem Sinn keine Spenden. Weder die Friedrich Flick KG noch irgendein anderes der mir bekannten großen Unternehmen hätte aus freien Stücken einer politischen Partei Geld zukommen lassen. Bei den Zuwendungen an die Parteien handelte es sich vielmehr um Schutzgelder. Die sogenannte Spendenaffäre war in Wahrheit eine ,Schutzgeldaffäre' ... Die Wirtschaft erkaufte sich jedoch nicht das Wohlverhalten der Parteien, um eine ihren Interessen günstige Politik zu fördern, sondern umgekehrt das Wohlverhalten der Politiker gegenüber der Wirtschaft war davon abhängig, dass die Wirtschaft ihren Obolus entrichtete. Die Wirtschaft zahlte Schutzgelder, um sich vor Repressionen in Form wirtschaftsfeindlicher Politik zu schützen ..." Und an anderer Stelle heißt es: "Die einzige Möglichkeit der Einflussnahme bestand darin, die Schutzgelder so zu lenken, dass jene Kräfte in den Parteien unterstützt wurden, die den Ideen der freien Marktwirtschaft nicht entgegenstanden." Nach Ansicht des Autors hat die Schutzgeldaffäre einen Verfall der politischen Sitten in einem bis dahin unvorstellbaren Ausmaß offenbart. Das ist richtig, nur haben auch Brauchitsch und andere dazu beigetragen. Was aber den Politikern, voran den Parteivorsitzenden und den Schatzmeistern, bis heute vorzuwerfen ist, ist, dass sie jahrelang diese Art illegaler Finanzierung betrieben und dann die Zahler im Regen stehen gelassen haben. In diesem Zusammenhang übt von Brauchitsch in einem eigenen Kapitel "Schatten auf Helmut Kohl" auch heftige Kritik an dem früheren Bundeskanzler und Duzfreund, der ihm gleichwohl den Weg zu Buna geebnet hat.

Die Selbstgerechtigkeit, mit der der Autor aus seinen Erfahrungen zum Nachdenken anregen will, ohne auch im Nachhinein die Tragweite der damaligen Vorgänge zu sehen, ist streckenweise schwer erträglich. Abwegig erscheint vor allem seine Schlussfolgerung, dass mit der Parteispendenaffäre das Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Wirtschaft so zerstört worden ist, dass nun keine unternehmensfreundliche Politik mehr zustande kommt. Die Schattenseiten von Demokratie, Parteienstaat und Marktwirtschaft sind eine Sache. Da scheint, wenn man auf die politischen und wirtschaftlichen Skandale der jüngsten Zeit und auf die Korruptionsanfälligkeit schaut, sachliche Distanz auf beiden Seiten geboten. Das wahre Zerwürfnis zwischen Staat und Wirtschaft, das die Zukunft des Landes belastet, ist jedoch anderer Art. Es hängt mit dem abnehmenden Einfluss des Staates in einer globalen Wirtschaft und mit der mangelnden Anpassungsfähigkeit der Politik an den weltwirtschaftlichen Wandel zusammen. Die Politik ist in einer Zeit knapper Kassen und hoher Arbeitslosigkeit mehr denn je auf die Unternehmen angewiesen. Der frische Wind dieses marktwirtschaftlichen Wettbewerbs hat auch jene traute Gemeinsamkeit und Konsensseligkeit vergangener Jahrzehnte weggeblasen, in der die Pflege der politischen Landschaft hat gedeihen können. Dass Deutschland ein wirtschaftsfreundlicheres Klima braucht und eine entsprechende Politik, steht außer Frage. Damals hat man dieses Klima erkaufen wollen. Heute zieht die Industrie durch Anpassung und Abwanderung einfach die Konsequenzen aus einer verfehlten Politik. Das ist weitaus wirksamer.

JÜRGEN JESKE

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Christian Semler knöpft sich den Memoirenband des einstigen Flick-Managers und Kohl-Freundes Eberhard von Brauchitsch vor, der bereits im Spätsommer letzten Jahres erschienen ist und sich ausnimmt "wie ein Präludium zur CDU-Spendenaffäre". Von Brauchitsch offenbart auch in seinen Memoiren den "Preis des Schweigens" nicht wirklich, schreibt Semler. Es bleibt unklar, warum von Brauchitsch damals geschwiegen und was er verschwiegen hat, als ihm wegen Bestechung und Steuerhinterziehung der Prozeß gemacht worden ist. Freund Kohl ist dennoch auf Distanz gegangen. Von Brauchitsch rächt sich nicht, er ekelt sich eher, meint der Rezensent. Zum Schluß habe von Brauchitsch aber doch eine kleine Sensation lanciert: Wolfgang Schäuble hat ihn nämlich angeblich gebeten, nichts zu Lasten von Helmut Kohl auszusagen. "Das dürfte auch den Staatsanwalt interessieren", meint Semler.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Eberhard von Brauchitsch stand im Mittelpunkt eines der spektakulärsten Politskandale der Nachkriegszeit. In seiner Autobiographie 'Der Preis des Schweigens' versetzt er nun den ehemaligen Geschäftspartnern aus der Politik einen kräftigen Tritt."(Der Spiegel)