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Produktdetails
  • Verlag: Springer
  • ISBN-13: 9783540410034
  • ISBN-10: 3540410031
  • Artikelnr.: 25259605
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.04.2002

Keine schwere Kost
Komplexe Zusammenhänge für den nachdenkenswilligen Laien

Ulrich van Suntum: Die unsichtbare Hand. Ökonomisches Denken gestern und heute. Springer-Verlag, Berlin 2001, 314 Seiten, 19,95 Euro.

"Man muß die Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher", hat Albert Einstein einmal gesagt. Das gilt auch für die Ökonomie. Daß diese Wissenschaft keine schwere Kost zu sein braucht und daß ihre Erkenntnisse auch für nachdenkenswillige Laien gut nachzuvollziehen sind, zeigt der Münsteraner Hochschullehrer Ulrich van Suntum. Sein Buch "Die unsichtbare Hand" ist locker geschrieben, mit hilfreichen Beispielen angereichert und mit amüsanten Anekdoten gespickt. Im Sinne der Lesbarkeit bleibt nur zu wünschen übrig, daß sich der Autor noch vom quälenden, jargonhaften Gebrauch des Futurs befreit - nach dem hypothetisch, nicht etwa chronologisch gemeinten Muster "Wenn der Preis steigt, dann wird die Menge abnehmen".

Das Spannende - und Ermutigende - an dem Buch ist, daß der Autor sich von jeder mathematischen Verklausulierung trennt, dabei aber inhaltlich kaum Mut zur Lücke braucht. Er stellt die Grundlagen in ihrer dogmengeschichtlichen Chronologie vor, verzichtet dabei aber auch nicht auf komplizierte Konzepte. Da findet sich nicht nur der Cournotsche Punkt aus der Monopoltheorie, sondern auch das Turgotsche Ertragsgesetz, das Pareto-Optimum, die externen Effekte mitsamt dem Coase-Theorem, die Marxsche Arbeitswertlehre, die X-Ineffizienz von Harvey Leibenstein, das ricardianische Theorem komparativer Kostenvorteile sowie das Arrow-Paradoxon. Eine rare Perle in einem Einführungswerk ist der Abschnitt über den Ordoliberalismus.

Das Buch ist in vier Kapitel gegliedert: "Menschen und Märkte (Mikroökonomie)", "Krisen der Marktwirtschaft (Makroökonomie)", "Handel und Wandel in der Weltwirtschaft (Außenwirtschaft)" und "Der Staat und das Soziale (Finanzwissenschaft)". Einfache Fragen, wie sie sich jeder aufgeweckte Staatsbürger stellen mag, steuern durch dieses umfassende Programm: "Sind Umweltabgaben gerecht?", "Warum kommt es zu Konjunkturschwankungen?", "Vernichtet der technische Fortschritt Arbeitsplätze?", "Soll man sich vor billiger Auslandskonkurrenz schützen?", "Ist Vollbeschäftigung überhaupt möglich?", "Wer soll wieviel Steuern zahlen?"

Dabei bezieht der bekennende Liberale deutlich Position - aber stets behutsam, ohne zu riskieren, daß er durch pauschale Urteile die Leser brüskiert. So verschanzt er sich hinter der historischen Evidenz, die gezeigt habe, daß der Staat für den Einfluß von Interessengruppen anfällig und damit oft ein schlechter Hüter des Wettbewerbs sei. Auch schließt er nicht gänzlich aus, daß es gute Gründe für die Beibehaltung einiger leitungsgebundener Monopole geben mag. Doch dann folgt die Attacke: "Viel wäre aber gewonnen, wenn die Kartellämter sich mit dem gleichen Eifer um staatliche Beschränkungen des Wettbewerbs kümmern würden, mit dem sie gegen tatsächliche oder vermeintliche Mißbräuche von Marktmacht im privaten Sektor vorgehen."

Grundsätzlich sollte der Marktmechanismus niemals ausgehebelt werden, mahnt van Suntum. "Wenn man mit der Einkommensverteilung unzufrieden ist, dann sollte man eben diese Verteilung korrigieren und nicht etwa die Freiheit der Märkte beseitigen." Überhaupt sei Ungleichheit gar nicht unwillkommen: "Allein die Aussicht auf ein hohes Einkommen setzt wirtschaftliche Kräfte frei, die letztlich allen zugute kommen. Ohne diese Aussicht hätte es weder einen Alfred Krupp noch einen Bill Gates gegeben." Auch Gewerkschaftern sei die Lektüre dringend empfohlen: "Die Lohnpolitik sollte um so vorsichtiger agieren, je schlechter die Beschäftigungslage ist." Nur Spott hat van Suntum für die Kaufkrafttheorie der Löhne übrig: "Diese Art von Schlaraffenlandökonomie wäre nun wirklich zu schön, um wahr zu sein." Es handele sich um "ein typisches Produkt der Vulgärökonomie, leicht eingängig und natürlich sehr attraktiv für die Arbeiter, aber eben leider falsch". Überhaupt mahnt der Autor zu Vorsicht mit dem nachfragepolitischen Gift: Nur wenn die Ursachen für Arbeitslosigkeit "tatsächlich in einem allgemeinen Nachfrageausfall liegen, können keynesianische Rezepte helfen".

KAREN HORN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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All das, was den Wirtschaftsteil der Zeitung für den Laien so schwer verständlich macht, wird in lebendiger Sprache und mit didaktischem Geschick erörtert. ...Wer jetzt den Eindruck hat, daß dieses Buch nur für den Nichtfachmann geeignet ist, der irrt. Auch Studenten der Wirtschaftswissenschaften können sich mit Hilfe dieses VWL-Lesebuches einen Überblick über ihr Fachgebiet verschaffen, der ihnen vielleicht aufgrund der Beschäftigung mit den zahlreichen Einzelfragen abhanden gekommen ist. (Studium - Buchmagazin für Studenten) Jeder VWL-Interessierte, der dieses Buch nicht liest, hat selber Schuld." (iwd - Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln).

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine frohe Botschaft für die ökonomischen Laien unter den Lesern: dieses Buch ist eine verständliche Einführung ins Fach. Obwohl es, so die Rezensentin Karen Horn, "locker geschrieben" ist und obwohl van Suntum auf mathematische Details verzichtet, scheut er vor der Darstellung auch komplexerer Theorien nicht zurück. Das Kapitel über den "Ordoliberalismus" etwa erscheint Horn geradezu als eine "rare Perle" unter den Erläuterungen des Konzepts. Der wirtschaftspolitische Standpunkt van Suntums ist, wie die Rezensentin an manchem Zitat veranschaulicht, klar: als Liberaler hält er allen Keynesianismus für "Vulgärökonomie", und er warnt vor allen Versuchen, den Marktmechanismus auszuhebeln. Dennoch, meint Horn, wird, wer anders denkt, in diesem Buch nicht "brüskiert".

© Perlentaucher Medien GmbH