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Neben der Europäisierung/Globalisierung ist die Wiedervereinigung die zweite große Herausforderung für das deutsche Modell industrieller Beziehungen. Diese Arbeit befasst sich mit der Geschichte und Funktionslogik des deutschen Modells und prüft vor diesem Hintergrund, wie sich die Ausdehnung der Tarifautonomie auf die fünf neuen Länder bei den Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und der Tarifpolitik auswirken (1990 - 2000). Untersucht wird dies am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie, dem größten und einflussreichsten industriellen Sektor in der Bundesrepublik. Die Studie kommt zu dem…mehr

Produktbeschreibung
Neben der Europäisierung/Globalisierung ist die Wiedervereinigung die zweite große Herausforderung für das deutsche Modell industrieller Beziehungen. Diese Arbeit befasst sich mit der Geschichte und Funktionslogik des deutschen Modells und prüft vor diesem Hintergrund, wie sich die Ausdehnung der Tarifautonomie auf die fünf neuen Länder bei den Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und der Tarifpolitik auswirken (1990 - 2000). Untersucht wird dies am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie, dem größten und einflussreichsten industriellen Sektor in der Bundesrepublik. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Ostdeutschland trotz vieler Abweichungen kein Laboratorium ist, in dem ein neues Muster industrieller Beziehungen entsteht, das den historisch gewachsenen Pfad des westdeutschen Modells verläßt. Es wird aber zukünftig mehr regionale Abweichungen und Differenzen zwischen Zentrum und Peripherie geben, ohne dass die Einbindung in einen gemeinsamen institutionellen Kontext aufgegeben wird.
Autorenporträt
Wolfgang Schroeder ist Referent für industrielle Beziehungen beim Vorstand der IG Metall und Lehrbeauftragter an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2001

Arbeit und Kapital in Europas größter Volkswirtschaft
Die ostdeutschen Bundesländer sind kein bloßer Testfall für neue industrielle Beziehungen

Wolfgang Schroeder: Das Modell Deutschland auf dem Prüfstand. Zur Entwicklung der industriellen Beziehungen in Ostdeutschland (1990-2000). Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2001, 423 Seiten, 59,81 DM.

Wiedervereinigung, europäische Einigung und Globalisierung unterziehen das deutsche Wirtschaftssystem einer Prüfung. Die Debatte um betriebliche Mitbestimmung, Tarifautonomie und die Zukunft der industriellen Beziehungen war in Westdeutschland bereits im Gange, als sich der Eiserne Vorhang hob. In den siebziger Jahren hatte die OECD das westdeutsche System noch als Leitbild hervorgehoben; in den achtziger Jahren galt es vielen indes als zu unflexibel. Als schließlich die Wiedervereinigung vollzogen wurde und die EU-Kommission den Startschuß für den europäischen Binnenmarkt gab, wandten sich Gewerkschaftsvertreter offen gegen ein "Europa des Kapitals".

Mit der Beziehung zwischen Kapital und Arbeit in Europas größter Volkswirtschaft während der neunziger Jahre befaßt sich Wolfgang Schroeder am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie. Sein Ziel ist es, anhand der größten Industriebranche Wandel und Kontinuität des korporativen deutschen Wirtschaftsmodells zu untersuchen. Schroeder fragt, ob und wie die friedliche Revolution im Osten Deutschlands das System im Westen verändert hat. Dabei stellt er seine Untersuchung vor den Hintergrund der wissenschaftlichen Debatte über Kapitalismus-Konzepte und der sogenannten Transformationsforschung.

Schroeder führt den historischen Teil seiner Analyse bis auf die Ursprünge der großen Interessenvertretungen der deutschen Industriegesellschaft des neunzehnten Jahrhunderts zurück. Er skizziert Brüche und Kontinuitäten der Entwicklung von Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Industrieverbänden, greift die ideologischen Auseinandersetzungen um die Tarifpolitik in den großen Arbeitskämpfen der zwanziger Jahre auf und umreißt die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung der ost- und westdeutschen Nachkriegsgesellschaft.

Schließlich untersucht er minutiös die Rolle, das Verhalten und die Beweggründe der Tarifparteien im Prozeß der deutschen Einheit. Das lohnpolitische Umfeld in den neuen Ländern habe die Tarifparteien damals vor massive Schwierigkeiten gestellt, schreibt er. Die Produktivität der ostdeutschen Betriebe der Metall- und Elektrobranche lag 1990 bei einem Drittel des westdeutschen Niveaus, die Löhne bei fast einem Achtel. Die Anpassung war für die ostdeutsche Wirtschaft ein Schock.

Der Autor beschreibt, wie die fünf neuen Länder zunächst als möglicher Test für die Schaffung eines neuen Systems der industriellen Beziehungen in Deutschland betrachtet wurden. Bis Mitte der neunziger Jahre hatten die Arbeitgeber wiederholt versucht, das Kräfteverhältnis gegenüber den Gewerkschaften neu zu justieren. Die Gewerkschaften hielten dagegen. Die Lage verschärfte sich. Sie kulminierte in den Konflikten von 1993. Bereits in den frühen achtziger Jahren war unter den sich abzeichnenden neuen Wirtschaftsbedingungen der westlichen Welt der Flächentarifvertrag unter Druck geraten. Zudem hatte die IG Metall 1984 den Einstieg in die 35-Stunden-Woche durchgesetzt.

Als in Berlin die Mauer fiel, bereiteten die Gewerkschaftler die dafür entscheidende Tarifrunde vor. Die historische Entwicklung setzte zunächst aber andere Akzente. Gewerkschaft und Arbeitgeberverband stellten sich den institutionellen Erfordernissen der Zeit auf verschiedene Art, hielten aber letztlich beide am angestammten westdeutschen Weg fest.

Seit der Bewältigung der Konflikte zwischen den Verbänden Mitte der neunziger Jahre sind sie mit der "nachsorgenden Austarierung neuer betrieblicher Flexibilisierungsmuster beschäftigt". Schroeder kommt zu dem Ergebnis, daß die neuen Länder nicht ernsthaft als Laboratorium für eine neue deutsche Industriegesellschaft angesehen werden können. Der Standort sei vom Haupt- zum Nebenschauplatz geworden. Zwar gebe es im Osten aufgrund der Unternehmensstrukturen, der loseren Verbandsbindungen und der größeren Distanzen zu Flächentarif- und Hinwendung zu Haustarifverträgen einige bemerkenswerte Besonderheiten. Doch die bereits in den achtziger Jahren von den Tarifparteien im Westen eingeschlagene Politik des "mittleren Weges" sei auch in den neunziger Jahren beibehalten worden.

Die Verbände, schließt der Autor, hätten dazu beigetragen, im Osten die Wucht des Einigungsschocks abzufedern. Anders als in Polen, in der Tschechischen Republik oder Ungarn konnten sie mit dem Instrument der Tarifautonomie das politische System der Bundesrepublik entlasten. Es werde zwar im Zuge der Entwicklung zu weiteren regionalen Abweichungen und Differenzierungen kommen. Eine darüber hinausgehende Beeinflussung des westdeutschen Modells durch die ostdeutsche Entwicklung zeichne sich aber nicht ab.

Die Studie ist klar gegliedert, Inhalt und Sprache folgen der wissenschaftlichen Form. In ihren historischen Passagen ist sie spannend zu lesen. Das Buch gibt einen Einblick in die Auseinandersetzungen um Wandel und Beharrlichkeit des deutschen Modells.

STEPHAN FINSTERBUSCH

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die "Wucht des Einigungsschocks" wurde in den neuen Bundesländern durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände abgefedert, übermittelt Stephan Finsterbusch als Fazit dieser Studie. Die Untersuchung handele vom "Wandel und Kontinuität des deutschen Wirtschaftsmodells" am Beispiel der Metall- und Elektroindustrie, notiert der Rezensent. Hierbei gehe es um Fragen wie diese: Wie haben sich die Tarifparteien im Prozess der deutschen Einheit verhalten? Welche ideologischen Auseinandersetzungen gab es zwischen den Vertretungen? Insbesondere Arbeitgeberverbände hätten die Fünf Neuen Länder zunächst als Testfeld für ein "neues System der industriellen Beziehungen" gesehen. Doch seit Mitte der 90er Jahre laute das Zauberwort in der Tarifpolitik "betriebliche Flexibilisierungsmuster". Insgesamt beurteilt der Rezensent diese Studie als klar gegliedert, wissenschaftlich geschrieben und spannend zu lesen.

© Perlentaucher Medien GmbH
(...) "Ein aufregendes Buch für den bewussten Zeitgenossen." (Buchreport.express 31.01.2001)

"Dem Leser, der Leserin sei diese interessante und seriöse Buch sehr empfohlen; es erwartet ihn keine einfache, aber eine ergiebige Lektüre." (Die Mitbestimmung, Nr. 3/2001)