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Adam Sladek ist der Held dieses Romans, ein erfolgreicher Dichter, wenn auch mit einem recht enigmatischen Werk. Eine Auftragsarbeit führt ihn in die Tiefen der griechischen Mythologie und der spätantiken Dichtung. Als Bezahlung verspricht sein Auftraggeber, ein schwerreicher Philanthrop, nicht nur einen Haufen Geld, sondern obendrein eine Gesamtausgabe der Sladekschen Gedichte. Und die Arbeitsbedingungen sind gut: In Luxus und Abgeschiedenheit wird Sladek während seiner Studien nur die beste ästhetische Kost vorgesetzt Filme, Fotografien, Bücher. Stutzig macht ihn die eine oder andere…mehr

Produktbeschreibung
Adam Sladek ist der Held dieses Romans, ein erfolgreicher Dichter, wenn auch mit einem recht enigmatischen Werk. Eine Auftragsarbeit führt ihn in die Tiefen der griechischen Mythologie und der spätantiken Dichtung. Als Bezahlung verspricht sein Auftraggeber, ein schwerreicher Philanthrop, nicht nur einen Haufen Geld, sondern obendrein eine Gesamtausgabe der Sladekschen Gedichte. Und die Arbeitsbedingungen sind gut: In Luxus und Abgeschiedenheit wird Sladek während seiner Studien nur die beste ästhetische Kost vorgesetzt Filme, Fotografien, Bücher. Stutzig macht ihn die eine oder andere Erscheinung. Ist die junge Jägerin, die ihm begegnet, eine Reinkarnation der berühmten waghalsigen Fliegerin Amelia Earhart (wie sie selbst zu glauben scheint) oder ein Avatar der Göttin Artemis? Der Verdacht wächst, daß hinter der Auftragsarbeit eine ganz andere Absicht steckt. Und hinter dem Auftraggeber eine Macht, die Sladek in Lebensgefahr bringt. Ein Dichter will beweisen, daß Politik, Wissenschaft, Kunst nur dann zu etwas führen, wenn sie den Vorrang der Poesie anerkennen. Sein Gegenspieler will beweisen, daß es die Poesie gar nicht gibt. Dietmar Daths neuer Roman erzählt von der Jagd auf Wörter, die traurig oder glücklich machen können. Und er geht fast gut aus.
Autorenporträt
Dietmar Dath, geboren 1970, veröffentlicht seit 1990 journalistische und literarische, satirische und essayistische Texte in in- und ausländischen Zeitungen und Zeitschriften.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.10.2009

KLEINE MEINUNGEN I

Literatur I Und dann ist da noch dieses irrwitzige Buch erschienen, dieser Gewaltroman über alles, eine Reise nach Sibirien und wieder zurück, über Kriege im Osten und Untergänge an der Wall Street, die Weltfinanzkrise, den Untergang des Dollar, ein so überbordender Roman, in einer oft auch überbordenden, beinahe delirierenden, dann wieder kühlen Sprache. Das Buch heißt "Amerikanskij Wolp", wurde von dem fünfundsiebzigjährigen Journalisten und Regisseur Manfred Iwan Grunert geschrieben (Matthes und Seitz, 29,90 Euro) und will leider viel zu viel. Er verliert sich in Verschwörungstheorien, Splatterphantasien und Kriegsbeschreibungen. Immer wieder irre zu lesen, als ganzes Buch aber doch etwas nervtötend. Zu viel gewagt. Aber über welches deutsche Gegenwartsbuch kann man das sonst noch sagen?

Über Stephan Thomes allseits gefeierten und womöglich den Deutschen Buchpreis gewinnenden Debütroman "Grenzgang" (Suhrkamp, 22,80 Euro) eher nicht. Beschaulicher Ort, beschauliche Menschen und eine mittelbeschauliche Sprache. Ganz gewiss kein schlechtes Buch. Aber auch kein sehr gutes. Im Gegensatz zum neuen Dietmar Dath ("Sämmtliche Gedichte", Suhrkamp, 22,80 Euro), der mit jedem neuen Buch großartiger wird. "Die Bequatschte gähnt so kräftig, daß man schier Lust bekommt, von ihr verschluckt zu werden." Meine Liebeserklärung der Saison.

vw

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.10.2009

Wozu taugen Dichterworte?
Ein erfrischend durchgeknallter Roman voller großartiger Weltmaschinen: Diethmar Daths „Sämmtliche Gedichte”
Dieser Dath ist ebenso albern wie monströs: eine Knallcharge, die über grüne Männchen schreibt. Ein mad scientist, der digitale Kakteen züchtet. Ein Propagandaminister in einer irren Biotech-Loge. Ein verlogener, hyänenhaft grinsender Besserwisser. Teuflische, instrumentelle Vernunft. Die Figur namens Dietmar Dath im neuen Roman von Dietmar Dath gibt sich alle Mühe, den bösen Onkel zu markieren, und damit es nicht zu Verwechslungen kommt, weisen wir deutlich auf die Differenz zwischen Figur und Autor hin. Der Autor, das ist der ehemalige FAZ-Redakteur, ehemalige Spex-Chef, der Publizist und Marxist, der seinen vierten Roman bei Suhrkamp veröffentlicht und gelegentlich des Theorie-Angebertums bezichtigt wird.
Aber der Reihe nach: Hauptfigur in „Sämmtliche Gedichte” ist der Dichter Adam Sladek, den dunkle Mächte einkaufen, um ihn einen Lyrikband mit dem Titel „Sämmtliche Gedichte” schreiben zu lassen. Dabei wird er Teil eines sprachtheoretischen und biopolitischen Experiments, in dessen Verlauf ihm gezielt bestimmte Sinneseindrücke injiziert werden. Herr über diese Versuchsanordnung ist Colin Kreuzer, ein Millionär, der sich Wissenschaftler und Intellektuelle gefügig macht, indem er sie an seinen Steuerungs- und Züchtungsphantasien beteiligt. Dath (im Roman) ist der Scherge und Ideenflüsterer dieses melancholischen Philanthropen, der intelligente Materie entwickeln will - weg vom Menschen alten Zuschnitts also. In weiteren Rollen: die Künstlerin Johanna Rauch, in die sich Sladek verliebt, die amerikanische Fliegerin Amelia Earhart (1897-1937), Science-Fiction-Autoren und badische Biker, die einen Edelswingerclub betreiben.
Die meisten Figuren stammen aus der unendlichen Geschichte, die Dath seit seinen ersten Romanen immer weiter spinnt - Johanna Rauch kennt man aus "Dirac" von 2006, Colin Kreuzer erschien 2000 in „Skye Boat Song”, einem Roman über die Flucht ins All, und wie immer zieht ein Rudel knabenhafter Jägerinnen und seltsamer Mädchen durch die Handlung. Dazu kommt der gewaltig rauschende Dathsche Namens- und Theoriestrom, der die Pharmawirtschaft, den Informationstheoretiker Claude Shannon, die Dreifaltigkeitslehre, Kybernetik, Peter Hacks, historische Texte zur Geburtenkontrolle, die unsichtbare Hand, Großkapitalisten und Genetik in den Roman einspeist.
Neu allerdings ist der massive Einsatz griechischer Mythologie und lyrischer Formexperimente, denn es geht nicht nur um einen Dichter, sondern um eine Endzeitschlacht zwischen Mythos und Vernunft. Niobe, die Kinderreiche, und Artemis, die Jägerin, haben bluttriefende Auftritte als Vertreterinnen von blinder Biologie (Niobe) und weiblicher Selbstbestimmung (Artemis). Und die „Ephesia grammata” geistern durch den Text - antike Zauberformeln und Worte der Macht, die wiederum auf die Bedeutungstheorie verweisen, die der Mäzen so gern in der Tasche hätte.
Was also können Wörter? Wozu taugen Dichterworte, wenn es darauf ankommt, die Welt zu verändern - sind sie das Messer, das die Tat erst möglich macht? So hätte es Sladek gern, aber als Versuchskaninchen im goldenen Käfig des Millionärs wird er mit Testprogrammen gefüttert, die etwas ganz anderes berechnen: den Zusammenhang von Sprach- und Evolutionstheorie. Wenn der Dichter eine Bedeutung vorauslallt, die ein Wort noch gar nicht hat, wenn geistige Prozesse auf materielle Träger verweisen, aber eben nicht nur das Gehirn denkt, dann bedeutet das: „Alles denkt, manches nur ein bisschen dümmer.”
Damit kommt man an die Grundlagenforschung zur „smarten Materie” heran, das ganz große Ding im kybernetischen Kosmos: Biomaschinen, die sich selbst rekonfigurieren, sind nur ein Anfang, denn es geht dem Autor Dath ebenso um die menschliche Materie, die sich selbst steuert. Dazu zählt die Flugpionierin Amelia Earhart, die 1937 unmetaphorisch davonflog und abstürzte. Überhaupt, Flugphantasien: In „Die Abschaffung der Arten”, Daths vorangegangenem Roman, waren es genetisch hochgerüstete Tiere, die den Weltraum besiedelten, in „Sämmtliche Gedichte” ist es eine Überfliegerin, die sich eine Maschine unterwirft und Schluss macht mit der Bodenhaftung. Literatur muss nicht auf dem Teppich der Realität bleiben. Man kann das Science Fiction nennen oder auch Schärfung des „Möglichkeitssinns”, wie der Dichter Sladek vorschlägt.
Dessen Sonette, Häschenreime und Elegien sind leider schwer zu ertragen. Seitenweise quält man sich durch Gedicht-Attrappen, die beispielsweise um biopolitische Maßnahmen herumschwurbeln: „Widerstand gegen die herrschende Klasse / Wird, wo Macht Biomacht wurde, zur Probe aufs taktische Denken / Denn Eugenik der Herren begnügt sich leider mitnichten / Schon beim Erzwingen steriler Familien in erniedrigten Ländern.” Wenn Autor und Figur beweisen wollten, dass sich Lyrik nicht in der Deklamation einer Botschaft erschöpft, dann ist ihnen das gelungen. Der ansonsten so clevere Roman schadet sich selbst mit seinem Angriff auf die Lyrik, da helfen die Hinweise auf die Verschmelzung von Poesie und Prosa (Frühromantik, Universalpoesie) und den griechischen Dichter Kallimachos (Gattungsvielfalt, Ironie) auch nicht weiter.
Trotz der Lyrik-Experimente ist „Sämmtliche Gedichte” – die Schreibung verweist auf das 18. Jahrhundert und auf Wieland, der eine besondere Rolle spielt – aber ein erfrischend durchgeknallter Roman voller großartiger Weltmaschinen. Die Zitierwut und das Theoriegefuchtel sind dem keineswegs abträglich: Die unterschiedlichsten Arten von Wissen und Kryptowissen aufzuhäufen, ist eine altehrwürdige literarische Anmaßung, und wer sagt schon, dass Lektüre nichts mit Anstrengung zu tun haben darf, wenn brauchbare Zauberformeln dabei herausspringen.
Vor allem aber ist Dietmar Dath ein politischer Autor, der das Prinzip Selbststeuerung zur Utopie im besten Sinne des Wortes macht. „Wo sich die Leute selbst regieren, kann von Regierung schließlich nicht mehr die Rede sein, nur mehr von Zielen und Mitteln, auf die man sich je und je einigt”, hatte der Marxist letztes Jahr in seinem Manifest „Maschinenwinter” geschrieben und ein Plädoyer für mehr Planung gehalten. Was dort über das Märchen von der unsichtbaren Hand des Marktes steht, übersetzt der Romanautor in eine irrwitzige Geschichte über Menschen, die sich selber steuern wollen. Ein geradezu maßgeschneidertes Buch für die Ära der galoppierenden Deregulierung, in der die Macht in unsichtbare Hände gelegt wird. JUTTA PERSON
Dietmar Dath
Sämmtliche Gedichte
Roman. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2009. 284 Seiten, 22,80 Euro.
„Alles denkt, manches nur ein bisschen dümmer”
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Fast durchweg beschränkt sich Friedmar Apel in seiner Rezension des neuen, nunmehr elften Romans von Dietmar Dath auf die Nacherzählung - oder vielleicht sollte man sagen: Nachkonstruktion des Werks. Denn eine Geschichte im schlichten Verstand gibt es hier offenbar nicht. Sondern eine Verschachtelung, die sich eiligen Schritts in den Spuren des frühromantischen Universalpoesieprojekts bewegt. Und damit den bewusst maßlosen Versuch unternimmt, was in Disziplinen und Welten getrennt ist, wieder in Verbindung zu setzen, so der Rezensent. Die Erzählanordnung ist deshalb naturgemäß kompliziert: So tritt etwa ein Autor mit Namen Dietmar Dath auf (der keine Romane mehr schreiben will), aber auch eine Figur mit Namen Adam Sladek, die die bisherigen Romane dieses Dath sehr gut kennt. Und dann gibt es da noch einen Colin Kreuzer, der mit Sladek ein Experiment unternimmt, das diesen als Dichter aus dem Geist des 18. Jahrhunderts umprogrammiert. Nicht unterschlagen werden darf, weil die Liebe, wie immer bei Dath, eine wichtige Rolle spielt, eine Malerin namens Johanna. So weit, so kompliziert. Mit seiner Meinung zum Ganzen rückt der Rezensent am Ende aber auch noch heraus: "Humorvoll" und "melancholisch" wie nie findet er Dath in diesem Roman, den er ganz offensichtlich zur Lektüre nur empfehlen kann.

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