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Hauslehrer in der Luxusvilla einer russischen Familie in Marbella - nach langen Jahren in Rußland sieht der junge Kubaner J. seine Chance gekommen, wieder in Richtung Süden zu wandern, auf der Suche nach dem verlorenen Meer. Aber wer sind die Hausherren Wassili und Nelly? Woher kommt ihr phantastisches Vermögen? Wie weit kann er der schönen Nelly trauen? Als Nelly ihm zum Lohn für die ersten Wochen einen funkelnden Diamanten in die Hand legt, keimt in J. der Verdacht, der Reichtum des Hauses könne daher rühren, daß Wassili der russischen Mafia angehört. Spricht nicht alles in diesem Haus eine…mehr

Produktbeschreibung
Hauslehrer in der Luxusvilla einer russischen Familie in Marbella - nach langen Jahren in Rußland sieht der junge Kubaner J. seine Chance gekommen, wieder in Richtung Süden zu wandern, auf der Suche nach dem verlorenen Meer. Aber wer sind die Hausherren Wassili und Nelly? Woher kommt ihr phantastisches Vermögen? Wie weit kann er der schönen Nelly trauen? Als Nelly ihm zum Lohn für die ersten Wochen einen funkelnden Diamanten in die Hand legt, keimt in J. der Verdacht, der Reichtum des Hauses könne daher rühren, daß Wassili der russischen Mafia angehört. Spricht nicht alles in diesem Haus eine doppelte Sprache? Verläßliche Antwort findet er allein in Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", für ihn "das Buch" schlechthin (eine Kristallkugel freilich, in der ihm die gesamte Literatur zu Hilfe eilt). J. begibt sich in ein Labyrinth aus Wirklichkeit und Vorstellung: Was wie ein echter Diamant funkelte, erweist sich als geniale Fälschung; die Hausherren, die er für Mafiosi hielt, entpuppen sich als Gejagte. Da hilft J. nur ein Blick in das Orakel seines Buchs und die Flucht nach vorn: Wassili muß als neuer Zar Rußlands ausgerufen werden.Rex ist der neue Roman des wohl originärsten jüngeren Schriftstellers aus Lateinamerika. Darin bricht sich die Wirklichkeit in immer neuen Bildern wie in den Facetten eines geschliffenen Diamanten.
Autorenporträt
José Manuel Prieto, 1962 in Havanna geboren, studierte Ingenieurwissenschaften in Nowosibirsk in der ehemaligen UdSSR, wo er nach dem Diplom weitere 12 Jahre lebte und die verschiedensten Berufe ausübte. Er übersetzte u.a. Werke von Anna Achmatowa, Andrej Platonow, Wladimir Majakowski, Gennadij Ajgi, Marina Zwetajewa, Joseph Brodsky, Alexander Solschenizyn und Vladimir Nabokov ins Spanische.
Mit seiner russischen Frau und seiner Tochter lebt er in Mexiko-Stadt, wo er russische Geschichte lehrt.

Prieto ist der Autor der Romane Enciclopedia de una vida en Rusia (1998, Neuausgabe 2004) und Livadia (1999). Er veröffentlichte außerdem das Reisetagebuch Treinta días en Moscú (2002) und den Erzählband El tartamudo y la rusa (2002). Sein Roman Livadia wurde bislang ins Englische, Französische, Niederländische, Italienische und Hebräische übersetzt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Ausgerechnet der postmoderne" kubanische Autor Jose Manuel Prieto nimmt sich - natürlich nicht ohne "ironisches Augenzwinkern" - des ambitionierten Projekts an, im Roman einen geschlossenen Kosmos zu schaffen, stellt Rezensent Kai Wiegandt verwundert fest. Das Ergebnis findet er jedenfalls höchst faszinierend. Zum Inhalt: Der Kubaner J., der bei einem russischen Ehepaar als Hauslehrer angestellt ist, soll die Familie aus den Fängen der russischen Mafia befreien, die der Hausherr, ein begnadeter Physiker, mit selbst geschaffenen künstlichen Diamanten betrogen hat. Er verfällt auf den Plan, seinen Arbeitgeber als russischen Zaren zu installieren um ihn unangreifbar zu machen. Sein Vorhaben baut J. auf einem literarischen Referenzsystems auf, in dessen Mittelpunkt Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" steht, erklärt der Rezensent bestrickt. Sprachlich verzichte Prieto gern auf die Verben am Ende - weiß eh jeder, was dahin kommt, glaubt der Rezensent. Diesen Mangel mache er aber mit umso erleseneren Metaphern und bedeutungsvollen Vergleiche wieder wett. Auch hier sieht Wiegandt im Bemühen um Unverwechselbarkeit und Originalität die Hinwendung zum "Ursprung des Romans aus dem Epos" in Szene gesetzt. Dass die Geschlossenheit dieses Königreichs, das J. tatsächlich erfolgreich gründet, nur mit einem Kniff zu haben ist - indem J. den physischen Tod des Königs unterbindet - wundert den Rezensenten gar nicht, habe doch schon Georg Lukac gezeigt, dass die "Repräsentation von Totalität" im Roman anders als im Epos nurmehr "als Taschenspielertrick möglich" ist.

© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.09.2008

Hochstapelei ist die Lösung
José Manuel Prietos genialischer Roman „Rex”
Romane wollen einen in sich geschlossenen Kosmos vorstellen, ohne es zu können. Das Epos konnte es noch, doch die Selbstverständlichkeit der Welt ist dahin, seit die Menschen reflektieren. Subjekt und Objekt, Außen und Innen, Erscheinung und Wesen, Sein und Sollen sind seither voneinander getrennt, und auch der Held, von dem die Literatur erzählt, stimmt mit seiner Welt nicht mehr überein. Entweder ist seine Seele schmaler als seine Welt, was ihn dazu verleitet, sich blind für Alternativen auf eine einzige Idee zu fixieren wie Don Quixote oder Schillers moralische Fundamentalisten. Oder seine Seele ist breiter als die Welt, sodass seine hochfliegenden romantischen Illusionen an ihr zerschellen. Das sind die Möglichkeiten des Romans. Georg Lukács Diagnose ist bald hundert Jahre alt, aber sie ist aktuell. Als einer von wenigen Autoren von heute versucht sich ausgerechnet der postmoderne kubanische Autor José Manuel Prieto am ehrgeizigsten und ursprünglichsten aller Romanziele, der Darstellung eines ganzen, einheitlichen Kosmos.
Und wie! Ein junger kubanischer Ich-Erzähler namens J. heuert nach Jahren in Russland in Marbella als Hauslehrer bei einer russischen Familie an, um den elfjährigen Petja zu unterrichten. Als Lehrmaterial dient ihm ein einziges Buch, Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit”, für ihn das Buch schlechthin, dessen Thema, das Geld, recht passend ist. Das Anwesen seiner Herren Wassili und Nelly ist seltsam groß und abgeschottet wie ein Schloss, in das J. eingesperrt ist, ohne doch bis zu dem Geheimnis vorzudringen, das die Bewohner in Angst zu versetzen scheint. Oder hält er einen zwingenden Beweis in Händen, als er auf der Wiese vor dem Anwesen einen Diamanten findet?
Wir brauchen einen König
Während sich in diesem schillernden Roman Banalitäten als Abgründe herausstellen, erhärtet sich nicht jeder naheliegende Verdacht. Wassili, der ungehobelte Klotz, ist ein begnadeter Physiker und hat eine Presse zur Herstellung künstlicher, doch verblüffend echt aussehender Diamanten entwickelt. Der Großteil seines Vermögens rührt von einem Verkauf von Steinen an die russische Mafia, die hinter den Schwindel gekommen ist und Wassili nun erledigen will. Nelly möchte, dass J. weitere Steine verkauft, um an Geld für die Flucht zu kommen, doch nur eines kann Wassili retten: Er muss, so die Idee von J., den verwaisten russischen Zarenthron besteigen, um unangreifbar zu werden.
Diese fixe Idee nimmt von nun an, quasi als Hauptgedankenfigur, den Kampf gegen die Mafia auf. José Manuel Prieto, der zwölf Jahre lang in Russland lebte, verbindet dabei Metafiktion und Thriller zur Herstellung eines eigenen Kosmos. Die Säulen dieses Kosmos sind große Schriftsteller, die um einen souveränen König platziert sind. Das Knowhow zur Ausführung des Bauplans hat der ungemein belesene J. wiederum von Historikern und Philosophen. Von Kantorowicz borgt er die Idee, dass Wassili zwei Körper besitzt, einen ungeschlachten, schwitzenden Leib, und einen symbolischen, der niemals sterben kann und sein Königtum begründet. Mit Wassili regiert ein Physiker eine Variante von Platons Philosophenstaat, in dem naturwissenschaftlich-literarisches Wissen das Fundament bildet, da Literatur den Monarchen anleitet. Und weil Sein ,wahrgenommen werden‘ ist – Berkeleys Satz ist dem Roman als Motto vorangestellt –, heißt König sein als König wahrgenommen zu werden. Was könnte einer solchen Wahrnehmung dienlicher sein als die Zurschaustellung unendlichen Reichtums, egal, woher dieser rührt? Und so preist J., dessen Seele schmaler ist als die Welt, weil er für die fixe Idee des Königtums lebt, und zugleich breiter, weil er von unendlichem Reichtum träumt, seinen Herrn mit erlesenen Worten als Monarchen an.
„Der Leser beendet die Sätze vor ihm”, schrieb Joyce einmal gehässig über Proust, und es ist, als wolle Prieto diesem Schicksal unbedingt entgehen. Er lässt J. seine Sätze beenden, bevor man es erwartet. Verben lässt er einfach weg – sowieso klar, wie der Satz aufhören muss, warum also das Wort noch hinschreiben. Was er an Verben einspart, fügt er an Metaphern und Vergleichen hinzu, die seinen Sätzen zu hoher Bedeutungsdichte verhelfen: Satzdiamanten, die oft selbst von Diamanten sprechen. So soll Wassili mit einem einzigartig prächtigen Diamanten vor die Augen der Schickeria von Marbella treten, „der unter den Sälen ihres Gedächtnisses einen ganzen Saal für sich einnehmen würde”, wie es in Susanne Langes makelloser Übersetzung heißt.
Der Stil steht für ein Bemühen um Originalität, die Unverwechselbarkeit genauso meint wie Ursprünglichkeit. Die Sprache hat nichts Abgeschliffenes, Konventionelles, sondern inszeniert eine Rückkehr zum Ursprung des Romans aus dem Epos; sie ist unverwechselbar wie die Werke der wenigen von J. als „echt” bezeichneten Schriftsteller, die gemeinsam einen Kosmos bilden: statt Hades, Circe, den Zyklopen, Scylla und Charybdis zeigen Dostojewski, Nabokov, Lichtenberg, Conrad und Aischylos, was die Welt ist – und Proust, der als Allumfassender in Erscheinung tritt. Jeder von ihnen heißt bei J. nur „der Schriftsteller”, als gebe es neben ihren physischen Körpern den einen symbolischen Körper des „Schriftstellers”, an dem sie alle teilhaben. Diesem Körper steht die Figur des Kommentators gegenüber, womit J. zunächst den Kommentator von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” meint, aber auch all jene epigonalen Autoren, Kritiker und Literaturwissenschaftler, die Teil an dem haben, was Heidegger Gerede nennt, und die wissen: „Alle Geschichten sind nun mal erzählt. . . Nichts bleibt mehr, nur das Kommentieren, die Jungs aus Amerika haben es begriffen.” Schriftsteller und Kommentator verhalten sich wie echte zu falschen Diamanten, wie der König zur Null, wie die Monarchie zur Demokratie.
Der Witz dabei ist, dass auch der Erzähler seine Geschichte in Gestalt von zwölf „Kommentaren” zu Proust vorbringt, also eine Unterscheidung zwischen Schriftsteller und Kommentator trifft, die von der Form der eigenen Rede unterlaufen wird. Der erklärte Traum des Erzählers widerspricht dem, handelt er doch von einem Buch, das keinen Kommentar benötigt und die Idee des Königs unmittelbar einleuchtend macht. Gefunden zu haben glaubt er sie in keinem anderen Werk als „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit”, in dem für ihn nichts fehlt als die Figur des Monarchen selbst.
Schließlich verkauft J. die falschen Diamanten. Nellys Plan geht auf. Aber auch J. sieht seinen eigenen Plan aufgehen, und mit ironischem Augenzwinkern vielleicht auch Prieto seinen. Bei Homer wurde Odysseus nicht älter auf seinen Fahrten, Romanhelden aber altern und müssen irgendwann sterben. Bis knapp vor dem Ende von „Rex” hält J. die Zeit an, indem er den physischen Tod Wassilis verhindert und sein Königtum mit unendlichem Reichtum untermauert, denn Zeit ist Geld, und wo unendlich viel Geld ist, Unendlichkeit. Die Repräsentation von Totalität im Roman war schon bei Lukács nur noch als Taschenspielertrick möglich. KAI WIEGANDT
JOSÉ MANUEL PRIETO: Rex. Roman. Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 340 Seiten, 22,80 Euro.
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