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Da ist er irgendwie hineingerutscht: Mauricio, Zahnarzt und politisch nicht sonderlich interessiert, sieht sich unversehens in der Wahlkampagne der Sozialisten engagiert. Zugleich findet sich der erotisch eher unverbindliche Junggeselle plötzlich in Beziehungen mit gleich zwei Frauen wieder. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein. Die angehende Rechtsanwältin, eine großherzige, aber nicht ganz leicht zu handhabende Skeptikerin, bedeutet Mauricio die wohlvertraute bürgerliche Welt; die andere dagegen, »die Kifferin«, fasziniert ihn mit ihrer etwas grellen Schönheit und ihrer…mehr

Produktbeschreibung
Da ist er irgendwie hineingerutscht: Mauricio, Zahnarzt und politisch nicht sonderlich interessiert, sieht sich unversehens in der Wahlkampagne der Sozialisten engagiert. Zugleich findet sich der erotisch eher unverbindliche Junggeselle plötzlich in Beziehungen mit gleich zwei Frauen wieder. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein. Die angehende Rechtsanwältin, eine großherzige, aber nicht ganz leicht zu handhabende Skeptikerin, bedeutet Mauricio die wohlvertraute bürgerliche Welt; die andere dagegen, »die Kifferin«, fasziniert ihn mit ihrer etwas grellen Schönheit und ihrer Geradlinigkeit; sie macht ihn ratlos. Und beide Frauen liebt er. Oder etwa nicht? Je mehr er Klärung schaffen will, um so fataler schlittert er in die Verwicklungen hinein. Nicht daß er keine Überzeugungen hätte, aber wie sich daran aufrichten, wenn die Welt so viel Erstaunliches, Befremdliches bereithält? Gut, daß es da Menschen gibt, die scheint's wissen, was richtig ist. Seltsame Wesen sind sie ihm
aber doch.
Autorenporträt
Peter Schwaar, geboren 1947 in Zürich, dort Gymnasium und Abitur, literatur- und musikwissenschaftliche Studien in Zürich und Berlin, Redakteur Kultur und Lokales beim Zürcher Tages-Anzeiger. Seit 1987 freier Übersetzer und Autor. Übertragungen aus dem Spanischen von Eduardo Mendoza, Carlos Ruiz Zafón, Tomás Eloy Martínez, Juan José Millás, David Trueba, Zoé Valdés, Adolfo Bioy Casares, Francisco Ayala, Javier Tomeo, Álvaro Mutis, Jorge Ibargüengoitia u.a. Lebt in Barcelona.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.02.2008

Der Ufo-Unfall war gestellt

Licht und Schatten eines Alleskönners: Der 1943 in Barcelona geborene Autor Eduardo Mendoza hat mit "Die Stadt der Wunder" einen Klassiker geschrieben. Sein neues Buch dagegen enttäuscht.

Von Jochen Schimmang

Eduardo Mendoza gehört zu den Schriftstellern, die eigentlich alles können. In "Das Geheimnis der falschen Krypta" hat er die köstliche und urkomische Geschichte eines jugendlichen Gangsters erzählt und in "Das Jahr der Sintflut" die sehr anrührende und gar nicht komische einer Nonne, die sich verliebt, beides gleichermaßen brillant und virtuos. Virtuosität gerät leicht in den Verdacht, nicht ernsthaft zu sein. Nun ist Mendoza zwar ein Autor mit einer großen Begabung fürs Grelle. Das aber ist nur der kräftige Farbauftrag, der die grundsätzliche tragische Auffassung des Lebens übertüncht. Darin gleicht er seinem Landsmann Pedro Almodóvar.

Nirgends wird das deutlicher als in seinem opus magnum, "Die Stadt der Wunder", das Suhrkamp dankenswerterweise gerade in einer Neuausgabe herausgebracht hat. Denn "Die Stadt der Wunder" ist auch ein Buch der Wunder. Es ist eine Geschichte Barcelonas, eine Geschichte der Moderne von 1888 bis 1929, eine spanische und europäische Geschichte des gleichen Zeitraums, eine Geschichte des Kapitalismus, eine Parabel über das Verhältnis von Stadt und Land und der Roman vom Aufstieg und Fall (oder eher vom Verschwinden) des armen Jungen vom Land, der schließlich der reichste Mann Spaniens wird: ein Al Capone von europäischem Zuschnitt und deshalb auch mit entsprechender mythologischer Tiefe. Es versteht sich, dass Mendozas Buch dies alles zugleich ist: und noch viel mehr, denn schließlich handelt es auch vom Verrat und von der Liebe, von der Melancholie der Macht und des Erfolgs, vom Lebensüberdruss und der Vergeblichkeit.

Onofre Bouvila heißt der Junge aus der Provinz, der 1887 als Dreizehnjähriger nach Barcelona kommt, dort zuerst für Geld auf dem Gelände der kommenden Weltausstellung anarchistische Pamphlete verteilt und dann, schon als Kleinkapitalist, ein Haarwuchsmittel verkauft. Damit beginnt sein unaufhaltsamer Aufstieg zum Geschäftsmann, der eines Tages Politiker finanzieren wird. Mit der Weltausstellung 1888 beginnt der Roman, mit derjenigen von 1929, ebenfalls in Barcelona, endet er: vom Aufbruch in die Moderne (die Elektrizität, das frühe Kino, die ersten Automobile und Flugmaschinen sind durchaus Protagonisten) bis zum Vorabend der Weltwirtschaftskrise führt er.

Als der Schwarze Freitag in New York kommt, ist aber Onofre Bouvila schon zusammen mit seiner Geliebten in einem neuartigen Flugobjekt, gewissermaßen einem Ufo, ins Meer gestürzt. Da man aber nirgends Spuren findet, entsteht auch das Gerücht, "dass nämlich Onofre Bouvila in Wirklichkeit gar nicht gestorben und der Unfall nur simuliert worden sei und dass er jetzt komfortabel eingerichtet an irgendeinem abgelegenen Ort in Gesellschaft María Belltalls lebe, an deren Seite er endlich die wahre Liebe gefunden habe und mit deren Verehrung er sämtliche Tages- und Nachtstunden verbringe". Es bleibt natürlich dem Leser überlassen, sich dieser Version anzuschließen, nach welcher der Held durch die Liebe von seiner Schuld und von seiner Melancholie erlöst wäre. Lesen aber muss man diesen Roman, der unbedingt zum Kanon gehört und der bei all seinen Einfällen und seinem Variantenreichtum nie "aus der Form" gerät.

Der Zahnarzt springt im Dreieck.

Da zahlt es sich eben aus, dass Eduardo Mendoza alles kann. Allerdings kann er auch richtig langweilig schreiben, als sei er von allen guten Geistern verlassen. Das hätte man ihm bisher nicht zugetraut. Mit seinem Roman "Mauricios Wahl" hat er aber den Beweis dafür angetreten. Ein junger Zahnarzt in Barcelona lässt sich in den achtziger Jahren als Kandidat vor den Karren der Sozialisten spannen und hat gleichzeitig eine Beziehung zu zwei Frauen: zu einer jungen Rechtsanwältin und zu einer ehemals Drogenabhängigen, die er auf einer Wahlkampfveranstaltung kennenlernt und die am Ende des Romans an Aids sterben wird. Es geht außerdem um Barcelonas Bewerbung um die Olympischen Spiele 1992, um die Putschversuche und den langen Schatten der Franco-Diktatur, um die jungen Aufsteiger und das neue Establishment, um das Verhältnis der Geschlechter und überhaupt um vieles mehr.

Während in "Die Stadt der Wunder" das Disparate auf eine sehr souveräne Art miteinander verschlungen war, erzählt Mendoza in "Mauricios Wahl" wahllos alles, was ihm zu den achtziger Jahren in Barcelona und in Spanien einfällt. Die Personen des Romans sind nicht uninteressant; es sind Aufund Absteiger in der Zeit der ersten Ernüchterung nach dem Tod Francos, soziale Charaktere, ohne zu Klischees zu gerinnen. Es gelingt Mendoza sogar, einen Zahnarzt als Romanhelden interessant und sympathisch zu machen. Aber die Erzählung selbst bleibt merkwürdig lustlos. Sie verläuft streng linear, und wenn es schließlich an einer Stelle heißt: "Das war eines der schlechtesten Jahre seines Lebens", dann fragt man sich verzweifelt, welches Jahr denn nun gemeint ist, weil der träge Erzählfluss schon längst alles Gefühl für das Maß der erzählten Zeit unterspült hat.

Von dieser Lustlosigkeit lässt sich sogar der gute Übersetzer Peter Schwaar hier und da anstecken. Es bleibt zu bezweifeln, ob man sich mit jemandem "in Kontakt setzen" kann. "Obwohl seit der Zeit ihrer Schulkameradschaft viel Zeit vergangen war . . ." ist keine sehr elegante Formulierung. Wenn einer Person etwas geschieht, was sie nicht erwartet hat, dann geschieht das nicht "entgegen jeder Vorhersage", sondern "entgegen jeder Erwartung". Einen "Toast auf die Frischvermählten" kann man nicht "ausgeben" (man kann ihnen wohl einen ausgeben), sondern nur aussprechen.

Es gibt natürlich auch in diesem Roman hübsch erzählte Details, die Mendozas Sinn für das Komische ebenso wie für das Tragische zeigen. Nur sind sie selten und in einer zu großen Textmasse versteckt, die sich als Roman ausgibt. Um sie aufzuspüren, sollte niemand gezwungen werden, das ganze Buch zu lesen. Wer deshalb das Geld für zwei Bücher von Mendoza hat, der sollte zweimal "Die Stadt der Wunder" kaufen: einmal für sich und das andere Mal, um es zu verschenken.

- Eduardo Mendoza: "Die Stadt der Wunder". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Peter Schwaar. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 503 S., geb., 9,90 [Euro].

- Eduardo Mendoza: "Mauricios Wahl". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Peter Schwaar. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 383 S., geb., 19,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007

Lehren eines halbherzigen Zahnarztes
„Mauricios Wahl”, der neue Roman des katalanischen Erfolgsautors Eduardo Mendoza, hält nicht, was sein wundersames Barcelona-Epos versprach
Katalonien? Man weiß ja, wie das mit den Gastländern auf der Buchmesse ist. Vor ungefähr zwei Jahren muss ein Kampfruf durch Katalonien geschallt sein. Katalanen, schreibt und veröffentlicht, die Frankfurter Buchmesse kommt, und wir sind Schwerpunkt! Her mit den katalanischen Romanen! Am besten auf Katalanisch, wegen der Übersetzungsförderung, aber auch auf Spanisch, egal, Hauptsache, der Verfasser ist Katalane und das Buch spielt irgendwo in Katalonien! Die deutschen Verlage haben jedenfalls eingekauft, was das Zeug hält und alle einen Quotenkatalanen ins Programm gehievt. Dass darunter etliche nur halb gelungene Werke sind, spielt keine Rolle.
„Mauricios Wahl” heißt der neue Roman von Eduardo Mendoza. Der ist ein bekannter Mann, Verfasser des berühmt gewordenen pikaresken Barcelona-Romans „Die Stadt der Wunder” (1986) über den Aufstieg des naseweisen Onofre Bouvila, der zu Beginn seiner Karriere kurz vor der Weltausstellung 1888 kaum lesen kann und dann zu einem glamourösen Waffenschieber und Filmproduzenten avanciert.
Erzählerisch verschlungen und mit phantastischen Elementen durchsetzt, prägte Mendoza eine neue Form des historischen Romans. Schon mit seinem Erstling hatte der Schriftsteller, der zwischen 1973 und 1979 als Übersetzer der UNO in New York arbeitete und ausgebildeter Jurist ist, eine Wegmarke gesetzt. „Die Wahrheit über den Fall Savolta”, 1975 einen Monat vor Francos Tod erschienen, gilt mit seiner gezielten Entmystifizierung der Vergangenheit bis heute als literarischer Auftakt der transicion. In seinem jüngsten Erzeugnis hat der mittlerweile 64jährige Erfolgsautor außer einem schläfrigen Realismus allerdings nicht viel zu bieten.
Der Hintergrund von „Mauricios Wahl” sind die frühen 80er Jahre. Der Beitritt Spaniens zur Europäischen Union steht noch bevor, Barcelonas Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele ist im Schwange. Der Roman endet mit dem Triumph des Zuschlags. Bei Mendozas Protagonisten herrscht allerdings keine Aufbruchsstimmung, im Gegenteil, sie sind resigniert und innerlich erstarrt. Der Schwung des Neuanfangs nach dem Ende der Diktatur hat sich verläppert, Vetternwirtschaft und ein kruder Materialismus bestimmen den Alltag.
Mauricio Greis, der Titelheld, ist Zahnarzt von Beruf und führt ein eintöniges Leben. Sein Schulfreund Fontàn macht ihn mit der Juristin Clotilde bekannt, mit der Mauricio eine halbherzige Liebschaft beginnt. Gleichzeitig überzeugen ihn zwei Bekannte, sich für die örtliche Liste der sozialistischen Partei aufstellen zu lassen. Mehr aus einer Laune heraus lässt sich Mauricio auf das Spiel ein: zu seinem eigenen Erstaunen gewinnt er Gefallen an den Niederungen der Politik und tingelt von Veranstaltung zu Veranstaltung. An einem dieser Abende kreuzt eine junge Frau namens Porritos seine Wege, Ex-Junkie und Freizeitsängerin, die sich haltlos in Mauricio verliebt. Die Wahl geht den Bach runter, die Beziehung zu Clotilde bleibt zäh, und nach einer Weile beginnt Mauricio ein Verhältnis mit Porritos. Achtung, der erste Knoten ist geschürzt.
Parallel zu Mauricios Geschicken rollt eine knöcherne Erzählerstimme Clotildes Alltag auf: trotz ihrer Begabung hat es die selbstverständlich sehr hübsche Juristin schwer auf dem Arbeitsmarkt und muss sich mit einem miesen Gehalt bei einem so berühmten wie zwielichtigen Anwalt begnügen. Als besonderen Clou – Knoten Nummer zwei – hat Mendoza dem Vorstadtmädchen Porrito eine Aidserkrankung auf den Leib geschrieben. O Schreck, sollte sich Mauricio etwa angesteckt haben? Und möglicherweise auch noch Clotilde?
Der Roman wirkt merkwürdig unausgegoren. Handgeschnitzte Dialoge, spröde Beschreibungen. Ebenso fade wie die Erzählweise sind die Protagonisten: müde schleppt sich ihre Unzufriedenheit dahin. Eher unmotiviert kommen weitere Figuren und Nebenhandlungen ins Spiel, etwa eine lesbische Episode zwischen der ewig missgelaunten Clotilde und Fontàns Verlobter und eine unglückliche Verbindung von Mauricios Schwester. Zu allem Überfluss sprechen die Beteiligten so, als stünden sie auf einer schlecht beleuchteten Vorstadt-Theaterbühne: „Daher der Nato-Beitritt, eine Notwendigkeit, der wir nachgekommen sind, was sich jetzt aber rächt. Auch innenpolitisch sieht es nicht schlecht aus. Zwei ziemlich üble Putschversuche haben ein mehr oder weniger lächerliches Ende genommen, ja sogar einige Positionen geklärt, insbesondere des Königs. Im Moment haben solch obsolete Aufstände keine Chance – die Bürger sind mit einem blauen Augen davon gekommen und immun gegen das Virus der Sehnsucht”.
So geht das dann knapp zwei Seiten weiter. Auch die seit der Antike bewährte Dreieckskonstellation kann die Sache nicht mehr reißen. Nix da mit rachsüchtigen Furien oder finalen Liebesschwüren am Krankenbett, nur ein jämmerlicher Aidstod. Die Schicksale der Figuren sind papieren, man sehnt sich nach brisanten Verwicklungen oder gesellschaftspolitischem Furor. Irgend etwas. Ganz am Ende trifft Mauricio dann seine Wahl und entscheidet sich – welch eine Überraschung! –für Clotilde. Also liegt die Erlösung doch im Privaten und nicht im Politischen. Warum man dafür 385 Seiten lesen muss, bleibt unklar. Ach so, Katalonien ist Buchmessenschwerpunkt. MAIKE ALBATH
Eduardo Mendoza
Mauricios Wahl
Roman. Aus dem Spanischen von Peter Schwaar. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 383 Seiten, 19,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fast jeder deutsche Verlag hat zur Buchmesse einen "Quotenkatalanen" ins Programm gehievt, seufzt Maike Albath. Dass das plötzliche Interesse viel Mittelmäßiges nach oben gespült hat, daran lässt sie ebensowenig einen Zweifel wie daran, dass Eduardo Mendozas neuer Roman in diese Kategorie fällt. Spanien in den frühen achtziger Jahren: Ein Zahnarzt will in die Politik, beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Frau und entschließt sich am Schluss für seine Gattin. "Warum man dafür 385 Seiten lesen muss, bleibt unklar", entfährt es der am Ende ihrer Rezension schon recht ungehaltenen Rezensentin. Mendozas vergangene Verdienste in allen Ehren, diesmal habe er außer einem "schläfrigen Realismus" nichts im Angebot, was die Lektüre lohnen würde. Nichts gefällt Albath, weder die kruden Dialoge noch die trockene Erzählstimme oder die steifen Beschreibungen. Arthritis, lautet die finale Diagnose Albaths, die sich immer heftiger nach Bewegung, Skandal, Dynamik sehnt. Nach "irgend etwas". Vergebens.

© Perlentaucher Medien GmbH