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Nach dem Roman Die Habenichtse, für den sie den Deutschen Buchpreis erhielt, legt Katharina Hacker nun Überlandleitung vor: Prosagedichte, die die Zwischenräume und -zeiten zwischen Imagination und Realität betreten, sprachliches Neuland erschließen, »während die Landschaft sich unter dem täglichen Blick abnutzt«.

Produktbeschreibung
Nach dem Roman Die Habenichtse, für den sie den Deutschen Buchpreis erhielt, legt Katharina Hacker nun Überlandleitung vor: Prosagedichte, die die Zwischenräume und -zeiten zwischen Imagination und Realität betreten, sprachliches Neuland erschließen, »während die Landschaft sich unter dem täglichen Blick abnutzt«.
Autorenporträt
Katharina Hacker, wurde 1967 in Frankfurt am Main geboren und wuchs auch dort auf. In Freiburg und Jerusalem studierte sie Philosophie, Geschichte und Judaistik. Sie arbeitete mehrere Jahre in Israel und lebt seit 1996 als Autorin in Berlin. Ihr Roman Die Habenichtse wurde 2006 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.11.2007

So stirbt der Mensch
Katharina Hackers Prosagedichte suchen nach Einfachheit
Das größte Lob für literarische Prosa lautet: Dieser Text hat seinen ganz eigenen Rhythmus. Doch welcher Schriftsteller vermag sich die Sprache seines Romans über hunderte von Seiten schon derart gefügig zu machen? Die Dichter haben es da einfacher, sie brauchen lediglich ein paar Versen Musikalität zu verleihen, nicht endlosen Perioden. Außerdem fallen Auslassungen, Brüche, fällt das Schweigen in den Bereich der Lyrik. Das Gedicht soll zwar eine Art Sprach-Konzentrat sein, aber wie viel Konzentration gehört dazu, ein ganzes Romangebilde aus Sprache zu formen?
Katharina Hacker, die erfolgreiche Autorin des Romans „Die Habenichtse”, geht in „Überlandleitung” nun einen zumindest überraschenden Weg. „Prosagedichte” nennt sie die Texte ihres neuen Bandes, und was häufig als Verlegenheitsetikett dient, hat hier durchaus seinen Sinn. Hacker stellt sich weder den Anforderungen der einen noch der anderen Gattung. Sie unterläuft die Erwartungen an Prosa und Gedicht gleichermaßen – und fährt nicht schlecht damit.
Zwar geraten auch ihre Prosagedichte, was unausweichlich ist, zuweilen in rhythmische Bewegung, zwar handeln auch sie mitunter von Stille und Unsagbarem, aber doch eher wie aus Versehen. Am stärksten nämlich sind sie dort, wo sie völlig lapidar bleiben, Notizen, Etüden, Aphorismen gleich: „mit jedem Tag wird die Einsamkeit größer/ unter den Menschen deren Fußtritte nichts/ abbilden als ihre eigene Größe”.
Zwei Zyklen bestimmen Hackers kleines Buch. Journalartig sind die einzelnen Teile mit Monatsnamen, bzw. durchnummerierten Tagen überschrieben. Naturbeobachtungen herrschen vor, der leise Ton. Diese Texte nehmen hin. Sie sind nicht auf eine etwaige Zukunft gerichtet, sondern verharren ganz im Moment. Ohne viel zu sagen, verschweigen sie nichts. Es ist eine Literatur der Geheimnislosigkeit, die Hacker hier präsentiert: „die Überlandleitung quert Äcker und Wege/ aufgesprungen liegt das Land/ – Eisreste und Pfützen und faulendes Holz –/ und spärlich nur Stimmen miteinander/ wie Hand in Hand”.
Nebensächlich wie das Sammeln
Eine dritte Abteilung schließt sich an, und hier finden sich die schwächsten Texte des Bandes. Ihre Unentschiedenheit macht sich schon rein äußerlich bemerkbar: Mal sind die einzelnen Prosagedichte konsequent klein geschrieben, andere dann wieder in herkömmlicher Schreibweise. Ja, der Eindruck entsteht, dass Hacker hier mehr, dass sie „Kunst” will, zumindest keine Prosagedichte im oben beschriebenen Sinn, sondern wirklich Lyrik, Gedichte womöglich, die so etwas wie einen tieferen „Sinn” haben. Hier scheitert die Autorin – notwendigerweise, möchte man sagen.
Dass sie in den vorangegangenen Zyklen hingegen schon eine Meisterschaft in Sachen Schlichtheit und Entschlackung erreicht hätte, wäre auch zuviel gesagt. Aber es gibt doch Stellen, die in ihrer Unverstelltheit berühren. Und wie es sich für Zyklen gehört, sprechen die ersten beiden Abteilungen von „Überlandleitung” vom Werden und Vergehen, von der ewigen Wiederkehr. Ein Tod fällt da nicht besonders auf, erscheint so nebensächlich wie eine öde Sammeltätigkeit: „etwas später wird Frau an einer Türe klingeln, die ihr keiner öffnet, und sich daran erinnern, wie ihre Großmutter Spitzen sammelte, sorgfältig aufbewahrte/ in einer Truhe, später Schnaps trank, das Husten anfing,/ hustete und endlich starb.” So endet etwas, so könnte auch etwas beginnen.TOBIAS LEHMKUHL
KATHARINA HACKER: Überlandleitung. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 113 Seiten, 12,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die häufig als Verlegenheitsetikett gebrauchte Gattungsbezeichnung "Prosagedichte" verwendet Katharina Hacker in ihrem neuen Prosaband durchaus zu Recht und entzieht sich damit geschickt den eindeutigen Anforderungen von Prosa oder Lyrik, meint Tobias Lehmkuhl anerkennend. Die ersten beiden Abteilungen der Texte überzeugen ihn dann auch durch ihre Schlichtheit und ihre auf den einzelnen Moment gerichtete Aufmerksamkeit. Hier findet er viele Beobachtungen der Natur und es dominiert ein "leiser Ton", wie er feststellt. Der dritte Teil dagegen erscheint dem Rezensenten zu unentschlossen, nicht nur in der Groß- oder Kleinschreibung, und hier vermutet er, die Autorin strebe gar nach "richtigen" Gedichten mit einem "tieferen 'Sinn'". Dass das schief geht, wundert Lehmkuhl nicht und er hält sich deshalb lieber an die Texte, die ihn durch ihre schlichte Einfachheit bewegt haben, wie er lobt.

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