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Dekonspiratione erzählt eine kleine Geschichte des Schreibens. Wie kommt man dazu? Warum macht man das? Was wird dadurch aus einem? Und wie lebt es sich schließlich in dieser Welt der Schreiber und der Schrift? Ein Tagbuch, ein Buch über die Arbeitsseite des Lebens. Es spielt in Universitätsseminaren und Redaktionen, in Interaktionen, allein am Schreibtisch und im Gespräch. Recht überschaubar: das Personal. Die Konstellation: eine Liebe, kaputt. Handlung deutet sich an. Reflexionen übernehmen. Fünf Tage, beginnend im Mai, fünf Monate des Jahres 1999. 1. Fremde. Katharina fährt nach einem…mehr

Produktbeschreibung
Dekonspiratione erzählt eine kleine Geschichte des Schreibens. Wie kommt man dazu? Warum macht man das? Was wird dadurch aus einem? Und wie lebt es sich schließlich in dieser Welt der Schreiber und der Schrift?
Ein Tagbuch, ein Buch über die Arbeitsseite des Lebens. Es spielt in Universitätsseminaren und Redaktionen, in Interaktionen, allein am Schreibtisch und im Gespräch.
Recht überschaubar: das Personal. Die Konstellation: eine Liebe, kaputt. Handlung deutet sich an. Reflexionen übernehmen. Fünf Tage, beginnend im Mai, fünf Monate des Jahres 1999.
1. Fremde. Katharina fährt nach einem Streit mit ihrem Freund nach München.
2.. Das Böse Buch. Benjamin fliegt zur Besprechung der Kultur-Talk-Sendung »Nothing Special« nach Köln.
3. Die Aufgabe der Schrift. Mittwoch, der große Abend. Bei Bosse und Lackmann wird der neue Roman von Jürgen Kaube, »Die Gesellschaft des Herzens«, vorgestellt und gefeiert.
4. Krise. Ich habe Christian telefonisch abgesagt.
5. De Dekonspiratione. Max und ich sitzen im Taxi und reden über die neue Platte, das Video und unsere Lesung später.
Dekonspiratione ist ein Buch über Ambition, Kritik, Karriere, Scheitern und Verrat, über Momente von Integrität, über Text am öffentlichen Ort.
Mit Dekonspiratione wird das Buch Heute Morgen, eine fünfbändige Geschichte der Gegenwart, abgeschlossen.
Autorenporträt
Rainald Goetz, geboren 1954, studierte Medizin und Geschichte, lebt in Berlin. Autor der Bücher Irre, Krieg, Kontrolliert, Festung und Heute Morgen. Zum Abschluss des Buchs Schlucht erscheint im Frühjahr 2024 das Buch Lapidarium mit den drei Theaterstücken Reich des Todes, Baracke und Lapidarium; gleichzeitig kommt in der edition suhrkamp der Band wrong heraus, eine Sammlung von Reden und Aufsätzen aus der Zeit der Arbeit am Buch Schlucht.

Schlucht, Versuch der Erkundung der Dunkelzeit der Nullerjahre. Klage, Tagebuchessay; loslabern, Bericht; Johann Holtrop, Abriss der Gesellschaft, Roman; elfter september 2010, Bilder eines Jahrzehnts; Lapidarium, Stücke; wrong, Textaktionen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.04.2000

Ich-Mail für dich
Rainald Goetz schreibt wieder kein Buch
Auf Seite 94 seines Buches hält es Rainald Goetz nicht mehr und er winkt aus seiner Erzählung heraus. Wär’s Fernsehen, so fuchtelte er vielleicht hinter dem Rücken eines abgefilmten Reporters hervor, machte Faxen und grüßte die Lieben daheim. Im Buch schickt er sich und den Seinen eine E-Mail. „Er schaut auf den Bildschirm. Dort hat er eine Mail aus Wien, von mir. Er klickt sie an und schaut drauf. Burenwurst / Käsekrainer / Spezialbiere // Erotik in der Kunst / Griechenlands // herzlich wie immer dein R. ”
Nichts ist das nicht, sondern romantische Ironie, Brentano. Winkt er nur freundlich oder braucht er Hilfe? Goetz hat eine Erzählung aus unseren Kreisen angefangen, Journalismus, neue Medien, dazu die Bunte- und die Prominenz der Love Parade. Gleichzeitig soll Dekonspiratione eine Liebesgeschichte sein. An manchen Stellen ist sie sogar noch mehr, streift gelegentlich so nah an den Kitsch, wie es nur Literatur kann: „Die Wellen, ein Boot und der Steg, es riecht gut, nach Holz und Hochsommersonne, nach dem matt geschwappten Geschmatze des Sees hier beim Schilf und den Steinen. ” Da kommt die Romantik ohne Ironie aus, verbessert sich der Schriftsteller zum Landschafter.
Mit der Liebe wird es erwartungsgemäß nichts, die scholastische Tiefenstrukturanalyse ausgerechnet der Harald-Schmidt-Show eiert ins ungewollt Komische. Goetz atomisiert seinen Text, zerfasert ihn, was er noch immer am besten konnte, in Tagebuchnotizen und schlecht gelaunte Beobachtungen. Diesmal hat er die größte aller Begründungen dafür: „Doch diese Geschichte war ein Opfer der neuen Zeit und der in mir von ihr verursachten Verwirrung geworden. ” Der Krieg kommt dazwischen, der Kosovo-Feldzug verhagelt ihm die Erzählung wie die gute Laune, der er mit Merkwürdigkeiten wie den „Folterkellern des Realitätsprinzips” auch nicht mehr aushilft. Sacht geht es davon: „Abschied, Aufbruch. Es bleiben auch noch welche da. Das Licht im Kiesweg leuchtet hell. Die Blumen nicken, und ein Wind geht übers Gras. ” Folgt das übliche Gedröhne vom Nachtleben, von Alkohol und Tempo. Der Autor schickt keine E-Mail mehr, er ist die ganze Zeit selber da, und das macht ihn und sein Buch auf Dauer schwer erträglich.
Dennoch ist dieser Einbruch der Wirklichkeit in dem Dampfgeplaudere, das saisonal als neues Fräulein- oder Herrlein-Wunder neuester deutscher Literatur verkauft wird, das eigentliche Wunder. Luhmann hin und Habermas her, Goetz überschätzt sich wahrscheinlich als Metaphysiker und traut sich zu wenig Dichten. Zum Buch langt es dann wieder nicht. Ein Buch ist allenfalls materiell draus geworden. Aber es liegt gut in der Hand und wird als Accessoire stilbewusster junger Frauen den Weg gewiss ins Prada-Viereck finden.
Dekonspiratione gehört, wie das wittgensteinisch untergruppierte Veröffentlichungsmuster belegt, in einen Werkszyklus, der Heute morgen heißt oder vielmehr nach Harald Schmidt Heute morgen, um 4 Uhr 11, als ich von den Wiesen zurückkam, wo ich den Tau aufgelesen habe, aber hilft das dem überforderten Leser? Kein E-Mail ist zur Stelle, dem handschmeichlerischen Büchkein nur ein Prospekt mit enzensbergerlanger Veröffentlichungsliste beigelegt, aus der der Autor hinweg und durch New York stapft. Aber ist es wirklich möglich, dass sich heute noch jemand in New York fotografieren lässt? Schon klar, New York ist Uwe Johnson und die Jahrestage, es geht um sekundengenaues Protokollieren von dem, was ist, um verschwörungstheoretische Kontrolle von allem und jedem, aber Heute morgen ist bei aller unersättlichen Realitätenvertilgung nicht Johnsons geduldige Chronik. Der hatte nicht bloß mitgeschrieben, nicht nur protokolliert, sondern Gesine Cresspahl erfunden.
Bleibt einem also nichts, als Rainald Goetz weiter zu beobachten, seine Bücher auf die Stellen zu durchsuchen, wo er die Kontrolle verliert und nur noch malt. Abschied, Aufbruch, und ein Wind geht über die Seiten.
WILLI WINKLER
RAINALD GOETZ: Dekonspiratione. Erzählung. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2000. 208 Seiten, 36 Mark.
Rainald Goetz
Foto: Susanne Messmer
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2000

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung
Wie man Banalitäten beschreibt: Rainald Goetz verließ erst heute Morgen die Party / Von Eberhard Rathgeb

Lange, lange ist es her, da mussten die Kritiker des Kapitalismus früh aufstehen. Wie sonst hätten sie dementieren können, dass die Welt, wie der Volksmund versicherte, auch um sieben Uhr morgens in Ordnung sei. Der Philosoph Theodor W. Adorno gehörte zu den Frühaufstehern, denen kein Verblendungszusammenhang ein X für ein U vormachen konnte. Schon die morgendliche Zeitungslektüre musste den frühstückseiköpfenden Kritikern allen Anlass gegeben haben, sich die Augen hellwach zu reiben, damit zumindest sie durch den Schleier des kapitalistischen Tanzes um das Geld zu sehen in der Lage wären. Um sieben Uhr in der Früh hatten einige schon den gewaltigen Durchblick, der sich im Laufe des Tages zu Einsichten verdicken konnte, mit denen sich Theorien über den Verblendungszusammenhang, seine Vergangenheit und seine Zukunft bestreiten ließen. Nur eines konnte man offenbar nicht aufschreiben: wie der Verblendungszusammenhang morgens um sieben den Kritiker beim Frühstück erwischte.

Nach den lauten Kritikern kamen die stillen Beobachter des Kapitalismus. Sie konnten eine Runde länger schlafen, denn ein System blieb nun mal ein System und sollte ihrer Ansicht nach ein System auch weiterhin bleiben. Dem Beobachter ging es moralisch einfach nicht besser, wenn er eine Stunde früher zur Systembeobachtung aufstand. Man sprach nicht mehr von Verblendung, sondern von Medien, die in jede Bewusstseinsritze einsickerten und sogar das Ich, wie es leibt und lebt, überschwemmten. Schon morgens um sieben liefen die Medien auf Hochtouren, weshalb die agilen Medienbeobachter sich aus dem Bett schwangen, zum Frühstückstisch eilten und ganz Auge und Ohr waren, wie die Medien sie dort überrumpelten. Man schlug die Zeitung auf, schaltete das Radio an, zappte durch die Fernsehkanäle, surfte durch das Internet. Und das alles geschah "heute Morgen". In dieser neuen Zeit der Systeme trat dann auch der Medienbeauftragte der deutschsprachigen Literatur, der Schriftsteller Rainald Goetz, auf den Plan.

Seine Erzählung "Dekonspiratione" beschließt ein Projekt, das einen Vorabendserientitel trägt: "Heute Morgen". Es gehören dazu noch die Erzählung "Rave", das Stück "Jeff Koons", "Celebration. Texte und Bilder zur Nacht" sowie "Abfall für alle. Roman eines Jahres". Rainald Goetz ist ein Schriftsteller, der weiß, wo seine Schwächen und wo seine Stärken liegen. Es fehle ihm an "Leben", erklärt er in "Dekonspiratione", und man möchte ihm, wenn man sich "Heute Morgen" anschaut, nicht vehement widersprechen. Rainald Goetz wäre aber nicht er selbst, wenn er darin nun eine wirkliche Schwäche ausmachen würde. Denn das "Leben" ist ihm keine notwendige Bedingung für das Schreiben, weshalb er aus dem engen Kreis seiner Bekannten und seiner Erfahrungen mit beiden Händen auch die unerheblichsten Geschichten schöpft.

Dem "Leben" traut er sowieso nicht, weil er an eine "Wahrheit" des Lebens nicht glaubt. Wie denn auch, meint er doch, dass ein Leben die Erfahrung von Wirklichkeiten ist, die durch Medien definiert werden. Nichts liegt ihm daher so auf dem Herzen, als einmal einen "Medien-Roman" zu schreiben, der nicht nur ein Roman über Medienleute und die Medienbranche, Klatsch und Tratsch wäre, sondern über die Wirklichkeit der Medien und ein Leben durch die Medien.

Als seine Stärke rechnet Rainald Goetz sich das "Denken" an, und man wird ihm hier zustimmen dürfen, gibt es doch keinen zweiten deutschsprachigen Autor, der einem antiromantischen Ideal, dass "Poesie: ein Gedanke" sei, so ausdauernd huldigt wie er. Das hat zur Folge, dass Goetz dem sentimentalischen und dem naiven Erzählen, das den Figuren eine Geschichte, eine Vergangenheit und eine Zukunft gibt, nicht über den Weg traut und sogar, wie in der Erzählung "Dekonspiratione" exemplarisch vorgeführt, die Ansätze einer Erzählung über eine junge Frau durch eigene Reflexionen zersetzt. In seinen Büchern wird man nichts finden, was auch nur von ferne nach Lebensweisheit und Seelenkunde aussieht.

Rainald Goetz denkt gerne mit dem Soziologen und Erfinder aller Systeme, mit Niklas Luhmann, und wenn er erzählt, dann eben auch systemkongenial, weshalb er seinen Figuren keine zeitliche, keine charakterliche Schärfe und Gemütstiefe gibt, weder ein "Leben" noch eine "Aussage" fern eines unmittelbaren Kontextes. Wen man in "Dekonspiratione" auch treffen mag, es reicht einem schon oft, wenn man den Vornamen weiß. Als Erzähler ist Goetz ein agiler Medienbeobachter und insofern ein Oberflächenexperte, der sich konsequent von der romantischen Sprache der Ironie verabschiedet hat und dagegen an einer Sprache der Banalitäten bastelt. Das Banale ist der Ernst der Medien. Rainald Goetz, der Adornos Buch "Minima Moralia", die "Reflexionen aus dem beschädigten Leben", schätzt, hat den kapitalistischen Verblendungszusammenhang konsequent durch den medialen Banalitätenzusammenhang ersetzt. Wer als Schriftsteller die Wirklichkeiten der Medien ernst nimmt, der muss die Banalitäten beschreiben und ihre Genese und Wirkung reflektieren. Daraus könnten vielleicht einmal Goetzsche "Maxima Media. Reflexionen aus dem vorgelebten Leben" werden. Über das Banale, das einfach aussieht, aber nicht nur einfach wirkt, kann man nicht einfach schreiben.

Die kleine Erzählung "Dekonspriatione" zeigt, warum das nicht geht. Sie besteht aus fünf Teilen. In den ersten drei Abschnitten wird eine Geschichte angedeutet, aus der die Geschichte einer jungen Frau hätte werden können, die sich in einem kleinen Ausschnitt der großen Medienwelt bewegt. Im vierten und fünften Teil taucht dann aber Rainald Goetz auf und mit ihm die Flut der Einwände, diese Erzählung fortzuführen. Die Ereignisse der unmittelbaren Gegenwart, vor allem der Krieg im Kosovo, verbieten dem Schriftsteller, einer Erzählung nachzuhängen, in der für diese unmittelbare Gegenwart kein Platz ist. Kein Platz deswegen, weil Rainald Goetz auf sie nicht mit Poesie, sondern nur mit Gedanken antworten kann. Da aber in seinem Konzept "Poesie: ein Gedanke" ist, gehören der Abbruch der Binnenerzählung in der Erzählung "Dekonspiratione" und die Fortführung der Erzählung "Dekonspiratione" zusammen. Dekonspiration, erläutert Rainald Goetz, indem er referenzerfinderisch ein Wörterbuch der Staatssicherheit hinzuzieht, bedeutet, politisch-operative Arbeitsprinzipien, Ziele und Absichten, Mittel und Einrichtungen zu enttarnen, die allesamt die Realisierung operativer Aufgaben gefährden und politischen Schaden verursachen.

Der Medienbeauftragte Rainald Goetz zeigt in groben Zügen, was ihm als "Medienroman" vorschwebt und ihm noch nicht gelingt. Nach einer Premiere habe er mit Künstlern, dem Dramaturgen und Journalisten zusammengestanden, erzählt Goetz. Und dauernd habe er dabei gewusst: "das ist mein Buch über das Schreiben, das ich hier erlebe, das sich hier abspielt, und ich selber bin mittendrin, ich bin zu nahe dran. Ich kann es nicht schreiben. Ich werde es nicht schreiben können." Erst knickt er vor der Aufgabe ein, und dann steht er wieder da, als wäre alles ein Kinderspiel: "Dass man den Roman über die Medienwelt also auch dauernd selber zusammenlesen kann, direkt aus den Medien selber heraus." Will er mehr, als er kann? Goetz deckt seine Arbeitsprinzipien auf, die allesamt die Realisierung einer traditionellen modernen Erzählung gefährden und poetologischen Schaden anrichten. Wer, meint Goetz, im emphatischen Sinne heute schreiben möchte, der darf seine Augen und Ohren nicht vor den Medien und damit vor dem Wissen verschließen, ohne das die Medien nicht beobachtet werden können. Das Wissen und die Erzählung lassen sich für Goetz nicht trennen. Der "Medienroman" wird aus dieser Einheit einmal seine Form gewinnen. "Poesie: ein Gedanke": Alle Bücher von Rainald Goetz versuchen, diesen Doppelpunkt darzustellen.

In der Erzählung "Dekonspiratione" besucht Rainald Goetz mit einem Freund abends eine Dichterlesung. Es liest Durs Grünbein. Goetz hört Grünbein zu und hört ihm wiederum nicht zu, weil er nach einer Weile dem Dichter da vorne nicht mehr folgen kann. Im Saal hat sich seinem Geschmack nach zu viel Ernst und zu wenig Spaß verbreitet, zu wenig Sinn für die Absurdität dieser Lesung. Er hätte es, wie immer, erklärt Goetz, gerne kürzer, zerfetzter, kaputter und eben auch, das kann man ergänzen, banaler. Der Tag ist mit Grünbein noch nicht zu Ende. Goetz selber muss am Abend vor einem Publikum lesen. "Es ist ein kleines feines Hauptstadtevent für die smarte, darke, dreckige Klientel der anders Kaputten, der Kreativen." Er steigt auf die Bühne, ist verwirrt, packt Bücher dieser und jener Autoren aus seiner Tasche und beginnt, daraus vorzulesen. Danach wird geredet, getrunken und geraucht. In aller Frühe macht er sich schließlich mit Alexa auf den Heimweg. Sie sagt: Schatz, und fragt, ob er betrunken sei. Und er sagt: Ja, Schatz. Kann es kürzer, zerfetzter, kaputter, banaler gehen? Endlich einmal war die Welt um sieben Uhr morgens wieder in Ordnung.

Rainald Goetz: "Dekonspiratione". Erzählung. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000. 200 S., geb. 36,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Eher ratlos ist Eberhard Rathgeb am Ende der Besprechung. Zunächst hat er den Einfall, die Goetzsche Erzählung als vorerst letzte Entwicklungsstufe der Kapitalismuskritik zu beschreiben - erst Adorno, der noch Zeitungen las, auf dass sich ihm morgendlicher Durchblick zur "Einsicht verdickte", dann schon Medien-Surfer und -Zapper Goetz, der "Medienbeauftragte der deutschen Literatur". Aber der Einfall scheint sich im Laufe seiner Analyse zur Feststellung zu verflüchtigen, dass nur, wenn`s banal hergeht, die Welt morgens um sieben noch in Ordnung ist. Dass Goetz sich den Medien und der medial hergestellten Vorstellung von Leben stellt, scheint der Rezensent immerhin gutzuheißen. Aber er klagt "Poesie" ein und kreidet dem Autor an, sein Credo `Poesie: ein Gedanke`, verhindere jede wirkliche Erzählung, weshalb auch hier die Binnenerzählung von einer jungen Frau schnell wieder abgebrochen und vom Krieg im Kosovo und Berliner Literaten-Event-Kultur überdeckt und verhindert werden muss. Goetz` Wissen über die mediale Wirklichkeit, schreibt Rathgeb, richtet "poetologischen Schaden" an; aber dann bleibt der Rezensent die Erklärung trotz vieler Worte doch schuldig, wie denn - vielleicht ganz kapitalismus-unkritisch? - der poetologisch korrekt vorgehen könnte, der sich der Banalität der Medien aussetzt.

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