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Volkswagen, Volksempfänger, Volkskühlschrank - das ehrenvolle Epitheton "Volks-" wurde im Nationalsozialismus nur auserwählten Produkten zuteil. Sie sollten den technischen Fortschritt im NS-Staat dokumentieren und dienten damit zugleich Propagandazwecken; sie waren Verheißungen einer besseren Welt, in die der Nationalsozialismus die Menschen zu führen versprach. Noch in der Nachkriegszeit dienten sie z. T. als gefährliche Chiffre für die "guten Seiten" des Nationalsozialismus.
Insgesamt waren diese "Volksprodukte" eine Verbindung von prop-agandistischem Fremd- und illusionistischem
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Produktbeschreibung
Volkswagen, Volksempfänger, Volkskühlschrank - das ehrenvolle Epitheton "Volks-" wurde im Nationalsozialismus nur auserwählten Produkten zuteil. Sie sollten den technischen Fortschritt im NS-Staat dokumentieren und dienten damit zugleich Propagandazwecken; sie waren Verheißungen einer besseren Welt, in die der Nationalsozialismus die Menschen zu führen versprach. Noch in der Nachkriegszeit dienten sie z. T. als gefährliche Chiffre für die "guten Seiten" des Nationalsozialismus.

Insgesamt waren diese "Volksprodukte" eine Verbindung von prop-agandistischem Fremd- und illusionistischem Selbstbetrug. Die Initiativen gingen vor allem von Robert Leys Deutscher Arbeitsfront sowie von Joseph Goebbels Propagandaministerium aus. Das Buch stellt die Produkte, Dienstleistungen und Initiativen in den Kontext von Politik, Ideologie und Wirtschaft. Die "Volksprodukte" besaßen eine Doppelfunktion. Sie waren Elemente der Propaganda, mit denen die Nationalsozialisten der Bevölkerung eine spätere Wohlstandsgesellschaft versprachen, um ihr den tatsächlichen Konsumverzicht zu Gunsten der Aufrüstung akzeptabel zu machen. Aber sie repräsentierten auch Planungen und Visionen einer spezifisch nationalsozialistischen Konsum- und Freizeitgesellschaft. Ihr Scheitern rührte daher, dass sich Autarkie, Aufrüstung und Expansion als vorrangige Politikziele und eine massive staatliche Konsumförderung auf der anderen Seite nicht gleichzeitig verfolgen ließen.

Der Autor:

Wolfgang König, Prof. Dr. phil., geb. 1949, hat seit 1985 die Professur für Technikgeschichte an der Technischen Universität Berlin inne.
Autorenporträt
Wolfgang König, Prof. Dr. phil., geb. 1949, hat seit 1985 die Professur für Technikgeschichte an der Technischen Universität Berlin inne.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.09.2004

Volksbutter im Volkskühlschrank
Wolfgang König zeigt die Konsumpolitik der NS-Regierung und ihre Produkte
Weil, wo ein Wille war, immer auch ein Weg zu sein hatte, erlag der Nationalsozialismus so mancher Selbsttäuschung. „Wille wirkt Wunder”, lautete eine populäre Parole der Zeit. Die Tat folgte der Idee, und wenn es um den Preis konsequenten Selbstbetrugs war.
Einen solchen Fall von durch Propaganda und Illusion genährter Fehlwahrnehmung sieht der Technikhistoriker Wolfgang König in den „Volksprodukten”. Darunter versteht er „im Rahmen der nationalsozialistischen Politik initiierte Konsumgüter, die von staatsnahen Betrieben (wie der Volkswagen) oder als Gemeinschaftserzeugnisse der Industrie (wie der Volksempfänger) produziert wurden”. Kurz: Königs Buch untersucht empirisch fundiert Produkte und Dienstleistungen, die auf Befehl des Staates zum Aufbau einer deutschen Konsumgesellschaft entstanden.
Volksempfänger und Volkswagen sind die bekanntesten, aber das Regime nahm ebenso Einfluss auf Tourismus (Seebäder) und Wohnungsbau, propagierte den „Volkskühlschrank” oder den Einheits-Fernseher. König wagt sich erstmals an eine Gesamtinterpretation dieser Form der Konsumpolitik, sichert seine Thesen mit Zahlen und Quellen ab und argumentiert klug. Aus seiner Gesamtschau werden strukturelle Schwächen und Methoden der Volksprodukt-Politik deutlich erkennbar: Hohe Subventionen sollten niedrige Verkaufspreise der Volksprodukte garantieren. Dadurch raubten sie der Industrie einen Gutteil der Käufer von teuren Markenangeboten, ohne selber gewinnversprechend zu sein. Die Kosten senkenden Effekte, die man sich von Rationalisierung und Standardisierung versprach, überschätzte das Regime bei weitem. Den eigentlichen Grund schließlich, der den einfachen Mann vom Kauf eines Volksproduktes abhielt, erkannte es zu spät: Nicht der Kaufpreis, sondern die Betriebskosten waren das größte Hindernis.
Vernunft mag König hinter dieser Politik nicht erkennen. Geblendet von den politischen Zielen, die braune Propaganda in jedes Haus zu senden, den Volkswohlstand zu erhöhen und so das deutsche Volk auf ein Lebensniveau zu hieven, das seinesgleichen suchte, trübte sich der Blick für die Realität. Gegen den Wunsch, mit Brot und Spielen Einfluss auf Einstellung und Verhalten der Deutschen zu gewinnen, hatten rationale Bedenken gegen die Volksprodukte als adäquates Mittel, dieses Ziel zu erreichen, keine Chance. Der These von einer „instrumentellen Vernunft” der nationalsozialistischen Eliten widerspricht König deshalb.
Mit fortschreitender Propagierung der Volksprodukte nahm der Erfolgsdruck auf das Regime zu. Konsumwunsch des Volkes und Konsumversprechen des Regimes forcierten sich gegenseitig. Im Hinblick auf den Volksempfänger, dem wichtigsten und einzigen Volksprodukt, das tatsächlich weite Verbreitung fand, hatten die Nationalsozialisten noch sorgfältig kalkuliert und die technische Machbarkeit geprüft, bevor sie ihn nach dem Geschmack der Propaganda im Volksmund lancierten. Nach dessen Erfolg aber wurden weitere Ideen voreilig preisgegeben. Der Volkswagen ging bis Kriegsende nicht in Serie, obwohl tausende von Sparern bereits Vorschüsse für seinen Erwerb gezahlt hatten.
Letztlich war es der Krieg, der die Konsumpolitik der Nationalsozialisten scheitern ließ. Rüstung war wichtiger als Wohlstand. Aber, das zeigt Königs durchweg plausibles und gut lesbares Buch, er bedeutete wohl nur das schnelle Ende für eine ohnehin todgeweihte Utopie.
THOMAS THIEMEYER
WOLFGANG KÖNIG: Volkswagen, Volksempfänger, Volksgemeinschaft. „Volksprodukte” im Dritten Reich: Vom Scheitern einer nationalsozialistischen Konsumgesellschaft. Schöningh Verlag, Paderborn 2004. 310 Seiten, 36 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wolfgang König argumentiert klug, befindet der Rezensent Thomas Thiemeyer, und schafft es so, ein "durchweg plausibles" und "gut lesbares" Buch über die Konsumpolitik der NS-Regierung vorzulegen, gestützt auf sorgfältigen Umgang mit Quellen und Daten. Was ist die vorherrschende Erkenntnis? Dass die Naziführer instrumentell vernünftig gewesen seien, erweist sich im Licht von Königs Studie als Mythos. Tatsächlich waren, so der Schluss Thiemeyers, die Regierenden geblendet von ihrem eigenen völkischen Herrschaftswillen. So konnten sich die von ihnen lancierten - und staatlich geförderten - Produkte nie durchsetzen - was nicht zuletzt an den unwirtschaftlichen Betriebskosten lag. Letztlich jedoch war es der Krieg, der Volksempfänger und Volkswagen, Volkskühlschrank und Volksseebad die Existenzgrundlage entzog - die Waffenproduktion ging einfach vor.

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