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Die Einweihung des Holocaust-Mahnmals in Berlin zeugt vom politischen SelbstverständnisDeutschlands, den moralischen Absturz von Auschwitz ein für allemal bewusst zu halten unddie Errungenschaften des demokratischen Rechtsstaats zu unterstreichen. In der philosophischen Deutung muss es darum gehen, aus der geschichtlichen Erfahrung eine Revision traditioneller Moralbegriffe einzuleiten.

Produktbeschreibung
Die Einweihung des Holocaust-Mahnmals in Berlin zeugt vom politischen SelbstverständnisDeutschlands, den moralischen Absturz von Auschwitz ein für allemal bewusst zu halten unddie Errungenschaften des demokratischen Rechtsstaats zu unterstreichen. In der philosophischen Deutung muss es darum gehen, aus der geschichtlichen Erfahrung eine Revision traditioneller Moralbegriffe einzuleiten.
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Autorenporträt
Zimmermann, Rolf
Rolf Zimmermann, geboren 1944 in Stuttgart, Studium der Philosophie, Soziologie und Politik in Heidelberg. Promotion 1972 bei Ernst Tugendhat in Heidelberg, Habilitation 1983 in Konstanz. Seit 1983 Professor für Philosophie in Konstanz. Von 1988 bis 2004 Management-Tätigkeit in einem bundesweiten Bildungsunternehmen.
Rezensionen
Die Thesen, die Rolf Zimmermann über eine "Neubestimmung von Moral in Politik und Gesellschaft" (so der Untertitel) als "Philosophie nach Auschwitz" vorlegt, sind nach Detlef Horster nicht unbedingt neu. Das entwertet sie allerdings nicht, bemerkt er dazu, sie seien dadurch nicht weniger plausibel und überzeugend. Für Zimmermann stellt Auschwitz keine "normale" Abweichung vom moralischen Handeln dar, erläutert Horster, sondern einen Gattungsbruch oder eine Gattungskrise. Was das im einzelnen bedeutet, erklärt er folgendermaßen: ein individueller Mörder verstoße gegen die existierende moralische Ordnung, wohingegen der Genozidtäter die alte Ordnung beseitigen und eine neue Ordnung etablieren wolle. So gesehen hätten die Nazis die Juden als Begründer der alten moralischen Ordnung gar nicht aus der Gemeinschaft ausschließen, sondern gleich ganz vernichten wollen, da sie in ihrer neuen Ordnung keinen Platz gehabt hätten. Rolf Zimmermanns philosophische Betrachtungen, so Horster, gehen über das herkömmliche philosophische Instrumentarium hinaus, mit dem man die Vorgänge in Auschwitz nicht begreifen oder erklären könne: hätte Hannah Arendt Zimmermanns Thesen vom Gattungsbruch oder der Gattungskrise gekannt, dann hätte sie das "radikal Böse" vielleicht eher begreifen können, wagt der Rezensent zu behaupten.

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.06.2005

Gegen oder ohne die Moral?
Gattungskrise: Rolf Zimmermann über „Philosophie nach Auschwitz”
Von uns selbst und anderen kennen wir unmoralisches Handeln. Doch dieses alltägliche Abweichen wird übertroffen vom unbegreiflich Bösen. Immanuel Kant und Hannah Arendt nannten es zwar das „radikal Böse”, haben es aber nach Ansicht von Rolf Zimmermann mit dem herkömmlichen philosophischen und wissenschaftlichen Instrumentarium nicht begreifen können. Man könne es nur erfassen, wenn man die Verbrechen von Auschwitz nicht als „normale” Abweichung vom moralischen Handeln auffasse, sondern als Gattungskrise oder Gattungsbruch. Das sind die beiden zentralen Begriffe im vorliegenden Buch. Hätte Hannah Arendt die Nazi-Verbrechen als Gattungsbruch gesehen, dann wäre ihr - so Zimmermann - klar geworden, dass Auschwitz keine „normale” Abweichung gewesen sei.
Doch nicht nur sie, sondern auch andere Philosophen meinten, dass das Unmoralische der Nazis darin bestanden hätte, dass sie bestimmte Gruppen von Menschen aus der moralischen Gemeinschaft ausgeschlossen haben. Die Nazis wollten nach Ansicht Zimmermanns aber niemanden nur aus der moralischen Gemeinschaft ausschließen, sondern sie wollten die traditionelle moralische Ordnung gänzlich beseitigen.
Nach Zimmermanns Recherche, die sich auf Untersuchungen von Gunnar Heinsohn stützt, wusste der sonst ungebildete Hitler, dass der historische Anfang der abendländischen Moral im Judentum wurzelt. Darum musste Hitler mit der jüdisch-christlichen Tradition, in der Morden und Quälen von Menschen moralisch und rechtlich geächtet wird, brechen. Die Juden, die diese Tradition vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden begründeten, mussten verschwinden. Das neue Menschentum, das Hitler und seinen Ideologen vorschwebte, erforderte einen anderen Gattungsbegriff, mit dem das Recht auf Tötung und Folterung wiederhergestellt werden sollte.
Diese Umwälzung des Moralbegriffs und die Schaffung des neuen Menschen erforderte ein revolutionäres Erziehungsprogramm, das Hitler in „Mein Kampf” ansatzweise schon ausgeführt hatte: Dazu gehört das „Aberziehen von weinerlichen Klagen, von wehleidigem Heulen” und lernen, „Schläge zu ertragen”, ebenso wie das Ertragen des Unrechts nach dem Begriff der jüdisch-christlichen Rechts- und Moralordnung.
Aus diesem Programm ergab sich die Vernichtungsoption. Die Begründer der alten moralischen Ordnung hatten in der neuen keinen Platz mehr. Sie mussten vernichtet werden. Der Unterschied zum individuellen Täter ist der, dass der individuelle Mörder gegen die bestehende moralische und rechtliche Ordnung verstößt. Der Genozidtäter hingegen will eine neue Ordnung. Bei der Herstellung der neuen Ordnung darf er nicht von schlechtem Gewissen angekränkelt sein. Zimmermanns Ergebnis ist demnach: Nicht Amoralität weist den Weg nach Auschwitz, sondern moralisches Anderssein.
Zimmermanns Thesen sind plausibel und überzeugend, aber nicht neu. Bei Benedikt XVI. lesen wir zu einer Zeit, da er noch Kardinal Ratzinger hieß: Von den Nazis „wurden die moralischen Ureinsichten des Menschen über gut und böse außer Kraft gesetzt. Alles, was der Herrschaft der Rasse bzw. alles, was der Heraufführung der zukünftigen Welt dient, ist gut - so wurde uns gesagt -, auch wenn es nach den bisherigen Einsichten der Menschheit als schlecht zu gelten hätte.” Allerdings werden Zimmermanns Einsichten dadurch, dass sie früher bereits gedacht worden sind, nicht falsch oder weniger überzeugend.
DETLEF HORSTER
ROLF ZIMMERMANN: Philosophie nach Auschwitz. Eine Neubestimmung von Moral in Politik und Gesellschaft. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005. 268 Seiten, 12,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Thesen, die Rolf Zimmermann über eine "Neubestimmung von Moral in Politik und Gesellschaft" (so der Untertitel) als "Philosophie nach Auschwitz" vorlegt, sind nach Detlef Horster nicht unbedingt neu. Das entwertet sie allerdings nicht, bemerkt er dazu, sie seien dadurch nicht weniger plausibel und überzeugend. Für Zimmermann stellt Auschwitz keine "normale" Abweichung vom moralischen Handeln dar, erläutert Horster, sondern einen Gattungsbruch oder eine Gattungskrise. Was das im einzelnen bedeutet, erklärt er folgendermaßen: ein individueller Mörder verstoße gegen die existierende moralische Ordnung, wohingegen der Genozidtäter die alte Ordnung beseitigen und eine neue Ordnung etablieren wolle. So gesehen hätten die Nazis die Juden als Begründer der alten moralischen Ordnung gar nicht aus der Gemeinschaft ausschließen, sondern gleich ganz vernichten wollen, da sie in ihrer neuen Ordnung keinen Platz gehabt hätten. Rolf Zimmermanns philosophische Betrachtungen, so Horster, gehen über das herkömmliche philosophische Instrumentarium hinaus, mit dem man die Vorgänge in Auschwitz nicht begreifen oder erklären könne: hätte Hannah Arendt Zimmermanns Thesen vom Gattungsbruch oder der Gattungskrise gekannt, dann hätte sie das "radikal Böse" vielleicht eher begreifen können, wagt der Rezensent zu behaupten.

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