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Warum der Mensch vom Aussterben bedroht ist.
Selbst im Verhältnis zur Geschichte seiner eigenen Existenz auf Erden ist die Geschichte des menschlichen Fortschritts kurz. Und sie könnte schon bald zu Ende sein. Wie gingen Aufstieg und Fall bedeutender Zivilisationen vorsich, was können, ja müssen wir daraus lernen? Ronald Wright gibt in seinem ebenso kurzweiligen wie nachdenklichen Durchgang durch unsere Gattungsgeschichte Antworten auf diese Fragen. "Der große Vorteil, den wir haben, unsere beste Chance, ist unser Wissen um die vergangenen Gesellschaften. Wir können sehen, wie und warum sie…mehr

Produktbeschreibung
Warum der Mensch vom Aussterben bedroht ist.
Selbst im Verhältnis zur Geschichte seiner eigenen Existenz auf Erden ist die Geschichte des menschlichen Fortschritts kurz. Und sie könnte schon bald zu Ende sein. Wie gingen Aufstieg und Fall bedeutender Zivilisationen vorsich, was können, ja müssen wir daraus lernen? Ronald Wright gibt in seinem ebenso kurzweiligen wie nachdenklichen Durchgang durch unsere Gattungsgeschichte Antworten auf diese Fragen. "Der große Vorteil, den wir haben, unsere beste Chance, ist unser Wissen um die vergangenen Gesellschaften. Wir können sehen, wie und warum sie gescheitert sind. Homo sapiens hat die Informationen, sich selbst als das zu erkennen, was er ist: ein eiszeitlicher Jäger, stehen geblieben auf halbem Weg zur Intelligenz, gescheit, aber nur selten weise." (Ronald Wright )
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erschrocken reagiert der Rezensent auf die Erkenntnis, die in diesem "spannenden" Buch lauert: Der Mensch ist dumm und hat auch in tausend Jahren nichts dazugelernt. Martin Urban folgt dem britischen Archäologen Ronald Wright durch "Eine kurze Geschichte des Fortschritts", die offenbar wenig mit Fortschreiten, dafür umso mehr mit beharrlicher Fehlbarkeit zu tun hat. Von den immer hungrigen Jägern der Altsteinzeit bis ins ressourcenknappe Heute reicht die Message, die Urban dem Band entnimmt: "Rotte deinen Wirt nicht aus." Ein ernstzunehmender Aufruf, findet Urban, nicht zuletzt weil Wissenschaftspublizisten wie Wright "besser als Spezialisten die Welt deuten können".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.04.2006

Rotte deinen Wirt nicht aus
Ronald Wright über die Dummheit des menschlichen Fortschritts
Irgendwann in der Altsteinzeit war die natürliche Entwicklung des menschlichen Gehirns beendet. Der Mensch hatte sprechen gelernt und die vor allem dadurch provozierte kulturelle Revolution verhinderte eine weitere biologische Evolution des Homo sapiens sapiens, wie er sich selbst nennt. Weniger freundlich formuliert: „Wir benutzen Software des 21. Jahrhunderts auf einer Hardware, die zum letzten Mal vor 50 000 Jahren oder mehr aufgerüstet worden ist. Das könnte viel von dem erklären, was wir täglich in den Nachrichten sehen.”
So beschreibt es Ronald Wright. Der gelernte britische Archäologe hat die Spuren menschlicher Existenz in der Natur über die Jahrhunderttausende studiert. Daraus ist „Eine kurze Geschichte des Fortschritts” geworden, die es in sich hat. Belegt sie doch, dass der Mensch in den letzten 50 000 Jahren immer die selben katastrophalen Fehler gemacht hat und zwar gleichzeitig und unabhängig voneinander überall in der Welt.
Nachdem die Jäger und Sammler der Altsteinzeit ihre Technik perfektioniert (und ihre Verwandten, die Neandertaler vertrieben) hatten, konnten sie ganze Herden von Großwild erlegen, hatten daran mehr zu beißen als sie brauchten und deshalb viel Zeit für Kunst und Religion. Bei Solutré in Frankreich, das der reichen altsteinzeitlichen Kultur ihren Namen gab, fanden sich an einem Ort die Knochen von mehr als hunderttausend damals gemetzelten Wildpferden. Überall, wo Homo sapiens sapiens noch vor Ende der letzten Eiszeit erschien, war alsbald das Großwild ausgerottet. Unsere Ahnen waren dumme Jäger, so Wright, weil sie die Regel nicht beachteten, die jeder Parasit natürlicherweise beherzigt: Rotte deinen Wirt nicht aus.
Ronald Wright zeigt exemplarisch, wie die sehr unterschiedlichen Kulturen von Sumer und auf der polynesischen Osterinsel entstanden und verschwanden, indem die Menschen ihre Ressourcen vernichteten. Er beschreibt, warum Amerika wie Europa zwar trotz des Verschwindens der Reiche der Maya und Azteken sowie des Römischen Reiches überlebt hat, aber die Perspektiven heute nicht besser sind als seinerzeit die der Sumerer oder der Osterinsulaner.
Nachdem das Großwild erlegt war, wurden unsere Ahnen Bauern. Diese gaben eine breite Palette wilder Pflanzen für eine Hand voll stärkehaltiger Wurzeln und Gräser auf: Weizen, Gerste, Reis, Kartoffeln, Mais. Allerdings: „Als wir die Pflanzen domestizierten, domestizierten sie uns. Ohne uns sterben sie, ohne sie droht uns dasselbe”, schreibt Wright. Die Intensivlandwirtschaft der Welt ist heute fast völlig von Kunstdünger abhängig, das heißt vom Erdöl, dessen Vorräte zu Ende gehen.
Vorhersehbare Geschöpfe
Als sich das römische Reich auflöste, und die vormaligen Kornkammern im Mittelmeerraum und im Zweistromland nach dem Abholzen der Wälder und dem Versalzen der Böden verwüstet waren, boten die fruchtbaren Böden Mitteleuropas Ersatz. Überdies konnten nach Missernten immer wieder Menschen in die Neue Welt ausweichen. Diese Alternativen gibt es in einer globalisierten Welt nicht mehr.
Das sieht man in der am stärksten parasitären Wirtschaft der Welt nicht so. Auch die Armen in Amerika halten sich vielmehr für „Millionäre, die gerade etwas knapp bei Kasse sind. Das hilft zu erklären, warum die amerikanische Kultur den Gedanken so vehement ablehnt, dass es Grenzen gibt . . .”, Grenzen, die die Endlichkeit der Ressourcen setzt, so Ronald Wright. Denn nicht die Börse bestimme die Weltgeschichte letztlich, sondern fruchtbarer Boden, Wald und frisches Wasser. Deshalb sei die Ideologie der „Marktfundamentalisten”, wie sie der einstige Währungsspekulant George Soros nenne, „ebenso widersinnig wie andere fundamentalistischen Wahnvorstellungen, seien sie nun islamisch, christlich oder marxistisch”.
„Wir benehmen sich immer so”, lästerte einst der österreichische Kabarettist Helmut Qualtinger. Wir Menschen, so Wright, sind „vorhersehbare Geschöpfe, überall von ähnlichen Bedürfnissen, Lüsten, Hoffnungen und Torheiten getrieben”. Die (letzte) Chance, die wir haben sei, aus der Vergangenheit zu lernen, deren Spuren für den, der sie zu lesen vermag, eine deutliche Sprache sprechen.
Wissenschaftspublizisten können, besser als Spezialisten, die Welt deuten, indem sie Zusammenhänge aufzeigen. Das ist Ronald Wright auf spannende und zugleich erschreckende Weise gelungen.
MARTIN URBAN
RONALD WRIGHT: Eine kurze Geschichte des Fortschritts. Rowohlt Verlag, Reinbek 2006. 201 S., 16,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2006

Lesen Sie das, es könnte Sie retten!

Marburg, circa 1972: Eine Dame, an deren Aussehen ich mich nicht mehr erinnere, überreicht mir auf der Straße ein frommes Traktat: "Lesen Sie das, es könnte Sie retten!" Ich habe es gelesen. Gerettet hat es mich wohl eher nicht. Aber wenn die Ewigkeit in Gefahr ist, sollte man lieber zuviel als zuwenig lesen. In "Eine kurze Geschichte des Fortschritts" geht es Ronald Wright auch um die Rettung der Welt ("Eine kurze Geschichte des Fortschritts". Deutsch von Monika Niehaus-Osterloh. Rowohlt Verlag, Reinbek 2006. 203 S., geb., 16,90 [Euro]). Er fängt ruhig und sachlich an. Man merkt es aber hinterher, er hat sich zurückgehalten, weil er uns Leser nicht verschrecken wollte. Am Ende sagt er es deutlich: "Wir haben jetzt die letzte Chance, unsere Zukunft in die richtigen Bahnen zu lenken." Ob das berechtigte Panik oder Paranoia ist, werden vielleicht unsere Urenkel wissen. Man sollte zumindest genau zuhören, wenn Kassandra spricht.

Ronald Wrights Theorie ist . . ., nun ja, er hat gar keine Theorie. Jedenfalls keine vollständige. Genau das macht den Reiz des Buches aus. Ronald Wright ist wie Agatha Christies Romanfigur Miss Marple. Er denkt in skalierten Analogien. Der Bankdirektor, der die Smaragde eskamotiert, gleicht dem Gärtner, der den Portwein stiehlt. In beiden manifestieren sich menschliche Eigenschaften und Gewohnheiten. Wright war ursprünglich Archäologe. Im Buch führt er uns alte Zivilisationen vor und zeigt Parallelen zur Gegenwart auf. Es liegt schließlich nahe, daß die Gespenster der Vergangenheit weiter spuken werden. Ein ähnliches Thema hat das im englischen Original etwas später erschienene Buch "Kollaps" von Jared Diamond (F.A.Z. vom 19. Oktober 2005).

Für über fünfzehntausend Jahre hatten die Alte Welt und die Neue Welt so gut wie keinen Kontakt. Das steigende Meer trennte sie am Ende der letzten Eiszeit. Erst nach dieser Sezession wurde die Landwirtschaft erfunden - zweimal. Erste Zivilisationen entstanden. Wright spricht von zwei "kulturellen Experimenten" in unabhängigen "sozialen Laboratorien". In beiden Labors wuchsen und zerfielen komplexe Reiche, und die Ergebnisse der Experimente ähnelten sich frappant. Das Wesen der Zivilisation ist also im vorzivilisierten Menschen schon angelegt wie der Falter in der Raupe. Es sind Gesetze, die wohl auch für unsere heutige globale Zivilisation gelten. Diese Gesetze gilt es zu ergründen.

Zwei Beispiele sind das Reich der Römer und das der Mayas. Beide waren, was Wright ein Pyramidenmodell nennt. Gemeint ist damit ein Schneeballsystem. Nur ein permanentes Wachstum ermöglichte den stetigen Fortbestand des Gemeinwesens, bis dann irgendwann die Grenze überschritten wurde und es zum Zusammenbruch kam. Dieser Kollaps war in beiden Fällen nicht vollständig. Italien hat sich vielleicht seit 378 nicht mehr richtig aufgerappelt, aber beim Olivenöl und beim Wagenrennen ist es immer noch in der Spitzengruppe. Auch die Mayas haben überlebt. Acht Millionen sprechen heute die Maya-Sprachen, etwa so viele wie während der Blütezeit des Reichs. Der Regenwald hat die präkolumbischen Maisfelder zurückerobert. In Nordafrika wurde uralter Kulturboden von den Römern endgültig zerstört. Geraubt, geplündert, durch Kriege und Naturkatastrophen vernichtet!

Bei zwei weiteren Beispielen bleibt uns nicht einmal der Trost, es hätte schlimmer ausgehen können. Hier kam es zum größten anzunehmenden Unfall. Die Osterinsel war ein angenehmes Eiland, als die polynesischen Siedler dort ankamen. Innerhalb eines Jahrtausends zerstörten sie dann die Wälder. Kein Baum überlebte. Es gab kein Holz mehr, also auch kein Haus, kein Boot, keine Zivilisation. (Wenn Sie das an unseren Umgang mit dem Erdöl erinnert, dann haben Sie vielleicht recht.) Der Niedergang wurde durch religiösen Wahn beschleunigt. Die steinernen Götzen hatten ihren Preis. Auch als das Verderben schon abzusehen war, änderten die Bewohner ihr Verhalten nicht, denn sie hofften auf übernatürliche Hilfe.

Der andere GAU war der Untergang des Reichs Sumer. Im Süden des heutigen Iraks entstand um 3000 vor Christus die allererste Zivilisation. Sümpfe wurden trockengelegt und Kanäle gegraben. Hier wurden die Stadt, das Unternehmertum, die Schrift, das Berufssoldatentum und die Erbmonarchie erstmalig ausprobiert. Doch nach tausend Jahren war Schluß. Durch die künstliche Bewässerung war der Boden so versalzen, daß er sich bis heute nicht mehr erholt hat. Ein Grund für die Katastrophe war das Bevölkerungswachstum, das es verhinderte, dem Ackerland Zeit zur Regeneration zu geben.

Die ägyptische und die chinesische Zivilisation erwiesen sich als dauerhafter. Die alljährliche Überschwemmung des Nils mit fruchtbarem Schlamm war ein Automatismus, bei dem wir Menschen nicht viel zerstören konnten. Und in China ist der Lößboden tief und verzeiht deshalb fast jeden Anbaufehler. Manchmal ist die Natur so robust, daß sie uns verkraftet.

Das ist in etwa das, was Ronald Wright uns vorführt. Er zeigt uns, was beim Umgang mit der Natur schiefgehen kann und womöglich zum wiederholten Male schiefgehen wird. Patentrezepte besitzt er keine. Das Buch ist schmal, aber gehaltvoll, Lektüre für einen verregneten Sonntag. Danach kann man noch ein paar Jahre lang nachdenken. Lesen Sie das! Es könnte Sie retten.

ERNST HORST

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