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Emily Maxwells Mann ist gestorben. Nun soll das Sommerhaus am Lake Chautauqua im Staat New York verkauft werden. Ein letztes Mal trifft die ganze Familie dort zusammen - eine alte Tradition. Eine Woche Ruhe will man, aber die Harmonie ist brüchig, mit Emilys Tochter Meg, der Alkoholikerin, deren Bruder Ken, der beruflich vor dem Absturz steht, seinem schwierigen Sohn Sam und seiner Tochter Ella, die sich unversehens in ihre Kusine verliebt. Nicht zu vergessen: Rufus, der Hund, der seine ganz eigenen Sorgen hat.

Produktbeschreibung
Emily Maxwells Mann ist gestorben. Nun soll das Sommerhaus am Lake Chautauqua im Staat New York verkauft werden. Ein letztes Mal trifft die ganze Familie dort zusammen - eine alte Tradition. Eine Woche Ruhe will man, aber die Harmonie ist brüchig, mit Emilys Tochter Meg, der Alkoholikerin, deren Bruder Ken, der beruflich vor dem Absturz steht, seinem schwierigen Sohn Sam und seiner Tochter Ella, die sich unversehens in ihre Kusine verliebt. Nicht zu vergessen: Rufus, der Hund, der seine ganz eigenen Sorgen hat.

Autorenporträt
Stewart O'Nan wurde 1961 in Pittsburgh/Pennsylvania geboren und wuchs in Boston auf. Bevor er Schriftsteller wurde, arbeitete er als Flugzeugingenieur und studierte an der Cornell University Literaturwissenschaft. Für seinen Erstlingsroman «Engel im Schnee» erhielt er 1993 den William-Faulkner-Preis. Er veröffentlichte zahlreiche von der Kritik gefeierte Romane, darunter «Emily, allein» und «Die Chance», und eroberte sich eine große Leserschaft. Stewart O'Nan lebt in Pittsburgh.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Christoph Schröder ist ausgesprochen zufrieden mit Stewart O'Nans Familienroman "Abschied von Chautauqua". Als "klassisch" kategorisiert er das Werk und nennt es "raffiniert erzählt"; dem Autor attestiert er "Charme" und "Intelligenz". Diese Drei-Generationen-Saga kommt weitestgehend ohne äußere Handlung aus (durch den Roman ziehen sich zwar Hinweise darauf, dass in einem Dorf in der Nähe ein Mädchen verschwunden sei, doch bleibt dies ohne Einfluss auf die Romangeschehnisse). Sie entfaltet in inneren Monologen und genauen Psychogrammen die Binnenökonomie einer amerikanischen Mittelstandsfamilie. Die Wirkung des Romans bezeichnet der Rezensent als "rührend". Aus jeweils wechselnden Perspektiven wird die unspektakuläre Geschichte - eine Familie kommt noch einmal im alten Ferienhaus zusammen, bevor es verkauft werden muss - erzählt, und so taucht der Leser, schreibt Schröder, ein in "ein Gewirr von Ab- und Zuneigungen, Empfindlichkeiten, Ängsten". Durch diese polyperspektivische Erzählmethode weiß der Leser stets mehr als das Personal des Romans. Stewart O'Nan, stellt der Rezensent fest, ohne daraus weitergehende Schlüsse zu ziehen, zeichnet das Ende einer Ära nach.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2005

Eine Werkbank steht am See
Aus der Außenwelt des Innenlebens: Stewart O’Nans „Abschied von Chautauqua”
Drei Generationen in einem Sommerhaus, das Familienoberhaupt gestorben, der Verkauf des Anwesens beschlossene Sache. Als gäbe es nicht bereits genügend Familienromane! Doch hat Stewart O’Nans neuer Roman mit Jonathan Franzens Weltbestseller „Korrekturen” (oder auch Jeffrey Eugenides’ „Middlesex”) nur wenig gemein. „Abschied von Chautauqua” ist eigenwillig kontemplativ, nie langatmig, vor allem aber alles andere als eine episch breite Familiensaga.
Auch hier gibt es heftige familiäre wie generationelle Konflikte, dennoch steht nicht das genealogische Gerüst im Vordergrund, sondern die Zeiterfahrung der Protagonisten. Die inneren Befindlichkeiten der sich ihrem Zerfall entgegen- stemmenden Familie Maxwell nutzt O’ Nan dazu, die Macht der Erinnerung und der vergehenden Zeit zu thematisieren. Kein Zufall von daher, wenn die Kapitelüberschriften die Namen der Wochentage bezeichnen, die die Maxwells am Lake Chautauqua verbringen. Der Ausnahmezustand einer unwiederbringlich den Fluss der Zeit anhaltenden Ferienwoche hat O’Nan ein Buch der Erinnerungen schreiben lassen.
Auch ein Jahr nach dem Tod ihres Familienoberhauptes verbringen die Maxwells traditionsgemäß eine Woche gemeinsam in ihrem im äußersten Westen des Staates New York gelegenen Sommerhaus. Mit von der Landpartie sind Emily, Henrys Witwe, sowie Arlene, ihre unverheiratete Schwägerin, die wie sie in Pittsburgh lebt. Emilys Sohn Ken reist mit seiner Frau Lise sowie den beiden Kindern Sam und Ella aus Boston an. Zuletzt trifft das schwarze Schaf der Familie ein. Margaret, genannt Meg, Emilys in Scheidung lebende, alkoholgefährdete Tochter, hat sich von Detroit aus zusammen mit ihren Kindern Justin und Sarah in einem vermüllten, von Haschischwolken durchnebelten Kleinbus auf den Weg zum Lake Chautauqua gemacht.
Für alle wird es der letzte Besuch sein. Emily hat beschlossen, das Anwesen zu verkaufen, jeder soll sich aus dem Hausrat, den Möbeln, dem Geschirr, den Bildern und Büchern Erinnerungsstücke aussuchen. Von gelegentlichen Sentimentalitäten Arlenes wie Emilys abgesehen, gilt die Trauer der Familienmitglieder aber weniger dem Verstorbenen als dem drohenden Verlust des sommerlichen Refugiums. Bis auf die immer eifersüchtige Lise, die sich mit Emily in stillem Dauerzwist befindet, möchte es keiner der Erwachsenen abgeben. Obwohl der Kaufvertrag längst unterzeichnet ist, versuchen Arlene, Ken und Meg Emily umzustimmen. Ohne dass man genau erführe, warum, gibt es jedoch keine Umkehr, und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Dieser Versuch, das Haus zu retten, ist ein kluger dramaturgischer Schachzug O’Nans. Unmerklich wird die Figur des verstorbenen Vaters dadurch zu einem Vorwand, der dazu dient, das sich meist in Ersatzhandlungen abreagierende familiäre Chaos der Gefühle umso nachdrücklich zu entfalten. „Interiors” hieß - doppeldeutig auf Wohn- wie seelische Innenräume bezogen - vor langer Zeit ein an Ingmar Bergman geschulter Film von Woody Allen. Ein Titel, der ebenso gut für die erzwungene Intimität des Maxwellschen Sommerhauses passen würde.
Unblutige Vivisektionen
Die Seelenzustände seiner insgesamt neun Protagonisten schildert O’Nan mit stupender Präzision, seine Vivisektionen führt er ohne sichtbare Blutspur mit zarter Hand aus. Vergeblich auf den Ausbruch nackten Horrors wartend, verfolgt man gespannt die in immer neuen Konstellationen und an ständig wechselnden Orten des Anwesens stattfindenden Gespräche. Aufschlussreicher noch sind die inneren Monologe der umeinander kreisenden monadischen Existenzen, deren überbordendes Innenleben sie für das praktische Leben nahezu untauglich macht. Vor allem die Vierzigjährigen porträtiert O’Nan (der im gleichen Alter ist) als eine Generation, die der Zielstrebigkeit ihrer normativ orientierten Eltern kaum etwas entgegenzusetzen hat. Von Geldsorgen gequält, beruflich erfolglos, schlechten Gewissens auf das von der Mutter verwaltete väterliche Vermögen hoffend, sind diese Vierzigjährigen müde und vorzeitig gealtert. Ihre Kinder, einsamer noch als sie selbst, nennen sie heimlich „Wachsfiguren”.
Wie die Alten möchten auch sie wieder jung sein. Die attraktive Meg, mit 43 Jahren immer noch verliebt in pubertäre Regelverstöße, möchte gar „ganz von vorn anfangen”. Diesen Wunsch gewährt wenigstens imaginär das Sommerhaus, für alle Erwachsenen Pumpstation der Erinnerungen an ihre mehr oder weniger ferne Kindheit und Jugend. Dorthin zurück sehnen sich ausnahmslos alle Erwachsenen, am meisten Ken, der erfolglose Fotograf, der Tag für Tag manisch ablichtet, was ihn rund um den Lake Chautauqua an seine Kindheit erinnert. Um dem Verhängnis der, wie Meg meint, alles zerstörenden Zeit zu entgehen, verwandeln die Sommerfrischler die Welt der Dinge in „Souvenirs eines anderen Lebens”. Kein Wunder, dass in den Mittelpunkt dieser nostalgisch-melancholischen Weltschau die Werkbank des Vaters rückt. Fotografiert Ken das hier wie auch anderswo in der Sommerfrische verstreute Sammelsurium, sieht er sich plötzlich um dreißig Jahre zurückversetzt und sich mit seiner Schwester Haus und Garten erkunden.
Die Schilderungen, in denen die Mystik alltäglicher Dinge die Erinnerungen aufsteigen lässt, gehören zu den schönsten Passagen in O’Nans hinreißendem Roman. Suggestiv ist dessen zunächst von Dauerregen, später von gleißender Sonne erfüllte Melancholie auch deshalb, weil sich O’Nan nie über seine Figuren erhebt, nie zu verstehen gibt, er wisse es besser. Dank dieser ungetrübten Empathie kommen die Romanfiguren uns nahe, als seien sie unsere Spiegelbilder. Vielleicht begreifen wir auch deshalb, warum die eigentliche Katastrophe im krisengeschüttelten Leben der Maxwells der Verlust des Sommerhauses ist. Mit ihm droht das Letzte verloren zu gehen, das diese Familie zusammenhält.
Leider geht die deutsche Übersetzung, was Sprachgefühl, Stilempfinden und korrekte Satzgrammatik angeht, mit Stewart O‘Nans Roman wenig pfleglich um. Ein poetisches Buch wie dieses verlangt mehr als den hier meist beschrittenen einfachsten Weg der wörtlichen Übertragung. Kommt es hart auf hart, bleiben, nicht einmal kursiv gesetzt, amerikanische Begriffe einfach stehen und werden deutschen Lesern „Popsicles”, „Pop-Tarts”, „Easy Macs” oder „Three Stooges” vorgesetzt. „Ihr Teller sah verdächtig wie der von Arlene aus, doch Emily hatte allen Grund dazu” - was das heißen soll, weiß der Himmel. Wortmonster wie die „Fischbrutanstalt” verderben einem ebenso den Spaß an der Lektüre wie der „Schornstein”, bei dem es sich offenkundig um eine Raucherecke handelt. Doch erweist sich O’Nans Prosa zum Glück gegenüber solchen Verdunkelungen als erstaunlich widerstandsfähig.
THOMAS MEDICUS
STEWART O’NAN: Abschied von Chautauqua. Aus dem Amerikanischen von Thomas Gunkel. Rowohlt Verlag, Reinbek 2005. 700 Seiten, 24,90 Euro.
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"'Abschied von Chautauqua' hat magische Qualitäten: Wie der stille See, an dem es spielt, ist es ein glatter Spiegel, unter dessen Oberfläche es strömt und brodelt. Stewart O'Nan ist ein Meister der Stimmen und menschlichen Lebensrhythmen sowie jener universellen Rhythmen, mit denen sie korrespondieren." (The New York Times)