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Die Geschichte eines bedeutenden Schriftstellers, in dessen Leben sich eine ganze Epoche spiegelt.
Manfred Flügge erzählt die Geschichte eines großen Deutschen, der Sternstunden und bittere Momente erlebte, große literarische Erfolge feierte und dennoch ins Abseits geriet, im politisch gebotenen Kampf Irrtümer beging und fatal in Anspruch genommen wurde, und der doch im Grunde ein großer Fantast war, ein Unzeitgemäßer: der allerletzte Romantiker. Sein Leben war voller Widersprüche und erscheint doch so anrührend und grotesk wie das mancher seiner Figuren. Dieser kundige Führer durch das…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte eines bedeutenden Schriftstellers, in dessen Leben sich eine ganze Epoche spiegelt.
Manfred Flügge erzählt die Geschichte eines großen Deutschen, der Sternstunden und bittere Momente erlebte, große literarische Erfolge feierte und dennoch ins Abseits geriet, im politisch gebotenen Kampf Irrtümer beging und fatal in Anspruch genommen wurde, und der doch im Grunde ein großer Fantast war, ein Unzeitgemäßer: der allerletzte Romantiker. Sein Leben war voller Widersprüche und erscheint doch so anrührend und grotesk wie das mancher seiner Figuren. Dieser kundige Führer durch das Gesamtwerk weckt Lust auf eine neue Auseinandersetzung mit der Erbschaft dieses großen Unzeitgemäßen. "In Wirklichkeit habe ich mehr als nur den Helden des Blauen Engel und den vorweggenommenen Nazi des Untertan gemacht: Schöneres, meine ich, und näher der Vollendung, die ich nie erreichte." (Heinrich Mann, 1946).
Autorenporträt
Manfred Flügge wurde 1946 in Kolding/Dänemark geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er im Ruhrgebiet. Er studierte Romanistik und Geschichte (in Münster i. W. und in Lille), war Gymnasiallehrer und Universitätsdozent und lebt seit 1988 als freier Autor, Übersetzer und Kritiker in Berlin und Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2007

Heinrich, uns graut vor dir
Untertan der Leidenschaften: Bücher zum Bruder Thomas Manns

Heinrich Mann war ein Frauenmann. Ein "Féministe", wie er selber meinte und dem Bruder Thomas, das eigene Werk verteidigend, schrieb: "Mein Hauptinteresse war - und ist es noch heute, nur in anderer Weise - die Frau." Starke, emanzipierte Frauen meinte er dabei kaum oder nur abstrakt, aus der Ferne. Nah kam er anderen. Schon als Gymnasiast war Heinrich ins Bordell und ins anrüchige Theater geschlichen, suchte und fand dort Sex und Abenteuer und blieb dem Milieu zeitlebens in Treue verbunden. Dem kleinen Bruder empfahl er entsprechend, als dieser unsicher tastend seinen eigenen Weg suchte, eine "tüchtige Schlafkur mit einem leidenschaftlichen, noch nicht allzu angefressenen Mädel", um die sehnsüchtigen Gedanken an alle Hans Hansens dieser Welt loszuwerden.

Zu Literatur wurde beides: die unausgelebte Neigung des einen zum eigenen und die fröhlich ausgekostete Leidenschaft des anderen zum anderen Geschlecht. Wobei dieser ein insgesamt fideleres Leben führte und jener die besseren Romane schrieb.

"Übellaunige Vorurteile" nennt Willi Jasper diese Haltung, Thomas Manns zentralen Lebenskonflikt, die unausgelebte Homosexualität, als Stimulans für das Werk zu betrachten, dies aber Heinrich Mann in Bezug auf seine Frauengeschichten zu versagen. Der Verfasser einer lesenswerten Heinrich-Mann-Biographie, der jetzt ein Buch über "Heinrich Mann und die Frauen" vorgelegt hat, lässt den Leser nach vierhundert Seiten in dieser Frage etwas ratlos zurück. Vom Werk Heinrich Manns ist bei Jasper nämlich kaum die Rede, allenfalls in Bezug auf die Frage, welche Liebesgeschichte er für welchen Roman plünderte, welche literarische Figur welcher Vorlage im Leben entspricht, wo er was erlebte, was er dann in Literatur umsetzte. Das tat er übrigens mit vollkommener Bedenkenlosigkeit, also etwa auch im Fall einer Affäre mit einer verheirateten Frau, wo Diskretion nicht allein eine Frage des Stils gewesen wäre.

Heinrich Manns Frauenfiguren sprachen Leserinnen an, die in ihm einen Verbündeten sahen. Sie schrieben und sie trafen ihn, wollten Förderung, Zuspruch oder gar seine Liebe. Er enttäuschte noch jede, die ihn kennenlernte, war er doch im Umgang steif und unnahbar, wie man es nach der Lektüre seiner oft schwülstig-erotischen Geschichten kaum erwarten durfte. Auch persönlich wollte er keine starke Frau an seiner Seite. Jasper schildert all dies und stellt in überraschender Ausführlichkeit jene Frauen vor, die Heinrich schrieben und sich von ihm etwas erhofften, auch für ihre eigenen literarischen Versuche. Da findet man also laufend Kurzbiographien und seitenweise Zitate aus Fan-Briefen, wie man sie im Nachlass eines jeden erfolgreichen Autors finden dürfte: "Zu Sylvester haben wir auf Ihr Wohl getrunken und zwar auf ex, was bei uns nicht oft vorkommt." Na prost: Ob die Verehrerinnenphilologie, die Jasper hier erfunden zu haben scheint, sich allerdings durchsetzt, ist fraglich. Dagegen fehlen dann meistens Heinrich Manns Antworten; eine Analyse des literarischen Frauenbildes von Heinrich Mann sucht man bei Jasper ebenfalls vergebens.

Kritik aber an dem großen kleinen Bruder Thomas scheut Jasper so wenig wie an den Forscherkollegen und beklagt, was sie seiner Meinung nach alles übersehen oder falsch interpretiert haben. Großes Interesse widmet Jasper Heinrichs Ehe mit Mimi und deren finanziellen Folgen, schon weil es galt, das gemeinsame Kind Leonie zu versorgen, und sich hier die Rolle Heinrichs als Vater und Exmann zeigen lässt. Warum Jasper allerdings einen Brief des Neffen Golo aus Prag übersehen hat, in dem dieser 1936 auf viereinhalb Seiten die Situation von Exfrau und Kind ausbreitete und den Onkel um eine höhere Zahlung für die beiden ersuchte, ist unklar.

Dieser Brief befindet sich, samt Heinrichs Berechnungen am Rand, die dann auch zu einer Erhöhung der Zahlung führten, in einem Archivbestand, den Jasper als ausgewertet angibt - sicher ein Versehen. Der Brief in heikler Mission passt allerdings auch nicht gut zu Jaspers Grundthese, dass die Beziehung zwischen den Heinrich-Frauen und der Familie Thomas Manns immer schlecht war und auch zu Mimi eine "Ablehnungsfront" bestand.

Das alles ist umso ärgerlicher, als vor Jaspers Buch bereits die Heinrich-Mann-Biographie von Manfred Flügge erschienen ist, die gerade auch in Bezug auf die Frauen des Autors - von der Schwester Clara über die Verlobte Inés bis hin zu den beiden Ehefrauen Mimi und Nelly - klarstellt, was da klarzustellen ist, auch anhand zahlreicher in deutschen und amerikanischen Archiven gefundener Briefe. Insbesondere Nelly, der Hure, Geliebten Heinrichs und Gefährtin im Exil, die mit ihrer ordinären Art und dem Hang zum Alkohol den Freunden Heinrichs und der Familie seines Bruders auf die Nerven ging, baut Flügge ein Denkmal. Ohne ihre Abgründe zu verschweigen und mit Verständnis für die Abstoßbewegungen, die sie verursachte, skizziert er einfühlsam, welch ein segensreicher Beistand, moralisch wie praktisch, sie für den alternden Schriftsteller eben auch war, der dort im gehassten amerikanischen Exil "dauerte", wie er das nannte, und auf den Tod wartete. Zu seinem Unglück - scheußlich unsensibel von Thomas und den Seinen begrüßt - starb sie vor ihm, von eigener Hand.

Im Kern aber geht es in Manfred Flügges Biographie um den politischen Heinrich Mann. Mit den meisten Romanen und Erzählungen kann er litraturästhetisch wenig anfangen, mit Ausnahmen wie der "Kleinen Stadt" oder dem zweibändigen "Henri Quatre". Es ist die politische Bedeutung und Wirkung, die ihn an Heinrich Mann interessiert, und in dieser Hinsicht wird man ihm beistimmen, dass der "Untertan" in die Literaturgeschichte eingegangen ist als einer der politisch hellsichtigsten Romane des Jahrhunderts - was leider nicht verhindert, dass er heute kaum noch lesbar ist. Immerhin konnte Heinrich Mann nach dem Ersten Weltkrieg einige Jahre lang die Früchte seines Engagements ernten, bevor er, als einer der Ersten, 1933 das Land verlassen musste.

Das Fesselnde an Flügges Biographie ist, dass er nicht bei der üblichen Darstellung des etwas verträumten, alt werdenden Schriftstellers bleibt, der Stalin träumerisch verkannt, aber zugleich mit Feuereifer und hell analysierend gegen den Faschismus gekämpft habe. Mit zahlreichen Archivfunden kann Flügge zeigen, dass Heinrich nicht nur den Faschismus nun weit unterschätzte, sondern sich im Exil auch sein Verhältnis zu Moskau und zum Kommunismus wandelte. Anfangs kritisch-distanziert, kam Heinrich Mann der KPD immer näher und verteidigte schließlich lebhaft noch die fürchterlichsten Nachrichten, die von den Moskauer Prozessen ins Ausland drangen. Flügge belegt, wie stark Heinrich Mann in dieser Zeit auch finanziell von den Kommunisten abhängig war, die, vor allem ausgehend von Johannes R. Becher, dem späteren DDR-Kultusminister, den Schriftsteller umwarben.

Die Biographie enwickelt dann doch einen gewissen Sog, und Flügges Bemühen, trotz der Archivfunde, die Heinrich Mann in einem neuen, weniger positiven Licht zeigen, dem Leben des Gedrängten und auch finanziell Bedrohten gerecht zu werden, sind lesens- und aller Ehren wert. Als wollte er seine Lebensschilderung nicht allein im Traurigen, Düsteren, dem einsamen Leben und Sterben im amerikanischen Exil beschließen, weist Flügge noch auf die überwiegend erotischen Zeichnungen hin, die später im Nachlass gefunden wurden und eine weitere Facette seiner Persönlichkeit abbilden - samt "befreiendem Gelächter": "Dieser Propagandadichter, dieser Belehrer der Jugend, dieser Möchtegern-Moralist stand auf einem Sumpf zügelloser Bilder?"

Auch ins Private, wenn auch nicht in den Sumpf, führt das dritte Heinrich-Mann-Buch: Es handelt sich um das Adressbuch des Schriftstellers, das nun, mit zahlreichen Abbildungen und biographischen Angaben und Zitaten versehen, als faksimilierter Druck vorliegt. Um Frauen geht es da auch, zum Teil jedenfalls, obwohl wir wohl nie erfahren werden, wer und welche Beziehung sich hinter "Felicitas", "Rosamunda" oder "Blandina" verbirgt. In der Hauptsache ist das Adressbuch ein Dokument des privaten, literarischen und politischen Netzwerkes, in dem sich Heinrich Mann gegen Ende der Weimarer Republik befand; das Büchlein wurde 1926 angelegt. Max Brod, Gottfried Benn, Lion Feuchtwanger, Erich Mühsam und Carl Zuckmayer finden sich verzeichnet; andere fehlen: Bertolt Brecht oder Jakob Wassermann etwa, die Heinrich Mann in Berlin häufiger traf.

Das Lebensschicksal des Exils dokumentiert sich hier gelegentlich, wenn auch weniger als die biographischen Einträge suggerieren, auf erschütternd schlichte Weise: durch die Striche und Neueintragungen so manches Adressaten, der nun, wie Heinrich Mann, im Ausland seinen Platz suchen musste.

TILMANN LAHME

Willi Jasper: "Die Jagd nach Liebe. Heinrich Mann und die Frauen". S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007, 410 S., geb., 24,90 [Euro].

Manfred Flügge: "Heinrich Mann. Eine Biographie". Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2006, 511 S., geb., 24,90 [Euro].

Heinrich Mann: ",Auch ich kam aus Deutschland . . .'. Das private Adressbuch 1926-1940". Hrsg. von Christine Fischer-Defoy. Verlag Koehler & Amelang, Leipzig 2007, 276 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2006

Die Wasserscheide der Pyrenäen
Je weiter das Leben des Helden voranschreitet, desto interessanter wird diese Biografie: Manfred Flügge porträtiert Heinrich Mann
Biografien können ehrgeizigen Bildungsromanen gleichen. Dann teilen sie mit diesen die Vorliebe für die Zeit des Heranwachsens ihrer Helden, die Zeit ihrer ersten Erfolge, ihres beginnenden Ruhmes. Kann davon die Rede sein, geht Späteres mehr und mehr in die bekannten Kapitel der allgemeinen Geschichte über oder in die vielen Gebildeten geläufige Kunst- oder Literaturgeschichte. Solchen Biografien kann es passieren, dass sie nicht zu Ende gelesen werden, und schade ist das nicht.
Bei Manfred Flügges Heinrich Mann-Biografie wäre das schade, aber es steht nicht zu befürchten, denn das Buch wird mit zunehmendem Alter seines Helden immer attraktiver. Je mehr Heinrich Mann mit der Geschichte Deutschlands im zwanzigsten Jahrhundert zu tun bekommt, umso intensiver wird der Erzählstrom des Biografen, umso einheitlicher am Ende die Erzählung. Es gewinnt der Aspekt Oberhand - ohne das Flügge dies eigens befördern müsste -, dass die deutsche Geschichte in der Wahrnehmung Heinrich Manns und in seinen Urteilen durchaus eine plausible ist, von deren Kenntnis man auch dann nicht absehen möchte, wenn man selbst in vielem ganz anderer Meinung ist.
Anfangs dagegen hat man mit dem Eindruck zu kämpfen, der Biograf wisse nicht recht, ob er ein kommentierendes Feature über einen leicht opportunistischen, eher marginalen Jungschriftsteller abliefern will oder ein mit biografischen Hinweisen angereichertes Kompendium zur Kenntnis von Heinrich Manns Romanen und Novellen, von denen auch leidensfähigen Lesern selten die Überzeugung zu vermitteln ist, es könnte lohnend sein, sie heute noch in die Hand zu nehmen. Es gab einmal bei linksliberalen Intellektuellen vor dreißig Jahren eine gewisse Heinrich-Mann-Bejubelung. Vielleicht war das nur ein letztes Aufbäumen gegen den wenig später einsetzenden Thomas-Mann-Rummel. Gleichviel. Schon die knappe Nacherzählung der frühen Werke und Werklein, die den Chronisten länger beschäftigt, als es der Biografie gut tut, lässt solchen Respekt befremdlich erscheinen.
Die Lage ändert sich, als Heinrich Mann beginnt, als Essayist hervorzutreten. Und das notiert der Biograf natürlicherweise weniger im Blick auf die einzelnen Schriften, als vielmehr unter kluger Einbeziehung der Zeitläufte, der Parteiungen, der Gegnerschaften. Dabei kommt die Konkurrenz, ja auch der Dissens mit Heinrichs Bruder Thomas keineswegs zu kurz. Es ist jedoch wohl der Quellenlage geschuldet, dass auch in der Biografie Heinrich Manns die Perspektive Thomas Manns stärker das Bild bestimmt. Sie waren eben grundverschieden, bis in die Gestaltung ihrer intimsten Lebensverhältnisse hinein, und zu dieser Verschiedenheit gehörte es auch, dass der jüngere angesichts des Gemeinsamen in ihrem Leben imperialer agierte als der ältere.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs begann Heinrich Mann die Rolle als Schriftsteller zu finden, die ihn an der Seite von Thomas als ebenbürtig erscheinen ließ. Heinrich war vor seinem Bruder der glanzvolle Name, mit dem sich die Republik schmücken durfte. Heinrich war Präsident der Sektion Dichtkunst in der Akademie. Heinrich ging - bedroht - aus Deutschland fort, als Thomas noch zauderte. Heinrich wurde in Frankreich zum Symbol der Exilierten, zum Sprecher eines anderen Deutschland.
Nelly und die Gebildeten
Er wurde freilich auch der Autor, den sich die Kommunisten als Galionsfigur einer von ihnen inspirierten Volksfront aufbauten. Und das bedeutete für den Verfasser des Romans „Professor Unrat”, der durch Josef von Sternbergs Verfilmung unter dem Titel „Der blaue Engel” weltberühmt geworden war, ein zweifaches Scheitern: er verlor mit den Kommunisten den gemeinsamen Kampf und er verlor durch die Kommunisten einen Teil seiner Integrität. André Gide hatte vorher und nachher mit Heinrich Mann nichts anfangen können.
In den USA war dann Thomas Mann die überragende Figur im Kreis der Emigranten. Das hatte der ältere Bruder zu ertragen, aber seiner Frau Nelly, eine Berliner Bardame, die 1933 zunächst die Ruppigkeiten der anbrechenden Verfolgungen an seiner statt hatte erleiden müssen, ging es noch schlechter. Es waren hochfahrende Leute an der Westküste Kaliforniens, und alles, was sie hatten mitnehmen können auf ihrer Flucht, war der Reichtum an Bildung, für den sie keine sperrigen Transportmittel brauchten. Nelly hatte den schon alten Heinrich Mann auf dem anstrengenden Fußweg über die Pyrenäen begleitet, ohne sie hätte er es wohl nicht geschafft. Aber in Los Angeles war ihre Rolle ausgespielt und sie ging zu Grunde.
Flügges Biografie hat den Vorzug, die Welt der Kommunisten, die im Leben Heinrich Manns zeitweilig sehr wichtig war, ohne Beschönigung darzustellen. Mann kann sich fragen, ob das dem Ansehen des Autors des Romans „Der Untertan” zum Vorteil gereicht oder nicht. Zur Kunst des Biografen, spannend zu erzählen, gehört es, dass man dann und wann meint, der Held hätte sich anders verhalten müssen, habe es aber nicht vermocht. Auf den letzten Seiten jedoch, in denen der alte Mann ganz im Mittelpunkt steht, fällt die Frage ganz weg. Es ist ein anrührendes und nachdenklich stimmendes Portrait des Schriftstellers als sterblicher Mensch, das die Biografie bestimmt. Von diesem Ende her ist Flügge ein überaus lesenswertes Buch gelungen.
JÜRGEN BUSCHE
MANFRED FLÜGGE: Heinrich Mann - Eine Biographie. Rowohlt Verlag, Reinbek 2006. 511 Seiten, 24,50 Euro.
Im amerikanischen Exil: Heinrich Mann im Jahre 1943 vor seinem Haus in Santa Monica, Californien.
Foto: SV-Bilderdienst
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit Lob bedenkt Rezensent Tilmann Lahme diese Heinrich-Mann-Biografie von Manfred Flügge. Er begrüßt das starke Interesse des Autors am politischen Heinrich Mann, an seiner politischen Bedeutung und Wirkung. In diesem Zusammenhang attestiert er Flügge, das weit verbreitete Bild des alternden Schriftstellers zu korrigieren, der Stalin verkannt, aber zugleich den Faschismus heftig bekämpft habe. Anhand von Archivfunden führe Flügge vor Augen, dass Mann den Faschismus weit unterschätzte und sich sein Verhältnis zum Kommunismus im Exil wandelte - von einer anfänglichen kritischen Distanz hin zu einem zunehmender Befürwortung. Gerade diese Archivfunde zeigen Heinrich Mann nach Ansicht des Rezensenten in einem "weniger positiven Licht". Das Bemühen Flügges, dem Leben des im Exil schließlich einsamen und finanziell bedrohten Schriftstellers gerecht zu werden, hält Lahme nichtsdestoweniger "aller Ehren wert". Erhellend scheinen ihm zudem Ausführungen über die verschiedenen Frauen im Leben Heinrich Manns.

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