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Mit Hilfe von Lebensgeschichten und Beispielen aus seiner Praxis erklärt Marcel Rufo die Psychologie der oft sehr bewegten und komplexen Geschwisterbande. Eine Beziehung, die jeden von uns nicht nur prägt, sondern im Innersten berührt.
Einen Bruder oder eine Schwester zu haben kann die Hölle sein, aber auch ein fabelhaftes Glück. Der bekannte französische Kinderpsychologe und Bestsellerautor Marcel Rufo nimmt in seinem neuen Buch das Geschwisterverhältnis unter die Lupe und geht allen wichtigen Fragen auf den Grund: Ist es vorteilhafter, der Ältere oder der Jüngere zu sein? Haben Eltern ein…mehr

Produktbeschreibung
Mit Hilfe von Lebensgeschichten und Beispielen aus seiner Praxis erklärt Marcel Rufo die Psychologie der oft sehr bewegten und komplexen Geschwisterbande. Eine Beziehung, die jeden von uns nicht nur prägt, sondern im Innersten berührt.

Einen Bruder oder eine Schwester zu haben kann die Hölle sein, aber auch ein fabelhaftes Glück. Der bekannte französische Kinderpsychologe und Bestsellerautor Marcel Rufo nimmt in seinem neuen Buch das Geschwisterverhältnis unter die Lupe und geht allen wichtigen Fragen auf den Grund: Ist es vorteilhafter, der Ältere oder der Jüngere zu sein? Haben Eltern ein Lieblingskind? Wie verstehen sich Brüder und Schwestern in den verschiedenen Lebensphasen? Muss es chronische Haßliebe sein? Wie nah dürfen sich Geschwister kommen?

Die Antworten des passionierten Arztes - auch zu Adoptivgeschwistern, Zwillingen, Scheidungskindern - überraschen und beruhigen. Es gelingt Marcel Rufo, Klischees und falsche Vorstellungen über die Geschwisterbeziehung gegen den Strich zu bürsten und beispielsweise ein Lob auf die Eifersucht und den fairen Wettkampf zwischen Brüdern und Schwestern anzustimmen.
Autorenporträt
Marcel Rufo, Professor für Kinderpsychiatrie am Hopital Sainte-Marguerite in Marseille, ist einer der bekanntesten Spezialisten für Seelennöte von Kindern und Jugendlichen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2004

Von jetzt an wachse ich keinen Zentimeter mehr!
Wie die Jüngsten um die Eltern ringen: Marcel Rufos darwinistisches Bild der Kinderstube

Freunde, Liebhaber oder die Eltern mögen einen zwar besser kennen. Niemand aber begleitet einen länger durchs Leben als Brüder oder Schwestern. Selbst, wenn der Kontakt über Jahrzehnte hinweg abbricht, verbindet Geschwister doch immer noch das Schweigen über eine gemeinsame Vergangenheit. Da mögen die Gefühle füreinander noch so oft von Konkurrenz geprägt sein. "Natürlich bedeutet die Anwesenheit eines Bruders oder einer Schwester zunächst einmal, daß man es mit einem Rivalen zu tun hat", schickt Marcel Rufo in der Einleitung seines Buches gleich vorweg, das tatsächlich eher einem psychoanalytisch geprägten Elternratgeber gleicht. Gemäß Freuds These, wonach die Geburt eines Nachfolgers für den Erstgeborenen immer eine traumatische "Entthronung" ist, glaubt auch der Professor für Kinderpsychologie in Marseille, daß die Kindheit jede Geschwisterbeziehung entscheidend prägt. Entsprechend viel Raum nimmt die Beschreibung der ersten Lebensjahre bei ihm ein. Entgegen der verbreiteten Auffassung des amerikanischen Forschers Frank Sulloway, wonach die Reihenfolge von Kindern deren Charakter maßgeblich beeinflußt, mißt Rufo dem Geburtenrang nur wenig Bedeutung zu. "Die Vorstellung, daß Erstgeborene Perfektionisten sind (. . .) und Letztgeborene Rebellen", schreibt er, "ist allzu simpel." Für den klinischen Therapeuten liegt es vor allem an der elterlichen Zuwendung, wie sich Brüder und Schwestern miteinander entwickeln und später verstehen. "Kein Kind", so Rufo strikt, "ist glücklich darüber, sein Zimmer oder sein Spielzeug mit einem Bruder oder einer Schwester zu teilen; das meinen höchstens die Erwachsenen."

Eifersucht unter Geschwistern ist für den Praktiker, der selbst als Einzelkind aufgewachsen ist, ein ebenso unvermeidliches wie förderliches Phänomen. Nichts spornt nach seiner Erfahrung den kindlichen Ehrgeiz mehr an. Nichts nagt gleichzeitig schlimmer am eigenen Selbstwertgefühl, wenn ein Bruder oder eine Schwester womöglich etwas besser kann und dafür prompt auch mehr Aufmerksamkeit erhält. Talentiertere und vor allem beliebtere Geschwister können Vorbilder sein, aber auch zu einer übermächtigen Herausforderung heranwachsen.

Tatsächlich zeichnet Rufo ein sehr darwinistisches Bild der Kinderstube. In diese bricht, sobald Babys mit spätestens achtzehn Monaten ein Erinnerungsvermögen erlangen, ein wahrer "Wirbelsturm" ein, wenn sich neuer Nachwuchs ankündigt. Instinktiv spürt das Kleinkind früh die Konkurrenz. Von da an wird die Familie laut Rufo zu einem wahren Schlachtfeld der Evolution, auf dem Söhne und Töchter fintenreicher und erbarmungsloser um die Zuwendung von Vater und Mutter ringen, als diese das oft wahrhaben wollen. Erst ab einem Altersabstand von sechs Jahren nehmen Kinder die Anwesenheit eines Bruders oder einer Schwester laut Rufo relativ gelassen hin.

Ansonsten sind sie durch den fast gleichaltrigen Familienrivalen alarmiert und greifen vor allem im Vorschulalter zu mitunter skurrilen Mitteln, um sich vor dem anderen hervorzutun. Rufo weiß von Kleinkindern zu berichten, die plötzlich wieder nach der Flasche oder nach Windeln verlangen oder es - wie der dreijährige "Julien" - durch reine Willenskraft schaffen, ein ganzes Jahr lang keinen Zentimeter zu wachsen: aus purem Protest gegen einen jüngeren Bruder. Der Stachel der geschwisterlichen Rivalität sitzt tief.

Nicht umsonst strotzen die Geschichten der Mythologien, der Bibel und auch der Historie nur so vor Bruder- und Schwestermorden. Rufo erinnert hier an Romulus und Remus, eines der berühmtesten Zwillingspaare der antiken Sagenwelt, die beide nicht zufällig auch Söhne des Kriegsgottes Mars waren. Als Säuglinge in der Wildnis ausgesetzt und von einer Wölfin aufgezogen, galten Romulus und Remus zunächst als unzertrennlich und standen sich bei allem bei. Keinen Augenblick zögerte Romulus, seinen Bruder zu retten, nachdem Remus vom König Amulius gefangengenommen worden war. Gleichwohl geriet er bei den Abmessungen zur geplanten Stadt Rom dann bekanntlich doch so in Rage, daß er Remus tötete.

Rufos Geschwisterchronik krankt ein wenig am typischen Dilemma des psychoanalytischen Blicks, der die späten Jahre des schwesterlichen und brüderlichen Zusammenlebens vernachlässigt und den Eltern eine unmäßige Verantwortung aufbürdet. Seine Fallbeispiele und Ratschläge allerdings bieten hilfreiche Anregungen zur Erziehung. Etwa dort, wo Rufo Vätern und Mütter ans Herz legt, "ruhig festzustellen, welches der Kinder und Enkelkinder (einem) am nächsten steht", um hinterher die nötige "Mühe" für jene aufbringen zu können, die einen "nicht völlig zufriedenstellen".

GISA FUNCK

Marcel Rufo: "Geschwisterliebe - Geschwisterhaß". Die prägendste Beziehung unserer Kindheit. Aus dem Französischen von Elsbeth Ranke. Piper Verlag, München 2004. 249 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "Schlachtfeld der Evolution" schildert Marcel Rufo in seinem Buch Familien mit mehreren Kindern, berichtet Gisa Funck. Ausgehend von Sigmund Freuds These, dass die Geburt eines neuen Familienmitglieds für die Älteren eine "traumatische Enthronung" sei, beleuchte der Autor das Konkurrenzverhalten unter Geschwistern, so Funck, und zeichne dabei ein "sehr darwinistisches Bild der Kinderstube". Rufo warte mit durchaus staunenswerten Beispielen dafür auf, mit welch kuriosen Waffen die Geschwister um die Aufmerksamkeit der Eltern ringen: so sei es einem Dreijährigen gelungen, aus Rivalität gegen den jüngeren Bruder durch "reine Willenskraft" ein Jahr lang nicht mehr zu wachsen, referiert die Rezensentin. Obwohl Rufos Buch - wohl wegen seines psychoanalytischen Ansatzes, wie die Rezensentin vermutet - "die späten Jahre des schwesterlichen und brüderlichen Zusammenlebens vernachlässigt", empfiehlt Funck es als Elternrategeber, der durchaus "hilfreiche Anregungen zur Erziehung" vermittelt.

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