Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 9,95 €
  • Gebundenes Buch

Bewusst anders leben - auch heute. Das unverfälschte Bild des Franz von Assisi: - Sein alternativer Lebensentwurf damals - seine Aussage für die heutige Zeit Zur gesellschaftspolitischen Bedeutung des religiösen Revolutionärs Franz von Assisi ragt mit seiner Botschaft zum Beginn der modernen Welt einsam aus seiner Zeit heraus. Er verbreitet eine neue Lebenspraxis, die eine besondere, eine extreme Möglichkeit des Menschseins aufzeigt und erkundet. Für seine Gemeinschaft findet er neue Lebensregeln, unternimmt den Versuch einer Versöhnung mit der Natur, hinterfragt die herrschende Vernunft in…mehr

Produktbeschreibung
Bewusst anders leben - auch heute. Das unverfälschte Bild des Franz von Assisi: - Sein alternativer Lebensentwurf damals - seine Aussage für die heutige Zeit Zur gesellschaftspolitischen Bedeutung des religiösen Revolutionärs Franz von Assisi ragt mit seiner Botschaft zum Beginn der modernen Welt einsam aus seiner Zeit heraus. Er verbreitet eine neue Lebenspraxis, die eine besondere, eine extreme Möglichkeit des Menschseins aufzeigt und erkundet. Für seine Gemeinschaft findet er neue Lebensregeln, unternimmt den Versuch einer Versöhnung mit der Natur, hinterfragt die herrschende Vernunft in naiv-radikaler Weise. Die Autoren gehen den Möglichkeiten eines anderen Lebens nach, die sich von Franziskus her erschließen. Diese geben in überraschender Weise Orientierung und Inspiration für heutiges gesellschaftliches und politisches Handeln.
Autorenporträt
Peter Kammerer Soziologe, z. Zt. Universität Urbino.

Ekkehart Krippendorf (geb. 1934) Politikwissenschaftler

Wolf-Dieter Narr geb. 1937) Politikwissenschaftler, waren vor ihrer Emeritierung an der FU Berlin tätig
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.04.2008

Vielleicht sind wir auf dem falschen Planeten
Ein lesenswertes Buch preist Franz von Assisi als Zeitgenossen für eine andere Politik
Franz von Assisi (1182-1226), Sohn und Erbe eines wohlhabenden Tuchhändlers, weigerte sich nach einer Vision als Zweiundzwanzigjähriger, die vorgesehene bürgerliche Karriere einzuschlagen. Er wurde radikaler Christ und stellte sein Leben völlig in diese „imitatio”, mit das Volk zutiefst erregenden Predigten und Inszenierungen, ein Narr in Christus, der sich nicht scheute, nackt und beschmutzt aufzutreten, mit einer neuen Form der Naturfrömmigkeit, mit einer Absage an Besitz und Erfolg, aber demütiger Unterwerfung unter den Papst. Die Autoren der aktualisierenden Biographie entdecken bei Franz von Assisi einen Lebensentwurf von politischer Aktualität – gegen unsere Naturzerstörung, gegen die „moderne Verelendung durch Konsum”, gegen den Verfall der Nächstenliebe, gegen unseren Austritt „aus dem Zusammenhang der Schöpfung”. Mit „Zeitgenosse” ist gemeint: Leitfigur, Muster. Unsere Gegenfrage: Kann Franz von Assisi tatsächlich ein „Zeitgenosse für eine andere Politik” sein?
Die Autoren zitieren Georges Duby und weisen darauf hin, dass Europa um 1000 nach Chr. die Wirren von Völkerwanderung, Invasionen und Hungersnöten überwindet und, wenn Rauch aufsteigt, nicht mehr Dörfer niedergebrannt, sondern Wälder gerodet werden. Wenn man im sittlichen Urteil bei Sinnen ist, wird man diese Wendung gutheißen, aber damit ist ein Bündel von Problemen verbunden, die in dem Buch ausgeblendet werden.
Mit der Zivilisierung der Verhältnisse und Stabilisierung der Lebensgrundlagen tritt der Mensch nicht, wie die Autoren suggerieren, aus dem Zusammenhang der Schöpfung heraus, sondern beginnt ein menschenwürdiges Dasein. Der Zusammenhang der Schöpfung hat weder für den vorgeschichtlichen noch den geschichtlichen Menschen existiert. Er ist ein retrospektives Kunstgebilde. Schon die abgebrannten Savannen oder die abgeholzten Bergzüge im Mittelmeerraum sind frühe Untaten, mit denen die vorgeschichtlichen Menschen den Zusammenhang der Schöpfung verließen. Was jetzt in den Tropen geschieht, ist die Fortsetzung der europäischen Rodungen um 1000. Wir sagen zwar aus dem bevorzugten Blick der Europäer: Jetzt reicht’s, aber was hilft aus dem Dilemma? Nur die Nachweise auf der religionsneutralen Grundlage der modernen Wissenschaft, dass jetzt die Zukunft der Menschheit gefährdet ist, was bei der mittelalterlichen Rodung nicht der Fall war. Der christliche Sonnengesang des Heiligen Franziskus ist anrührend, aber er hilft uns nicht.
Platon, Aristoteles, Marx haben die der Ökonomie inhärente Tendenz zum ahoriston, zum Unbegrenzten, analysiert und ihr eine Grenze entgegenzusetzen versucht, aber das hat sich historisch nicht durchsetzen lassen. Wenn schon Natur, dann so: Der Mensch hat von Natur Spaß an seinen geistigen Fähigkeiten, und wenn diese Lust einmal freigesetzt wird, gibt es kein Halten mehr; die Kulturentwicklung führt zur Neugier, zum Reisen, Erfinden, zum Bücherschreiben, Schauspielern, zur Mathematik und zur Theorie der Entstehung des Universums, zu den Erziehungsidealen von Bescheidung, Mut, Klugheit, Gerechtigkeit, damit zur Selbstachtung und Achtung anderer und zur Einhegung der gefährlichen Dreiheit von Glaube (an einen Führer?), Liebe (einer bezaubernden weiteren Frau?), Hoffnung (dass der Irak-Krieg sich finanziell doch noch lohnt?).
Kultur braucht den Staat
Der Mensch entdeckt seine eigene Vernunft und Mündigkeit in Theorie und Praxis. Falls die Erde das nicht aushält, sind wir auf dem falschen Planeten. Man lässt sich nichts mehr vorerzählen von der Schöpfung in sechs Tagen und der Erbsünde, sondern will eine sachorientierte Auskunft über den Anfang der Welt und sucht humane Lebensbedingungen. Schon Lukrez sagt vor der Zeitenwende: „Wie viele Übel hat nicht die Religion angestiftet.” Die Offenbarungsreligionen vermehren noch einmal die Übel durch die böse Lehre vom Bösen. Franz von Assisi ist ein christlicher Ekstatiker. Wenn Franz von Assisi Zeitgenosse für eine andere Politik sein soll, dann nur unter dem Zeichen des Kreuzes. Dann aber müsste man für die andere Politik zuvor viele Milliarden Andersgläubige missionieren. Es ist angemessener, für die andere Politik die Aufklärung anzurufen.
Zur Kultur gehören Institutionen, die allesamt auf das Recht, bis jetzt also auf den Staat, angewiesen sind. Paulus sagt vernünftigerweise: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Die Institutionen kann man nur aus ihrer relativen Berechtigung heraus kritisieren und verbessern, aber nicht aus dem Alles-oder-nichts des Diogenes von Sinope, Franz von Assisi, auch Rousseau, Horkheimer/Adorno. Die europäische Kultur hat die extravaganten Vorstellungen und Praktiken, sogar die der Selbstverachtung wie beim Heiligen Franz, meistens geduldet und auch als Anregung, aber nicht als Leitfaden benutzt.
Trotzdem: Das Buch ist sehr lesenswert, weil es die Glaubens-Aktionen des Heiligen historisch präzise erfasst und zugleich mit Emphase in einen heute aktuellen Kontext stellt. So wird das Buch nicht in der Rubrik des historischen Sachbuchs abgelegt, sondern dient als Stachel des Nachdenkens und vielleicht der angemessenen ökologischen und sozialen Nachfolge. REINHARD BRANDT
PETER KAMMERER, EKKEHARD KRIPPENDORFF, WOLF–DIETER NARR: Franz von Assisi. Zeitgenosse für eine andere Politik. Verlag Patmos, Düsseldorf 2008. 180 Seiten, 16,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Durchaus zu schätzen weiß Reinhard Brandt dieses Buch über Franz von Assisi von Peter Kammerer, Ekkehart Krippendorff und Wolf-Dieter Narr. Gleichwohl zieht er ihre These in Zweifel, der Lebensentwurf Franz von Assisis sei gerade heute von politischer Bedeutung. Mit der Ansicht der Autoren, die Menschen hätten mit der Stabilisierung der Lebensgrundlagen, die auch mit Rodungen der Wälder verbunden waren, den Schöpfungszusammenhang verlassen, kann er auch nicht viel anfangen. Er preist im Gegenzug die Errungenschaften der Zivilsation und die positiven Seiten der Kultur. Franz von Assisi taugt in seinen Augen als "Zeitgenosse für eine andere Politik" allenfalls "unter dem Zeichen des Kreuzes". Ihm scheint es freilich adäquater, für eine andere Politik auf Aufklärung zu setzen. Ungeachtet seiner Kritik lobt er das Buch als "lesenswert". Er attestiert den Autoren, die "Glaubens-Aktionen" Franz von Assisis historisch genau zu beschreiben und zugleich in einen "heute aktuellen Kontext" zu stellen.

© Perlentaucher Medien GmbH