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Der Wunsch nach Wiedergutmachung von vergangenem Unrecht steht weltweit im Zentrum unseres moralischen Selbstverständnisses als Individuen und Gruppen. In einer Welt nach dem Kalten Krieg schenken wir der moralischen Verantwortung zunehmend Aufmerksamkeit. Aus dieser Perspektive macht es Sinn zu fragen, ob Entschädigungen für schweres historisches Unrecht bei der Lösung internationaler und innerstaatlicher Konflikte zu einem signifikanten Trend in der Politik geworden sind oder nicht. Der Historiker Elazar Barkan analysiert historische Schuld der Amerikaner, Deutschen, Schweizer, Japaner,…mehr

Produktbeschreibung
Der Wunsch nach Wiedergutmachung von vergangenem Unrecht steht weltweit im Zentrum unseres moralischen Selbstverständnisses als Individuen und Gruppen. In einer Welt nach dem Kalten Krieg schenken wir der moralischen Verantwortung zunehmend Aufmerksamkeit. Aus dieser Perspektive macht es Sinn zu fragen, ob Entschädigungen für schweres historisches Unrecht bei der Lösung internationaler und innerstaatlicher Konflikte zu einem signifikanten Trend in der Politik geworden sind oder nicht.
Der Historiker Elazar Barkan analysiert historische Schuld der Amerikaner, Deutschen, Schweizer, Japaner, Russen, Australier und entwickelt eine Theorie der Entschädigung.
Autorenporträt
Elazar Barkan, Historiker, lehrt an der Universität von Claremont (USA).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.11.2002

Entschuldigung
Wiedergutmachung für kollektives Leid
beginnt mit dem Eingeständnis von Schuld
ELAZAR BARKAN: Völker klagen an. Eine neue internationale Moral, Patmos Verlag, Düsseldorf 2002. 396 S., 26 Euro.
Als Joschka Fischer im September 2001 auf dem UN-Gipfel gegen Rassismus in Durban deutsche Schuld an den Verbrechen des Kolonialismus anerkannte, schien er ein neues Kapitel in der deutschen Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte aufzuschlagen. Sowohl Helmut Kohl als auch Roman Herzog hatten sich noch wenige Jahre zuvor geweigert, bei ihren Besuchen in Namibia offiziell eine Entschuldigung zu äußern, da dies in eine Klage auf Entschädigung seitens der Namibier hätte münden können. Kurz nach Fischers Rede geschah genau das: Vertreter der Herero aus Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika, klagten vor einem US-Gericht gegen deutsche Unternehmen und die Bundesrepublik auf Zahlung von vier Milliarden Dollar, doch sowohl Wirtschaft wie Bundesregierung lehnten dies ab. Noch ist der Ausgang des Verfahrens offen.
Dieser Prozess ist nur einer in einer ganzen Reihe, der die Entschädigung kollektiver Benachteiligung anstrebt. Meist finden sie nur kurz den Weg in die Schlagzeilen, wenn astronomische Summen gefordert werden. Der amerikanische Historiker Elazar Barkan hat nun diesen Trend untersucht, der in seinen Augen paradigmatisch mit den Wiedergutmachungszahlungen der Bundesrepublik an Israel begann. Diese Entschädigungsversuche seien in zweierlei Hinsicht wegweisend gewesen: zum einen, da Deutschland freiwillig seine Schuld anerkannte und finanziell auszugleichen suchte, und zum anderen, weil es die Opfer als Kollektiv anerkannte. Überlebende Juden wurden pauschal entschädigt und jüdische Organisationen unterstützt, ohne dass das Leid individuell nachgewiesen werden musste.
Das Beispiel machte Schule: Afro-Amerikaner fordern Entschädigung für die Sklaverei, koreanische „Trostfrauen” kämpfen um eine Anerkennung ihrer Leiden. Nicht immer geht es dabei nur um finanzielle Entschädigung. Mindestens ebenso wichtig ist das Eingeständnis des historischen Verbrechens; aber auch die symbolische Wiedergutmachung gehört dazu, wenn etwa US-Museen verpflichtet werden, indianische Skelette, von denen sie bis zu 600000 Stück in ihren Magazinen angesammelt haben, an die Nachfahren zurückzugeben, um ihre angemessene Bestattung zu ermöglichen. Aus solchen Gesten leitet Barkan eine neue Moral der Schuldanerkenntnis ab.
JÜRGENZIMMERER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Natan Sznaider findet diesen Band mit zehn Fallstudien über schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wie man diese später "entschädigt" ohne Einwände "faszinierend". Elazar Barkan sei es nämlich gelungen, vom historischen Einmaligkeitsduktus schlimmer Verbrechen wie in Auschwitz Abstand zu nehmen und stattdessen dafür zu plädieren, andere Verbrechen nicht daran zu messen, sondern prinzipiell um eine Wiedergutmachung bemüht zu sein. Seine Fallstudien seien denn auch in zwei große Abschnitte, den Kolonialismus und den 2. Weltkrieg, unterteilt. Hier komme, lobt der Rezensent, sämtliches Schlimmes zur Sprache, sei es die Sklaverei in den USA, die sexuelle Ausbeutung koreanischer Sklavinnen in Japan, die Vernichtung der Aborigines oder die Judenverfolgung. Dem Autor gehe es um Schuldanerkennung, eine prinzipielle Gerechtigkeit und Entschädigung. Denn finanzielle Transfers könnten, sei der Autor überzeugt, Feinde zu Verhandlungspartnern machen. Wer sich für diesen ganzen Themenkomplex interessiere, dem empfiehlt Sznaider dieses Buch als "unentbehrliche" Lektüre.

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