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Funktion nationaler Stereotype. Die Textdokumentation von Ruth Florack zeigt, dass Stereotype keine wechselseitigen Zuschreibungen, sondern Elemente eines grenzüberschreitenden Wissens voneinander sind. Anhand von Auszügen aus wissenschaftlichen Abhandlungen, literarischen Zeitschriftenbeiträgen, Reiseberichten, Komödien, Novellen uvm. kann der Leser verschiedene Nationalstereotype erkennen. Die Autorin verdeutlicht den soziokulturellen Kontext und die historische Bedeutung der 200 repräsentativen Texte und zeigt deren Funktion im deutsch-französischen Dialog.

Produktbeschreibung
Funktion nationaler Stereotype. Die Textdokumentation von Ruth Florack zeigt, dass Stereotype keine wechselseitigen Zuschreibungen, sondern Elemente eines grenzüberschreitenden Wissens voneinander sind. Anhand von Auszügen aus wissenschaftlichen Abhandlungen, literarischen Zeitschriftenbeiträgen, Reiseberichten, Komödien, Novellen uvm. kann der Leser verschiedene Nationalstereotype erkennen. Die Autorin verdeutlicht den soziokulturellen Kontext und die historische Bedeutung der 200 repräsentativen Texte und zeigt deren Funktion im deutsch-französischen Dialog.
Autorenporträt
Die Autorin: Ruth Florack, Studium der Germanistik und Romanistik in Münster und Toulouse; 1989 1993 DAAD-Lektorin an der Université de Rouen; 1994 Promotion; wissenschaftliche Assistentin an der Universität Stuttgart; gab den Band »Nation als Stereotyp. Fremdwahrnehmung und Identität in deutscher und französischer Literatur« (Tübingen 2000) heraus.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.02.2002

Die schönen Unbekannten
Deutsche und Franzosen in wechselseitiger Beschreibung

Das vorliegende Lesebuch ist das Ergebnis deutscher akademischer Gelehrsamkeit mit allen Vor- und Nachteilen. Die Herausgeberin hat zahlreiche Texte aus drei Jahrhunderten (circa 1550-1850) zusammengetragen, in denen deutsche und französische Autoren sich zusammenhängend über das jeweilige Nachbarland äußern. Alle Texte sind in mustergültiger Form im Originalwortlaut publiziert und kommentiert. In einer fast fünfzig Seiten umfassenden Einleitung wird der gegenwärtige Forschungsstand der vergleichenden Literaturwissenschaft über die interkulturelle Stereotypenforschung kritisch aufbereitet, wobei es vor allem um die Abgrenzung der Begriffe Bild, Stereotyp, Klischee und Vorurteil geht.

Das Ziel, eine breitere Öffentlichkeit für diesen Gegenstand zu erwärmen, wird jedoch kaum erreicht. Dafür sind die Erläuterungen zu akademisch und die Texte zu philologisch. Denn gut die Hälfte ist lateinisch, französisch oder frühneuhochdeutsch und verlangt vom Leser Sprachkenntnisse, die nicht mehr sehr verbreitet sind. Auch rennt das Vorwort offene Türen ein, denn es bestreitet die Möglichkeit, literarische Texte als unmittelbare Zeugnisse realer Verhältnisse zu lesen, weist darauf hin, daß Völkerstereotypen nicht erst mit dem Aufkommen der Nationalstaaten entstehen und daß es ein ständiges Wechselspiel von Selbst- und Fremdbildern gibt. Das sind eigentlich Selbstverständlichkeiten, denn Literatur ist grundsätzlich amimetisch. Sie vermittelt, vor allem in der älteren Zeit, eher Topos- als Erfahrungswissen, sie erfüllt also die Erwartungen des Lesepublikums, indem sie seinen Vorurteilen Nahrung gibt.

Daher bedienen sich Autoren aus einem jahrhundertealten, allen Völkern zur Verfügung stehenden Ideen- und Bildfundus. Sie passen ihre Entnahmen jedoch den jeweiligen Textsorten an, verfolgen historisch und gesellschaftlich bedingte Strategien und verändern das Vorgefundene durch Fortlassen, Erweitern oder Pointieren. Insofern müßten die Erfahrungen anderer Nachbarn mit berücksichtigt werden, denn das Deutschenbild der Franzosen wurde maßgeblich von den Römern (Tacitus) und Italienern (Petrarca) geprägt.

Hinzu kommt, daß die Werke, aus denen hier deutschland- beziehungsweise frankreichrelevante Auszüge abgedruckt werden, höchst unterschiedlicher Beschaffenheit sind. Es ist nicht unwichtig, ob ein Autor einen Reisebericht, eine Anstandslehre, eine Satire, einen Brief, einen Essay oder politische Kampfeslyrik schreibt, zumal diese Textsorten wesentlich sachbezogener sind als belletristische Texte, in denen es häufiger um Typen als um Stereotype geht, da Personen der anderen Nation Handlungsträger sind, die sich typisch verhalten. Nun haftet der hier gebotenen Sammlung in doppelter Beziehung etwas Antiquarisches an. Mehr als die Hälfte der Texte haben "illustres inconnus" zu Verfassern, so daß die Herausgeberin selber Zweifel bezüglich ihrer Repräsentativität hat. Die für die Völkertypologie interessanten literarischen Epochen werden im übrigen nicht behandelt, denn die Auswahl endet mit dem Jahr 1848. Vor allem die drei großen deutsch-französischen Kriege von 1870/71, 1914-18 und 1939-45 haben vorher und nachher wirklich bedeutsame literarische Texte hervorgebracht, die auch heute noch Aufmerksamkeit verdienen. Dabei reicht das Panorama von Maupassant über Romain Rolland bis zu Michel Tournier, von Theodor Fontane über Rainer Maria Rilke bis zu Ernst Jünger.

Die Konzentration auf einen Literaturbegriff, der politische Pamphletistik ausläßt, wäre hier allerdings nicht mehr aufrechtzuerhalten. Denn wenn maßgebliche Politiker länderspezifische Stereotype verwendeten, taten sie das meist in feindseliger Absicht. Der vorliegende Band hat dennoch das Verdienst, eine aufschlußreiche Quellensammlung als Grundlage eines besseren interkulturellen Verstehens zu bieten. Man kann ihn als Préhistoire einer noch heute virulenten Problematik lesen, die im Gefolge der unterschiedlichen Formen von Globalisierung im Augenblick literarisch nicht sehr fruchtbar ist. Auf die jeweilige diskursive Funktion des Stereotypgebrauchs wird zwar von der Herausgeberin hingewiesen, doch müsse sie in jedem einzelnen Fall und mit Bezug auf den jeweiligen Kontext geleistet werden. Die hier gebotene, in mehrfacher Hinsicht gewichtige Sammlung ist daher in erster Linie Anthologie und Lesebuch, verdient aber durchaus aufmerksame Leser und macht Appetit auf eine Fortsetzung.

FRANK-RUTGER HAUSMANN

Ruth Florack: "Tiefsinnige Deutsche, frivole Franzosen". Nationale Stereotype in deutscher und französischer Literatur. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart 2001. 931 S., geb., 102,16 .

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Rezensent Frank-Rutger Hausmann ist dies Buch "eine aufschlussreiche Quellensammlung als Grundlage eines besseren interkulturellen Verstehens". Die Herausgeberin habe "zahlreiche Texte aus drei Jahrhunderten" zusammengetragen ("in mustergültiger Form im Originalwortlaut publiziert und kommentiert"), in denen sich deutsche und französische Autoren über das jeweilige Nachbarland äußern. In der Einleitung werde der aktuelle Forschungsstand der vergleichenden Literaturwissenschaft über "interkulturelle Stereotypen" kritisch aufbereitet. Der Rezensent hat allerdings Zweifel, dass diese Publikation eine breitere Öffentlichkeit für das Thema "erwärmen" wird. Nicht nur, weil mehr als die Hälfte der Texte von unbekannten Autoren stammt, was bei Hausmann gelegentlich Zweifel an ihrer Repräsentativität weckt. Auch die Erläuterungen findet er "zu akademisch", die Texte "zu philologisch", gut die Hälfte seien in "lateinisch, französisch oder frühneuhochdeutsch" verfasst: vom Leser würden also Sprachkenntnisse verlangt "die nicht mehr sehr verbreitet" seien. Ob unser Rezensent etwa kein Französisch kann und dergleichen Kenntnisse deshalb für "nicht mehr sehr verbreitet" hält?

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"Wer die weitere Geschichte der wechselseitigen Fremd- und Selbsteinschätzung beider Nationen vom Humanismus bis 1848 verfolgen und vielleicht einmal umfassend beschreiben will, wird den Hauptteil des Buches mit den in der Originalsprache edierten und nur unwesentlich gekürzten Texten als wahre Goldgrube ausbeuten können." Rheinische Vierteljahrsblätter