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Aufgeweckt und schlagfertig ist Cyrus Readymoney. Er lebt mit seiner Familie in Bombay, dieser lauten, bunten und prallen Metropole. Gierig saugt der Heranwachsende alle Eindrücke und Angebote in sich auf und stüzt sich genussvoll ins Leben. Dieses berauschend schöne, freie Leben wird erstmals überschattet, als die Eltern sich trennen. Es findet ein jähes Ende, als der Vater stirbt und Cyrus gezwungen ist, erwachsen zu werden. "..ein beeindruckendes Debut,..., scharfsinnig, komisch und voller Tempo."(Salman Rushdie)

Produktbeschreibung
Aufgeweckt und schlagfertig ist Cyrus Readymoney. Er lebt mit seiner Familie in Bombay, dieser lauten, bunten und prallen Metropole. Gierig saugt der Heranwachsende alle Eindrücke und Angebote in sich auf und stüzt sich genussvoll ins Leben.
Dieses berauschend schöne, freie Leben wird erstmals überschattet, als die Eltern sich trennen. Es findet ein jähes Ende, als der Vater stirbt und Cyrus gezwungen ist, erwachsen zu werden.
"..ein beeindruckendes Debut,..., scharfsinnig, komisch und voller Tempo."(Salman Rushdie)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Völlig überrumpelt wurde Pia Reinacher zunächst von Ardashir Vakil, den sie als "Meister der flüchtigen Beobachtungen und blitzschnell gezeichneten Episoden" bezeichnet. Sie ist zunächst so sehr damit beschäftigt, die Handlung des Romans nachzuerzählen, daß sie gar nicht zum kritisieren kommt und dem Protagonisten, einem achtjährigen Jungen, durch das wilde Bombay hinterher hetzt. Einen "Erziehungsroman nach westlichem Muster" - vor fremder Kulisse aufgerollt, entdeckt sie dann. Und entscheidet schließlich, daß ihr das Buch gar nicht gefällt. Wischt mit einem harschen Schlußsatz die ganze indische Szenerie, die sie zuerst so sorgfältig ausgebreitet hat, wieder vom Tisch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2000

Hochhausschreie in Bombay
Sinnliche Härte: Ardashir Vakils Roman "Beach Boy"

Ist das eine Schule der Sinnlichkeit? Auf den ersten Blick könnte man es meinen. Der 1962 in Bombay geborene Autor Ardashir Vakil, der heute in London als Lehrer tätig ist, rückt in seinem Erstlingsroman den achtjährigen Cyrus Readymoney ins Scheinwerferlicht. In immer weiter ausholenden konzentrischen Erzählbewegungen führt er vor, wie der Junge in der gigantischen Weltstadt Bombay aufwächst: in einer mondänen, von westlichen Mustern infiltrierten Welt. Cyrus ist ein Schlingel, der sich störrisch jeder Ordnung widersetzt. Ein wilder Frechdachs, der nur partiell sozialisiert ist. Vor allem aber ist er ein lustgesteuertes Wesen, das sich den feinen Netzen der Erziehung raffiniert entwindet. Im Grunde tut er den ganzen Tag nichts anderes, als was sein Herz begehrt: träumen, faul dahintreiben, ab und zu Tennis spielen. Das wirkliche Zentrum seiner Existenz pulsiert da, wo es knusprige Uttapams oder gekochten Hilsa-Fisch zu haben gibt. Die Schule interessiert ihn nicht. Viel lieber versinkt er im körperwarmen Dunkel der Kinosäle, bewundert dick geschminkte Primadonnen mit wimperntuscheschweren Lidern, die im rosaroten Sari auf der Leinwand dahinstolzieren, und lässt sich von der schwülen Atmosphäre einlullen, vom schweren Geruch der Bidis, welche die Männer rauchen, vom Gemurmel der Frauen und den Schreien der Babys, die von weichen Brüsten zum Verstummen gebracht werden. Eine Gegenwelt zur Realität, die keine Forderungen stellt.

Aber Ardashir Vakil hat anderes im Sinn. Er zeigt den fast unmerklichen Zerfall des gesellschaftlichen Systems, in dem der Junge aufwächst; und er führt, spielerisch, anhand leichthin erzählter Episoden die wachsende Desorientierung seines heranwachsenden Helden vor, der keine Regeln und keine Ordnungen vorfindet, an die er sich halten könnte. Die Krise, in die das Kind gerät, äußert sich nicht als plötzliche Explosion, sondern als allmähliche Erosion seiner Existenz. Unheimlich, lange nur in feinen Zeichen wahrnehmbar, zerbricht die wabernde Lustwelt. Zu Hause schleicht sich Kälte ein, die Eltern geraten aneinander. Jetzt isst der Junge lieber bei Nachbarn, schläft in ihren Betten und nimmt an ihrem Leben teil.

Auch in der Schule nimmt das vegetative Dahintreiben ein abruptes Ende: in der Gestalt eines sadistischen Jesuitenpaters, der mit dem Hinauswurf droht und den Jungen blutig schlägt. Einmal beobachtet Cyrus, der in einem Glaspalast am Rand des Arabischen Meeres wohnt, wie die Fischer eine bleiche, aufgeschwemmte Leiche bergen. Dann wieder hört das Kind nachts die wilden Schreie der Eltern, die sich im Schlafzimmer schlagen. Die Mutter zieht mit den Kindern in ein Hochhaus in der Stadt. Der Vater bleibt allein im Glaspalast zurück und stirbt plötzlich an einem Herzinfarkt. Cyrus lernt eine Maharani kennen, eine einsame Fürstin, die von ihrem Mann verlassen wurde und die fünf junge Mädchen aus Dörfern in Rajasthan adoptiert hat. Manchmal hörte man Schmerzenslaute aus dem halb verfallenen Haus, in dem sie wohnt. Es heißt, sie schlage ihre Adoptivtöchter.

Jetzt begreift man, dass es in Wahrheit eine Schule der Domestizierung ist, die hier präsentiert wird; eine Schule der Beschneidung wilder Gefühle und wuchernder Sinnlichkeit, eine unaufhaltsame Fesselung dieses unbekümmerten, lebendigen Wesens durch Kultivierung. Und man entdeckt, dass der indische Autor vor einer für europäische Leser durchaus fremdartigen Kulisse einen Erziehungsroman nach westlichem Muster aufrollt. Geschickt arbeitet Ardashir Vakil mit emotionalen Wechselbädern, in die sein Held getaucht wird - eine harte Schule der Sozialisation. Krasse Gegensätze sind es, die das Leben des kleinen Cyrus definieren: Sinnlichkeit und Härte, materieller Überfluss und Zerfall, Geborgenheit und gähnende Gleichgültigkeit. Das Kind flottiert ohnmächtig dahin, ohne sich Rechenschaft zu geben, was eigentlich vorgeht, und ohne die geringste Ahnung eines handfesten Ziels.

Ardashir Vakil erzählt leichthin, auf der Oberfläche sinnlicher Wahrnehmung surfend. Seine Stärke sind die graziös arrangierten Bilder. Er ist ein Meister der flüchtigen Beobachtungen und blitzschnell gezeichneten Episoden. Die Schnappschüsse aus Bombay sind wie farbige Erinnerungen aus dem Reisealbum. Die Darstellung des ersten, noch halb kindlich unbewussten, aber doch schon triumphierenden erotischen Aufzuckens und der fast inzestuösen Initiation in sexuelles Revier durch die schwesterliche Freundin gehören zu den virtuoseren Etüden auf diesem Gebiet.

Und doch ist Vakils Stärke zugleich seine Schwäche. Mit fortschreitender Lektüre bekommt der muntere Erzählstrom etwas Beliebiges. Die Figuren locken den Leser nicht, weil sie kein Geheimnis bergen. Ein Buch wie ein Feuerwerk, das zischend abbrennt und rasch verlöscht.

PIA REINACHER

Ardashir Vakil: "Beach Boy". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Anette Grube. Kindler Verlag, München 1999. 250 S., geb., 38,- DM.

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