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Gabriel ist fünfzehn. Er lebt in London, geht auf eine ganz normale Schule und hat, so glaubt er, ganz normale Eltern. Bis sein Vater eines Tages seine sieben Sachen packt, die älteste Gitarre unter den einen Arm klemmt, die Trompete unter den anderen und verschwindet. Gabriels Mutter hat ihn rausgeschmissen. Von jetzt an ist, welch ein Glück, Schluß mit lautstarken Wortgefechten zwischen den Eltern. Sonst aber hat sich nichts gebessert. Plötzlich ist keiner mehr da, der Gabriel von den legendären sechziger Jahren erzählt, von den goldenen Zeiten des Rock, vom großen Lester Jones. Doch Gabriel…mehr

Produktbeschreibung
Gabriel ist fünfzehn. Er lebt in London, geht auf eine ganz normale Schule und hat, so glaubt er, ganz normale Eltern. Bis sein Vater eines Tages seine sieben Sachen packt, die älteste Gitarre unter den einen Arm klemmt, die Trompete unter den anderen und verschwindet. Gabriels Mutter hat ihn rausgeschmissen. Von jetzt an ist, welch ein Glück, Schluß mit lautstarken Wortgefechten zwischen den Eltern. Sonst aber hat sich nichts gebessert. Plötzlich ist keiner mehr da, der Gabriel von den legendären sechziger Jahren erzählt, von den goldenen Zeiten des Rock, vom großen Lester Jones. Doch Gabriel läßt sich nicht unterkriegen. Und was zunächst eine private Katastrophe zu werden schien, entpuppt sich für ihn, je weiter die Geschichte voranschreitet, als glückliche Fügung. Denn es gelingt ihm nicht nur, seine Eltern zu versöhnen, sondern auch, sich aus dem Schatten des idealisierten Vaters zu befreien. Gabriel entdeckt, daß er durchaus die Gabe hat, allein in der Welt zurechtzukommen. Und wer kann das als Fünfzehnjähriger - und nicht nur als solcher - schon von sich behaupten?
Autorenporträt
Hanif Kureishi wurde 1954 als Sohn einer Engländerin und eines Pakistani in Südengland geboren. Er schrieb die Vorlagen zu den Stephen-Frears-Filmen "Mein wunderbarer Waschsalon" und "Sammy und Rosie tun es". Mit "Der Buddha aus der Vorstadt" wurde er international bekannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.10.2001

Söhnlein brillant
Hanif Kureishi verbringt kindgerechte Lehr- und Wanderwochen

Gabriel ist fünfzehn und nicht auf den Kindskopf gefallen. Sein Vater David ist ein alternder Rockmusiker, ehemaliger Gitarrist in der Band des legendären Glam-Rockers Lester Jones, eines Prosa-Klons von David Bowie. Gabriels Mutter erträgt die Lethargie des nostalgischen Altrockers nicht mehr und wirft ihn aus der Londoner Wohnung. Das Wunderkind Gabriel braucht nicht mehr als 250 Seiten, um den schon ziemlich bemoosten väterlichen Rolling-Stone und die Mami mit Zellulitis-Erfahrung wieder zusammenzubringen. Dabei reift er selbst zur hoffnungsvollen Künstlerpersönlichkeit. Gabriels nichtsnutziger Vater wandelt sich vom versoffenen Slacker zum einfühlsamen Musiktherapeuten für verzogene Upperclass-Söhnchen. Kureishi verschreibt seinem Roman eine Happy-End-Therapie. Helfen tut sie nicht.

Der britische Autor Hanif Kureishi steuert zielstrebig auf die Fünfzig zu. Auch er hat Söhne. Sein neuer Roman liest sich wie das Erlebnisprotokoll eines stolzen Vaters. Was jedoch für die Gesellschaft fruchtbar ist, muß es nicht für die Literatur sein. Ein Vater-Sohn-Dialog kann schon für Involvierte anstrengend sein. Als Lesestoff bekommt er rasch den schalen Beigeschmack generationsübergreifender Verständigungstexte. Die Abenteuerlein von Kureishis Bübchen Naseweis weisen alle Qualitäten auf, die Großtanten und Patenonkel zärtlich-nachsichtig lächeln lassen würden. "Gabriels Gabe" ist eine Art Bildungsroman im Format einer ermunternden Elternbroschüre.

Gabriel muß nicht nur erwachsen werden, er will auch noch Künstler werden. Der süße Fratz ist kreativ. Ein Treffen mit der gut gealterten Pop-Ikone Lester Jones zerstreut alle künstlerischen Selbstzweifel und gibt ihm Kraft zum Malen. Das kleine Genie fühlt sich klischeegemäß dem lodernden Wahnsinn bedrohlich nahe, aber der Superstar mit den polychrom irisierenden Augen spricht ihm Trost zu: ",Och, alle sind irre. Aber manche können mit ihrem Irrsinn interessante Dinge machen.' Lester sah David an. ,Du hast Talent, das sag ich dir . . . und das vergißt du gefälligst nie wieder.'" Zeichenstunde und Ego-Coaching mit David Bowie. Die Malerei begeistert Gabriel, doch am liebsten möchte er Filme machen: "Geschichten in Bilder verwandeln, ein Traum, den er weitergab: das war der wahre Zauber, den Gabriel erleben wollte." Spätestens hier wird klar, daß der erfolgreiche Drehbuchautor Hanif Kureishi in "Gabriels Gabe" die Genese seiner eigenen Berufung zum Cineasten erzählt.

Das ästhetische Programm des löblichen Teenies ist anspruchsvoll; "billiges Videomaterial lehnte er ab". Kureishi phantasiert sich die blutleere Silhouette eines kreativen Wunderkindes zusammen, dem die Theorie der ästhetischen Avantgarde schon in die Wiege gelegt wurde: "Schöne Bilder, die früher noch die Leute schockierten, hatten ihre Kraft eingebüßt." In harter Nachtarbeit verdient sich das sensible Trennungskind seine Kreativ-Biographie: "Er ging an den Malschrank. Die Nacht verging. Er blieb bis zum Morgen auf und arbeitete."

Gabriels künstlerische Lehr- und Wanderwochen - länger dauert seine Reifung zum Artisten nicht - werden erleichtert durch Papis Kontakte in die glamouröse Londoner Show-Bizz-Szene. Die wartet mit überschäumenden Magnum-Portionen von banalen Künstlerweisheiten auf, die Kureishi seinem Leser als tiefe Wahrheiten über das Wesen der Kreativität verkaufen will. Der dauerkreative Rockstar Jones liebt Gabriel, der gemäßigt schwule Promi-Restaurateur hat einen Narren an ihm gefressen, und der millionenschwere Filmproduzent hat noch eine alte 35-Millimeter-Kamera und ein Bastelschränkchen voller Binsenweisheiten für ihn in der Garage: "Warum sollte man etwas machen, das einem zuwider ist?" fragt er, zwischen Dritt- und Viertwagen hockend. Zu solchen Selbstfindungsfloskeln serviert Kureishi die flachen Lebensmaximen des schluffigen Rockmusikanten David, dessen Weltsicht sich aus drei Akkorden zusammensetzt. Am schlimmsten jedoch sind die pädagogischen Erweckungspredigten des klampfenden Klangtherapeuten: "Lesen ist übrigens ziemlich interessant. Ich wünschte, ich hätte mehr gelesen, statt vor der Glotze oder im Pub rumzuhängen."

Die Dialoge in Kureishis Roman klingen manchmal wie der Erfahrungsaustausch auf dem Elternabend eines antiautoritären Kinderladens. Die Frühstücksidyllen samt neckischen Sticheleien und Knuffen in die Nierengegend erinnern an Margarine-Werbung: Fettarm und cholesterinbewußt kommt sie daher, die Slim-line-Literatur. Gabriel hat nichts anderes als das Glück seiner Eltern und die hehren Belange der Kunst im Kopf. Dieser minderjährige Prosa-Scherenschnitt wird nirgendwo zerknittert, nicht einmal durch das Zerren einer erwachenden Sexualität. Das trägt nicht nur nicht zu seiner Glaubwürdigkeit bei, sondern zeugt vor allem von Kureishis verkitschter Sicht auf die "Kids".

Zu allem Überfluß ist Gabriels telekinetischer Karriereberater der Geist seines verstorbenen Zwillingsbruders Archie, der ihm immer im richtigen Moment die richtige Farbtube reicht. "Gabriels Gabe" handelt von Selbstverwirklichung, Erwachsen-, Älter- und Häßlicherwerden und nicht zuletzt von effizienter Paartherapie. Alles Themen, über die ein Wochenend-Workshop auf dem Lande den Interessierten umfassender belehren könnte als dieser Roman.

In Kureishis London herrscht inzwischen die gleiche Atmosphäre wie in Berlins neuer Mitte. Cool Britain ist übersät mit schicken Bars, "wo junge Menschen das tun konnten, was sie am meisten beglückte: sich selbst und andere in zahlreichen Spiegeln betrachten". Mit "Gabriels Gabe" ist Hanif Kureishi endgültig im neuen London und bei intimistischer Selbstbespiegelung angekommen. In Filmen wie "Mein wunderbarer Waschsalon" und "Sammy und Rosie tun es" brannten Londons Vorstädte, und der Drehbuchautor Kureishi zeigte revolutionäres Feuer. Heute köchelt er privates Beziehungsratatouille auf kleiner, gemütlicher Flamme, um die sich schließlich wieder alle Parteien in trauter Eintracht versammeln.

Am Ende des Romans dreht Gabriel seinen ersten Film - mit gerade einmal fünfzehn Jahren: ",Kamera ab!' rief er. ,Kamera ab! Und - Action!'" Auf ebendiese Worte ist Kureishis Werk ausgerichtet. Wie viele der vorangegangenen Romane und Theaterstücke wird sicher auch dieses, sein neuestes Buch verfilmt werden. Zur Not sorgt schon Kureishis Kumpel David Bowie oder einer der mit ihm befreundeten Filmproduzenten dafür. Der Roman "Gabriels Gabe" aber wäre in dem Fall eine Vorstufe zum Filmskript, die man getrost überspringen kann.

STEPHAN MAUS

Hanif Kureishi: "Gabriels Gabe". Roman. Kindler Verlag, Berlin 2001. 297 S., geb., 39,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht viel mehr als Hohn und Spott hat Rezensent Stephan Maus für Hanif Kureishis neusten Roman übrig. Es handelt sich, so Maus, um eine Art "Erlebnisprotokoll eines stolzen Vaters". Beschrieben wird die Künstlerwerdung eines Teenagers, mit Hilfe erst einer David-Bowie-ähnlichen Musik-Ikone, dann wird gemalt und am Ende gar, vom 15jährigen, ein Spielfilm gedreht. Im Laufe dieser Geschichte muss man offensichtlich so manches ertragen: Klischees allerorten, "Magnum-Portionen von banalen Künstlerweisheiten", dazu "Selbstfindungsfloskeln". Wohlfeile Botschaften gibt es auch, etwa die, dass Lesen besser ist als Fernsehen. Das alles zusammengerührt ergibt nach Maus nicht mehr als "privates Beziehungsratatouille", von dessen Genuss der Rezensent entschieden abrät.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der bekannte Film- und Buchautor Kureishi führt ins London der Alt-68er: einst Carnaby Street, heute Sozialhilfe. Einfühlsam und kraftvoll erzählt er, wie der 15-jährige Gabriel der Trennung und dem sozialen Abstieg seiner Eltern den Glauben an seine eigene Begabung als Maler und Jungfilmer entgegensetzt. Eine glückliche Kindheit läßt ihm Flügel wachsen und trägt ihn zum Happy End. Ein wunderbares Buch, fern aller Klischees." (Focus)