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Was Jugendliche ihren Eltern nicht verraten: Wir amüsieren uns und werden klug Computerspielen und Fernsehgucken macht dumm - das wissen Eltern und Lehrer schon lange. Alles falsch, sagt Steven Johnson. Viele Computerspiele trainieren das Gehirn und steigern die Intelligenz! Fernsehserien fördern die emotionale Intelligenz, das Lesen und Verstehen sozialer Signale!
Kinder und Jugendliche sollten nicht so viel vor ihren Spielekonsolen und Fernsehern hocken und lieber mehr Bücher lesen. Da sind sich alle einig - die Lehrer, Eltern und Erziehungsexperten. Aber kennen sie die Welt der
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Produktbeschreibung
Was Jugendliche ihren Eltern nicht verraten: Wir amüsieren uns und werden klug Computerspielen und Fernsehgucken macht dumm - das wissen Eltern und Lehrer schon lange. Alles falsch, sagt Steven Johnson. Viele Computerspiele trainieren das Gehirn und steigern die Intelligenz! Fernsehserien fördern die emotionale Intelligenz, das Lesen und Verstehen sozialer Signale!

Kinder und Jugendliche sollten nicht so viel vor ihren Spielekonsolen und Fernsehern hocken und lieber mehr Bücher lesen. Da sind sich alle einig - die Lehrer, Eltern und Erziehungsexperten. Aber kennen sie die Welt der Computerspiele überhaupt, in der die Jugendlichen - und immer mehr junge Erwachsene - zuhause sind? Oder sind sie in der Vorurteilsfalle gefangen, vor der schon Marshall McLuhan gewarnt hat: Die jüngere Vergangenheit ist stets in uns präsent, färbt also unweigerlich den Blick auf eine neue Medienform. Dabei ist die populäre Kultur - ob Fernsehen, Internet oder Games - in den vergangenen Jahrzehnten immer komplexer und intellektuell anspruchsvoller geworden. Johnson hat beobachtet, dass Kinder sich beim Computerspielen mit kniffligen Sachverhalten beschäftigen, die ihnen im Unterricht nur ein Gähnen entlocken würden. Denn man merkt gar nicht, dass man lernt, während man die Spielwelt erforscht und unterschiedlichste Informationen auf mehreren Ebenen kombiniert. So wird eine neue, nichtlineare Form des Denkens geschult. Und wer sich moderne Fernsehserien wie 24 ansieht, muss dem komplexen sozialen Netzwerk der vielen Charaktere folgen. Dabei trainiert man seine emotionale Intelligenz, die Fähigkeit, soziale und emotionale Signale zu verstehen.
Autorenporträt
Johnson, StevenSteven Johnson, Autor u. a. des US-Bestsellers Mind Wide Open: Your Brain and the Neuroscience of Everyday Life (2004) und von Interface Culture. Wie neue Technologien Kreativität und Kommunikation verändern (1999), schreibt für das_ Discover Magazine_, für Wired, Slate und das_ New York Times Magazine._ Johnson lebt in New York mit seiner Frau und seinen beiden Kindern.

Topalova, VioletaVioleta Topalova, Jahrgang 1975, Studienfächer Amerikanistik und Komparatistik. Übersetzungen aus dem Englischen und Bulgarischen, u.a. Steve Coll, Alex Goldfarb, Nasrin Alavi, Steven Johnson, Sara Shepard, Robert Ludlum, Colleen McCullough, Ewan McGregor.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2007

Nennen wir's nicht Verblödung, nennen wir's neue Intelligenz
Argumente sind auch nur Botenstoffe: Steven Johnson verteidigt das schlechte Niveau von Videospielen und Fernsehserien

Vor diesem Buch muss eindringlich gewarnt werden. Im Selbstversuch zeitigte es erschreckende Folgen. Während der Lektüre starrten wir stundenlang mit leerem Blick auf endlose Buchstabenfolgen. Nur mit der rechten Hand führten wir alle paar Minuten zuckende Blätterbewegungen durch, um die Seite umzuschlagen und den Sprung ins nächste Kapitel zu schaffen. Nachher fühlten wir uns ausgelaugt, und noch beim Einschlafen geisterten Wörter wie "Schläferkurve" oder "Strat-o-matic" durch unser Bewusstsein.

Natürlich sagt diese Beschreibung von Symptomen nichts über die Qualitäten dieses anregenden Buchs aus. Denn äußerlich stellten Leser immer schon ein Horrorbild der Vereinsamung und Weltabgewandtheit dar. Für die oberflächliche Betrachtung muss es ein ewiges Rätsel bleiben, was uns an Büchern seit zwei Jahrtausenden fasziniert. Eine ähnliche Sachlage stellt nun der amerikanische Sachbuchautor Steven Johnson bei weniger gut beleumundeten Erfindungen mit kürzerer Historie wie Computerspielen, Internet und Fernsehen fest - also bei Medien, die uns nach landläufiger Meinung nicht klüger, sondern dümmer machen.

Im amerikanischen Original trägt "Neue Intelligenz" den lustigeren Titel "Everything Bad Is Good for You" - und das klingt nach einer Kampfschrift, die uns das schlechte Gewissen beim Glotzen, Surfen und Daddeln austreiben will. Tatsächlich geht es auch Johnson um eine Verteidigung der Massenkultur gegen die "Verblödungs-Hypothese". Doch er fordert nicht etwa den hochkulturellen Adelsschlag für den Trash. Die Storys der meisten Computerspiele, so räumt Johnson ein, "entsprechen dem Niveau schlechter Hollywoodfilme". Doch statt der Inhalte interessieren den gleichermaßen mit Literaturtheorie und Neurowissenschaft geschlagenen Autor jene Vorgänge im Hirn des Mediennutzers, die beim Vergleich mit klassischem Bildungsgut unsichtbar bleiben.

Ihren Sitz im Leben haben Johnsons Überlegungen bei seinen Erfahrungen mit Würfel-Baseball-Spielen - frühen Sportsimulationen, die noch ohne Computer und Monitor auskamen und mit Hilfe von Spielwürfeln und Referenztabellen auf dem Papier ausgetragen wurden. Diese hochkomplexen Spiele, denen Johnson als Kind ganze Wochenenden widmete, sind hermetische Wissenschaften, die sich dem Erwachsenen später nicht mehr erschließen. Aus dem Anblick der Zahlenkolonnen, die den denkbar krassesten Gegenpol zum Realismus verkörpern, erwuchs ein Zweifel an der Allerweltsthese, beim Spielen gehe es zunächst um Lustgewinn und schnelle Befriedigung, während nur ernsthafter Zeitvertreib geistige Anstrengung und das Abarbeiten am Gegenstand erfordere.

"Spiele sind Teufelszeug und können einen zum Wahnsinn treiben", stellt Johnson nüchtern fest. "Sie sind nämlich höllisch schwer." Den Grundbefund, dass Unterhaltungsprodukte viel öfter für Frustration als für Wunscherfüllung sorgen, verlängert er auch in die scheinbar widerstandslosen Welten des elektronischen Hyperrealismus. Jeder, der schon einmal eine halbe Nacht mit Lara Croft in unterirdischen Tempelanlagen verbracht hat und über Stunden den Ausgang aus einer Grabkammer suchte, wird diesem umgewerteten Höhlengleichnis zustimmen. Die meisten Computerspiele appellieren eher ans Pflichtbewusstsein als an den Hedonismus: Preußen war der reinste Freizeitpark im Vergleich zu einer mit Aufträgen und Jobs vollgepackten Welt wie der Gangsterstadt in "Grand Theft Auto".

Folglich setzen Videospiele auch weniger die fürs Glücksgefühl zuständigen Endorphine in Bewegung als das Belohnungssystem des Dopamins. Aus neurowissenschaftlicher Sicht ist Kreativität eine erstaunlich eindimensionale Angelegenheit: Nur ein vom Körper erzeugter Mangel am Botenstoff Dopamin treibt uns an, nach Lösungen für Probleme zu suchen und selbst ein schier unüberwindliches Level zum zehnten Mal durchzuspielen, bis die Dopaminquelle endlich sprudelt. Demnach regt jedes Spiel, ganz gleich wie abwegig sein Szenario in der Nacherzählung anmuten mag, den Forscherdrang an und ruft zum restlosen Erkunden seiner "Physik" auf. Denn anders als bei klassischen Gesellschaftsspielen besteht bei Videospielen das unausgesprochene Ziel stets darin, die Gesetze der Spielewelt zu entschlüsseln. Und diese Regelwerke haben sich seit den simplen Labyrinthen von "Pacman" zu ganzen Disziplinen ausgewachsen, die von ihren Anwärtern härtestes Studium verlangen.

Natürlich verwischt Johnsons formalistischer Blick den Unterschied, der die Meisterschaft in "World of Warcraft" vom Expertentum in Mediävistik unterscheidet. Und auch seine Untersuchung des Fernsehens und des Internets sieht im Namen der Strukturen von den Gegenständen ab. So vergleicht er, um das gestiegene Niveau durchschnittlicher Fernsehserien zu veranschaulichen, ein Diagramm der Handlungsstränge von "Starsky & Hutch" mit einer Folge von "The Sopranos". Während der Klassiker aus den Siebzigern wie ein aus einem Holz geschnitzter Balken aussieht, gleicht die seit 1999 ausgestrahlte Mafia-Serie einem wilden Lochstreifen. Und das Beziehungsnetzwerk aus "24" stellt in seiner Komplexität jeden Roman von Dostojewski in den Schatten. Avantgardistische Serien zielen heute, so Johnson, nicht auf ein Elitenpublikum wie im Bildungsfernsehen, sondern auf die Massen. Und ähnlich wie bei Computerspielen hält ein eingebautes Belohnungssystem die Zuschauer intellektuell bei der Stange: So gibt es bei den "Simpsons" immer wieder eine Extraportion Komik für all jene, die genauer hinsehen und die Anspielungen auf Hollywoodklassiker entdecken.

Grundsätzlich erfrischt eine Perspektive, die das immer dichter besiedelte Medienumfeld als Schule unserer Intelligenz entdecken möchte und sogar für den statistischen Anstieg des Intelligenzquotienten verantwortlich macht. Auf der anderen Seite wird man nicht jeden Leser für blöde halten wollen, der sich von Johnsons Lob des schlechten Niveaus für dumm verkauft vorkommt.

ANDREAS ROSENFELDER

Steven Johnson: "Neue Intelligenz". Warum wir durch Computerspiele und TV klüger werden. Aus dem Amerikanischen von Violeta Topalova. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2006. 238 S., br., 8,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rundum zufrieden ist Burkhard Müller mit Steven Johnson. Der widerspreche nämlich nicht nur der vorherrschenden Meinung, Computerspiele und Fernsehen lassen die Jugend verblöden, sondern stützt diese Behauptung auch noch wissenschaftlich einwandfrei, wie Müller befindet. Herausgekommen sei ein "entspanntes, unterhaltsames, geistreiches" Buch, meint der Rezensent, der die Ausführungen Johnsons über die eine Jugend, die aufgrund von Computerspielen und immer komplexer werdenden Fernsehserien etwa noch nie so gefordert war wie heute, unwidersprochen und offenbar interessiert widergibt. Gut gefällt ihm auch Johnsons positives Menschenbild, das Jugendliche als aktive, neugierige Personen begreift. Stevenson ist für ihn deshalb so glaubwürdig, weil er nicht messianisch für die neuen Medien trommelt, sondern auch den alten, wie dem Buch, ihren Platz einräumt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Johnson hat ein entspanntes, unterhaltsames, geistreiches Buch geschrieben.« Süddeutsche Zeitung