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Über 6000 Leser besuchen die Seite täglich, aber es gibt keinen Chat und nichts zu gewinnen. Warum? Weil Elke Naters und Sven Lager Schriftsteller und Künstler eingeladen haben, deren Arbeit und Denken nicht nur für sie, sondern auch für unsere Zeit wichtig ist. Die Idee zu 'the Buch' kam aus der Erfahrung im pool (www.ampool.de), dem täglichen Schreiben. Was ist literarisch daran, im Internet zu schreiben? Die Sprache der Gegenwart, die Kunst des Moments. 'the Buch' bündelt das, über zwanzig Autoren und Künstler haben es gemeinsam geschrieben und gestaltet, nicht als Anthologie, sondern als…mehr

Produktbeschreibung
Über 6000 Leser besuchen die Seite täglich, aber es gibt keinen Chat und nichts zu gewinnen. Warum? Weil Elke Naters und Sven Lager Schriftsteller und Künstler eingeladen haben, deren Arbeit und Denken nicht nur für sie, sondern auch für unsere Zeit wichtig ist. Die Idee zu 'the Buch' kam aus der Erfahrung im pool (www.ampool.de), dem täglichen Schreiben. Was ist literarisch daran, im Internet zu schreiben? Die Sprache der Gegenwart, die Kunst des Moments. 'the Buch' bündelt das, über zwanzig Autoren und Künstler haben es gemeinsam geschrieben und gestaltet, nicht als Anthologie, sondern als Gemeinschaftswerk. Für 'the Buch' haben sie sich im Netz getroffen wie in einem geheimen Salon, um einer Idee Form zu geben, die neu ist. Sie reagieren aufeinander, ergänzen sich und schaffen so einen Fluss der Geschichten und Bilder, der alles mit sich bringt: Literatur, Kunst, Mode, Architektur, Musik, Film, Politik und das tägliche Leben der Gegenwart.
Autoren und Künst ler von 'the Buch': Marc Brandenburg, Rebecca Casati, Antje Dorn, Ursula Döbereiner, Kathrin Glosch, Martin Heckmanns, Britta Höper, Tom Kummer, Helmut Krausser, Andrian Kreye, Sven Lager, Antje Majewski, Eva Munz, Elke Naters, Andreas Neumeister, Eckhart Nickel, Cord Riechelmann, Carmen v. Samson, Lorenz Schroeter, Cathy Skene, Moritz von Uslar.
Autorenporträt
Sven Lager, 34, lebt und arbeitet in Berlin. Er ist in Deutschland aufgewachsen, aber Schwede, was ihm sein Leben lang sowohl Zivil- als auch Militärdienst erspart hat. Seine Leidenschaft sind die Insekten, die er schon seit frühen Jahren beobachtet und sammelt. Mit Elke Naters gründete er im Juni '99 pool, zu finden unter www.ampool.de.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.10.2001

Vorsicht, Nichtschwimmer
22 Autoren im Chatroom: "the Buch. Leben am pool."

Das architektonische Zeichen von Erfolg, sozialem Prestige und Glamour ist der Pool. Der Pool holt ein bißchen Jet-set-Gefühl in die eigenen vier Wände und ist aus der Vogelperspektive das I-Tüpfelchen auf jedem Eigenheim. Zwei Jungautoren, Elke Naters und Sven Lager, wollten auch einen Pool. Im Jahre 1999, als die Internet-Aktien noch gut im Kurs standen, eröffneten sie unter der Webadresse http://www.ampool.de ein Literaturforum, in dem ausschließlich geladene Autoren ihre Texte veröffentlichen konnten. Als die Website Opfer eines Hacker-Angriffes wurde und anonyme Autoren im Namen der etablierten Schriftsteller schrieben, schlossen die Verantwortlichen schnell ihr Forum, bis der Angriff abgewehrt war. Hätte man den Unterschied bemerkt?

Nun gibt der Verlag Kiepenheuer & Witsch eine Auswahl an Texten aus dem Internet-Forum als Paperback heraus: Leben am Pool - the Buch. Beruhigend für alle Kulturpessimisten und Technik-Kritiker: am Ende, wenn alles Risikokapital riskiert und aller Cashburn verglüht ist, wenn die gefallenen Business-Angels und New-Economy-Cherubim flügelspitzenkauend in der Ecke hocken, zählt doch wieder nur der Buchwert. So kam Rainald Goetz' Online-Tagebuch "Abfall für alle" bald bei Suhrkamp heraus (und wurde verkaufsfördernd aus dem Netz genommen), Thomas Hettche und Jana Hensel gaben Texte aus ihrem Internet-Projekt "Null" als bibliophil anmutende Textsammlung auf losen Druckbögen heraus. Hier unterstrich eine bewußt archaisch anmutende Präsentation der Texte den Kontrast zum ursprünglichen High-Tech-Medium, schweres, fransiges Papier statt immaterieller Einser und Nullen.

Obwohl alle gängigen Web-Browser eine Printfunktion haben, schicken die Verlage die Netzliteratur durch ihre Druckpressen. Doch was ist nun das Spezifische dieser Literatur aus dem Netz? Eigentlich nichts außer ihrer Kürze. Die Textlänge wird in der Netzliteratur meist von den Rändern des Computerbildschirms diktiert - muß der Leser zu viel scrollen, wird er sich trollen. Das Medium drückt den Texten seinen Stempel nur in der Präsentationsform, nicht in Inhalt und Funktion auf. Hin und wieder treten die Texte unterschiedlicher Autoren zwar miteinander in Dialog, doch selten nutzen die Vernetzten die Möglichkeit, Motive, Themen oder Fragen wiederaufzunehmen und auch ihre Textbausteine zu vernetzen.

Das technische Medium mit all seinen Kabeln, Sonderzeichen und surrenden Kühlaggregaten scheint vor allem einen Verfremdungseffekt zu versprechen und es so den Cyber-Autoren zu erleichtern, besonders ungehemmt über sich selbst zu schwadronieren. Hinter dem Schutzwall der Technik schwindet jede Scham. Im Bildschirm spiegelt sich das Gesicht des Schriftstellers, im Text dreht sich alles um das Ego des Autors. So erlauben sich etwa hier die Herausgeber Elke Naters und Sven Lager das zwiespältige Vergnügen, ihre eigene Beziehung online zu zelebrieren.

Viele der Pool-Autoren beschäftigen sich hauptberuflich mit Stilkritik. In allen möglichen Medien erläutern sie, welche Krawattennadel zu welchem Sockenlabel paßt. Seltsam, daß noch keiner von ihnen gemerkt hat, daß die Vermeidung unbehauener Privatanschauungen zu den ersten Voraussetzungen von literarischer Erheblichkeit gehört. Gerne heben die Autoren auch einfach nur den Blick und chatten flugs darüber, was draußen vor dem Fenster so los ist. Der Meister solch semi-lyrischer Hinterglasmalerei ist Eckhart Nickel, dem beim Blick durchs Thermopane noch immer eine raunende Allegorie auf das Leben schlechthin einfällt. Ihm entgeht keine Mode-Sandalette und kein Style-Accessoire, die in Blickweite seines Atelier-Ausgucks vorüberziehen. Verläßt er das Haus, gibt ihm die verzweifelte Suche nach seinem Lieblingsdeoroller (Linique!) einen Denkanstoß. Solche Texte tragen das fragwürdige Label Pop-Literatur und sind mittlerweile zur literarischen Leitkultur avanciert. Doch kleinster gemeinsamer Nenner aller Pop-Literaten scheint die englische Allwetter-Jacke der Marke Barbour zu sein, in deren geräumige Rückentasche problemlos ein erlegter Fuchs, ein Band von Bret Easton Ellis und alle Platten von Madonna passen.

Der Reporter Andrian Kreye macht sich in einer Philippika gegen die kulturlosen Dotcom-Millionäre eine bemerkenswert anachronistische Idee vom Autor in modernen Zeiten: "Schriftsteller leiden für ihr Werk jahrelang in ihrer Kammer, bevor sie ihren Ruhm genießen dürfen." The Buch beweist das Gegenteil. Was früher sang- und klanglos als Rohmaterial in der Schublade verschwand, wird heute mit einem Mausklick einfach ins Netz gestellt, um ein Jahr später vom Cyber- in den Regal-space runtergeladen zu werden. Der Pop-Urahn Rainald Goetz hat hier schon alles zum Thema gesagt: Abfall für alle. Hauchdünne, um sich selbst kringelnde Hobelspäne aus den Schreibwerkstätten.

Der Schickeria-Interviewer Moritz von Uslar zum Beispiel leidet an Schreibhemmungen, sobald er nicht mehr nur Fragen stellen darf, sondern, hey, einfach mal eigene Texte schreiben soll. Seine Blockade verbrämt er am Pool mit verquasten Texten in locker gefügtem Zeilenumbruch: "Ah ja. / Na dann: Prost. / Apfel A. Und weg." Leider eben nicht. Aber wurscht, Literatur ist ihm sowieso zu langsam: "Es müßte noch schneller gehen, das Hintippsen. Bitte, am besten, idealerweise: sprechschnell." Prosa als selbstversunkenes Interview mit dem eigenen Bauchnabel. Überhaupt stehen diese unkomplizierten Stegreif-Autoren verwundert vor dem mysteriösen Laboratorium ihrer jungen Körper und erstatten begeisterten Rapport über wunderbare Alchimien: "Liebe Nelke, ich habe sicher 15 Äpfel heute getrunken, 2 sehr große Rote Bete und 12 Möhren. Der Entsafter macht Spaß. Mein Urin ist pink." Wenn Literatur zum autobiographischen Entsafter gerät, macht sie nicht mehr so viel Spaß. Für die Rekonstruktion des Lebensgefühls zu Beginn dieses Jahrtausends wird das Buch allerdings viel interessantes Material bereithalten. Genau wie der Quelle-Katalog.

Das Layout des Buches ist aufgelockert von Bildern. Einige sind von dem Fotografen Marc Brandenburg, dessen OEuvre laut biographischer Notiz ein "Substrat von amorphen Eindrücken" ist. Leider bestehen auch die meisten Texte aus sehr amorphen Eindrücken. Insgesamt bemühen sich die Autoren, so weltumspannend wie das Internet selbst zu sein. So entsteht zwischen New York und Bangkok, Los Angeles und Berlin ein Netz von Miles-and-more-Schnipselchen. Einzig Andrian Kreye und Tom Kummer vermögen Interessantes aus der Ferne zu berichten. Elke Naters hingegen sitzt einfach mailend in Bangkok und wartet auf die neueste Ausgabe der "British Vogue". The Buch ist ein Krabbeltisch, in dem man auch mal ein Schnäppchen machen kann. Aufmerksam studieren läßt sich so etwas schlecht. Man kann höchstens ein bißchen darin herumwühlen.

STEPHAN MAUS

Sven Lager, Elke Naters (Hrsg.): "the Buch. Leben am pool." Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2001. 379 S., br., 25,50 DM

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

""Muss der Leser zuviel scrollen, wird er sich trollen" beschreibt Stephan Maus das Leseverhalten von Netzliteratur-Usern. Deshalb seien die Elaborate dieser Literaturform eher kurz, für den Rezensenten offensichtlich noch eins ihrer positivsten Merkmale. Denn die Frage, was das Spezifische an Literatur aus dem Netz ist, fällt nach seiner Lektüre von "the buch" recht nüchtern aus: dies technische Medium verspreche wohl vor allem einen "Verfremdungseffekt", der es den Cyberautoren erleichtere, "besonders ungehemmt über sich selbst zu schwadronieren". Was früher sang- und klanglos in der Schublade verschwunden sei, werde nun mit einem Mausklick "einfach ins Netz gestellt". Und wo Literatur zum "autobiografischen Entsafter" gerät, macht sie keinen Spaß. Jedenfalls unserem Rezensenten nicht. Der wundert sich außerdem, wieso noch keiner der am pool versammelten Autoren gemerkt hat, dass "die Vermeidung unbehauener Privatanschauungen" zu den "ersten Voraussetzungen von literarischer Erheblichkeit" gehört.

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