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Produktdetails
  • insel taschenbuch 2933
  • Verlag: Insel Verlag
  • Seitenzahl: 267
  • Deutsch
  • Abmessung: 14mm x 108mm x 177mm
  • Gewicht: 201g
  • ISBN-13: 9783458346333
  • ISBN-10: 3458346333
  • Artikelnr.: 11259455
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.06.2003

Kleine Großmacht
Summ, summ, summ, ergo sum:
„Von Fliegen und Menschen”
Kaum ist der Sommer da, schon tauchen Schwärme von Anthologien auf. Über Meer und Strand, Kuss und Liebe. Oft sind das hastig vollgeschnipselte, ziemlich leere Körbe. Die heimliche Königin des Sommers lässt sich mit sowas nicht abspeisen. Ihre ebenso witzige wie kundige Anthologistin ist sowohl in der Lage, auf knapp 15 Seiten die Kulturgeschichte einer kleinen Großmacht „Von Babylon bis ins Genlabor” darzulegen, wie den Satz des Biologen Karl von Frisch im Abschnitt „Fliegosophisches: Reime, Sprüche, Fabeln” zu widerlegen: „Mit einer Stubenfliege kommen wir auch bei längerem Zusammensein in kein persönliches Verhältnis.” Jemanden im Affekt erschlagen, jemanden so verbissen jagen wie Ahab den weißen Wal, das soll „kein persönliches Verhältnis” sein?
Man kann in dieser klug komponierten, auf Gedichte und kleine Prosa konzentrierten Anthologie mit Wilhelm Busch oder Robert Gernhardt auf Fliegenjagd gehen oder Christian Morgensterns Revnache-„Fliegenplaneten” besuchen, wo Menschen auf Bändern voller Honig kleben. Aber die Fliege ist hier nicht nur Störenfriedin und Widerpart, sondern zugleich kurzlebiges Spiegelwesen des Menschen, das ihn leicht auf metaphysische Gedanken bringt, nicht abzuschüttelnde Botschafterin der letzten Dinge, grimmig verscheucht von Martin Luther, anerkannt von Blaise Pascal. „Die Macht der Fliegen: sie gewinnen Schlachten, hindern unsere Seele zu handeln, fressen unsere Körper.” Von Goethe bis Musil schließt der naturkundliche Blick die Fliege in Prosa- Bernstein ein. Brecht widmet ihr eine Filmerzählung. An den Rändern öffnen sich die Abgründe des Unheimlichen, in Canettis „Fliegenpein”, bei Nicolas Bouviers „Asiatischen Fliegen”, in Kurt Drawerts Kadaver-Gedicht.
lmue
MARGRIT WYDER (Hrsg.): Von Fliegen und Menschen. Geschichten und Gedichte. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2003. 268 Seiten, 8 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Es wurde Zeit: Endlich mal ein Buch, das zusammenstellt, was Dichtern und Denkern zu einem ungeliebten Genossen eingefallen ist: zur Fliege nämlich, musca domestica. Im Buch selbst sind die Tiere in Abbildungen, Seite für Seite zu bewundern, wie "lebensecht", meint der "kru." zeichnende Rezensent beinahe erschrocken. Was eigentlich drinsteht, darüber erfährt man allerdings nicht so viel. Wilhelm Busch kommt vor und auch Heinrich Heine mit seiner Bemerkung: "Geflügel bekommen wir nur dann, wenn uns etwa eine Fliege in die Suppe fällt." Scheint jedenfalls so, als hätte es dem Rezensenten geschmeckt.

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