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Italien in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Die Anschläge der linksterroristischen Roten Brigaden fordern immer mehr Todesopfer. 1978 wird der ehemalige Ministerpräsident Aldo Moro entführt und ermordet; die wahren Beweggründe sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt. In seinem neuen Roman erzählt Roberto Cotroneo vor dem realen Hintergrund des auch in Deutschland spektakulären Entführungsfalls eine fiktionale und doch ganz und gar wahrscheinliche Geschichte.
Immer wieder kreuzen sich die Wege von Cristiano Costantini und Giulia Moresco in diesen Jahren aus Blei. Sie stammen
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Produktbeschreibung
Italien in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Die Anschläge der linksterroristischen Roten Brigaden fordern immer mehr Todesopfer. 1978 wird der ehemalige Ministerpräsident Aldo Moro entführt und ermordet; die wahren Beweggründe sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt. In seinem neuen Roman erzählt Roberto Cotroneo vor dem realen Hintergrund des auch in Deutschland spektakulären Entführungsfalls eine fiktionale und doch ganz und gar wahrscheinliche Geschichte.

Immer wieder kreuzen sich die Wege von Cristiano Costantini und Giulia Moresco in diesen Jahren aus Blei. Sie stammen aus ganz unterschiedlichen Elternhäusern. Da ist Giulias Vater, ein unnachgiebiger Kommunist, eine wichtige Person in der KPI. Cristianos Vater dagegen ist Faschist und spioniert für den italienischen Geheimdienst. Durch ihren Vater mit den richtigen Verbindungsleuten bekannt gemacht, wird Giulia unwissentlich für die Entführer von Aldo Moro tätig. Cristiano ergreift - vor allem aus Protest gegen seinen Vater - die Gelegenheit zum bewaffneten Kampf und taucht unter.

30 Jahre später: Cristiano lebt längst unter falschem Namen in Argentinien, da stößt Giulia auf ein offenbar gezielt hinterlegtes Bekenntnisschreiben von Cristianos Vater, das ein verstörend neues Licht auf die Vergangenheit wirft. Der Vater wußte von den Umtrieben seines Sohnes und lenkte Cristianos Schritte so, daß sie nicht der Weltrevolution, sondern der Rechten dienten. Giulia läßt dieses Bekenntnis Cristiano zukommen. Er muß nach Europa zurückkehren und sich endlich seiner Vergangenheit stellen - auch wenn das neue Opfer kosten wird.

'Eine atemberaubende Geschichte, die hinter den Terroristen ein ausgedehntes Netz diverser Geheimdienste vermutet.' -- Umberto Eco
Autorenporträt
Cotroneo, RobertoRoberto Cotroneo wurde 1961 in der norditalienischen Stadt Alessandria geboren. Er studierte Philosophie und einige Jahre Klavier. Seit 1983 war er u.a. für L'Europeo, L'Espresso, der renommierten Wochenzeitschrift, und Sole 24 Ore als Literaturkritiker tätig. Seit 1994 zeichnet er für den Kulturteil von L'Espresso verantwortlich. Er gilt als der angesehenste und zugleich gefürchtetste Kritiker Italiens. Sein erstes Buch, Wenn ein Kind an einem Sommermorgen. Briefe an meinen Sohn über die Liebe zu Büchern, erschien 1996 in deutscher Übersetzung im Marion von Schroeder Verlag in Düsseldorf und 2002 im Insel Verlag Frankfurt. Diese unterschwellige Autobiographie und Autopoetik ist eine suggestive Einführung in die Kunst des kritischen Lesens. Umberto Eco, in dessen Nachfolge Cotroneo erzählerisch ganz offensichtlich steht, urteilte über dieses Buch: "Roberto Cotroneo zeigt, daß er wirklich weiß, wie Bücher gelesen werden sollten."
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.03.2011

Vor der Exekution
Roberto Cotroneos Roman über den Terror in Italien
Als am 12. Dezember 1969 in der Mailänder Landwirtschaftsbank zwei Bomben sechzehn Menschen in den Tod rissen, war dies der Anfang einer beispiellosen Serie von Attentaten, Anschlägen und Putschversuchen. Sie ging unter dem Schlagwort „Strategie der Spannung“ in die italienische Geschichte ein. Nach dem Ende des Kalten Krieges kam ans Licht, wie die Geheimloge Propaganda 2, hochrangige Militärs, in- und ausländische Geheimdienste und Politiker neofaschistische Gruppierungen bei den Massakern unterstützt hatten. Nach den Tätern fahndete die Polizei damals aber nur im linken Lager. Man wollte die Kommunistische Partei gezielt schwächen, ein Klima der Angst erzeugen und die Befugnisse des Staates ausdehnen. Dass sich im selben Moment eine ganze Generation aus dem linken Milieu radikalisierte und zum Extremismus bekannte, kam gelegen. Die Roten Brigaden traten in Aktion.
Der piemontesische Schriftsteller Roberto Cotroneo, Jahrgang 1961 und als Schüler Zaungast der Geschehnisse, stellt ein fiktives Vater-Sohn-Gespann in den Mittelpunkt seines neuen Romans „Die Jahre aus Blei“. Cristiano Costantini, charismatischer Ex-Terrorist, in die Entführung des christdemokratischen Politikers Aldo Moro involviert, Waffennarr, Bandoneonspieler und nach Argentinien geflohen, fächert aus der Retrospektive seine kämpferische Jugend auf. Sein gefühlsarmer, strenger Vater vertrat damals unter dem Deckmantel einer Beamtentätigkeit die Gegenseite, den Geheimdienst, der die „Strategie der Spannung“ initiierte. Als ehemaliges Mitglied der Republik von Salò hielt er dem Faschismus die Treue und machte seinen Sohn zur Marionette.
Die Aufzeichnungen des Vaters, die Cristiano 2005 in Argentinien erreichen und zum Auslöser seiner Rückkehr nach Europa werden, sind das schwarze Herz des Romans. Drumherum inszeniert Cotroneo eine Art Wechselgesang zwischen Cristiano und der mondänen Giulia Moresco. Die erfolgreiche Fernsehjournalistin, Teil der römischen Bourgeoisie, aber, wovon niemand etwas ahnt, ehemals Botin der Roten Brigaden zwischen Mailand und Paris, wurde in Cristianos Wohnung Zeugin einer Waffenlieferung. Als sie durch eine schicksalhafte Wendung dreißig Jahre später genau diese konspirative Wohnung kaufen kann, stößt sie hinter einer Zwischenwand auf das Manuskript von Costantini senior und lässt es Cristiano zukommen.
Auch Giulia steht für einen Generationenkonflikt. Ihr Vater war als fanatischer Kommunist und KGB-Spion Teil der politischen Machenschaften. Moresco – die Figur scheint vom tatsächlich existierenden KGB-Agenten Giorgio Conforto inspiriert – schickte seine Tochter Ende der siebziger Jahre nach Mailand, wo sie die Geliebte eines militanten Salonrevolutionärs wurde. Um sein vielschichtiges Familiengewebe erzähltechnisch in den Griff zu bekommen, bedient sich Cotroneo eines bewährten Mittels, er bettet das Ganze in eine Rahmenhandlung ein: Ein Schriftsteller-Alter-Ego behauptet auf der ersten Seite, im Sommer 2006 Cristiano und Giulia in einem römischen Restaurant erspäht zu haben und im Besitz ihrer Unterlagen zu sein. Von dem Material gepackt, schreibt er die Geschichte auf und verweist im Anfangskapitel in Fußnoten auf neue Publikationen zum Thema.
Auch wenn diese Eröffnung etwas altbacken wirkt – Cotroneos Grundthese hat es durchaus in sich. In Anknüpfung an Pasolini geht er von einer Kontinuität des Faschismus bis in die Gegenwart aus, dessen Fratze sich auch im Linksterrorismus der siebziger Jahre zeigt. Sein Held Cristiano zerstört den Mythos der Roten Brigaden, sie seien Erben der Partisanen, die gegen den verbrecherischen Staat Front machten. Voller Abscheu schildert der resignierte Ex-Terrorist die Selbstherrlichkeit seiner Generation.
Was wie Abenteurertum und Kampf für Gerechtigkeit aussah, sei nichts als sinnloses Morden gewesen. Auch über die Beziehung zum Vater illustriert Cotroneo die Verwandtschaft zwischen Terrorismus und Faschismus. Denn der Geheimdienstmann ist stolz auf seinen kompromisslosen Sohn. Es gibt Szenen, die einem den Atem stocken lassen. So observiert Cristiano eines seiner Opfer am Tag vor dessen Exekution und hat die Dreistigkeit, sich im Café neben den Mann an die Theke zu stellen und ihm ins Gesicht zu schauen. Am nächsten Morgen schießt er ihm kaltblütig drei Mal in den Kopf.
Roberto Cotroneo bezieht ein, was der Staatsanwalt Felice Casson Ende der achtziger Jahre als Erster aufdeckte: wie tief Teile des Establishments in den verbrecherischen Terror verstrickt waren. Der Mord an Aldo Moro ließ sich auch durch zwei parlamentarische Untersuchungskommissionen und etliche Gerichtsprozesse nicht endgültig aufklären. Denn die Vorstellung eines „historischen Kompromisses“ mit Kommunisten in der Regierung eines NATO-Landes stieß nicht nur bei den Geheimdiensten, sondern auch unter mächtigen Politikern auf Ablehnung.
Viele der damaligen Entscheidungsträger schweigen bis heute; wertvolle Dokumente sind verschollen. Für Romanciers ein willkommenes Sujet. Cotroneos Zugriff bricht mit den gängigen Erklärungsmustern und wehrt sich gegen eine Romantisierung der radikalen Linken. Die Beschäftigung mit harten Fakten tut diesem Autor, der mitunter zum Schwulst neigt, gut. Der Generationenkonflikt ist schlüssig, seine Figuren plastisch, die Geschehnisse fesselnd.
Schwächer sind die Passagen, die sich um einen alten Herrn in Paris drehen. Dieser sinistre Professor Italo fungiert als Kontaktmann der flüchtigen Terroristen, sorgt für Cristianos Exil in Argentinien, mischt aber auch auf höchster Regierungsebene mit – und erinnert an ein Phantasma, das immer wieder durch die italienischen Medien geistert: il grande vecchio, ein mächtiger Drahtzieher im Hintergrund, der alles in der Hand hat.   
Am Ende erdrosselt Christian ihn gar, als wolle er sein Land zwingen, sich endlich der Wirklichkeit zu stellen. Die letzten Seiten des Romans verläppern sich in einem pessimistischen Raunen. Um nicht vollends den Glauben an die demokratischen Institutionen seines Landes zu verlieren, habe er seine Nachforschungen eingestellt, lässt Cotroneos Alter Ego verlauten. Hier bläst sein Erzähler in ein altes Horn, das oft aus der Mottenkiste geholt wird: Seit Jahrhunderten sei Italien denselben unguten Allianzen zwischen den Mächtigen anheim gegeben. Das ist ein etwas banaler Schluss für einen Roman, der eigentlich mit den alten Mythen aufräumen will.
MAIKE ALBATH
ROBERTO COTRONEO: Die Jahre aus Blei. Aus dem Italienischen von Karin Krieger. Roman. Insel Verlag, Berlin 2010. 297 Seiten, 19,90 Euro.
Viele Entscheidungsträger
schweigen bis heute; wertvolle
Dokumente sind verschollen
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gemischte Gefühle hat Roberto Cotroneos Roman über den Terror in Italien bei Maike Albath hinterlassen. Dem Autor gelingt es in ihren Augen, die Zusammenhänge zwischen den Machenschaften der Geheimloge P2, Militärs, Geheimdiensten und neofaschistischen Politikern auf der einen und dem Linksterrorismus der 1970er Jahre auf der anderen Seite zu erhellen. Die Grundthese des Buchs, die Kontinuität des Faschismus bis in die Gegenwart, dessen "Fratze sich auch im Linksterrorismus" zeige, scheint ihr der Autor spannend umgesetzt zu haben. Aber auch die lebendigen Figuren und der Generationenkonflikt, der eine wichtige Rolle spielt, haben Albath überzeugt. Weniger gelungen findet sie dagegen die etwas altväterliche Rahmenerzählung sowie das "banale Ende" des Romans.

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