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Islam und Christentum teilen die Vorstellung vom Paradies als Garten. Sie entspringt der gemeinsamen geographischen Herkunft. Nur in Kulturen, die mit der Wüste vertraut waren, konnte man die Abgeschlossenheit eines bewässerten Fleckchens Erde als einen Ort der Wunder erfahren. »Im Garten träumt man und entdeckt die Liebe, gibt sich Betrachtungen hin und unterliegt den sinnlichen Versuchungen, im Garten wird aus dem Bettler ein König und umgekehrt, im Garten entdeckt man das Heilige und versöhnt sich mit dem Tod.« D~evad Karahasan untersucht den Topos des Gartens in der Bibel, im Koran und in…mehr

Produktbeschreibung
Islam und Christentum teilen die Vorstellung vom Paradies als Garten. Sie entspringt der gemeinsamen geographischen Herkunft. Nur in Kulturen, die mit der Wüste vertraut waren, konnte man die Abgeschlossenheit eines bewässerten Fleckchens Erde als einen Ort der Wunder erfahren. »Im Garten träumt man und entdeckt die Liebe, gibt sich Betrachtungen hin und unterliegt den sinnlichen Versuchungen, im Garten wird aus dem Bettler ein König und umgekehrt, im Garten entdeckt man das Heilige und versöhnt sich mit dem Tod.«
D~evad Karahasan untersucht den Topos des Gartens in der Bibel, im Koran und in den Geschichten von Tausendundeiner Nacht. Aber er führt uns auch in den Stadtpark von Sarajevo, der mit seiner mitteleuropäischen Anlage, den Blumenrabatten, Springbrunnen und Bänken, und dem verwilderten Hügel, mit Grabsteinen und verborgenen Winkeln, die Bilder von Garten und Wüste in beiden Religionen widerspiegelt. Was Parks und Gärten über die Natur einer Stadt, über die innere Verfassung einer Gesellschaft, über ihre Idee von Glück, Intimität und Geheimnis aussagen, wie eine Ruinenlandschaft als Garten durchwandert und als Buch der Erinnerungen gelesen werden kann - all das wird so suggestiv entfaltet, daß man die west-östlichen Korrespondenzen von innen heraus begreift.
Autorenporträt
Devad Karahasan, 1953 in Duvno/Jugoslawien geboren, zählte zu den bedeutendsten europäischen Autoren der Gegenwart. Sein umfangreiches Werk umfasst Romane, Essays, Erzählungen und Theaterstücke. Er wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung 2004 und mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt 2020. Devad Karahasan verstarb am 19. Mai 2023 im Alter von 70 Jahren in Graz.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.09.2002

Die 874. Nacht
Schöner als ein rotes Kamel:
Essays von Dzevad Karahasan
Der auch in Deutschland bekannte bosnische Schriftsteller Dzevad Karahasan („Tagebuch der Aussiedlung”, „Sara und Serafina”) ist in das wunderschöne Mädchen Marjam verliebt, von der in der 874. Nacht der Erzählungen aus „Tausendundeiner Nacht” gesagt wird, es sei „sichtbarer als ein Panier und schöner als ein rotes Kamel”. Solch einen Vergleich könne nur eine Frau formuliert haben, meint Karahasan, und dann entwickelt er seine These, dass die von Scheherazade erzählten Geschichten nicht von einem Mann, sondern nur von einer Frau erdacht sein könnten.
Karahasans Vermutungen sind in einer Weise geschrieben, dass der Leser, statt philologischen Zweifeln nachzusinnen, die Geschichten der 1001 Nächte hervorholt und sich lesend in ihnen verliert. Und wie dieses Kapitel über die Liebesschule der Scheherazade („Die Frau als Garten”) ist das ganze Buch: es regt zum Denken und Weiterlesen an. In der Skizze über das esoterische Erbe („Durch verborgene Gärten”) steht zum Beispiel die Behauptung, dass die Einheit und Ganzheit der Welt erst und gerade durch die sogenannten Mystiker, die Esoteriker bestätigt werde.
Die Feindschaft im öffentlichen, exoterischen Bereich zwischen dem Islam und dem Christentum im Mittelalter werde ausgesöhnt durch die die Welt einenden Esoteriker: es bestehe kein wesentlicher Unterschied in den Denkstrukturen des islamischen Mystikers al-Halladsch und des christlichen Predigers Meister Eckhart. Karahasan meint darum, die Aufteilung der Welt in Ost und West, zwischen Islam und Christentum treffe auf die Welt und die Literatur der Esoteriker nicht zu.
Ist die Wüste ein Garten?
Das Buch reflektiert auch die Sprache und Rede vom Garten im Koran und in der Bibel, in islamischen Erzählungen und in christlichen Dichtungen („Die Schatten des Paradieses”). Der Autor sieht alles in Eins, und doch werden die Konturen des Unterschieds schärfer. Warum hat der Garten in der islamischen Literatur eine andere Funktion als in der christlichen? Ist es wirklich so, dass das, „was dem Christentum die Wüste, dem Islam der Garten ist”? Auch an dieser Stelle der Lektüre legt man das Buch zur Seite und fragt sich nach Beispielen, denkt an Johannes den Täufer in der Wüste und Jesus im Garten Gethsemane, an den irren Madschnun in Nizamis Wüste und Heinrich Heines üppige Gärten in Schiras (in denen die Dichter Verse von Ghazelen „vomieren”). Karahasans Buch hinterlässt Fragen.
Benjamin Disraeli hatte 1844 seinen Helden in dem Roman „Coningsby” immer wieder sagen lassen, die Zeit der Ruinen sei nun endgültig vorbei. Karahasan weist in seiner Schlussbetrachtung über die Poetik der Ruinen („Ruinenlandschaft als Garten”) auf Ruinen hin, die in nichts mehr den romantischen Ruinen Disraelis oder denen Caspar David Friedrichs gleichen. Dies sind die Ruinen des modernen Krieges, Gebäude, von denen allenfalls noch das Fundament zu sehen ist, die auf nichts mehr verweisen, die keine Zeichen mehr sind ihrer eigenen Vergangenheit. Diese Ruinen sind keine verfallenen Gebäude, sondern sie sind, da sie an nichts erinnern, wie ein Nichts, ground zero.
In welcher Weise solche Ruinen wieder neu erbaut werden könnten, sei somit eine Sache der Willkür. Der Autor schreibt über Sarajevo, der Leser denkt auch an New York. – Das kleine „Buch der Gärten” ist schnell gelesen, aber man ist nicht damit fertig, wenn man es aus der Hand legt, denn Karahasans Essays fordern Nachdenken.
FRIEDRICH NIEWÖHNER
DZEVAD KARAHASAN: Das Buch der Gärten. Grenzgänge zwischen Islam und Christentum. Aus dem Bosnischen übersetzt von Katharina Wolf-Grießhaber. Insel Verlag, Frankfurt a. M. und Leipzig 2002. 192 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

"Christentum wie Islam entstanden in Wüstenregionen. Wahrscheinlich deswegen teilen sie die Vorstellung, dass das Paradies ein Garten ist." Diese Überlegung ist der Ausgangspunkt von Dzevad Kaharasans Studie zum Garten als Kristallisierungspunkt christlicher und islamischer Paradiesvorstellungen, die den Rezensenten Karl-Markus Gauss für sich eingenommen hat. Denn was heutzutage "nach aufgeklärter Pflichtübung klingt", nämlich die im Untertitel des Buches angekündigten "Grenzgänge zwischen Islam und Christentum", gerate zur anregenden erst literarischen, dann konkreten Gartenschau: Die Essays, so Gauss, reichen von der "schwierigen geistigen Gartenarbeit" in den "Geschichten von Tausendundeiner Nacht" und im Koran zur eindringlichen Besichtigung zweier Gärten in Sarajevo, die "durch präzise Beschreibungen und originelle Assoziationen" besteche, wie Gauss lobend bemerkt. Diese zwei Gärten, einerseits der mitteleuropäische, christliche Garten der "sozialen Integration durch Beherrschung der Natur", und andererseits der orientalische Garten, als Ort der "mystischen Erfahrung", befinden sich in ein und demselben Park. Woraus Karahasan laut Gauss folgert, dass die durch die gemeinsame Vorstellung des Paradieses als Garten verbundenen Religionen bei all ihrer Verschiedenheit Teil eines Ganzes sind - und dass nur ein Ort wie Sarajevo so etwas vermag.

© Perlentaucher Medien GmbH
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