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Eine Anthologie, die zum Entdecken und Wiederlesen einlädt: deutsche Gedichte vom 9. Jahrhundert bis zur Gegenwart. In ihnen spiegeln sich die Lebenserfahrungen und die literarischen Entwicklungen von mehr als einem Jahrtausend, von den ersten Zaubersprüchen und Segensformeln in deutscher Sprache bis zur lyrischen Reflexion der Moderne. In dieser Ausgabe finden sich die zum Kanon zählenden Gedichte der Blütezeiten der deutschen Literatur ebenso wie unbekanntere aus den Zwischenepochen. Gerade in den nichtklassischen Perioden sind noch Entdeckungen zu machen, dort, wo das nicht genormte…mehr

Produktbeschreibung
Eine Anthologie, die zum Entdecken und Wiederlesen einlädt: deutsche Gedichte vom 9. Jahrhundert bis zur Gegenwart. In ihnen spiegeln sich die Lebenserfahrungen und die literarischen Entwicklungen von mehr als einem Jahrtausend, von den ersten Zaubersprüchen und Segensformeln in deutscher Sprache bis zur lyrischen Reflexion der Moderne. In dieser Ausgabe finden sich die zum Kanon zählenden Gedichte der Blütezeiten der deutschen Literatur ebenso wie unbekanntere aus den Zwischenepochen. Gerade in den nichtklassischen Perioden sind noch Entdeckungen zu machen, dort, wo das nicht genormte lyrische Sprechen und das Erzählen in Versen einen neuen Blick auf die Welt, auf den Menschen und die Gesellschaft erlauben. So zeigen die Gedichte des Spätmittelalters den Aufbruch zu neuen Lebensformen, empörte Kritik an politischen und sozialen Missständen ebenso wie Witz und Humor bei deren Bewältigung . Auch in der Renaissanceund Reformationsdichtung bietet die Überlieferung ein breites, aber wenig bekanntes Themen- und Formenspektrum; eine neue Sprache findet ihren Ausdruck, in grobianischen Satiren und in bildkräftigen Liedern. Bereits weit vor der Weimarer Klassik kündigt sich jener Umbruch an, der mit dem Stichwort Erlebnislyrik bezeichnet wird. In der Überwindung ästhetischer Grenzen entfaltet schließlich die Lyrik des 20. Jahrhunderts einen bis dahin unbekannten Reichtum. Mehr als eintausend Gedichte sind in diesem Band versammelt: religiöse und weltliche Lyrik, Gelegenheitsdichtungen und Liebesgedichte, Hymnen, Oden und Lehrgedichte, Balladen und Elegien, Sonette und Romanzen, Epigramme und Lieder.
Autorenporträt
Dr. phil. Hans-Joachim Simm, geboren 1946 in Braunschweig, lebt als Publizist bei Frankfurt am Main. Er war bis 2009 Leiter des Insel Verlags, des Verlags der Weltreligionen und der Buchreihe edition unseld . Er gab zahlreiche Werksausgaben deutscher Dichter und Schriftsteller und diverse Anthologien heraus.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.03.2001

Endlich beisammen
Simms Anthologie "Deutsche Gedichte" · Von Wulf Segebrecht

Wo sonst als bei schönen Lyrikanthologien könnte man geziemender anfragen: Was verschwindet? Was kommt hinzu? Was bleibet aber? Solche Fragen nach der Stabilität und dem Wandel des lyrischen Kanons beantworten Blütenleser, ob sie es wollen oder nicht. Das gilt für den Großen Conrady (F.A.Z. vom 12. Dezember 2000) genauso wie für den "kleinen Simm", der sich freilich schon äußerlich als betont kleinformatiges Gegenstück zum lyrischen Folianten Conradys gibt.

Was Simm in diesem begrenzten Rahmen bietet, ist durchaus ansehnlich und teilweise sogar originell. Zwar beginnen beide Anthologien mit dem "Wessobrunner Gebet" aus dem neunten Jahrhundert und enden mit Texten von Albert Ostermaier (geboren 1967), doch innerhalb dieses Rahmens sind die Unterschiede beträchtlich. Simm bringt nicht wenige Autoren wieder in Erinnerung, die Conrady schon aufgegeben hatte, darunter den Lyriker Gustav Schwab, dessen Verse "Urahne, Großmutter, Mutter und Kind / In dumpfer Stube beisammen sind" sicherlich noch manche Leser auswendig hersagen können.

Aber auch Gedichten von Friedrich Schlegel, Marie von Ebner-Eschenbach, Wilhelm Hauff und Viktor von Scheffel, ganz zu schweigen von Versen Friederike Kempners und Eugen Roths - sie alle kommen bei Conrady nicht vor -, kann man bei Simm wieder begegnen. Nicht immer sind solche Wiederentdeckungen zugleich auch lyrische Offenbarungen. Der schwäbische Romantiker Karl Mayer beispielsweise hätte es wohl verdient, mit besseren Zeilen reanimiert zu werden als mit dem unfreiwillig komischen Preis seiner heimatlichen "Gegend". "Ich denk' herum auf ihren Höhn / Und fühle deutsch und wohne schön!"

Gewichtiger sind, ihrem Namen nach, sicherlich Karl Philipp Moritz, Georg Büchner, Karl Leberecht Immermann, Ferdinand Raimund, Rahel Varnhagen und Franz Xaver Kroetz, die hier allesamt zu Anthologie-Ehren kommen - aber sind das wirklich Lyriker? Spätestens hier muß man denn doch, bei aller Liebe zur Originalität, die Gegenrechnung aufmachen und den Preis nennen, den sie kostet: Immerhin fehlen so namhafte Lyriker wie Johannes Rist, Philipp von Zesen, Jakob Michael Reinhold Lenz, August Wilhelm Schlegel, Ernst Moritz Arndt, Christian Wagner, Georg von der Vring, Albrecht Goes, Erich Arendt, Ludwig Greve, Thomas Brasch, Heinz Czechowski, F. C. Delius, Adolf Endler, Elke Erb, Wolfgang Hilbig, Rainer Malkowski und Helga Novak, von den Jüngeren ganz zu schweigen. Daß Simm mit dem wohl zu breit geratenen Sortiment lebender Lyriker, das Conrady ausgebreitet hat, nicht mithalten kann und will, ist begreiflich. Er empfiehlt überhaupt nur zwei lebende Lyriker, die Conrady nicht berücksichtigt hat: Eva Zeller und Ralf Rothmann. Andererseits bietet er in einigen Fällen, etwa bei Brecht und bei Hesse (Hausautoren des Insel Verlages), sogar mehr Texte an als Conrady.

Die neue Rechtschreibung hat Simm den Gedichten, Gott sei Dank, nicht übergestülpt. Manche Gedichte bietet er sogar "beispielhaft in der historischen Orthographie, also nicht modernisiert". Hier wird man hellhörig: Offenbar wurde in der Regel "modernisiert". Simm beruft sich dabei zwar auf bewährte Textsammlungen, doch das hat zur Folge, daß die Gedichte nun in sehr unterschiedlicher Schreibweise erscheinen: teils in der originalen Version der Erstdrucke, teils in der von späteren Herausgebern hergestellten Textfassung, teils in einer von Simm und den Seinen modernisierten Form. Das ist einigermaßen inkonsequent und irritierend.

Wann endlich erscheint einmal eine einbändige große Anthologie deutscher Lyrik, die die Gedichte ganz schlicht in der Schreibweise ihrer Zeit wiedergibt? Die Legende, man könne heutzutage solche Texte nicht mehr lesen, verbreiten vermeintlich fürsorgliche Vormünder eifrig. Das Gegenteil ist richtig: Erst die Texte "in historischer Orthographie" ermöglichen es dem Leser überhaupt, alte Gedichte als solche zu identifizieren; und vermutlich unterschätzt den heutigen Anthologie-Leser, wer glaubt, ihm Leseschwierigkeiten nicht zumuten zu dürfen.

Simms Sammlung hat durchaus das Zeug, mit der Zeit zu einem "Schatz" des Insel-Verlagshauses zu werden. Ein erster Schritt dazu wäre schon getan, wenn die Druckfehler eliminiert würden. Ebenso selbstverständlich sollte ein so inhaltsreiches Buch ein Inhaltsverzeichnis enthalten. Schließlich wäre eine Revision des allzu ambitionierten Nachworts anzuraten: Niemand erwartet von einer Anthologie eine Kurzgeschichte der deutschen Lyrik, innerhalb deren dann den Epochen vom Mittelalter bis zur Gegenwart kaum mehr als ein einziger charakterisierender Satz eingeräumt werden kann.

Dagegen - Spaß muß sein - sollte die wunderbare Definition der Lyrik unbedingt erhalten bleiben: "Zur Lyrik gehören alle Gedichte, und Gedichte sind sprachliche Äußerungen in einer speziellen Schreibweise. Sie unterscheiden sich durch die besondere Anordnung der Schriftzeichen von anderen Schreibweisen, und zwar durch die Abteilung in Verse." Der kleine Simm zitiert hier seinen großen Bruder.

Hans-Joachim Simm (Hrsg.): "Deutsche Gedichte". Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2000. 1149 S., geb., 34,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Klein, aber oho, denkt sich der Rezensent. Auf derart begrenztem Raum hat Wulf Segebrecht so einiges wiederentdecken können, was er schon verloren geglaubt hatte. Den Lyriker Gustav Schwab etwa oder Gedichte von Marie von Ebner-Eschenbach und Eugen Roth. Dass dafür nicht jedes der versammelten Gedichte eine Offenbarung ist, lässt Segebrecht gern durchgehen, wenn derartigen Wiederbelebungen aber namhafte Lyriker wie J. M. R. Lenz, Albrecht Goes oder auch Thomas Brasch zum Opfer fallen, weil am Ende einfach kein Platz mehr da ist, möchte er doch protestieren. Und auch die FAZ-typische Freude darüber, dass man bei diesem Band auf die neue Rechtschreibung verzichtet hat, wird getrübt. Segebrecht stößt hier auf einen irritierenden Mischmasch aus Erstdruckversionen späteren Textfassungen und eigens vom Herausgeber modernisierten Formen. Wäre dem nicht so und hätte jemand dem Band noch ein Inhaltsverzeichnis gestiftet, der Rezensent wäre quasi aus dem Häuschen.

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