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20 Jahre nach der Wiedervereinigung legt der langjährige Leiter der Ständigen Vertretung seine Memoiren vor.
Fast sein ganzes Berufsleben stand im Zeichen der deutschen Teilung. Höhepunkt der Laufbahn Hans Otto Bräutigams war die Leitung der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR, die er von 1982 bis 1989 innehatte. Seine sehr persönlichen Erinnerungen spiegeln ein schwieriges Kapitel deutscher Zeitgeschichte.Von 1974 bis 1977 als Leiter der politischen Abteilung, in den achtziger Jahren als Staatssekretär war Hans Otto Bräutigam in der Ständigen Vertretung in…mehr

Produktbeschreibung
20 Jahre nach der Wiedervereinigung legt der langjährige Leiter der Ständigen Vertretung seine Memoiren vor.

Fast sein ganzes Berufsleben stand im Zeichen der deutschen Teilung. Höhepunkt der Laufbahn Hans Otto Bräutigams war die Leitung der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR, die er von 1982 bis 1989 innehatte. Seine sehr persönlichen Erinnerungen spiegeln ein schwieriges Kapitel deutscher Zeitgeschichte.Von 1974 bis 1977 als Leiter der politischen Abteilung, in den achtziger Jahren als Staatssekretär war Hans Otto Bräutigam in der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin tätig. Im Mittelpunkt seiner Memoiren stehen persönliche Erlebnisse, Begegnungen und Beobachtungen - Geschichten, an denen Geschichte lebendig wird: von den Anfängen der Ständigen Vertretung über die Vertreibung Reiner Kunzes aus der DDR und die Biermann-Krise bis hin zu den zuweilen schwierigen Verhandlungen mit der eigenen Regierung. Gewürzt mit der einen oder anderen Anekdote liefert Bräutigam ein eindringliches Zeugnis vom zähen Ringen um das deutsch-deutsche Verhältnis.
Autorenporträt
Hans Otto Bräutigam wurde 1931 in Völklingen an der Saar geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Promotion arbeitete er ab 1962 im Bonner Auswärtigen Amt, dann im Bundeskanzleramt und wurde 1982 als Staatssekretär Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR. Nach einer kurzen Zeit als deutscher UN-Botschafter in New York (1989/90) holte ihn Manfred Stolpe als Minister für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten nach Brandenburg, wo er bis 1999 tätig war. Er lebt mit seiner Frau in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.10.2009

Klimapflege
Die Erinnerungen von Hans Otto Bräutigam an die DDR
Frühling 1984. Ein junger Mann verlangt Einlass in die Ständige Vertretung in Ost-Berlin. Seine Erzählung am Empfang lässt alle im Haus erschrecken: Der junge Mann, ein Soldat der Nationalen Volksarmee, ist desertiert. Nun bittet er bei den Westdeutschen um Asyl und eine schnellstmögliche Ausreise aus der DDR. Für Hans Otto Bräutigam beginnt an diesem Tag die schwerste Krise der Ständigen Vertretung seit ihres Bestehens, und, so schreibt er: „Wir ahnten es.”
Was der Autor auf den folgenden Seiten des Kapitels berichtet, liest sich in der Retrospektive einfach unglaublich, denn es ist heute längst vergessen. Schon Anfang der achtziger Jahre hatte es für die DDR einen gewaltigen Aderlass gegeben: Mehr als 25 000 Menschen durften in den ersten Monaten des Jahres 1984 in die BRD übersiedeln. Und in der Ständigen Vertretung war der NVA-Soldat nur der Anfang, innerhalb weniger Wochen flüchteten an die 50 Menschen, unter ihnen 13 Kinder, in das Haus an der Hannoverschen Straße. Wochenlang harrten sie in den Büroräumen unter äußerst schwierigen Bedingungen aus. Eine Lösung auf diplomatischer Ebene war zunächst nicht in Sicht. Am Ende schafften es Bräutigam und seine Kollegen, dass alle Asylsuchenden ausreisen durften und die Krise nicht weiter eskalierte. Zurückblickend der größte Erfolg seiner jahrzehntelangen Tätigkeit in der DDR, schreibt der Autor.
Hans Otto Bräutigam ist heute 78 Jahre alt, ein Diplomat durch und durch. Seinen Beruf hat er von der Pike auf gelernt. 1969 trat er als junger Referent ins Auswärtige Amt ein, sein Aufgabengebiet: die Berlin-Frage. Er war dabei, als sich Egon Bahr aus Bonn und Michael Kohl aus Ost-Berlin 1971 zu ihren ersten Gesprächen trafen. Sie legten den Grundstein des deutsch-deutschen Verhältnisses für zwei Jahrzehnte. 1982 wurde Bräutigam selbst zum Ständigen Vertreter in Ost-Berlin ernannt. Sein wichtigstes Ziel: das Leben der Menschen in der DDR erträglicher zu machen. Möglich war dies nur durch eine Politik der kleinen Schritte.
Dies war auch auf den Leipziger Industriemessen zu beobachten. Höhepunkt jeder Messe war der Besuch von Erich Honecker, der mit großer Entourage heranrauschte. Bräutigam schreibt: „Auf dem Stand entstand ein großes Gedränge. Honecker bedankte sich für den Empfang. Anschließend gab es Sekt, es wurde angestoßen. Dann war ich an der Reihe, ich hatte nur eine Minute Zeit.” Und diese Minute nutzte der geschickte Diplomat für kurze Bemerkungen zu den deutsch-deutschen Beziehungen. Am nächsten Tag, das war ihm bewusst, gab es dazu eine positive Meldung im Neuen Deutschland. „Ein kleiner Beitrag zur Klimapflege, mehr nicht”, schreibt Bräutigam bescheiden. Am Ende wird sich zeigen, dass es eben genau diese vielen kleinen Beiträge waren, die die Mauer zum Einsturz brachten, und nicht die großen Rambo-Gesten. Auch dies geht im Feiergetöse zum 20. Jahrestag des Mauerfalls leider oft unter.
Einfach war das Leben eines westdeutschen Diplomaten mit Familie nicht in Ost-Berlin. Selbstverständlich wurde man überall abgehört, wer etwas zu besprechen hatte, ging spazieren. Die drei Bräutigam-Kinder waren in den Schulen wie in den Sportclubs Ost-Berlins nicht gern gesehen und mussten so Tag für Tag über die Grenze kutschiert werden. Trotzdem war die Familie fest in das Ost-Berliner Leben integriert. Man pflegte Freundschaften und entwickelte ein Gefühl der Zusammengehörigkeit mit den DDR-Bürgern. Nie jedoch machte sich Bräutigam mit dem Regime gemein – ihm war immer klar, dass in diesem Land großes Unrecht geschah. Geschätzt, so berichtet er im Gespräch, habe er diesen Staat nie.
Anfang 1989 geht Bräutigam zu den UN, den Mauerfall erlebt er in New York. Damit endet das Buch. Es könnte aber noch einen zweiten Band geben, denn das Leben des Autors nahm 1990 eine überraschende Wende. Manfred Stolpe bat den parteilosen Politiker in sein erstes Brandenburger Kabinett. Bräutigam nahm an – und blieb dort bis 1999. Denn, so schreibt er: „An dem, wie ich annahm, äußerst schwierigen Einigungsprozess mitzuwirken, empfand ich als selbstverständliche Pflicht.” DOROTHEA HEINTZE
HANS OTTO BRÄUTIGAM: Ständige Vertretung. Meine Jahre in Ost-Berlin. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 478 Seiten, 23 Euro.
Immer wieder suchten DDR-Bürger Zuflucht in der Ständigen Vertretung, wie hier am 12. August 1989, drei Monate vor dem Mauerfall. Foto: AP
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Unglaublich erscheint der Rezensentin Dorothea Heintze, was in diesem Buch geschrieben steht. Und doch ist es wahr, nur fast vergessen und vom Trubel der 20 Jahrfeiern zum Mauerfall, wie Heintze schreibt, leider übertönt. Es geht um die Übersiedlungswelle von Ost nach West im Jahr 1984 und um das Leben als westdeutscher Diplomat in Ost-Berlin. Hans Otto Bräutigam lernt Heintze in diesem Buch als unbestechlichen Diplomaten "durch und durch" und als Politiker der kleinen Schritte kennen, der als "Ständiger Vertreter" in Ost-Berlin an der Übersiedlung seinen Anteil hatte. Auch im Hinblick auf den späteren Mauerfall hält Heintze diesen Anteil für beträchtlich.

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