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"Der angesehenste Schriftsteller Brasiliens!" The New York Times
Ganz in der Tradition lateinamerikanischer Literatur steht dieser hochgerühmte Roman, dessen Übersetzung in den achtziger Jahren erschien. Scliar erzählt mit großer Fabulierlust die unglaubliche Geschichte von Guedali Tartakovsky. Als Zentaur geboren, ist der Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in Brasilien in doppelter Hinsicht fremd. Guedali sucht Trost in Büchern, bis ihn die Abenteuerlust packt und er sich auf eine tollkühne Reise macht. Eine großartige Wiederentdeckung.
Guedalis Vermutung, dass ein gefährliches Leben
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Produktbeschreibung
"Der angesehenste Schriftsteller Brasiliens!"
The New York Times

Ganz in der Tradition lateinamerikanischer Literatur steht dieser hochgerühmte Roman, dessen Übersetzung in den achtziger Jahren erschien. Scliar erzählt mit großer Fabulierlust die unglaubliche Geschichte von Guedali Tartakovsky. Als Zentaur geboren, ist der Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in Brasilien in doppelter Hinsicht fremd. Guedali sucht Trost in Büchern, bis ihn die Abenteuerlust packt und er sich auf eine tollkühne Reise macht.
Eine großartige Wiederentdeckung.

Guedalis Vermutung, dass ein gefährliches Leben gleichsam ein intensiveres ist, bewahrheitet sich aufs schönste. Nach allerlei Eskapaden, darunter ein kurzfristiger Aufenthalt beim Zirkus, wo man den Zentauren als Attraktion begrüßt, bis man bemerkt, dass er echt ist, trifft Guedali tatsächlich auf ein weibliches Pendant. Tita wird zu seiner Gemahlin, und alles könnte gut sein, wäre sie nicht von dem Wunsch besessen, sich ihres Pferdeparts zu entledigen. Tragikomisch beschreibt Scliar das Schicksal der Außenseiter und nutzt die Sicht des Zentauren zur Verfremdung des Alltäglichen. Auf vergnügliche Weise macht er dadurch die Erfahrungen all jener greifbar, die der Norm nicht entsprechen. Ein überbordender Roman voller Phantasie, Philosophie und Erotik.
Autorenporträt
Karin von Schweder-Schreiner hat in Deutschland und Portugal studiert und mehrere Jahre in Brasilien gelebt. Aus dem Portugiesischen Sprachraum hat sie u.a. Werke von Jorge Amado, Chico Buarque, Rubem Fonseca, José Saramago und Lídia Jorge übersetzt. Ihre Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Internationalen Übersetzerpreis des brasilianischen Kulturministeriums und dem Albatros-Preis der Günter-Grass-Stiftung.

ert sehen, nachhaltig in der brasilianischen Literatur verankert zu haben.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Moacyr Scliar gelingt mit der Lebensgeschichte Guedali Tartakovskys, der 1935 in Brasilien als Zentaur, als Pferdemensch, geboren wird, nach Ansicht des hier rezensierenden Autors Jan Koneffke eine hinreißende Mischung aus osteuropäisch-jüdischer Fabulierlust und südamerikanischem magischen Realismus. Auch wenn das Schicksal Guedalis nicht unbedingt wahrscheinlich klingt, kommen beim Rezensenten dank der plausiblen Erzählweise darüber keine Zweifel auf. Gebannt verfolgt er das Aufwachen des Zentauren, der von seinen Eltern geliebt, aber aus Sorge vor den Nachbarn versteckt wird, der ein Fernstudium aufnimmt, eines Tages ausbricht, sich einem Zirkus anschließt, eine Zentaurin kennen lernt usw. Der Roman zeichnet sich für ihn durch Ideenreichtum, rasantes Erzählen und hohe Spannung. Sein Fazit: ein großes Vergnügen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2013

Ein kräftiger Säugling mit Fell und Huf

Nach Hause im Galopp: Moacyr Scliars brasilianisches Meisterwerk "Der Zentaur im Garten" über die Nöte des Fremdseins und die Tücken der Anpassung.

Von Oliver Jungen

Schon dafür hat sich der Gastlandauftritt Brasiliens gelohnt: dass mit Moacyr Scliars philosophisch-allegorischem Buch "Der Zentaur im Garten", im Original 1980 erschienen, einer der phantasievollsten, verschmitztesten und weisesten Romane über Identität und Fremdheit, über Ausgrenzung und Assimilierung hierzulande wieder erhältlich ist. Es sind alte Menschheitsthemen, die jedoch in der in Bewegung geratenen Moderne an Dringlichkeit gewannen, ja zu maßloser Gewalt führten. Scliar aber klagt nicht an, sondern setzt mit feiner Ironie eine Geschichte voller Hoffnung entgegen.

Karin von Schweder-Schreiner hat für diese Neuausgabe ihre Übersetzung, die in den achtziger Jahren in West- und Ostdeutschland erschienen ist, komplett überarbeitet. Diese Sorgfalt hat uns einen Text beschert, dem man das Übersetzte nicht mehr anmerkt: Ruhig, mächtig und unaufhaltsam fließt er dahin wie ein breiter Strom. Überlegene Einfachheit ist sein Stil. Freilich kam der Übersetzerin entgegen, dass Scliar, geboren 1937 in Porto Alegre und 2011 dort gestorben, ein Erzähler alten Schlages ist, ein Fabulierer und Moralist, kein Wortdrechsler: Alles ist inhaltsgetrieben, nichts l'art pour l'art. Und weil es sich um ein Märchen handelt, sind selbst die manchmal naiv wirkenden Einfälle und Zufälle kein Manko, sondern geradezu Programm.

Opulent kommt die Erzählung daher, beeinflusst von jüdischen Erzähltraditionen und vom magischen Realismus Lateinamerikas. Selbstbewusst macht Scliar Anleihen bei der Phantastik, ohne einen im strikten Sinn phantastischen Roman geschrieben zu haben, denn alles, was mit den Fabelwesen zu tun hat, ist so realitätsnah geschildert, dass man den Arzt Scliar durchzuhören glaubt. Die Schilderung der brasilianischen Gesellschaft besitzt mitunter gar reportagehafte Klarheit. Zugleich wirken die Figuren und Aussagen in einer Weise offen, wie es nur große Literatur auszeichnet.

Es verblüfft, wie gut dieser Roman eines jüdischen Autors, der zunächst von den Erfahrungen der Diaspora handelt, etwa zu aktuellen Gender-Diskursen über Intersexualität passt, sobald man die Bildebene, die Auseinandersetzung mit dem Körper, ernst nimmt und nicht aufs Metaphorische reduziert. Abgesehen von einer kleinen Rahmung - der Ich-Erzähler Guedali blickt an seinem achtunddreißigsten Geburtstag auf sein Leben zurück -, wird chronologisch erzählt. Er ist 1935, während ein geflügeltes Pferd am Himmel vorüberflog, "als mythologisches Wesen" zur Welt gekommen: "Ein kräftiges rosiges Baby, das greinend mit den Händen fuchtelt - oberhalb der Taille ein normales Kind. Unterhalb der Taille: Fell eines Pferdes. Hufe eines Pferdes. Der Schwanz eines Pferdes, noch nass vom Fruchtwasser. Unterhalb der Taille bin ich ein Pferd. Ich bin - mein Vater weiß nicht einmal von der Existenz dieses Substantivs - ein Zentaur." Apuleius' "Goldener Esel" winkt von ferne.

Die Eltern sind russische Juden, die aus Furcht vor Pogromen nach Brasilien ausgewandert waren. So groß ihr Schock über diese Laune der Natur anfänglich ist, die Liebe ist größer. Nicht nur der Vater verteidigt seinen Sprössling vehement - "Das ist kein Pferd, brüllt mein Vater, sondern ein behindertes Kind, ein jüdisches Kind!" -, sondern alle Familienmitglieder bilden eine Schutzmauer um den zwar "im Gefühl des Anders-, des Bizarrseins", aber doch geborgen aufwachsenden Guedali. Mit seinen normalen Geschwistern trabt er fröhlich herum. Die Entdeckung durch einen Nachbarjungen zwingt die Familie, vom Land nach Porto Alegre zu ziehen. Auch dort bewohnt man ein Anwesen, wo sich der bei den meisten Menschen Faszination und Abscheu erregende Vierbeiner gut verstecken lässt. Mit den Jahren aber wächst in diesem der Unmut über ein Leben im Verborgenen, zumal sich die Libido bemerkbar macht: "Träume voller Frauen oder Stuten, und ich war darin mal ein normaler Mann, mal ganz und gar Hengst, und das Schlimmste war, dass in diesen Träumen nicht immer der Mann mit den Frauen ins Bett ging und nicht immer der Hengst die Stuten deckte." Unglücklich verliebt, bricht Guedali aus der lähmenden Sicherheit aus, schlägt sich abenteuerlich durchs Leben, bis er auf eine ebenbürtige Gefährtin trifft, die Zentaurin Tita. Damit sind wir aber nicht beim Happy End angelangt, sondern erst beim eigentlichen Beginn des Buches.

Tita und Guedali entschließen sich zu einer riskanten, fast den gesamten "Pferdeanbau" amputierenden Operation, die zwar glückt, aber doch ihre Grenzen hat: Die Vorderbeine behalten Tiergestalt und müssen fortan mittels Spezialschuhen als Menschenbeine drapiert werden. Nun können die Liebenden als Paar unter Paaren leben, Normalität simulieren, und sie bekommen sogar Nachwuchs. Doch bald tauchen mentale Phantomschmerzen auf: War die Operation ein zu großes Opfer? Während die Assimilation immer perfekter gelingt, selbst die Hufe fallen irgendwann ab, brechen beide Protagonisten auf ihre Art aus der Mimikry aus. Sie ergeben sich dem Unterbewussten und umarmen mit teils dramatischen Folgen ihre frühere Identität. Hier wird die Erzählung immer rasanter; glitzernde Absonderlichkeiten wie eine mürrische Sphinx tauchen auf.

Der Leser befindet sich inmitten zweier einander überkreuzender Konflikte. Da ist einmal der Kampf mit der eigenen Identität, denn die Protagonisten müssen die Akzeptanz des Selbst erst mühsam lernen, wozu die Einsicht gehört, dass nach der Entwurzelung kein Weg zurückführt, sondern nur eines möglich ist: neue Wurzeln zu schlagen. Und da ist mit Blick auf die Freunde des Paares der alte Zweikampf von Liebe und Hass: Wie stark sind Freundschaften, wie viel Abweichung von der Norm halten sie aus? Gibt es einen Punkt, an dem Vertrauen umschlägt in Angst? Scliar hat augenzwinkernd in die jüdische Gemeinde zurückverlegt, was diese oft von der Außenwelt trennte. Und er hat in diesem lesenswerten Buch letztlich eine bessere Version der Wirklichkeit geliefert. Ein Märchenerzähler darf das.

Moacyr Scliar: "Der Zentaur im Garten". Roman.

Aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2013. 286 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Eine unglaubliche Geschichte,
die das Gefühl des Fremdseins mythisch-fantastisch verwandelt." Börsenblatt, 01.10.2013