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Die Nachricht einer bahnbrechenden mathematischen Erkenntnis rüttelt den Buchhändler Monsieur Ruche und seine Angestellte Perette mit ihren drei Kindern auf. Der alte Freund von M. Ruche, der die Entdeckung gemacht hat, verschwindet und schickt nur einen Brief voller Andeutungen. Die spannende mathematische Suche nach dem Geheimnis der Mathematik beginnt.

Produktbeschreibung
Die Nachricht einer bahnbrechenden mathematischen Erkenntnis rüttelt den Buchhändler Monsieur Ruche und seine Angestellte Perette mit ihren drei Kindern auf. Der alte Freund von M. Ruche, der die Entdeckung gemacht hat, verschwindet und schickt nur einen Brief voller Andeutungen. Die spannende mathematische Suche nach dem Geheimnis der Mathematik beginnt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.01.2000

Fünf Freunde und das Federvieh
Gezählte Welt: Denis Guedjs Roman "Das Theorem des Papageis"

Wenn man einen mathematischen Beweis "elegant" und ein geometrisches Gebilde "schön" nennt, sind zweifellos ästhetische Kategorien im Spiel. Die Poesie der Mathematik auch dem ignoranten Laien mitzuteilen ist freilich eine Herkulesaufgabe, an der sich schon Generationen von Gymnasiallehrern die Hände mit Kreide befleckt haben. Der in Paris lehrende Mathematiker und Wissenschaftshistoriker Denis Guedj will mit einem Roman Abhilfe schaffen. Er denkt sich mit Recht, dass ein witziger Erzähler stärker fesselt als ein Lehrmeister, der langweilig vorbetet und mitleidlos nachrechnet.

Doch auch ein Mathe-Roman braucht einen Rechenkünstler, der das Heft in die Hand und den Zirkel zu Hilfe nimmt. Dieser Führer ins Reich der Formen und Formeln ist der greise Pariser Buchhändler Monsieur Ruche, der aus heiterem Himmel mit einem Danaergeschenk bedacht wird: Sein Jugendfreund Grosrouvre hinterlässt ihm seine unbezahlbar wertvolle mathematische Bibliothek. Der verschollen geglaubte Wissenschaftler hatte sich für Jahrzehnte in die Gegend von Manaus am Amazonas zurückgezogen, um sich dort an den letzten Rätseln seines Faches zu versuchen, etwa am Beweis der berühmten Fermatschen Vermutung. Die triumphierende Nachricht über den Erfolg seiner Mühen verbindet Grosrouvre aber mit mysteriösen Andeutungen über eine Bande skrupelloser Beweisräuber, die sein Wissen mit allen Mitteln an sich bringen wollen. Kurz danach erfährt Ruche vom Tod des Freundes und versucht nun, an der Geschichte der morgen- und abendländischen Mathematik die Chronik eines angekündigten Todes abzulesen.

Eine geteilte Gerade ist eine halbe Gerade, aber sie ist immer noch unendlich lang. Der selbst eher philosophisch gebildete Ruche versammelt privatissime ein kriminalistisch-mathematisches Oberseminar, das aus seiner Angestellten Perrette und ihren drei aufgeweckten Kindern besteht, den 16-jährigen Zwillingen Léa und Jonathan sowie dem fünf Jahre jüngeren Max, der noch einen außergewöhnlichen Gaststudenten mitbringt: Der gehörlose Junge hat auf dem Flohmarkt einen sprachbegabten Papagei aus den Klauen einer brutalen Tierschmugglerbande befreit und bei sich aufgenommen. Er nennt ihn in einem Anflug von Anarchismus Nofutur, ein Haustier ohne Zukunft, aber mit Vergangenheit. Doch selbst die Herkunft des schlauen Vogels aus Südamerika sowie seine Fähigkeit, ganze Lehrbuchtexte fehlerfrei zu memorieren, macht die Detektive nicht stutzig. Um der vielen Rätsel Lösung herauszukriegen, hätte man sich statt für tote Buchstaben mehr für das quicklebendige Tier interessieren müssen. Ach, könnten unsere Helden nur den Titel ihres eigenen Romans kennen!

Doch Guedj ist kein Zoologe, sondern Mathematiker. Und außerdem Gourmet, da die Liebe zur Geometrie in diesem Buch stets durch den Magen geht. Keine Station der Wissenschaftsgeschichte, die nicht durch ein passendes Menü anschaulich gemacht werden könnte - die mathematische Tradition ist genauso multikulturell wie die Pariser Gastronomieszene: "Man muss nicht immer und überall Zusammenhänge vermuten, Léa. Die Freiheit besteht gerade darin, über die griechische Beweisführung sprechen zu können und gleichzeitig eine Gremolata zuzubereiten!"

Der kulinarisch verzierte Rahmen der Krimihandlung ist dagegen bloß ein wackliger Aufhänger für die Spickzettel und Lehrtafeln, auf denen Guedj, Autor eines Buches über "Die Geburt des Meters", allerlei Wissenswertes aus der Welt der Zahlen berichtet. Dabei wird nebenbei das Idealbild eines Schulunterrichts entworfen, der neben dem unanschaulichen Werk das pralle Leben großer Denker abhandelt. So lernen wir Thales und Euklid, die arabischen Klassiker Umar al-Hayyam und Saraf al-Tusi ebenso näher kennen wie Cardano, Fermat und Euler. Solch aufmerksamen Zuhörern wie den zahlenbegeisterten Zwillingen kann der Leser nach einigen hundert Seiten allerdings nicht mehr das Wasser reichen. Ein Mathematiker müsste sich aufs Kürzen eigentlich besser verstehen.

Das zähe Seniorenstudium tut allein dem Alten sichtlich gut: Ruche wird zur lebenden Allegorie der im Erzählen verjüngten Disziplin und lässt die Schranken des an den Rollstuhl gefesselten Körpers durch die Beweglichkeit seines Geistes zunehmend hinter sich. Schließlich nimmt er es sogar persönlich mit dem bösen Drahtzieher auf, dessen Schergen das neunmalkluge Federvieh schließlich doch aufgespürt haben. Über die haarsträubenden Unwahrscheinlichkeiten der Handlung könnte man als augenzwinkernde Widerlegung der nebenbei erwähnten Wahrscheinlichkeitslehre noch hinwegsehen. Unverzeihlich ist jedoch, dass Guedj seine Krimihandlung so stiefmütterlich behandelt. Während für die Herleitung einer mathematischen These kein historischer Umweg zu verschlungen ist, werden die wenigen Höhepunkte des Geschehens - etwa die spektakuläre Entführung des Pagageis und seines Besitzers Max durch die Mathemafia - lustlos heruntererzählt. Am Schluss jetten nicht etwa die jugendlichen Schüler, sondern der gebrechliche Ruche nach Sizilien und zum Amazonas, um die Gleichung mit vielen Unbekannten endlich zu lösen. Damit wird Guedj auch noch dem einzigen bis dahin konsequent befolgten Axiom untreu: dass die Abenteuer des Geistes viel aufregender sind als jede echte Entdeckungsreise.

RICHARD KÄMMERLINGS

Denis Guedj: "Das Theorem des Papageis". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Bernd Wilczek. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1999. 592 S., geb., 44,90 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Thomas Laux hat einen" zwiespältigen Eindruck" von diesem Roman. Denn einerseits weiß er es zu schätzen, dass Guedj, der als Mathematiker an einer Pariser Universität lehrt, die Geschichte und Probleme der Mathematik durch das Genre eines Romans zu vermitteln versucht. Andererseits hält der Rezensent dieses Unterfangen für fast unmöglich und damit letztlich für gescheitert. Die Probleme der Mathematik lassen sich in seiner Ansicht kaum verständlich in Romanform erzählen, anders als beispielsweise die der Philosophie, wie es Jostein Gaarder gelungen ist. Und so wimmelt es in Guedjs Buch auch von komplizierten Gleichungen, Koordinatensystemen, da errechnen die Figuren "den einen Logarithmus oder den anderen Kotangens", wie Laux feststellt. Das sei für Mathematiker oder Mathematik-Studenten sicher interessant. Von Lesern, die mit der Thematik seit jeher "auf Kriegsfuss" stehen, fordere der Roman aber "viel Geduld", resümiert der Rezensent.

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