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An vielen Beispielen zeigen die Autoren: Weniger ist oft mehr. Nicht um spartanischen Verzicht geht es, sondern um die Entdeckung der Freuden, die nicht mit Geld zu kaufen sind.

Produktbeschreibung
An vielen Beispielen zeigen die Autoren: Weniger ist oft mehr. Nicht um spartanischen Verzicht geht es, sondern um die Entdeckung der Freuden, die nicht mit Geld zu kaufen sind.
Autorenporträt
Gerlinde Unverzagt, geboren 1960, arbeitete neben und nach dem Studium als freiberufliche Journalistin für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Gerlinde Unverzagt ist alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Sie schreibt regelmäßig Artikel und Glossen über Themen aus dem Familienleben und Erziehungsalltag u.a. für die Zeitschriften spielen und lernen, Psychologie Heute, young family und Brigitte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.03.2002

Der Nachwuchs lebt vom Dünkelbrot
Unter falscher Flagge: Eine Erziehungsfibel fordert das Ende aller Kinderträume
Vielleicht sind meine Kinder nicht normal. Vielleicht sind alle Kinder, die ich kenne, nicht normal. Zumindest sind sie nicht so, wie Gerlinde Unverzagt und Klaus Hurrelmann sie in ihrem Buch beschreiben: kleine Konsumterroristen, von der Werbung verdorben, mit zuviel Taschengeld im Portemonnaie – aber ansonsten schrecklich arme Geschöpfe, die statt von Elternliebe vom Geld leben.
So ähnlich zeichnen der Bielefelder Jugendforscher Hurrelmann und die Journalistin Unverzagt das Klischee der Kinder von heute. Auch sie reiten, wie zahllose andere Autoren von Erziehungsbüchern, auf der Welle „Kinder brauchen Grenzen”. Schnell dahin geschrieben, wahrscheinlich weil der Markt nach solchen Werken verlangt, preisen diese Bücher die verlorenen Tugenden der guten alten Zeit und schildern eine materiell reiche, seelisch verarmte Jugend. Dabei warnen Unverzagt und Hurrelmann selbst auf den ersten Seiten ihres Buches vor der „mit dem breiten Pinsel gemalten Konsum-Kindheit”, um diese dann allerdings über 190 Seiten hinweg in schwarzen Farben zu schildern.
Ihre Bestandsaufnahme – Gruppendruck, Markenfetischismus, Konformität und Geld im Überfluss – wiederholt sich. Dabei schießen die Autoren gewaltig übers Ziel hinaus, wenn sie den Konsum schon bei Kindern als Suchtphänomen beschreiben. Der Zwang zur Dosissteigerung, die Verengung der Lebensperspektiven auf bestimmte Objekte der Begierde, die schon bald als unwiderstehlich empfunden werden, sogar das Auftreten von Entzugserscheinungen und erst recht die Lähmung der eigenen Fähigkeiten, Herausforderungen zu meistern – ähnlich wie bei anderen Süchten berge der Konsum Gefahren für den Geldbeutel, die größeren aber für dessen Besitzer.
Sicher gibt es den Kaufzwang, der ein Suchtverhalten ist; in der Regel aber ereilt er frustrierte Mittfünfzigerinnen eher als Kinder. Der entscheidende Punkt ist doch, dass Kinder die geborenen Konsumenten sind – sie wollen alles haben, hier und gleich. Aber sie lassen sich auch wieder schnell von ihren Wünschen ablenken. Und meist lernen sie mit der Zeit, dass man eben nicht alles sofort bekommt. Es sei denn, sie haben Erwachsene mit einem gestörten Konsumverhalten um sich. Was aber ist von einer Konsum-Gesellschaft anderes zu erwarten als Kinder, die gerne konsumieren? Sie haben in der Regel zu viel Taschengeld, aber spiegelt sich darin nicht gerade der Wohlstand unserer Gesellschaft wider? Warum sollten unsere Kinder anders oder gar besser sein als wir selbst?
Ein Mehr, das viel zu wenig ist
Paradox mutet auch die Haltung der Autoren zum Thema Geld an. In mehreren Kapiteln lassen sie sich über das Taschengeld aus, können sich aber offensichtlich nicht entscheiden, ob sie der Meinung sind, Kinder müssten möglichst früh über Geld verfügen oder eher nicht. Diese Unbestimmtheit spiegelt im Grunde die Unsicherheit wider, wie wir mit unseren Kindern umgehen wollen. Einerseits mögen wir sie selbständig, andererseits beschleicht uns ein gewisses Unbehagen, wenn Fünfjährige mit Plateau-Absätzen im Girlielook herumlaufen statt mit Spangenschuhen und Rüschenkleidchen. Vielleicht ist es da tröstlich, sich daran zu erinnern, dass die Rolle der Kinder, die mal „echte” Kinder, mal kleine Erwachsene gewesen sind, über die Jahrhunderte hinweg stets im Wandel begriffen war.
Zum Schuss hängen Unverzagt und Hurrelmann noch ein paar Alibi-Kapitel über die eigentlich interessanten Fragen zum Thema Kinder und Geld an. Sie schreiben Nebulöses übers Schulmarketing und stellen die eher amüsante Forderung auf, man brauche auch in der Schule die Erziehung zum Umgang mit Geld und Konsum. Vielleicht also noch ein Schulfach „Konsum”? Dazu gäbe es mehr zu sagen, als was hier auf wenigen Seiten steht: Firmen drängen in die Schulen, Computer und Internetanschlüsse lassen sich nur noch mit Hilfe von Sponsoring bezahlen – das wahre Wirtschaftsleben macht auch vor Bildungseinrichtungen nicht halt. Aber statt solider Fakten liest man nur ein paar anekdotische Aussagen, die immerhin tröstlich sind: Die befragten Kinder stehen dem Schulmarketing durchaus kritisch gegenüber.
Anekdoten und zufällige Befragungen ersetzen freilich nicht solide Studien. Entweder es gibt sie nicht oder die Autoren kennen sie nicht, was kaum anzunehmen ist, denn Hurrelmann ist schließlich ausgewiesener Jugendforscher. Es muss Untersuchungen zum Thema Kinder und Geld geben, von diesen hätte man gerne etwas erfahren. Auch deshalb enttäuscht die Literaturliste, die Ratgeber mit ähnlichem weltanschaulichem Hintergrund aufzählt, was sich an den Titeln ablesen lässt: „Weniger ist oft mehr”, „Weil Geld nicht auf den Bäumen wächst”, „Weniger ist manchmal mehr”, „Die Verwöhnungsfalle” und so weiter. Ein Buch mehr, das in diese Kerbe haut, wird sich gut verkaufen – dürften Autoren und Verlag kalkuliert haben.
Insofern ist auch dieses Buch in die lange Liste der Erziehungsberater einzureihen, ohne dass es sich als solches outet. Doch wie viele andere Erziehungsberater befriedigt es den Leser kaum – es sei denn, er oder sie empfinden die Welt ohnehin als schlecht und die Kinder als verdorben. JEANNE RUBNER
GERLINDE UNVERZAGT, KLAUS HURRELMANN: Konsum-Kinder. Was fehlt, wenn es an gar nichts fehlt. Herder Verlag, Freiburg 2001. 192 Seiten, 18,50 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kinder sind nicht so, meint Jeanne Rubner und entlarvt das von den Autoren entworfene Bild kleiner Konsumterroristen als "Klischee der Kinder von heute". Gleichzeitig unterstellt sie den Machern, mit ihrem Buch auf der populären Welle "Kinder brauchen Grenzen" zu reiten. Das geht ins Auge. Zum einen, weil die Autoren, wie Rubner schreibt, gewaltig übers Ziel hinausschießen, "wenn sie den Konsum schon bei Kindern als Suchtphänomen beschreiben". Zum andern, weil der Band da, wo es laut Rezensentin tatsächlich spannend hätte werden können (Stichwort: Kinder und Geld; Schulmarketing), höchst kursorisch verfährt: "Statt solider Fakten liest man nur ein paar anekdotische Aussagen". Dass Rubner schließlich selbst von der Literaturliste enttäuscht wird, weil die bloß "Ratgeber mit ähnlichem weltanschaulichem Hintergrund" aufzählt, macht die Besprechung zu einem runden Verriss.

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