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Fast vergessen ist, daß Gründung und Aufstieg von CDU und CSU zu einer dominierenden politischen Kraft maßgeblich auf den Erfahrungen und Auseinandersetzungen mit der nationalsozialistischen Diktatur beruhen. Was 1945 als überkonfessionelle Volkspartei entstand, hatte eine starke Kontinuität im Personellen wie im Pragmatischen. Den Kern bildeten jene Männer und Frauen, die meist schon vor 1933 politisch aktiv waren und deren Immunität gegenüber dem Nationalsozialismus stark ausgeprägt war. Viele von ihnen engagierten sich im Kampf gegen Hitler. Ihr Schicksal und ihr Anteil an der geistigen und…mehr

Produktbeschreibung
Fast vergessen ist, daß Gründung und Aufstieg von CDU und CSU zu einer dominierenden politischen Kraft maßgeblich auf den Erfahrungen und Auseinandersetzungen mit der nationalsozialistischen Diktatur beruhen. Was 1945 als überkonfessionelle Volkspartei entstand, hatte eine starke Kontinuität im Personellen wie im Pragmatischen.
Den Kern bildeten jene Männer und Frauen, die meist schon vor 1933 politisch aktiv waren und deren Immunität gegenüber dem Nationalsozialismus stark ausgeprägt war. Viele von ihnen engagierten sich im Kampf gegen Hitler. Ihr Schicksal und ihr Anteil an der geistigen und politischen Neuorientierung und Neugestaltung werden in diesem Band dokumentiert.
Autorenporträt
Günter Buchstab, Jg. 1944, Dr. phil., ist Leiter des Bereichs Wissenschaftliche Dienste/Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin bei Bonn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2004

Ältere Weimarer
Die deutsche Opposition gegen Hitler und die Unionsparteien

Günter Buchstab/Brigitte Kaff/Hans-Otto Kleinmann (Herausgeber): Christliche Demokraten gegen Hitler. Aus Verfolgung und Widerstand zur Union. Herausgegeben im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2004. 536 Seiten, 19,- [Euro].

Die beiden Unionsparteien lassen durch die von Günter Buchstab geleiteten Wissenschaftlichen Dienste der Konrad-Adenauer-Stiftung und viele nahestehende Außen-Autoren pünktlich zum 60. Jahrestag des Attentats auf Hitler ihre Wurzeln im deutschen Widerstand umfassend freilegen. Die in sechzig Porträts von Hitler-Gegnern und Hitler-Gegnerinnen vorgestellten "christlichen Demokraten" werden dabei als eine politische Gruppe verstanden, die aus einer kompromißlosen "Dissenshaltung" ehemaliger Mitglieder und Funktionsträger der nichtsozialistischen "Weimarer" Parteien und Gewerkschaften hervorgegangen sei, jedoch keinesfalls als einheitliche Gruppe oder Bewegung verstanden werden dürfe.

Die Nationalsozialisten hätten "die ,christlichen Demokraten' wie die Sozialdemokraten und Kommunisten von Anfang an als Feinde angesehen und behandelt". Ihr Widerstand im "Dritten Reich" habe mit einem "Standhalten" begonnen und sich später insbesondere in Planungen für die Nach-Hitler-Zeit konkretisiert, wie überhaupt die Soziale Marktwirtschaft als deutlichste Kontinuitätslinie in die frühe Bundesrepublik hineinreiche: "Es waren eben nicht die ,alten Nazis', sondern die noch älteren ,Weimarer', die, durch die Erfahrung der NS-Herrschaft, durch die Leiden der Verfolgung und durch die Gemeinsamkeit im Widerstand gegen das Gewaltregime einsichtsvoller und konsequenter geworden, der demokratischen Neuordnung nach 1945 den Stempel aufdrückten - in CDU und CSU ebenso wie in den anderen Parteien des demokratischen Neuanfangs."

Viele dieser Hitler-Gegner in der Union hatten allerdings auch in der frühen Bonner Republik eine gewisse Feigenblatt-Funktion, konnten sich politisch nicht lange halten und hatten schnell wieder ausgedient, was in einzelnen Lebensbeschreibungen immer wieder anklingt. Überhaupt sind die Artikel, für die es laut Herausgebervorwort "keinerlei Vorgaben formaler oder inhaltlicher Art" gegeben habe, von unterschiedlicher Qualität. Beispielsweise gelingt Christine Blumenberg-Lampe eine Art biographische Musterminiatur über Paul Graf Yorck von Wartenburg, den älteren Bruder von Peter Graf Yorck von Wartenburg - des neben Helmuth James Graf von Moltke herausragenden und schließlich hingerichteten "Kreisauers".

So half Paul Yorck den Verfolgten: "Er versteckte mehrfach Menschen in Klein-Öls; eine ganze Familie konnte im Schloß überleben. Vorsicht war nicht seine Art: Den Esel in Klein-Öls hatte er ,Mussolini' getauft. Als ihn die Partei deshalb rügte, schrieb er ihr, er würde ihn nun ,Stalin' nennen, man solle ihn wissen lassen, wenn beabsichtigt sei, sich mit Rußland zu befreunden. Den Brief unterschrieb er mit: ,ohne Veranlassung zu mehr'." Bei der Vereidigung der Wehrmacht auf Hitler lehnte er wie seine Brüder sogar den Fahneneid auf Hitler ab und wurde deshalb zum Gemeinen degradiert, später während des Krieges jedoch durch Tapferkeit wieder zum Offizier befördert, "obwohl er nie eine Patrone mit sich führte, um nicht in die Gefahr zu kommen, einen Menschen töten zu müssen". Inwieweit er mit seinem Vetter Claus Schenk Graf von Stauffenberg und dessen Kreis in Verbindung stand, sei "ungeklärt". Nach dem 20. Juli wurden er und seine Frau verhaftet und erst nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen befreit. Yorck, der den Gründungsaufruf der Berliner CDU mitunterzeichnet hatte, zog allerdings im Nachkriegsdeutschland den Auswärtigen Dienst der Politik vor.

Demgegenüber ist beispielsweise die Lebensskizze über Robert Lehr etwas blaß ausgefallen. Autorin Brigitte Kaff erwähnt nicht einmal, wie sich der von den Nationalsozialisten abgesetzte Düsseldorfer Oberbürgermeister und Bundesinnenminister der Jahre 1950 bis 1953 gemeinsam mit Kanzleramtsstaatssekretär Otto Lenz für das Andenken des deutschen Widerstandes einsetzte und sogar als Privatmann gegen den ausdrücklichen Rat seines Ministeriums sowie der meisten seiner Kabinettskollegen 1951/52 wegen "übler Nachrede und Beschimpfung des Andenkens Verstorbener" gegen den ehemaligen Wachbataillonskommandeur Otto Ernst Remer klagte, der die Männer des 20. Juli auf Wahlkampfveranstaltungen mehrfach als vom Ausland bezahlte Landesverräter diffamierte. Ein Blick in die Akten oder wenigstens in ein paar alte Zeitungsartikel schadet eben hin und wieder auch bei zeithistorischen "Schnellschüssen" nichts.

Der erinnerungspolitischen Gedenktags-Offensive, die neben den oppositionellen Aktivitäten der "christlichen Demokraten" im "Dritten Reich" stets deren Anteil an der geistigen und politischen Neuorientierung der Bonner Republik kurz beleuchtet, sind jedenfalls viele Leser zu wünschen, auch solche, die sich durch die knappen Porträts zu detaillierteren biographischen Studien anregen lassen.

RAINER BLASIUS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Durchaus wohlwollend äußert sich Rainer Blasius zu diesem pünktlich zum 60. Jahrestag des Hitler-Attentats erschienenen Band, der den Wurzeln der beiden Unionsparteien im deutschen Widerstand nachspürt. Wie Blasius berichtet, stellen die Autoren des von Günter Buchstab herausgegebenen Bands in sechzig Porträts von Hitler-Gegnern und -Gegnerinnen "christliche Demokraten" vor. Die Porträtierten würden dabei als eine politische Gruppe verstanden, die aus einer kompromisslosen "Dissenshaltung" ehemaliger Mitglieder und Funktionsträger der nichtsozialistischen "Weimarer" Parteien und Gewerkschaften hervorgegangen sei, aber nicht als einheitliche Gruppe oder Bewegung verstanden werden dürfe. Er hebt hervor, dass die Autoren neben den oppositionellen Aktivitäten der "christlichen Demokraten" im "Dritten Reich" stets deren Anteil an der geistigen und politischen Neuorientierung der Bonner Republik kurz beleuchten. Die einzelnen Artikel sind seines Erachtens durchaus von unterschiedlicher Qualität. Ein großes Lob spricht er etwa Christine Blumenberg-Lampes Biographie über Paul Graf Yorck von Wartenburg aus, während er Brigitte Kaffs Lebensskizze über Robert Lehr etwas "blass" findet.

© Perlentaucher Medien GmbH