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"Das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig war ein mutiger und historisch beispielloser Versuch, die Geschichte dieses Krieges tatsächlich aus globaler Perspektive darzustellen und die polnische Perspektive damit zu verbinden. Dieses Museum wurde von den polnischen Konservativen in seiner ursprünglichen Form zerstört, da es im Widerspruch zu ihrer nationalistischen Geschichtsdeutung steht. Pawel Machcewicz, Direktor und intellektueller Kopf dieses Unternehmens, wurde auf Weisung der polnischen Regierung entlassen. Er zeigt in seinem Buch eindrücklich, wie schwierig es ist, eine gemeinsame…mehr

Produktbeschreibung
"Das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig war ein mutiger und historisch beispielloser Versuch, die Geschichte dieses Krieges tatsächlich aus globaler Perspektive darzustellen und die polnische Perspektive damit zu verbinden. Dieses Museum wurde von den polnischen Konservativen in seiner ursprünglichen Form zerstört, da es im Widerspruch zu ihrer nationalistischen Geschichtsdeutung steht. Pawel Machcewicz, Direktor und intellektueller Kopf dieses Unternehmens, wurde auf Weisung der polnischen Regierung entlassen. Er zeigt in seinem Buch eindrücklich, wie schwierig es ist, eine gemeinsame Sprache zu finden, um den Zweiten Weltkrieg zu beschreiben, und welchen Widerständen er sich gegenüber sah. Dieses Buch deckt die Gräben auf, die nicht nur in Polen zwischen nationaler und universaler Erinnerungskultur bestehen." Ulrich Herbert
"Die Art und Weise, wie die kommenden Generationen von Polen sich selbst, die Demokratie und Europa sehen werden, hängt zumindest zu einem gewissen Grad davon ab, ob sie einen Zugang zur komplizierten Geschichte ihres Landes während des Zweiten Weltkriegs haben werden. Das erste vom Museum aufgegriffene Thema, der Zusammenbruch der Demokratie, könnte nicht dringender sein als heute. Die Präsentation des Krieges als weltumspannende Tragödie könnte nicht lehrreicher sein. Die Beseitigung des Museums ist ein Schlag gegen das globale Kulturerbe." Timothy Snyder

Pawel Machcewicz (geb. 1966) ist Professor für Geschichte am Institut für Politische Studien der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Er hat viele Bücher über den Zweiten Weltkrieg, den Kommunismus und den Kalten Krieg geschrieben. Das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig ist auf seine Anregung hin entstanden; zwischen 2008 und 2017 war er sein Direktor.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2018

Allen Feinden zum Trotz
Pawel Machcewicz seziert polnische Geschichtspolitk

Das Danziger Museum des Zweiten Weltkriegs sollte ursprünglich ein Gegengewicht zum von Erika Steinbach geforderten "Zentrum gegen Vertreibungen" schaffen. Heute erinnern sich selbst interessierte Beobachter der deutsch-polnischen Beziehungen kaum noch daran. So stark prägte der Konflikt zwischen der Direktion und dem seit Ende 2015 von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) geführten Kulturministerium selbst die internationale Wahrnehmung des Museums.

Erstere wollte ein Museum schaffen, das den Krieg und insbesondere das Leid der Zivilbevölkerung im besetzten Europa aus polnischer Perspektive zeigt, Letzteres einen Ort der nationalen Selbstvergewisserung, der Heldenmut und Widerstand ins Zentrum rückt. Mit Pawel Machcewiczs "Der umkämpfte Krieg" liegt nun eine erfrischend subjektive Darstellung dieser einschneidenden erinnerungskulturellen Auseinandersetzung im Polen der letzten Jahre vor. Der 1966 geborene Autor, einer der wichtigsten polnischen Zeithistoriker, war Ideengeber, Gründungsdirektor und bis zu seiner Entlassung letztes Jahr Gegenpart der von geschichtspolitischem Sendungsbewusstsein erfüllten PiS-Politiker.

In seinem Ende letzten Jahres erschienenen Buch, das nun auf Deutsch vorliegt, schildert er in mitreißendem Ton, wie aus einem Zeitungsessay in zehn Jahren harter Arbeit eines der modernsten Museen Europas wurde. Dabei beschreibt er seine Wandlung vom bücherschreibenden Historiker zum in seine Sammlung verliebten Museumsleiter ebenso spannend wie die Angriffe aus nationalkonservativen Kreisen. Die Hälfte des Buches ist dem Überlebenskampf des Museums nach dem Wahlsieg der PiS gewidmet und wie es gelang, das Museum aller Feindseligkeiten zum Trotz zu eröffnen.

Wer sich für den Entstehungsprozess eines historischen Museums interessiert oder für das Ringen der polnischen Gesellschaft mit den unterschiedlichen Deutungen ihrer Geschichte, dem sei dieses Buch empfohlen. Mehr noch aber allen, die einen Eindruck gewinnen wollen, wie Geschichtspolitik hierzulande aussähe, würden sie jene gestalten, die das Recht einfordern, stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen.

STEPHAN STACH.

Pawel Machcewicz: "Der umkämpfte Krieg". Das Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig. Entstehung und Streit. Aus dem Polnischen von Peter Oliver Loew. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2018. 254 S., br., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.09.2018

Nacht
im Museum
Wie in Polen das Gedenken instrumentalisiert wird
Es kommt nicht oft vor, dass ein toter Mann noch ein Museum eröffnen kann. Doch am 23. März 2017 konnte in Danzig Gründungsdirektor Paweł Machcewicz im „Museum des Zweiten Weltkrieges“ die ersten Gäste noch persönlich begrüßen. Und dies, obwohl Polens Regierende ihn zuvor zum „toten Mann“ erklärt und alles daran gesetzt hatten, ihn zu entlassen und die Eröffnung zu verhindern. Denn das Museum berücksichtigte den nationalen Standpunkt und den Heroismus der Polen angeblich nicht genügend – so jedenfalls die Klage der nationalpopulistischen Regierungspartei Pis unter Jarosław Kaczyński.
Mit der Eröffnung der Ausstellung, die den Weltkrieg auch im internationalen Zusammenhang schildert und allein 2017 mehr als eine halbe Million Besucher anzog, erfüllten Machcewicz und seine Mitarbeiter die Mission, nach neun Jahren Arbeit ein Museum nicht nur zu entwerfen, sondern auch zu eröffnen. Zwei Wochen später wurde Machcewicz entlassen, das Museum von einem Pis-nahen Historiker übernommen mit dem Ziel, es in Richtung polnisches Heldentum umzugestalten.
Wie wohl kein anderes Ereignis in Polens Kulturlandschaft zeigte der Kampf um das Danziger Museum, in welche Richtung die Pis Polen führt: weg von Europa, zurück zu nationalistisch dominierter Politik, in der Kultur und Geschichtsschreibung im Dienste der Herrschenden stehen. Ex-Direktor Machcewicz hat darüber ein faszinierendes, spannendes Buch vorgelegt. Am Ende des Kampfes hat, so sieht es Machcewicz, „das Bild eines ständig bedrohten Polentums“ gesiegt; erinnert ihn das autoritäre, Polen allmählich aus der EU herausführende und Gegner ausgrenzende Vorgehen der Regierung an die kommunistische Volksrepublik Polen oder an das Russland Wladimir Putins.
Dabei sollte das Danziger Projekt für etwas ganz anderes stehen. Als der damals neue Ministerpräsident Donald Tusk Ende 2007 seinen Antrittsbesuch in Berlin machte, übernahm er vom Warschauer Historiker Machcewicz die Idee eines Museums des Zweiten Weltkriegs, das außer den Erfahrungen der Polen auch die anderer Ost- und Mitteleuropäer betonen und die internationale Dimension nicht vergessen sollte. Tusk entschied, dass das Museum in Danzig entstehen solle. Gründungsdirektor Machcewicz entwarf die Ausstellung mit führenden polnischen und westlichen Historikern wie Timothy Snyder und Norman Davies, dem Israeli Elie Barnavi oder dem Freiburger Ulrich Herbert.
Das über polnische Erfahrungen hinausgehende, selbst polnische Verbrechen nicht aussparende Konzept passte Polens Nationalkonservativen nicht. Kaczyński wollte ausschließlich eine Darstellung „der polnischen Opfergeschichte“. Als er im Herbst 2015 die Wahl gewann, schien der Weg zur Umsetzung dieser Idee frei zu sein. Schon im November 2015 wurde den Danziger Museumsleuten ausgerichtet: „Paweł ist ein toter Mann.“ Doch die Kontrolle über das Museum zu erhalten und die Eröffnung zu torpedieren, war schwieriger, als der neue Kulturminister Piotr Gliński gedacht hatte: etwa wegen langfristiger Verträge mit Baufirmen und Museumsmachern oder weil Danzigs zur Opposition gehörender Bürgermeister drohte, das Grundstück zurückzufordern, wenn die Regierung den Vertrag über die Museumseröffnung breche.
Schließlich gründete der Kulturminister in Danzig ein weiteres, nur auf dem Papier existierendes Museum, um es mit dem realen Museum des Zweiten Weltkriegs zu vereinigen. Formal entstand so eine neue Kulturinstitution. Gliński konnte Direktor Machcewicz feuern – freilich erst, nachdem dessen Mannschaft in fieberhafter Arbeit die Ausstellung fertiggestellt und das Museum eröffnet hatte. Der zuvor internationale Beirat wurde Anfang 2018 mit nationalistischen, der Pis nahestehenden Historikern, Journalisten, Veteranenvertretern und Priestern besetzt. Auch die Ausstellung wurde bald verändert, der Abschlussfilm durch einen Propagandastreifen ersetzt, demzufolge Polen den Weltkrieg quasi im Alleingang gewonnen hatte.
Freilich unterliegt eine Ausstellung wie ein Buch oder Film dem Copyright. Wer auch nur ein Detail ändern will, benötigt die Genehmigung der Ausstellungsmacher. Im Juli begann in Danzig ein Prozess, in dem Machcewicz und seine Kollegen von der neuen Museumsführung und dem Kulturministerium alle Rücknahmen von Veränderungen fordern. Auch der Weg vor europäische Gerichte ist offen, denn das Copyright von Ausstellungsmachern wird auch durch eine EU-Direktive geschützt.
Die Änderungen im Danziger Museum stoppt dies einstweilen nicht. Schon stehen in Polen auch Theater- und Filmemacher, Historiker und andere Museen unter Druck. Als in Warschau das „Museum der Geschichte polnischer Juden“ (Polin) in diesem März fünfzig Jahre nach einer antisemitischen Kampagne im kommunistischen Polen die Ausstellung „Fremd im eigenen Haus“ über das Schicksal drangsalierter polnischer Juden eröffnete, wurden Ausstellung und Polin-Direktor Dariusz Stola von der Regierung, die schwarze Seiten der polnischen Geschichte gern unter den Teppich kehrt, scharf kritisiert.
Auch die Forschungen der Warschauer Soziologin Barbara Engelking sind nicht nach dem Geschmack der Herrschenden: Engelking legte kürzlich mit dem Historiker Jan Grabowski neue Forschungsergebnisse zur Beteiligung von Polen am deutschen Massenmord an Juden im besetzten Polen vor. Die Quittung folgte Ende Mai: Polens Regierung will Engelking nun als Vorsitzende des Internationalen Beirats des Museums Auschwitz-Birkenau ablösen. Leitkriterium bei der Neubesetzung des Beirats sei „polnische Empfindlichkeit“, betonte Vizepremier Jarosław Gowin.
FLORIAN HASSEL
Den Nationalkonservativen
passte das Ausstellungskonzept
von Paweł Machcewicz gar nicht
Paweł Machcewicz:
Der umkämpfte Krieg.
Das Museum des Zweiten Weltkrieges in Danzig. Entstehung und Streit.
Aus dem Polnischen von Peter Oliver Loew.
Harrassowitz-Verlag
Wiesbaden 2018.
253 Seiten, 22,90 Euro.
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