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Joseph ist 16 und sitzt im Rollstuhl. Neuerdings jobbt er in einer Bäckerei in Minneapolis und versteht sich phantastisch mit seinem Kollegen Zap. Wenn nur die 9-jährige Enzo nicht wäre - ständig hängt sie in der Bäckerei herum und nervt ihn mit ihren Fragen: Warum kann Joseph die Beine nicht mehr bewegen? Und warum hat er seine Mutter verlassen? Für Enzo ist Joseph ein Superheld, aber der will das gar nicht sein. Irgendwann wird er ihr erzählen, was wirklich geschah. Vorher aber wird er sich in die hübsche Mai verlieben ...

Produktbeschreibung
Joseph ist 16 und sitzt im Rollstuhl. Neuerdings jobbt er in einer Bäckerei in Minneapolis und versteht sich phantastisch mit seinem Kollegen Zap. Wenn nur die 9-jährige Enzo nicht wäre - ständig hängt sie in der Bäckerei herum und nervt ihn mit ihren Fragen: Warum kann Joseph die Beine nicht mehr bewegen? Und warum hat er seine Mutter verlassen? Für Enzo ist Joseph ein Superheld, aber der will das gar nicht sein. Irgendwann wird er ihr erzählen, was wirklich geschah. Vorher aber wird er sich in die hübsche Mai verlieben ...
Autorenporträt
Alison McGhee ist Autorin etlicher hochgerühmter und ausgezeichneter Romane für Erwachsene und jugendliche Leser. Ihr Bilderbuch "Someday" hielt sich mehrere Wochen auf der New York Times-Bestsellerliste. McGhee lebt mit ihrer Familie in Minneapolis, Minnesota.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2010

Das Schweigen des Superhelden
Allmächtiger Thor! Alison McGhees Roman über das Nachbeben der Gewalt

Ein Superhelden-Roman verdient einen ungewöhnlichen Handlungsschauplatz. Nahezu das gesamte Geschehen von "Falling Boy" findet auf den wenigen Quadratmetern eines Bäckereicafés statt. Hier tragen Joseph, Enzo und Zap ihre verbalen Grabenkämpfe aus. Sie zerren aneinander und zehren voneinander.

"Falling Boy" - das ist der 16-jährige Joseph, der nach einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Zap, der mit ihm in der Bäckerei arbeitet, ist ein Jahr älter. Nie um einen alerten Spruch verlegen, erfindet er abstruse Superhelden-Storys über Joseph, mit denen er die Gäste unterhält. Ein Dauergast ist Enzo, eine laute, aggressive Neunjährige, die sich ständig mit Zap anlegt und Joseph mit Fragen belagert. Die amerikanische Autorin Alison McGhee hat eine Reihe von schrägen Typen um dieses Trio geschart. Und dann ist da noch die attraktive Mai, die ein Auge auf Joseph geworfen hat.

Alles scheint sich um Josephs Situation zu drehen und darum, warum er einige Monate zuvor nach Minneapolis kam und seine Mutter in Upstate New York zurückließ. Doch das eigentliche Mysterium - und das Herz der Geschichte - ist sein Schweigen. Schwerer als die körperliche Lähmung wiegt Josephs Hemmung zu erzählen. Es ist dieses Schweigen, das berührt. Vergangenes ragt in die erzählte Gegenwart und motiviert sie nicht nur, sondern determiniert und unterminiert sie. Hier koinzidieren Erinnerung und Gewalt. Die Gewalt, mit der Josephs Unfall verursacht wurde, ist kaum greifbar - eine Gewalt, die kein Motiv kennt. Schritt für Schritt rollt die Autorin das Tableau einer Tragödie auf, deren Konturen sie mit ausdrucksstarken Bildern und in verstörenden Erinnerungssequenzen brillant exponiert. Was zu Beginn einer Karte mit zahlreichen weißen Flecken gleicht, zeigt am Ende des Romans erschlossenes Terrain.

Joseph der Bienenhüter - ein wiederkehrendes Bild, in die Welt gesetzt von Zap, birgt ein wesentliches Geheimnis des Jungen. Die Bienen, die Joseph in der Bäckerei füttert, stehen auch für die Unruhe seiner Mitmenschen, für ihre Nervosität und Aggressivität. Er fühlt sich dafür verantwortlich, diese menschlichen Regungen zu entschärfen, die viel zu viel Raum einnehmen in seinem Leben. Wenn Zap und Enzo streiten, wenn die Neunjährige vor Wut und Trauer schier zu bersten scheint, fehlt ihm jede gesunde Distanz zu den vielen Verletzungen, die da zugefügt werden. Gegen die eigene Unruhe aber, die Panikgefühle, die ihn immer wieder einholen, richtet er am wenigsten aus.

Auch Enzos irritierendem Furor verleiht die 1960 geborene McGhee ein markantes Gesicht. Das Mädchen besteht darauf, "Mighty Thor" genannt zu werden, wie die 1962 geschaffene Figur des Comic-Autors Stan Lee aus dem Kosmos der "Marvel"-Helden. Feingefühl und Rücksichtnahme gehen ihr gänzlich ab. Doch der Stift, den sie bedrohlich klickend gegen jeden richtet, ist nur das jämmerliche Plagiat einer Waffe, wie sie die Comicgestalt Thor trägt - eines Hammers.

Die Autorin, die an der Metropolitan State University in Minnesota Kreatives Schreiben unterrichtet, verweigert vorerst auch für das nervöse Energiebündel Enzo eine Erklärung. Sie liefert ihr gesamtes Ensemble aus, das, von unterschiedlichen Versehrungen gezeichnet, gerade durch diese Bloßstellung, die kein Verrat ist, Verbindlichkeit gewinnt. Es ist die wohlausgelotete Komposition aus kompromissloser Annäherung an die psychischen Parameter und vorbehaltloser Achtung vor jeder einzelnen Figur, und sei sie noch so verquer, der man folgen muss. Und das nicht nur, um Josephs und Enzos Geheimnis zu erkunden.

"Die richtige Kombination von Wörtern würde zu unsichtbaren Seilen werden, an denen man Enzo aus dem Dschungel herausholen könnte" - ein poetisches Bild der Hoffnung. Und die richtige Kombination von Wörtern wird zu unsichtbaren Seilen, an denen Alison McGhee ihre Leser - verbindlich - aus dem Alltagsdschungel herausholt und sie an diese Superhelden-Geschichte fesselt. Dass sie dabei ganz ohne echte Superhelden auskommt, ist die glückliche Pointe dieses Romans.

SIMONE GIESEN

Alison McGhee: "Falling Boy". Aus dem Amerikanischen von Birgitt Kollmann. Carl Hanser Verlag, München 2009. 192 S., br., 14,90 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Titelheld dieses Buchs heißt Joseph, ist sechzehn und sitzt nach einem schweren Unfall in einem Rollstuhl in einer Bäckerei, die der Schauplatz der Geschichte ist - und er schweigt. Die Autorin umgibt ihn mit einer ganzen Schar von Freunden und einer Freundin, die umso mehr reden. Vor allem erzählen sie Superheldengeschichten und sind selbst alle etwas verquer. Sehr angetan ist Rezensentin Simone Giesen von der Art, wie die Autorin Alison McGhee jeder ihrer Figuren trotz aller Seltsamkeit Gerechtigkeit widerfahren lässt. Sehr lobt sich auch die Subtilität, mit der das Unfall-Trauma, das Joseph zum Schweigen gebracht hat, nach und nach erst ins Bild gerückt wird.

© Perlentaucher Medien GmbH