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Rom, wie es nicht in den Reiseführern vorkommt: Marco Lodoli nimmt uns mit an Orte, an die sich kaum je ein Tourist verirrt. So führt er uns zu einem verwunschenen Antiquariat, zu dem uralten Heiligtum des Mithras unter der Kirche San Clemente oder zu einer wunderbaren Konditorei, die 24 Stunden geöffnet hat. Ein Streifzug durch die unbekannten Gassen der Ewigen Stadt, ergänzt mit Fotografien, die überraschend andere Blicke auf Rom offenbaren.

Produktbeschreibung
Rom, wie es nicht in den Reiseführern vorkommt: Marco Lodoli nimmt uns mit an Orte, an die sich kaum je ein Tourist verirrt.
So führt er uns zu einem verwunschenen Antiquariat, zu dem uralten Heiligtum des Mithras unter der Kirche San Clemente oder zu einer wunderbaren Konditorei, die 24 Stunden geöffnet hat.
Ein Streifzug durch die unbekannten Gassen der Ewigen Stadt, ergänzt mit Fotografien, die überraschend andere Blicke auf Rom offenbaren.
Autorenporträt
Marco Lodoli, 1956 in Rom geboren, arbeitet dort als Schriftsteller, Journalist und Lehrer. Seine Feuilletons erscheinen regelmäßig in der italienischen Tageszeitung La Repubblica .
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2003

Das ist hässlich, das müssen Sie sehen
Nicht in die Zeit hinein, sondern heraus: Marco Lodolis wunderbare römische Vignetten
Selbst wer gut Italienisch kann, wer seit Jahr und Tag mit dem Leben im Süden vertraut ist, wird dieses Wort nicht kennen, und dabei ist es doch eines der schönsten: „Lo smorzo” nennt man im römischen Dialekt eine Ansammlung von Baumaterial, wie man sie in den Vorstädten überall entlang der größeren Straßen findet. „Lo smorzo”, das sind einige Paletten Backsteine und Hohlziegel, Drainagerohre, Kacheln jeder Art, kleine Kamine, Bretter in allen Längen und Breiten. Von der Straße getrennt ist „lo smorzo” durch ein paar Baugitter und ein quietschendes rostrotes Metalltor, das immer offen steht. Bewacht wird es von einem Schäferhund an einer Kette. Mittendrin steht ein Padrone im Unterhemd, die Zigarette im Mund.
Ein jeder, der einmal für mehr als ein paar Stunden in Rom war, hat solche Gestalten schon einmal gesehen, kennt solche Plätze, weiß, wie es ist, wenn der Staub dieser Einrichtungen sich über die Disteln am Straßenrand legt. Aber es ist das Verdienst von Marco Lodoli, einem römischen Lehrer, aus dem „smorzo” einen literarischen Ort gemacht zu haben: Ein „smorzo”, schreibt er in einem seiner kleinen, fein gearbeiteten Feuilletons, lasse „an eine Welt denken, die weniger wird, die, nach einem großen Aufflammen, verlöscht: und in Wirklichkeit ist es ein Beginn, eine Kohlenglut, die Voraussetzung für ein Haus und für neue Wärme.” Dann schaut Marco Lodoli, wer sich um diese Glut versammelt hat: kleine Gruppen von rumänischen, polnischen, ukrainischen Hilfsarbeitern zum Beispiel, „gekleidet wie Italiener in den fünfziger Jahren, graue Hosen, karierte Hemden, Jacken aus dem Kaufhaus”.
Ein paar Dutzend dieser Vignetten, die ursprünglich für den Lokalteil der Tageszeitung La Repubblica geschrieben waren, hat der Hanser Verlag nun in einem kleinen Bändchen versammelt. Und wer immer die Idee zu diesem Buch hatte: Es ist ein kleines Werk voller Überraschungen geworden, ein Vademecum der abgelegenen oder verborgenen Orte, lehrreich und anrührend zugleich.
In diesem Frühjahr waren an mehreren Orten Roms, in der Villa Medici, in den Scuderie del Quirinale, in der Nationalgalerie Ausstellungen zu sehen, die sich einem gemeinsamen Thema widmeten: La Maestà di Roma, der Bedeutung Roms als Hauptstadt der bildenden Kunst im neunzehnten Jahrhundert. Hunderte von Bildern und Skulpturen waren zu sehen, von Ingres und Thorvaldsen, von William Turner und Corot. Es war eine imponierende Schau, durch ihren Größe, durch ihren Reichtum, aber auch durch eine Erfahrung, die sich an keinem anderen Ort der Welt hätte machen lassen: Man brauchte nur von den Gemälden wegzutreten, ein paar Schritte beiseite an ein Fenster oder zu einer Tür hin zu tun – und das, was die Maler vor hundert, hundertfünfzig, ja zweihundert Jahren auf die Leinwand gebannt hatten, lag vor einem, unter deutlich veränderten Bedingungen zwar, eingerahmt in buntes Blech und ein wenig verhangen hinter blaugrauem Dunst. Doch es waren immer noch dieselben Ruinen, dieselben alten Häuser und gebrochenen Blicke.
Nach Rom sei im neunzehnten Jahrhundert gegangen, so lautet ein gängiges Vorurteil, nach Italien, in dieses rückständige, arme Land, wer das Leben in seiner authentischen, ursprünglichen Form kennenlernen wollte. Noch heute erhält sich diese Ansicht in der Begeisterung für die etruskischen Städte der Toskana, für den abendlichen Corso und die Piazza, in der Schwärmerei für das Lokal mit langen Tischen in einem Gewölbekeller in Trastevere. Doch man schaue sich diese Bilder genauer an: die dänischen Maler zum Beispiel, wie sie sich in ihrem Gasthaus versammeln, die zerfallenen Tempel, die schweren Mauern und die vergitterten Fenster, die unendliche Menge von zur Hälfte aufeinander stehenden, zur Hälfte nur noch durcheinander gewürfelten Steinen, den „smorzo” einer vergangenen Epoche der ästhetischen Entdeckungen
Was hier betrachtet wird, ist nicht der Anfang der Zivilisation und auch nicht der Beginn des urbanen Lebens. Es ist etwas, das aus der Tiefe der Zeit bis ans Gegenwärtige reicht, und der nackte Stein gehört dazu: Nichts, was dauerhafter wäre, nichts, was in einem solchen Maße zu allen Zeiten gleichermaßen gehörte. Der „smorzo”, der so ganz dem Augenblick verpflichtet zu sein scheint, dem Vorübergehenden und sich Wandelnden, ist zugleich etwas sehr Stabiles, allen Zeiten Trotzendes. Nicht das Eintauchen in die Geschichte, sondern die Erlösung von ihr scheint das Motiv hinter diesen Bildern zu sein.
Wenn man über die Via Flaminia in die Stadt fährt und den Centro RAI und die Abzweigung nach Tor di Quinto hinter sich gelassen hat, erkennt man rechts eine weißblaue Tankstelle mit einer kleinen Bar und einer schäumenden Waschanlage. Sie „sieht aus wie ein großer Mollton aus Beton”, schreibt Marco Lodoli, „oder wie ein riesiger Toaster, das Deckel-Vordach durch vier Wellen hochgekurbelt, die sich aufbäumen und dann wieder herabsinken”. Bleibe man stehen, um vollzutanken, spinnt Marco Lodoli seine Fantasie weiter, könne man sich leicht Vittorio Gassman und Jean-Louis Trintignant vorstellen, die Gauner aus Federico Fellinis „Il Bidone”, wie sie an der Bar einen Betrug aushecken. „Es scheint, als würden uns diese Liter Treibstoff zum Kursaal nach Ostia bringen oder unter das Schilfdach irgendeines kleinen Restaurants der sechziger Jahre, am Ufer des Tyrrhenischen Meeres.” Sie ist ein Denkmal, diese Tankstelle, ein Monument der Geschichte nicht als Fortschritt, sondern als Rückfall. Auch solche Motive haben die Maler im Rom des neunzehnten Jahrhunderts festgehalten.
Italien, das ist seit nun über zweihundert Jahren ein von der ewigen Dekadenz infiziertes Land, das vom Kontrast zwischen modernem Leben und den klassischen Stätten lebt, wobei man sich diese, wenn es darauf ankommt, auch ironisch vorstellen muss. Marco Lodoli kennt viele dieser Orte und Figuren, einen San Matteo aus dem fünfzehnten Jahrhundert zum Beispiel, geschaffen von einem ebenso ehrgeizigen wie gescheiterten Künstler namens Copé. „Die hässlichste Statue der Renaissance muss unbedingt besucht werden, um Copé für diese schreckliche Frustration zu entschädigen ... ein Delirium aus Marmor, eine schiefe Figur, ganz und gar gekräuselt.” Auch diese Statue gehört zum „smorzo”, zu einem Widerstand gegen das Schöne, durch das dieses allerdings erst wirklich interessant wird.
Gewollt wurde natürlich stets etwas anderes: die Wiedergeburt des freien Menschen in einer überzeitlichen Stätte von Kunst und Schönheit. Ingres hat diesen freien Menschen gemalt, als klassischen Jüngling. Die moderne Variante, erzählt von Marco Lodoli, dem Verführer zum Kleinen und Unscheinbaren, schaut etwas anders aus, denn in die Schönheit ist die moderne Skepsis eingezogen, so dass sie vom Geist der Vergebung gerettet werden muss. Zum Beispiel vor dem Hintergrund eines einsamen Platzes an der Seite des Monte Mario, der zu „lo smorzo” zu gehören scheint, weil er „aussieht wie eine abgesplitterte Untertasse”, auf dem sich manchmal ein Pärchen gerade dort küsst, „wo die Umzäunung kaputt ist und das Panaroma sich öffnet wie ein neues Gefühl”. Die Ausstellungen La Maestà di Roma sind leider vorbei. Geblieben sind die reich bebilderten Katalogbände, die sich im Museumsgeschäft der Villa Medici kaufen lassen. Als erste Handreichung aber genügt Marco Lodolis kleines Buch über die Inseln von Rom.
THOMAS STEINFELD
MARCO LODOLI: Inseln in Rom. Streifzüge durch die Ewige Stadt. Ausgewählt und aus dem Italienischen übersetzt von Gundl Nagl. Mit Fotografien von Peter- Andreas Hassiepen. Hanser Verlag, München 2003. 152 Seiten., 13,90 Euro.
Als der noch sehr junge Jean-Auguste-Dominique Ingres als Schüler von David im Jahr 1800 nach Rom kam, war ihm noch sehr akademisch zu Mute. Aber ist im kessen Blick dieses Jünglings nicht schon der „smorzo” zu erkennen? (Foto aus dem Katalogband „Maestà di Roma. D’Ingres á Degas. Les artistes francais à Rome”. Villa Medici, Rom 2003. 616 Seiten, 50 Euro)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.2003

Die Aura des Alltäglichen

Die Ankündigung, Rom ganz anders darzustellen als sonst in Reiseführern, klingt abgedroschen. Doch das Buch hält, was der Verlag verspricht. Nicht die großen, spektakulären Dinge ziehen Marco Lodoli an, er leiht dem Verschwiegenen, Unscheinbaren seine Feder. Rom ohne Scheinwerfer und Werbetrommeln, doch von poetischer Eindringlichkeit. Lodolis Miniaturen lassen das Beiläufige wichtig, das Nüchterne anmutig, das Gewöhnliche aufschlußreich erscheinen. Die Geschichte des Engels auf dem Gesims der Kirche Sant'Andrea della Valle, der einen Flügel majestätisch gen Himmel streckt, den anderen hinter dem Rücken hält, unentschlossen, ob er fortfliegen oder zu den Menschen hinabsteigen soll - das ist der Stoff, aus dem die Märchen sind. Lodolis Element, darin Alfred Polgar verwandt, ist die beobachtende Kontemplation. Wie Polgar verzaubert er das augenscheinlich Banale und gibt den Alltagsdingen ihre Aura zurück. Rom, mit einem solchen Blick betrachtet, lehrt den, der hinschaut, viele Dinge.

Pa.

"Inseln in Rom. Streifzüge durch die Ewige Stadt" von Marco Lodoli (Text) und Peter-Andreas Hassiepen (Fotografien). Carl Hanser Verlag, München, Wien 2003. 152 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 13,90 Euro. ISBN 3-446-20291-9.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Stimme aus dem Verlag

"Rom, wie es nicht in den Reiseführern vorkommt: Marco Lodoli nimmt uns mit an Orte, an die sich kaum ein Tourist verirrt - Phantastisch schön!"
(Presseabteilung, CARL HANSER VERLAG)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein kleines Buch über Rom gibt Thomas Steinfeld Gelegenheit zum Schwelgen: in Erinnerung an den letzten eigenen Rom-Aufenthalt, einen dort stattgefundenen Ausstellungsbesuch und ein kleines Buch, das Marco Lodolis "wunderbare römische Vignetten" enthält, wie der Rezensent schreibt. Diese Vignetten sind Kolumnen, die Lodoli ursprünglich für den römischen Lokalteil von "La Repubblica" verfasst hat und die die Leser an kleine unscheinbare, teils wunderliche, teils hässliche Orte in Rom führen, die ihr Eigenleben gegenüber den klassischen Stätten behaupten. Ein kleine Tankstelle etwa, die aussieht wie ein "großer Mollton aus Beton", oder ein Platz, an dem die hässlichste Statue der Renaissance steht, auch so etwas gibt es nämlich, und erst solche Dinge oder Orte sind es, die im Kontrast , im "Widerstand gegen das Schöne", diese Schönheit überhaupt erst interessant werden lassen, schreibt Steinfeld. Er nennt Lodoli einen "Verführer zum Kleinen und Unscheinbaren", dem er entzückt ein ihm bislang unbekanntes Wort abgeluchst hat: lo smorzo - steht im römischen Dialekt für Baumaterial, und das braucht man in Rom immer und ewig.

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