Marktplatzangebote
20 Angebote ab € 0,99 €
  • Gebundenes Buch

Es muss dunkel sein, wenn wir die Sterne am Himmel erkennen wollen
Wo ist der dunkelste Ort Deutschlands? Und ist es möglich, nur mit den Augen einen Kometen zu entdecken? Zwei junge Männer gehen gemeinsam auf die Suche: Der unentschlossene Philipp, der weder beruflich noch privat Fuß fasst und dessen Comicfigur Monsieur Lamarre mehr erlebt als er selbst. Und Tom, der sich mit Haut und Haar der Astronomie verschrieben hat, im tiefsten Innern aber ein Abenteurer und Romantiker ist. Gemeinsam bereisen sie ihre eigene Landkarte der Dunkelheit - ihr Weg führt sie von Süddeutschland nach…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Es muss dunkel sein, wenn wir die Sterne am Himmel erkennen wollen

Wo ist der dunkelste Ort Deutschlands? Und ist es möglich, nur mit den Augen einen Kometen zu entdecken? Zwei junge Männer gehen gemeinsam auf die Suche: Der unentschlossene Philipp, der weder beruflich noch privat Fuß fasst und dessen Comicfigur Monsieur Lamarre mehr erlebt als er selbst. Und Tom, der sich mit Haut und Haar der Astronomie verschrieben hat, im tiefsten Innern aber ein Abenteurer und Romantiker ist. Gemeinsam bereisen sie ihre eigene Landkarte der Dunkelheit - ihr Weg führt sie von Süddeutschland nach Kalifornien, wo sie auf die alten Helden der Astronomie treffen, die stundenlang ausharren für den perfekten Anblick eines Sternhaufens. Philipp macht die Erfahrung, dass sich manche Frauen von den Wundern des Nachthimmels partout nicht beeindrucken lassen. Und Tom muss sich fragen, ob sein Lebensentwurf noch in die Gegenwart passt. Denn die Zeit der großen Kometenjäger scheint abzulaufen ...
Autorenporträt
Marc Deckert, geboren 1970, ist gelernter Journalist. Er arbeitete für die Süddeutsche Zeitung, leitete das "jetzt"-Magazin, war Kolumnist und Textchef bei NEON und lebte als freier Autor in den USA. Heute lebt und arbeitet er als freier Autor in München.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Geradezu ins Schwärmen gerät Matthias Waha über dieses Romandebüt seines Journalistenkollegen Marc Deckert, der darin die Geschichte einer Freundschaft erzählt oder, wie man vielleicht sagen muss, einer Münchner Freundschaft: Tom und Philipp, erfahren wir vom Rezensenten, suchen nach einem Platz im Leben und ein bisschen Transzendenz, weswegen sie sich nicht mit Schiffsparties auf dem Ammersee begnügen, sondern mit einem Teleskop "im großen glitzernden Universum" neue Kometen aufzuspüren versuchen. lässt sich Der Rezensent Waha lässt sich von dieser, wie er findet, sehr  heutigen Form der Weltflucht mitreißen: "Wen kümmert da das nächste Großprojekt oder die Wäsche, die noch aufs Bügeln wartet."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2012

Lichtjahre
Sie wollen nach den Sternen greifen und kriegen doch den Hintern nicht hoch: Marc Deckerts gelungener Debütroman
„Die Kometenjäger“ über zwei Freunde, die ihre Ziele im Leben noch nicht kennen und erst mal den Kopf in den Wolken haben
VON MATTHIAS WAHA
In einer Sommernacht mit einem verranzten japanischen Sportwagen über oberbayerische Landstraßen heizen und danach Sterne schauen – so müssen Freundschaften anfangen. Aus dem Radio mit Skalenzeiger kommen Stimmen aus aller Welt, glühen kurz auf und verschwinden wieder im Äther. Dann, als die Lichtverschmutzung der Zivilisation überwunden ist, stehen zwei Jungs in der Pampa und starren durch ein Teleskop. Philipp, Endzwanziger, Amateur-Künstler. Tom, Startzwanziger, Astro-Freak. Was die beiden verbindet, ist am Anfang nicht viel mehr als ihre für jedes Assessment-Center völlig ungeeigneten Biografien. Und eine Sehnsucht, die nicht recht weiß, nach was sie sich sehnt. So fliehen sie einfach unters Himmelszelt.
  Tom hat ein seltsames Hobby, denn er jagt Kometen. Nacht für Nacht der Nervenkitzel, vielleicht der allererste Mensch zu sein, der einen neuen Schweifstern entdeckt. Als Belohnung heißt das Ding dann nach seinem Entdecker, wie etwa Shoemaker-Levy 9 (offiziell: D/1993 F2). Und Philipp, der Ich-Erzähler, schlittert zufällig in diese Kometenjäger-Szene hinein, als er für einen Illustrationsauftrag recherchiert. Doch Tom und die Sterne haben auf ihn eine Magnetwirkung, die ihn nicht mehr loslässt. Seine Freundin Vera promoviert gerade in München, während er im beschaulichen Landsberg am Lech kleben bleibt, und beide sind in der von Liedermacher Rainald Grebe so schön besungenen Lebensphase: „Wie lange wir wohl noch zusammen sind? / Na, wir machen Schluss, oder ein Kind“. Also, was soll’s, Philipp wehrt sich erst gar nicht gegen den Sog der Nacht.
  Vera wirft ihm dann Weltflucht vor, aber Weltflucht heute, geht das überhaupt? Das Horn der Postkutschen, das für die Romantiker die weite Welt verhieß, ist längst verstummt. Alles ist ja inzwischen ein globaler Paketdienst. Facebook und Individualreisen, amerikanische Fernsehserien und Smartphone-Spielchen, wie viel Flucht geht, wenn Millionen in dieselbe Richtung flüchten? Die Entscheidung für ferne Galaxien erscheint angesichts dessen als eine der letzten Möglichkeiten. Man selbst da unten und so klein, das glitzernde Universum da oben und so groß, wen kümmert da das nächste Großprojekt oder die Wäsche, die noch aufs Bügeln wartet. „Warum glaubst du, sehen sich Leute das an?“, fragt Vera. Und Philipp: „Vielleicht, weil es nichts mit ihrem Leben zu tun hat.“
  Es geht in Marc Deckerts sehr gelungenem Debütroman „Kometenjäger“ also nicht im Kern um Himmelskörper, wie der Titel vermuten lässt, sondern um Freundschaft und um die Suche einer Generation nach ihrem Platz in der Welt. Mit Letzterem kennt sich der einstige Neon-Textchef, Jahrgang 1970, ja aus, mit dem diffusen Lebensgefühl derjenigen, die zwischen Mitte zwanzig und Mitte dreißig einfach nicht erwachsen werden wollen oder können. Doch steckt noch mehr dahinter: Das Kometen-Thema taugt grundsätzlich zur Erhellung anthropologischer Aspekte. Der Weltraum hat mit Sehnsüchten zu tun, nach Größe und Unendlichkeit, und unwiderruflich auch mit der alltäglichen Ernüchterung, sich zu fühlen „wie ein Kinobesucher beim Verlassen des Saals“. Dass Deckert diese Verbindung aktualisiert, ist seine große Leistung. Und so gelingt ihm ein Gegenwartsroman, der auch tatsächlich etwas über die Gegenwart auszusagen vermag.
  „Kometenjäger“ lässt sich vielleicht beschreiben als Mischung aus Wolfgang Herrndorfs Erfolgsroman „Tschick“ und der Philosophie Hans Blumenbergs. Wie bei jenem geht es um den verrückten Road-Trip zweier ungleicher Freunde. Und wie bei diesem schwingt durch den ganzen Roman atmosphärisch die Melancholie über die Unausweichlichkeit der säkularisierten und technisierten Moderne. Auch wenn klar ist, dass es keine großen Geheimnisse und Ordnungen mehr gibt, muss man das erst einmal verarbeiten. So ist das Halali der Kometenjäger, die mit selbstgebauten Teleskopen und bloßem Auge den Himmel absuchen, auch eine Auflehnung gegen den Fortschritt und Ausdruck einer Suche, die nicht unbedingt etwas mit Himmelskörpern zu tun hat. Kometen findet man ja auf Hawaii oder in Chile längst mit Riesenteleskopen, die mit computergesteuerten Suchprogrammen arbeiten. Im Roman heißt es: „Der Jäger näherte sich dem Himmel wie ein Bedürftiger. Er sehnte sich nach einem Blick auf die andere Seite, nach einer Erfahrung, die ihn vervollständigte.“ Die Astronomen-Clique erschaut die göttliche Transzendenz noch ganz wörtlich, nämlich mit dem Teleskop.
  Bemerkenswert ist auch Deckerts Gabe, Menschen in wenigen Worten so zu beschreiben, dass man sie wie gemalt vor sich sieht. Etwa in dieser Szene vom Anfang: Eine Schiffsparty auf dem Ammersee, viele Leute, Alpenpanorama in der Dämmerung. Da wird Philipps Blick von jemandem an der Reling angezogen: „Das Mädchen, in Jeans und Kapuzenpulli, war sehr hübsch. Schwarzhaarig, aber blass mit Sommersprossen. Typ israelische Wehrdienstleistende.“ Braucht es mehr?
  Die zweite Hälfte des Romans spielt dann in den USA. Hier soll Toms antikes und wertvolles Clark-Teleskop verkauft werden, eine schwere Trennung, aber er benötigt das Geld für eine Operation seines Vaters. Mit dem Wechsel des Kontinents scheint es, als bräuchten Tom und Philipp, je weiter sie ihrem unbekannten Ziel näher kommen, immer längere Straßen für ihre Sinn-Suche. Erst geht es durch Oberbayern und Schwaben, dann durch Kalifornien und Arizona. Von den Sternen inspiriert, versuchen sie eine konstante Bewegung ins Unendliche.
  Doch irgendwann ist selbst der längste Highway zu Ende. Sie haben einen Unfall, der Wagen stürzt in eine Schlucht. Dieses Schlüsselereignis ist gleichzeitig die Neuerzählung einer uralten Geschichte, nämlich der vom antiken Philosophen Thales von Milet, der vor lauter Himmelsbetrachtungen auf den Weg zu achten vergisst und in einen Brunnen fällt. Für die beiden Wolkenkuckucksheimer ist es höchste Zeit, mit sich selbst ins Reine zu kommen.
Herrndorfs „Tschick“
trifft hier auf die Philosophie
von Hans Blumenberg
Als ehemaliger Textchef von „Neon“ kennt sich Marc Deckert aus mit dem diffusen Lebensgefühl derjenigen, die einfach nicht erwachsen werden wollen.
FOTO: TANJA KERNWEISS
  
  
  
  
  
  
Marc Deckert: Die Kometenjäger. Roman. btb Verlag, München 2012. 416 Seiten, 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr